Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 81. Sitzung / Seite 126

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sein, wenn er in der Verfassung verankert ist. – Das ist ein Denkfehler. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Er ist nämlich nicht besser und auch nicht schlechter als die politische Kultur, in der man lebt, als das demokratische Miteinander, in dem man lebt, als die Konfliktaustragungsmechanismen, mit denen man lebt, und als die Plausibilität eines Pensionssystems. Junge Leute sind jederzeit bereit, nennenswerte Opfer für die ältere Generation zu bringen, wenn sie das Gefühl und die Sicherheit haben, daß sie in ein System zahlen, das durchdacht ist, das gerecht ist und das sozial ausgewogen ist. Wenn sie das Gefühl haben, daß sie in ein System zahlen, das sich irgendwann soundso nicht mehr finanzieren lassen wird, das nicht gerecht ist, das sozial unsymmetrisch ist, weil es Pensionen mit 3 000 S und 70 000 S gibt, und alle werden sozial genannt, dann reißt der Generationenvertrag unter Umständen ab. Und Sie sind dabei, ihn zu ruinieren, wenn Sie keinen Plan vorlegen, was Sie wirklich zu tun gedenken.

Wir Liberalen, Frau Bundesministerin, sind die letzten, denen man vorwerfen kann, daß wir nicht bereit seien, uns in dieser Diskussion offen, konstruktiv, sogar unter Selbstgefährdung des politischen Ansehens zu exponieren. Aber dazu müßten Vorleistungen und eindeutige Bekenntnisse von der Regierung und auch von den Sozialpartnern kommen.

Ich war jetzt zwei Tage im Ausland und habe dort Sozialpartner eines anderen Problemzuganges kennengelernt: offener, weniger verknöchert, aber an den Problemen nahe dran. Solche Sozialpartner wünsche ich mir, und das werden vielleicht eher solche sein, die sich freiwillig organisieren, als die, die durch Gesetz verordnet sind. Denken Sie einmal darüber nach. Wer freiwillig zu einer Sache steht, ist engagiert, wer aber gesetzlich gezwungen wird, zu einer Sache zu stehen, der macht mit.

Sie müssen mehr Dynamik hineinbringen, dann werden Sie bessere Ergebnisse erzielen und dann werden Sie sich solche Dringlichen Anträge vielleicht ersparen können. Vielleicht. Aber daß jahrelange Versäumnisse und der Brief eines Bundeskanzlers, der sich nur unwesentlich von diesem Dringlichen Antrag unterscheidet, der Boden sind, auf dem die Diskussion nicht gedeihen kann, das ist mein Schlußsatz. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

16.14

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Frau Bundesministerin! Sie haben heute in der Fragestunde gemeint, Sie seien für voreilige Festlegungen nicht zu haben. Das wäre ein Satz, den ich unterschreiben könnte. Das Problem ist nur: Die Bundesregierung hat sich festgelegt. Die Bundesregierung hat sich auf eine Debatte festgelegt, die sie ohne jegliches erkennbare Ziel begonnen hat, und offensichtlich ist sie entschlossen, sie so weiterzuführen, ohne daß dieses Ziel auch nur sichtbar werden würde.

Das ist das Problem, warum wir hier und heute einen Dringlichen Antrag diskutieren müssen, der – da hat Kollege Kier recht – im Prinzip nichts weiter darstellt als die Fortschreibung eines Pensionsversprechens, das Kanzler Vranitzky vor zwei Jahren gegeben hat.

Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien – und ich kann und will Ihnen diesen Vorwurf nicht ersparen –, haben in den letzten Wochen die Verunsicherung der Bevölkerung betrieben. Sie sind aus der Regierungsklausur in Rust mit dem Ziel herausgegangen, die Pensionen dauerhaft sichern zu wollen, und haben dazu eine Reihe von Vorschlägen ins Spiel gebracht, die mit einer dauerhaften Sicherung des Pensionssystems nichts, aber auch gar nichts zu tun haben, sondern bei denen es nur darum geht, kurzfristig für das Budget Mittel freizubekommen. Von einer langfristigen Sicherung des Pensionssystems war bei diesen Vorschlägen kaum eine Rede.

Das ist das Problem, das Sie verursacht haben, das Sie nicht uns hier im Hohen Haus verursacht haben, sondern das Sie den Menschen draußen verursacht haben, die sich natürlich tatsächlich verunsichert fühlen.


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