3742/AB XXI.GP

Eingelangt am: 17.06.2002

BUNDESMINISTERIUM
FÜR SOZIALE SICHERHEIT UND GENERATIONEN

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage

Nr. 3815/J der Abgeordneten Mag. Maier, Mag. Ulli Sima und Genossinnen wie

folgt:

Frage 1:

Soweit bekannt, wurden größere Studien über Radon-222 in Grund- und Trinkwasser
in den Ländern Dänemark, Deutschland, Finnland, Großbritannien, Norwegen, Ös-
terreich, Schottland/U K, Schweden, Slowenien, Spanien und Ukraine durchgeführt.
Bei den meisten dieser Studien wurden - neben Radon-222 - auch andere natürli-
che Radionuklide mitbestimmt. Österreich zählt hinsichtlich der natürlichen Radio-
nuklide im Trinkwasser zu den am besten untersuchten Ländern. Die Werte für Ra-
don-222 liegen in Österreich, insbesondere im Vergleich zu den nordeuropäischen
Ländern, eher im niedrigen Bereich.

Eingreifrichtwerte für Radon-222 im Trinkwasser sind nach Kenntnis meines Res-
sorts bislang in Finnland und Schweden festgelegt worden. Für private Wasserver-
sorgungen beträgt der Eingreifrichtwert in beiden Ländern 1000 Bq/l, für öffentliche
Versorgungen gilt in Schweden ein Wert von 100 Bq/l, in Finnland einer von
300 Bq/l.

Frage 2:

Die derzeitige Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

Gemäß § 3 Abs. 1 Trinkwasserverordnung, BGBI. II Nr. 304/2001, muss Wasser
geeignet sein, ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit getrunken oder ver-
wendet zu werden. Hinsichtlich Radioaktivität sind im Anhang l Teil C Werte für die


Indikatorparameter Tritium und die Gesamtrichtdosis genannt, bei deren Überschrei-
tung die Ursache zu prüfen und festzustellen ist, ob bzw. welche Maßnahmen zur
Aufrechterhaltung einer einwandfreien Wasserqualität erforderlich sind. Der festge-
legte Wert für Tritium beträgt 100 Bq/l, für die Gesamtrichtdosis 0,10 mSv/Jahr (mit
Ausnahme von Tritium, Kalium-40, Radon und Radonzerfallsprodukten).

Die Mineralwasser- und Quellwasserverordnung, BGBI. II Nr. 309/1999, bzw. das
Österreichische Lebensmittelbuch,
III. Auflage, Kapitel B 17 “Abgefüllte Wässer",
Teilkapitel A “Natürliches Mineralwasser und Quellwasser" regelt die zulässigen
Höchstkonzentrationen für radioaktive Substanzen. Gemäß § 7 Mineralwasser- und
Quellwasserverordnung muss Quellwasser den Anforderungen der Trinkwasserver-
ordnung entsprechen. Für Mineralwässer gelten als zulässige Höchstkonzentratio-
nen laut Österreichischem Lebensmittelbuch,
III. Auflage, Kapitel B 17 “Abgefüllte
Wässer", Teilkapitel A “Natürliches Mineralwasser und Quellwasser" die Höchstwerte
der Strahlenschutzverordnung, BGBI. Nr. 47/1972 idgF.

Daher halte ich - insbesondere auch weil die österreichweiten Untersuchungen von
Grundwasser auf Radionuklide keinen Hinweis für eine Gefährdung der menschli-
chen Gesundheit erbracht haben (siehe die Beantwortung der Frage 15) - die Pla-
nung weiterer Maßnahmen derzeit nicht für erforderlich.

Frage 3:

Gemäß § 6 Trinkwasserverordnung hat der Betreiber einer Wasserversorgungsanla-
ge die Abnehmer über die aktuelle Qualität des Wassers zu informieren. Die Infor-
mation hat auf Basis der aktuellen Untersuchungsergebnisse im Rahmen der Eigen-
kontrolle gemäß § 5 Trinkwasserverordnung zu erfolgen. Die Abnehmer sind einmal
jährlich über die Analysenergebnisse der Werte der Parameter des Anhangs l Teil B
Chemische Parameter zu informieren. Die Information über weitere Parameter (z.B.
Radioaktivität) erfolgt auf schriftliche Anfrage des Verbrauchers.

Darüber hinaus erfolgt eine Information der Öffentlichkeit im Rahmen der üblichen
Berichtstätigkeit über Radioaktivitätsmessungen in Österreich.

