Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 204

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oder manche haben Pech, wenn sie – weil sie den Zivildienst durchaus positiv auffassen – nicht einberufen werden?

Das ist die Quintessenz dieses Berichtes: Wenn wir den Zivildienst ernst nehmen, dann müssen wir ein Mengengerüst schaffen, bei dem grundsätzlich alle, die sich zum Zivildienst melden, in angemessener Frist tatsächlich auf Zivildienstplätze zugewiesen werden, denn sonst verlieren wir den Anspruch, daß dies etwas ist, das wir ernst nehmen, und geben jenen recht, die behaupten, dies sei nur sozusagen der Parkplatz für die Wehrdienst-Tachinierer. – Das ist ja Ihre Philosophie, sonst hätten Sie nicht auf 12 Monate aufgestockt.

In anderen Ländern wird das anders gesehen. Wenn wir schon so restriktive und merkwürdige Gesetze haben, bitte ich Sie aber, wenigstens darauf zu achten, daß der Mengenfluß stimmt und die Leute, die sich zum Zivildienst melden – einschließlich der sozusagen Zurückgestellten –, unter normalen Fristigkeiten auf Zivildienstplätze zugewiesen werden können. Bei den karitativen Einrichtungen besteht hinlänglich Nachfrage. Immerhin sind es soziale Dienste. Ich war erst dieser Tage unterwegs in Oberösterreich im Bereich einschlägiger Rechtsträger, die sich um Pflegefälle, Behinderte und so weiter kümmern. Sie sind für jeden Zivildiener, den sie zur Verfügung gestellt bekommen, wirklich dankbar. Sie leisten real gesamtgesellschaftlich wertvolle Arbeit, und daher bitte ich Sie: Ziehen Sie aus Ihrem Bericht die Konklusionen, die man einfach ziehen muß! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Maitz. – Bitte sehr. (Abg. Dr. Khol: Ein guter Mann, der Maitz!)

21.24

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Innenminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Zivildienstbericht für die Jahre 1995 und 1996 bietet ein vollständiges Bild der Entwicklung dieses sozialen Dienstes in diesen zwei Jahren. Er kennzeichnet die Gesetzesänderungen durch die veröffentlichten Zahlen und die öffentliche Diskussion zur Zivildienstgesetz-Novelle. Positiv ist in diesem Bericht auch eine komplette Darstellung des neuen Zivildienstrechtes und das Meinungsbild in der Öffentlichkeit, das darin widergespiegelt wird. Als Wehrsprecher unserer Partei sage ich auch hier und heute: Allen Respekt und Anerkennung für jeden, der Wehrdienst macht, aber auch allen Respekt und Anerkennung für jeden, der seinen Zivildienst in einer sozialen Organisation leistet! (Beifall bei der ÖVP.)

Die von den Kollegen Scheibner und Kier angesprochene Diskrepanz zwischen dem, wieviel Zivildiener unsere Gesellschaft brauchen würde, und dem, wieviel das Bundesministerium für Inneres zugewiesen hat, möchte ich an ein paar Zahlen festmachen, bevor ich einen Lösungsvorschlag präsentiere, von dem ich glaube, daß er dem Bedarf nahekommt und das Budget nicht wesentlich belastet. Im Jahre 1996 gab es, wie gesagt, 6 853 Zuteilungen, der Bedarf lag bei 7 936. Es hätten also rund 1 000 Zivildiener mehr eingesetzt werden können. In den Jahren 1997 und 1998 pendelt sich diese Differenz allem Anschein nach so ein, daß unsere Gesellschaft ungefähr 2 000 Zivildiener mehr für soziale Dienste brauchen könnte, als wir in der Zuweisung vorgesehen haben. Wie kann man dieses Problem lösen?

Herr Innenminister! Wir haben gemeinsam für Heer und Zivildienst eine neue Aufschubregelung beschlossen. Wenn wir also nicht mehr wie bisher jeden, der höhere Bildung anstrebt, automatisch vom Zivildienst freistellen, ihn älter werden lassen und damit Kosten verursachen, sondern – so wie beim Heer – nur in begründeten Fällen Aufschub gewähren und den größeren Teil innerhalb eines Jahres zum Zivildienst einberufen, dann könnte sich diese Rechnung ausgehen. Denn es gibt zurzeit 13 625 Zivildienstwillige, deren Dienst wegen Besuches einer höheren Schule, einer höheren Ausbildung oder – zwar nur wenige, aber immerhin – nach dem Ärztegesetz aufgeschoben worden ist.

Nach den neuen Aufschubsregelungen könnte die finanzielle Bedeckung im Budget des Innenressorts für die Normalkosten langsam geschaffen werden, indem die Wohnkosten und Familienunterhaltskosten heruntergedrückt werden. Es hat mich erstaunt, daß die Pauschalvergütung für die 6 500 Zivildiener rund 150 Millionen Schilling im Jahr beträgt und die Wohn- und


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