1119 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Übergeben am 15.05.2002

Bericht

des Landesverteidigungsausschusses

über den Antrag 658/A der Abgeordneten Wolfgang Jung, Johann Loos, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeres­disziplinargesetz 1994, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Munitionslagergesetz, das Militär-Auszeichnungsgesetz, das Militärbefugnisgesetz und das Sperrgebietsgesetz 2002 geändert werden sowie das Tapferkeitsmedaillen-Zulagengesetz 1962 aufgehoben wird (ReorganisationsbegleitgesetzREORGBG)

Die Abgeordneten Wolfgang Jung, Johann Loos, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Antrag am 17. April 2002 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Allgemeines:

In der Koalitionsvereinbarung der derzeitigen Regierungsparteien vom Februar 2000 ist als Maßnahme im Kapitel „Bundesheer“ ua. eine „Weiterführung der Verwaltungsreform durch Straffung der Kommanden, Stäbe, Ämter und der Zentralstelle“ (Z 19) ins Auge gefasst. Über Weisung des Bundesministers für Landesverteidigung wurden im Frühjahr 2001 entsprechende Vorarbeiten begonnen. Ziel der genannten Reorganisation ist ua. eine Entlastung der Zentralstelle des Bundesministeriums für Landesverteidigung von rein operativen Angelegenheiten durch Übertragung der jeweiligen Kompetenz auf nachgeordnete Behörden. Ende Jänner 2002 wurden durch den Bundesminister für Landesverteidigung die Grundzüge der neuen Organisationsstrukturen festgelegt und deren Realisierung in die Wege geleitet. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen die im Zusammenhang mit diesen umfassenden Maßnahmen zur Verwaltungsreform erforderlichen Legislativmaßnahmen im Wehrrecht umgesetzt werden. Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Maßnahmen:

       Umbenennung des Amtes des „Generaltruppeninspektors“ in „Chef des Generalstabes“ im Hinblick auf die Schaffung eines Generalstabes,

       Umbenennung des Heeresgebührenamtes in „Heerespersonalamt“ im Hinblick auf die beabsichtigte Erweiterung des erstinstanzlichen Aufgabenkataloges dieser Behörde,

      Übertragung der erstinstanzlichen Behördenzuständigkeit im Zusammenhang mit dem Auslandseinsatzpräsenzdienst vom Bundesminister für Landesverteidigung auf das Heerespersonalamt,

      Übertragung diverser anderer erstinstanzlicher Behördenzuständigkeiten des Bundesministers für Landesverteidigung an nachgeordnete Behörden (Heerespersonalamt bzw. Militärkommanden).

Unter Bedachtnahme auf die Richtlinien 65 und 75 der Legistischen Richtlinien 1990 über die (ausnahmsweise) Zulässigkeit einer Sammelnovelle sollen diese Kompetenzänderungen gemeinsam in einem eigenen Anpassungsgesetz („Reorganisationsbegleitgesetz – REORGBG“) zusammengefasst werden. Da es im Rahmen des gegenständlichen Legislativvorhabens allerdings nicht umsetzbar erscheint, auch sämtliche relevanten Bestimmungen außerhalb des Wehrrechts entsprechend anzupassen, soll zumindest den erwähnten Umbenennungen durch eine diesbezügliche Klarstellung im Wege einer umfassenden Generalregelung für das gesamte Bundesrecht Rechnung getragen werden. Die in anderen Rechtsbereichen, insbesondere im Dienstrecht der Bundesbediensteten sowie im Sozialrecht, notwendigen derartigen Anpassungen werden anlässlich künftiger Novellen dieser Rechtsmaterien zu erfolgen haben.

