Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 39

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Meine Damen und Herren! Dieses Problem mit der offensichtlichen Unterdotierung des Fonds "Soziale Förderung Musikschaffender" steht auch stellvertretend für das grundsätzliche Problem der sozialen Absicherung der Kunstschaffenden in Österreich.

Meine Damen und Herren! Es gäbe noch so viel zu tun, und ich bitte den Herrn Bundeskanzler, den Herrn Kunstminister, der Kunst zur Chefsache gemacht hat, inständig, hier endlich klare Aussagen zu machen, klare Formulierungen zu treffen, damit auch die Künstler und Künstlerinnen in unserem Land endlich wissen, wohin der Weg geht, damit sie in ihrer Eigenschaft als Kulturträger für das Kulturland Österreich auch im Sinne echter Kulturförderung weiterarbeiten, weiter kreativ sein und uns auch weiter erfreuen können. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

10.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Franz Morak. Ich erteile es ihm.

10.45

Abgeordneter Franz Morak (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich heute einen sehr persönlichen Zugang zu dieser Debatte finden. Ein wesentlicher Promotor des Films in Österreich war Reinhard Pyrker, einer, der alles, was er getan hat, zu 100 Prozent getan hat, einer mit aufrechtem Gang. Traditionellerweise tun sich solche Menschen in unserem Lande schwer. Und Reinhard Pyrker hatte es schwerer. Wenn wir an Reinhard Pyrker denken, dann denken wir an ihn als Chef und Leiter der "Viennale", als Pressechef des österreichischen Filmmuseums, als Produzenten von Reinhard Schwabenitzky und als Leiter der "Österreichischen Film Tage" in Wels.

Ich möchte kurz darauf eingehen, daß 1990 der damalige Kunstminister Rudolf Scholten den privat organisierten Filmtagen Wels zugunsten einer staatlichen Filmschau, nämlich der "Diagonale", die "Gas o’draht hat". Wie das dort gelaufen ist, wissen wir alle – privat gegen Staat. Das geht in der ersten Runde immer gegen den Privaten aus. Das geht immer auf Kosten der Bürger in diesem Land und immer auf Kosten der Kunst. Wenn Menschen sensibel sind, dann schlagen sich solche Dinge auf diesen Körperteil, den die Mediziner Herz nennen. Reinhard Pyrker starb an einem Herzinfarkt im 48. Lebensjahr. Und es sei noch einmal gewürdigt: Reinhard Pyrker hat für den österreichischen Film mehr getan als viele, die so tun, als hätten sie den Film in diesem Land erfunden! (Beifall bei der ÖVP.)

Folgerichtig habe ich bei seinem Begräbnis weder den Kunstkanzler noch den Staatssekretär noch seinen leitenden Beamten gesehen. – Gut. Kommen wir jetzt also zu den von Reinhard Pyrker am eigenen Leib erfahrenen Auswirkungen des Inhalts des Kunstberichtes, und lassen Sie mich, so wie das Kollege Cap schon getan hat, prinzipiell anfangen.

Ich habe eine Serie von Galeriegesprächen geführt, und unter anderem war dort eine der Referentinnen die ehemalige Kuratorin Stella Rollig. Stella Rollig resümiert nach zweijähriger Tätigkeit als Kunstkuratorin unter anderem – Zitat –: "Scholten orientierte sich am Künstler, unterstellte diesem eine prinzipiell gesellschaftskritische Utopie und geht davon aus, daß Kunst wehtun müsse, ein Stachel im Fleisch der Gesellschaft sein solle. (Abg. Dr. Cap: Können!) Das ist eine" – so referierte Stella Rollig, Herr Cap – " eindeutige Festschreibung, die heute" – ich sage: heute; bewußt heute – "im Kulturleben ihre Relevanz verloren hat und im Ergebnis als ausschließend empfunden wird. Das Publikum", so Stella Rollig, "fungierte bei Scholten als feindselige Größe, vor der man den Künstler in Schutz nehmen müsse. Das ist wahrscheinlich die perfekte Illustration jenes Zitats von Robert Menasse, nämlich von den Staatskünstlern, die als Staatsfeinde posieren." Und verstehbar – und dort sind wir jetzt wirklich grundsätzlich, lieber Josef – wird dieses Konzept, wenn ich mir deinen Generalsekretär anhöre. Dieser redet davon, daß die sozialdemokratische Bewegung gleichzeitig nicht nur Regierungspartei, sondern auch eine Protestbewegung sein soll.

Aus den Ausführungen Rolligs wurde klar, wie stark die sozialdemokratische Kulturpolitik immer noch an der nach 1968 sichtbar werdenden fundamentalen Opposition von links nagt, wie sehr


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