Frage 4:

In Anbetracht der günstigen österreichischen Trinkwassersituation würde im Falle
von überhöhten Radioaktivitätsgehalten der Maßnahmenschwerpunkt auf der Nicht-
verwendung der betreffenden Quellen liegen. Wasseraufbereitungsverfahren wie
Filtration, Ionenaustausch oder Fällung, die in der Regel auch den Radionuklidgehalt
verringern, würden daher nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen.

Frage 5:

Konkrete, auf internationalen Erfahrungen basierende Leitlinien zur Beseitigung von
Radon und langlebigen Radonfolgeprodukten sowie anderen natürlichen Radionukli-
den aus Wasser würden im Bedarfsfall erstellt und vorgelegt. Die Bundesanstalt für
Lebensmitteluntersuchung und -forschung Wien (BALUF Wien - seit 1.6.2002 Öster-


reichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH) hat an einem
diesbezüglichen internationalen Forschungsprojekt (TENAWA) teilgenommen.

Fragen 6 bis 10:

Diese Angelegenheiten fallen seit der Bundesministeriengesetznovelle 2000 in den
Vollzugsbereich des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft bzw. des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit.

Fragen 11 bis 13:

In der führenden medizinischen Datenbank MEDLINE ist bezüglich der Therapie mit
radonhältigen Wässern nur eine Arbeit mit Österreichbezug, allerdings in russischer
Sprache, publiziert. Deren Ergebnisse liegen mir nicht vor. Hingegen gibt es in der
vor allem englischsprachigen Literatur eine größere Zahl von Studien, die sich mit
der Analyse gesundheitlicher Effekte der Radonbädertherapie beschäftigen und die
in der Regel über mögliche positive Effekte dieser Therapieform in verschiedenen
Indikationsbereichen berichten.

Es obliegt der Ärzteschaft, die Evidenz aus der vorliegenden wissenschaftlichen Lite-
ratur zu prüfen und daraus für ihre Patientinnen Überlegungen hinsichtlich allfälliger
gerechtfertigter Indikationen derartiger Therapieformen anzustellen.

Frage 14:

Ergebnisse der bisherigen, österreichweiten Untersuchungen von Grundwasser auf
Radionuklide geben keinen Hinweis auf eine Gefährdung der menschlichen Ge-
sundheit durch Verwendung dieser Wässer. Deshalb erfolgt zurzeit keine über den
Rahmen der üblichen Berichtstätigkeit über Radioaktivitätsmessungen in Österreich
hinausgehende Information der Öffentlichkeit.

Sollten im Zuge weiterer Untersuchungen Grund- bzw. Quellwässer mit problemati-
schen Werten gefunden werden, wird die betroffene Bevölkerung umgehend in ge-
eigneter Weise informiert.

Frage 15:

Die bislang umfassendste Untersuchung über Radon im Grundwasser wurde von der
Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung Wien (BALUF Wien)
durchgeführt. Im Rahmen dieser Studie wurden insgesamt 1.519 auf ganz Österreich
verteilte Grundwässer auf ihren Gehalt an Radon-222 untersucht, wobei die über-
wiegende Mehrzahl der Wässer zwei- bis viermal beprobt wurde.

Unter Einbeziehung aller untersuchten Grundwässer ergibt diese Studie für Radon-
222 einen arithmetischen Mittelwert von 18.2 Bq/l, einen Medianwert von 12.0 Bq/l
sowie einen geometrischen Mittelwert von 12.1 Bq/l. Der höchste gemessene Wert
beträgt 415.9 Bq/l. Lediglich 24 der 1.519 untersuchten Wässer weisen eine Radon-
222-Konzentration von über 100 Bq/l auf.


Bereits vor dieser österreichweiten Untersuchung wurden von der BALUF Wien und
von anderen Stellen im Auftrag des Gesundheitsressorts Studien über Radon-222 im
Grundwasser durchgeführt, die sich jedoch hauptsächlich auf Wässer aus der Böh-
mischen Masse beschränkten, da in diesen - auf Grund der geologischen Gegeben-
heiten - erhöhte Radon-222-Werte auftreten. Im Rahmen dieser Studien wurden
ähnliche Werte für die Radon-222-Konzentrationen wie bei der österreichweiten Un-
tersuchung der BALUF Wien festgestellt.

Im Rahmen der Möglichkeiten werden von der Österreichischen Agentur für Ge-
sundheit und Ernährungssicherheit GmbH laufend Grundwässer, insbesondere auch
aus potentiellen Risikoregionen, auf Radon-222 sowie auf andere natürliche Radio-
nuklide untersucht. Im Wesentlichen bestätigen die Ergebnisse dieser laufenden
Messungen die bisherigen Untersuchungen.