Die in den einzelnen Wehrrechtsnormen vorgesehenen Novellierungen beschränken sich jedoch nicht ausschließlich auf die im Zusammenhang mit den erwähnten Organisationsmaßnahmen erforderlichen behördlichen Kompetenzänderungen. Über die bereits dargestellte Verwaltungsreform hinaus ist in der Koalitionsvereinbarung der derzeitigen Regierungsparteien vom Februar 2000 im Kapitel „Leistungsfähiger Staat“ auch ins Auge gefasst, im Zusammenhang mit einer „Ausgaben- und Aufgabenreform“ Maßnahmen mit dem Ziel einer „Deregulierung zur Bekämpfung der Gesetzesflut“ vorzusehen sowie die „Rechtsbereinigung fortzuführen“. In diesem Zusammenhang hat die Bundesregierung im November 2000 beschlossen, das geltende Bundesrecht mit dem Ziel zu durchforsten, „überflüssige“ Rechtsnormen außer Kraft zu setzen; insbesondere sollten dabei die Gesichtspunkte „höchstmögliche Effizienz, Transparenz, Kohärenz sowie Vermeidung und Doppelgleisigkeiten und möglichste Vermeidung von Einvernehmensklauseln“ beachtet werden. Die im Rahmen des Auslandseinsatzanpassungsgesetzes, BGBl. I Nr. 56/2001, im Wehrrecht begonnene Umsetzung dieser politischen Intentionen soll nun im vorliegenden Entwurf fortgeführt werden. Dabei ist insbesondere auch dem Umstand Bedeutung zuzumessen, dass der Nationalrat im Wege einer Entschließung vom 21. November 2001 (E 103-NR/XXI. GP) die Bundesregierung ua. ersucht hat, im Zuge der Vollziehung des Deregulierungsauftrages bei in Aussicht genommenen Gesetzesänderungen den Vorgaben des genannten Regierungsübereinkommens nach einer einfacheren und bürgernahen Gesetzgebung zu entsprechen.

Mit den geplanten Gesetzesänderungen sollen daher im gesamten Wehrrecht neuerlich umfangreiche Formalentlastungen der jeweiligen Gesetzestexte im Sinne der Legistischen Richtlinien 1990, ein Abbau unzweckmäßiger Verwaltungsvorgänge sowie eine Eliminierung überschießender gesetzlicher Regelungen vorgenommen werden. Im Übrigen ist im Hinblick auf den rechtspolitischen Grundgedanken einer Deregulierung von Rechtsnormen die vorgesehene Beseitigung diverser Formalvorschriften mit dem Ziel eines erheblich vergrößerten Gestaltungsspielraumes für die Vollziehung ins Auge gefasst. Auf diese Weise kann ein rasches und zweckentsprechendes Reagieren auf geänderte praktische Bedürfnisse unter voller Beachtung rechtsstaatlicher Prinzipien – im Sinne der Bestrebungen nach einer sogenannten „lean legislation“ – ermöglicht werden. Vereinzelt werden auch unter Bedachtnahme auf die Richtlinien 7 und 31 der Legistischen Richtlinien 1990 über die sprachliche Klarheit von Rechtsvorschriften und über die einheitliche Bedeutung derselben Rechtsbegriffe sprachliche Verbesserungen sowie legistische Klarstellungen ins Auge gefasst. Mit diesen der Einheitlichkeit der Rechtssprache dienenden Maßnahmen sind keine materiellen Änderungen verbunden.

Schließlich sind unter Bedachtnahme auf die Richtlinie 72 der Legistischen Richtlinien 1990 über die Anpassungen von Verweisungen Zitierungsanpassungen in zahlreichen Wehrrechtsnormen notwendig, die mit dem vorliegenden Legislativvorhaben umgesetzt werden sollen. Diese Formaländerungen beruhen auf den Neuerlassungen des Heeresgebührengesetzes 2001, BGBl. I Nr. 31, und des Auslandseinsatzgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 55 sowie der mit BGBl. I Nr. 146/2001 kundgemachten (neuerlichen) Wiederverlautbarung des Wehrgesetzes 1990 unter dem Kurztitel „Wehrgesetz 2001“ und der mit BGBl. I Nr. 38/2002 kundgemachten (neuerlichen) Wiederverlautbarung des Sperrgebietsgesetzes 1995 unter dem Kurztitel „Sperrgebietsgesetz 2002“.

Im Hinblick auf den weitgehend auf den Wirkungsbereich des Bundesministers für Landesverteidigung beschränkten Charakter der geplanten Adaptierungen lässt das gegenständliche Legislativvorhaben keine Auswirkungen auf die Beschäftigung in Österreich oder auf den Wirtschaftsstandort Österreich erwarten. Überdies ergeben sich durch diesen Entwurf auch keinerlei finanzielle Mehraufwendungen für den Bund oder für die Länder und Gemeinden; der Entwurf enthält nämlich einerseits überwiegend verschiedene Formalanpassungen und Klarstellungen, andererseits lediglich zahlreiche – budgetär unbedeutende – Deregulierungsmaßnahmen hinsichtlich mehrerer Wehrrechtsnormen.

