Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 81. Sitzung / Seite 88

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von unseren Argumenten zu überzeugen. Es ist heute ja nicht die Zeit des Abstimmens, sondern wir haben eine erste Lesung, und ich möchte daher nur ganz kurz die Beweggründe, die uns zu diesem Antrag veranlaßt haben, erläutern. (Unruhe im Saal.)

Ich verstehe schon, daß Sie Instrumente der direkten Demokratie nicht sehr interessieren, wie ich überhaupt das Gefühl habe, daß Ihnen die Demokratie nicht gerade ein Herzensanliegen ist. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Es ist nur so, daß das einen schlechten Eindruck bei jenen hinterläßt, deren Vertreter Sie hier sind. – Sie sitzen nämlich da oben auf der Galerie. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich will Sie gar nicht überstrapazieren, was meine Redezeit betrifft, sondern nur festhalten, daß, wenn von der Lebendigkeit der Demokratie die Rede ist, meistens die Instrumente der direkten Demokratie herangezogen werden.

Ein Volksbegehren ist mit Sicherheit ein sehr taugliches Instrument, den Willen der Bevölkerung direkt zum Ausdruck zu bringen. Es handelt sich dabei im übrigen um ein sehr altes Instrument: Es war schon in der Verfassung von 1920 enthalten, allerdings mit unterschiedlichen Voraussetzungen. Einmal waren es 10 000 Unterschriften, die man gebraucht hat, dann wieder 30 000, dann wieder 10 000. Der jetzige Stand der Dinge ist, daß ein solches Volksbegehren 10 000 Bürgerinnen oder Bürger oder 8 Abgeordnete des Nationalrates oder je 4 Abgeordnete von Landtagen einleiten können. Ich halte das für eine völlig unzulässige Privilegierung von Abgeordneten, und zwar sowohl was Nationalrats- als auch was Landtagsabgeordnete betrifft.

Ich glaube, daß das Instrument des Volksbegehrens ein Instrumentarium der Bürger bleiben sollte. Ich halte es auch deswegen für kurios, wenn Nationalratsabgeordnete ein Volksbegehren einleiten, weil es letztlich das Ziel eines Volksbegehrens ist, den Gesetzgeber zur Auseinandersetzung mit einer bestimmten Materie zu veranlassen.

Ich halte diesen Umweg, sich bestimmte Unterschriften und Unterstützung zu holen, für das Eingeständnis eines schwachen Selbstverständnisses. Wenn Parlamentarier der Meinung sind, daß man eine bestimmte Materie behandeln sollte, so haben sie andere Möglichkeiten zur Hand und brauchen sich nicht über den Weg eines Volksbegehrens zu artikulieren. Ich glaube vielmehr, daß die Gefahr des parteitaktischen Überlegens, damit letztlich auch die des Mißbrauchs – die Gefahr einer Inflation von Volksbegehren und ähnlichem mehr – viel größer ist und das letztlich zu einer Abstumpfung dieses Instrumentariums führen könnte, was schlecht wäre.

Ich halte es aber nicht für notwendig, zum Beispiel die Zahl der Unterschriften zu senken. Ich sage das, nachdem ich mir angeschaut habe, wie in einem Einleitungsverfahren jeweils Unterstützungserklärungen gefunden wurden: Da hat selbst eines der letzten Volksbegehren, das eines der am schwächsten unterstützten war, nämlich das Volksbegehren "Pro Motorrad", fast 13 000 Unterstützungsunterschriften für die Einleitung erhalten. Ich glaube daher, daß es keinen Handlungsbedarf dafür gibt, unter das Erfordernis von 10 000 Unterschriften zu gehen.

Es gibt allerdings Handlungsbedarf in die Richtung, die Privilegierung von Abgeordneten abzuschaffen. Ich möchte, daß das Instrument Volksbegehren wieder zu einem reinen Instrumentarium der Bürger wird, daß es von einzelnen Parteien nicht sozusagen als Vorwahlkampfmaschine eingesetzt wird, sondern daß sich das Parlament mit der Willenskundgebung der Bürgerinnen und Bürger so auseinandersetzt, wie diese das erwarten. Sie werden Gelegenheit haben, anhand des Gentechnik-Volksbegehrens, anhand des Frauen-Volksbegehrens zu beweisen, wie ernst Sie Volksbegehren nehmen. Aber streichen Sie die Privilegierung der Parlamentarier! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stippel. – Bitte.

13.55

Abgeordneter Dr. Johann Stippel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir befinden uns in der ersten Lesung des Antrages 429/A betreffend Novellierung des Volksbegehrensgesetzes.


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