Frage 16:

Die bereits erwähnten Untersuchungen der BALUF Wien bestätigen qualitativ die
erwartete Korrelation von Radon-222-Konzentration im Grundwasser mit dem Gehalt
an Uran des geologischen Untergrundes. So liegen die Radonwerte im Bereich der
Böhmischen Masse, deren Gesteine vergleichsweise hohe Konzentrationen an Uran
aufweisen, im Mittel etwa dreieinhalbfach über den österreichischen Durchschnitts-
werten. Auch wurden in dieser geologischen Einheit die mit Abstand höchsten Werte
für einzelne Messstellen gefunden. Deutlich über dem Mittel liegende Werte wurden
auch in Wässern aus den kristallinen Formationen der Zentralalpen und der Grau-
wackenzone festgestellt.

Im Rahmen der Untersuchungen der BALUF Wien erfolgte die Aufschlüsselung der
Ergebnisse generell nach den Bundesländern. Zusätzlich sind die Werte für Poren-
grundwässer nach den untersuchten Grundwassergebieten, jene für Karst- und
Kluftgrundwässer nach den einzelnen Messstellen aufgeschlüsselt. Eine Veröffentli-
chung der zusammengefassten Untersuchungsergebnisse ist geplant.

Im Rahmen des vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft betreuten ÖNRAP-Projektes, das in erster Linie der österreichwei-
ten Erfassung von Radon in Luft diente, wurden alle verfügbaren Daten über Radon-
222 im Grundwasser gesammelt und statistisch ausgewertet. Dabei erfolgte auch
eine Auswertung auf Bezirks- und/oder Gemeindeebene.

Frage 17:

Zur Entfernung von Radon aus dem Trinkwasser werden hauptsächlich Belüftungs-
verfahren angewendet. Für andere natürliche Radionuklide sind Verfahren wie Filtra-
tion, Ionenaustausch und Fällung üblich.

Frage 18:

Derzeit existiert in Österreich kein Grenzwert für Radon-222 in Mineralwasser, da
- wie bereits in Frage  ausgeführt - die Ergebnisse der bisherigen, österreichweiten


Untersuchungen von Grundwasser auf Radionuklide keinen Hinweis auf eine Ge-
fährdung der menschlichen Gesundheit durch Verwendung dieser Wässer geben.

Fragen 19 bis 22:

Im Rahmen einer Schwerpunktaktion der BALUF Wien, die in erster Linie der Unter-
suchung von im Handel erhältlichen abgefüllten Wässern auf ihren Gehalt an Radi-
um-226 diente, wurden auch Messungen der Radon-222-Konzentration durchge-
führt. In den Jahren 2000 und 2001 wurden 102 verschiedene in Österreich angebo-
tene Produkte auf Radon-222 untersucht, wobei insgesamt 348 Einzelproben analy-
siert wurden. Die Wässer stammten aus Österreich, Deutschland, Frankreich, Italien,
Schweiz, Slowenien und der Türkei. Die überwiegende Anzahl der Proben waren
Mineralwässer; daneben wurden auch Tafelwässer, Sodawässer, abgefüllte Trink-
wässer sowie einige im Handel erhältliche Heilwässer untersucht.

Sämtliche Werte für Radon-222 liegen unterhalb von 18 Bq/l. Der geometrische Mit-
telwert liegt bei 0.54 Bq/l, und somit wesentlich niedriger als der für österreichische
Grundwässer ermittelte Wert von 12.1 Bq/l (siehe Antwort auf Frage 15). Dies dürfte
hauptsächlich auf die kurze Halbwertszeit von Radon-222 (3.8 Tage) und die im Ver-
gleich dazu lange “Standzeit" im Handel zurückzuführen sein.

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind in der nachstehenden Tabelle zusam-
mengefasst.

 

Anzahl Proben

(Anzahl Produkte)

Konzentrationsbereich

Rn-222 [Bq/l]

Mineralwasser

Gesamt

306(77)

<0.12-18

Inland

197(42)

<0.12-18

Tafelwasser

Gesamt

27(13)

<0.12-0.96

Inland

20(10)

alle <0.12

Heilwasser

Gesamt

8(5)

<0.12-5.7

Inland

4(1)

<0.12-1.1

Sodawasser

Inland

5(5)

<0.12 -0.44

Total

Gesamt

348(102)

<0.12-18

Inland

228(60)

<0.12-18

Fragen 23 bis 27:

Allgemeine Angelegenheiten des Strahlenschutzes fallen in den Vollzugsbereich des
Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.