Zu Artikel 1 (Wehrgesetz 2001):

Das Wehrgesetz 2001 normiert in zahlreichen Fällen eine Kompetenz des „zuständigen“ Militärkommandos; damit ist jeweils die örtliche Zuständigkeit im Sinne des § 3 AVG gemeint. Unter Bedachtnahme auf die Richtlinie 1 der Legistischen Richtlinien 1990 betreffend die sprachliche Sparsamkeit von Rechtsvorschriften soll daher der entbehrliche Hinweis auf das „zuständige“ Militärkommando ersatzlos entfallen. Mit dieser Entlastung des Gesetzestextes sind keinerlei inhaltlichen Änderungen verbunden.

Nach § 11 Abs. 3 WG 2001 obliegt – als Teil der allgemeinen Wehrpflicht nach Art. 9a Abs. 3 B‑VG – Wehrpflichtigen, die das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, im Falle einer Anmeldung nach dem Meldegesetz 1991 grundsätzlich die Übergabe eines ausgefüllten zusätzlichen Meldezettels. Im Hinblick auf die mit dem Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 28/2001, erfolgte Novelle des Meldegesetzes 1991, womit die gesetzlichen Grundlagen für die Realisierung eines Zentralen Melderegisters geschaffen wurden, erscheint die genannte Bestimmung des Wehrgesetzes 2001 materiell entbehrlich. Sie soll daher insbesondere im Interesse der Deregulierung von Rechtsnormen sowie einer Entlastung der Bürger von administrativen Verpflichtungen – ebenso wie die diesbezügliche Verwaltungsstrafbestimmung im § 50 Abs. 1 WG 2001 – ersatzlos entfallen. Im Hinblick auf das In-Kraft-Treten der erwähnten melderechtlichen Änderungen mit 1. März 2002 wird davon auszugehen sein, dass den in Rede stehenden Normen des Wehrgesetzes 2001 ab diesem Zeitpunkt keine praktische Relevanz mehr zukommt.

Im Wehrgesetz 2001 wird in mehreren Fällen (insbesondere im Zusammenhang mit einem Einberufungsbefehl) ausdrücklich auf die „Zustellung“ eines Bescheides Bezug genommen. Im Hinblick auf den Umstand, dass Bescheide grundsätzlich sowohl schriftlich als auch mündlich ergehen können, soll künftig diesbezüglich der allgemeine Begriff „Erlassung“ verwendet werden; als derartiger Rechtsakt wird im Falle der schriftlichen Erlassung die rechtswirksame Zustellung, im Falle der mündlichen Erlassung die Verkündung des Bescheides anzusehen sein. Mit dieser legistischen Verbesserung sind keinerlei inhaltliche Änderungen verbunden.

Derzeit besteht in bestimmten Fällen einer bereits zum Zeitpunkt der Stellung laufenden Ausbildung ein Anspruch auf einen bescheidmäßig zu verfügenden Aufschub des Grundwehrdienstantrittes. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung sowie im Interesse einer umfassenden Steigerung der Bürgernähe soll in diesen Fällen künftig eine Einberufung zu diesem Präsenzdienst bis zur Beendigung der zu Grunde liegenden Ausbildung unmittelbar ex lege ausgeschlossen sein; damit werden sämtliche derartige Verwaltungsverfahren ersatzlos wegfallen. Die Wehrpflichtigen werden daher in Zukunft (im Regelfall bei der Stellung) lediglich die Tatsache einer bereits begonnenen Ausbildung oder Berufsvorbereitung nachzuweisen haben, ein formeller Aufschubantrag sowie ein entsprechendes Ermittlungsverfahren werden nicht mehr erforderlich sein. Mit dieser massiven Verwaltungsentlastung ist keinerlei Beeinträchtigung des Rechtsschutzes verbunden, da bei allfälligen Unklarheiten über das in Rede stehende Einberufungshindernis jederzeit sowohl auf Antrag des Betroffenen als auch von Amts wegen ein Feststellungsbescheid erlassen werden kann (§§ 25, 26 und 26a WG 2001).

Aus wehrpolitischen Überlegungen sowie in Entsprechung langjähriger diesbezüglicher Anregungen soll in Zukunft die Möglichkeit zum Tragen einer militärischen Uniform auch nach Überschreiten der für die Wehrpflicht maßgeblichen Altersgrenzen eröffnet werden. Aus praktischen Erwägungen sollen derartige Fälle jedoch ausnahmslos an eine diesbezügliche (formfreie) Zustimmung des Militärkommandos gebunden werden. Ein allfälliger Anspruch auf eine kostenlose Zurverfügungstellung einer Uniform ist damit in keiner Weise verbunden. Allenfalls notwendige konkrete Regelungen betreffend die für eine Zustimmung des Militärkommandos erforderlichen „militärischen Interessen“ werden entsprechend der langjährigen Vollziehungspraxis im Wege verwaltungsinterner Anordnungen zu treffen sein (§ 35 WG 2001).

Nach der derzeit geltenden Gesetzeslage (§ 46 Abs. 2 WG 2001) ist die Zuständigkeit der Disziplinarbehörden hinsichtlich der Ahndung von Pflichtverletzungen von Beamten, die nicht Soldaten sind, im Vollzugsbereich des Bundesministers für Landesverteidigung wie folgt geregelt:

      Gegenüber ihnen unterstellten zivilen Beamten haben Soldaten, die nach § 13 HDG 1994 mit der Funktion eines Disziplinarvorgesetzten (gegenüber den ihnen unterstellten Soldaten) betraut sind, die Stellung der Dienstbehörde nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979.

      Gegenüber ihnen unterstellten zivilen Beamten haben Soldaten, die nach § 12 HDG 1994 mit der Funktion eines Einheitskommandanten (gegenüber den ihnen unterstellten Soldaten) betraut sind, das Recht der Dienstbehörde zur Erlassung von Disziplinarverfügungen.

      In jenen Dienststellen, die von einem zivilen Bediensteten geleitet werden und die nicht nach den §§ 12 und 13 HDG 1994 mit den Funktionen „Einheitskommandant“ und „Disziplinarvorgesetzter“ betraut wurden, unterliegt die Ahndung von Pflichtverletzungen von zivilen Beamten den Disziplinarbehörden nach § 96 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979.

Die dargestellte Rechtslage führt zu der Konsequenz, dass zwar ein Soldat als Kommandant bzw. Dienststellenleiter gegen einen ihm unterstellten zivilen Beamten disziplinäre Maßnahmen zu setzen berechtigt ist, nicht aber ein ziviler Bediensteter, der mit einer solchen Funktion betraut ist. Diese unterschiedlichen Rechtsfolgen haben in der Vergangenheit wiederholt erhebliche Vollzugsprobleme entstehen lassen und in weiterer Folge vereinzelt zu rechtspolitisch unbefriedigenden Ergebnissen geführt. Mit der vorgesehenen Erstreckung der genannten disziplinarrechtlichen Kompetenzen auch auf zivile Bedienstete, die mit der Funktion eines „Einheitskommandanten“ und „Disziplinarvorgesetzten“ (gegenüber ihnen unterstellten Soldaten) betraut sind auch auf ihnen unterstellte zivile Beamte soll die dargestellte Differenzierung in zweckmäßiger und verwaltungsökonomischer Weise beseitigt werden. Im § 61 Abs. 21 ist in diesem Zusammenhang eine begünstigende Übergangsbestimmung hinsichtlich jener Pflichtverletzungen vorgesehen, die vor dem In-Kraft-Treten dieses Gesetzes begangen wurden. Die entsprechenden Disziplinarverfahren sollen aus Gründen der Rechtssicherheit, der Vorhersehbarkeit und des damit verbundenen Vertrauensschutzes nach der derzeit geltenden Rechtslage durchgeführt werden; damit wird auch dem Art. 7 EMRK („Keine Strafe ohne Gesetz“) vollinhaltlich Rechnung getragen.

Der seit 1955 materiell unveränderte gerichtlich strafbare Tatbestand „Nötigung zur Teilnahme an politischen Vereinigungen“ (§ 47 WG 2001) ist in der jahrzehntelangen Praxis nahezu nie zur Anwendung gelangt. Im Interesse einer Entlastung des Gesetzestexts soll daher die genannte Bestimmung ersatzlos entfallen. Damit kann auch den langjährigen rechtspolitischen Intentionen einer Entkriminalisierung Rechnung getragen werden. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die §§ 105 und 106 StGB („Nötigung“ bzw. „Schwere Nötigung“) zur Ahndung etwaiger derartiger Vorfälle ein ausreichendes strafrechtliches Instrumentarium darstellen.

Zu den Artikeln 2 bis 9 (Heeresdisziplinargesetz 1994, Heeresgebührengesetz 2001, Auslands­einsatzgesetz 2001, Munitionslagergesetz, Militär-Auszeichnungsgesetz, Militärbefugnisgesetz, Sperrgebietsgesetz 2002 und Tapferkeitsmedaillen-Zulagengesetz 1962):

Das Disziplinarrecht im Einsatz (§§ 80ff HDG 1994) sieht infolge der erhöhten Bedeutung der militärische Disziplin und Ordnung während eines Einsatzes ua. auch freiheitsentziehende Strafen (Disziplinarhaft und -arrest) vor. Im Einklang mit Art. 3 Abs. 3 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit und Art. 5 Abs. 4 EMRK sind speziell bei der Verhängung der genannten Strafen „Tribunale“ (unabhängige „Einsatzstraforgane“) als Berufungsinstanz eingerichtet. Eine Berufung gegen Disziplinarerkenntnisse des Bundesministers für Landesverteidigung (als Einheitskommandant nach § 83 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Z 4 HDG 1994) ist im Hinblick auf dessen Stellung als oberstes Organ der Verwaltung im Sinne der Art. 19 Abs. 1 und 69 Abs. 1 B‑VG jedoch nicht zulässig. Zur Klärung in diesem Zusammenhang vereinzelt aufgetretener Zweifelsfragen soll mit der vorgesehenen Ergänzung des § 83 Abs. 1 HDG 1994 nunmehr ausdrücklich klargestellt werden, dass in diesen seltenen Einzelfällen das unabhängige Einsatzstraforgan als „Tribunal“ – im vollen Einklang mit den Vorgaben des Art. 5 EMRK – zur erst- und letztinstanzlichen Entscheidung berufen ist.

§ 1 Abs. 1 Z 4 bzw. Abs. 2a des Heeresversorgungsgesetzes (HVG) räumt Personen bei „Miliztätigkeiten“ als Organe des Bundes in Vollziehung militärischer Angelegenheiten umfassende Ansprüche aus der Heeresversorgung im Falle einschlägiger Gesundheitsschädigungen ein; nach § 4 Abs. 1 Z 1 lit. a HVG ist davon insbesondere auch die „Heilfürsorge“ (also jegliche Art der Heilbehandlung) umfasst. Aufgrund des – inhaltlich aus der Zeit vor der Einführung dieses versorgungsrechtlichen Anspruches stammenden – § 22 HGG 2001 gebührt dem in Rede stehenden Personenkreis auch eine (inhaltlich wesentlich eingeschränktere) medizinische Versorgung nach dem Heeresgebührenrecht. Im Interesse der Rechtsbereinigung soll der letztgenannte Anspruch ersatzlos entfallen. Mit dieser legistischen Verbesserung ist keinerlei materielle Änderung gegenüber der geltenden Rechtslage verbunden. Die unmittelbare medizinische Erstversorgung wird auch künftig unter Zugrundelegung der §§ 94 und 95 StGB („Imstichlassen eines Verletzten“ bzw. „Unterlassung der Hilfeleistung“) bzw. des § 48 ÄrzteG 1998 („Dringend notwendige ärztliche Hilfe“) jedenfalls uneingeschränkt zu erbringen sein. Überdies wird dem gegenständlichen Personenkreis auch in Zukunft – ebenso wie etwa den Wehrpflichtigen bei der Stellung oder den Frauen im Rahmen der Eignungsprüfung – aufgrund des Heeresversorgungsgesetzes ein umfassender Anspruch auf medizinische Versorgung zukommen.

Im Hinblick auf die Richtlinie 10 der Legistischen Richtlinien 1990 über die sprachliche Gleichbehandlung von Mann und Frau soll nunmehr eine solche Bestimmung auch in das Munitionslagergesetz, das Militär–Auszeichnungsgesetz und in das Sperrgebietsgesetz 2002 aufgenommen werden.

Im Einklang mit den generellen Zielsetzungen dieses Entwurfes zur Verwaltungsreform sollen auch im Munitionslagergesetz sowie im Sperrgebietsgesetz 2002 die erstinstanzlichen Zuständigkeiten des Bundesministers für Landesverteidigung weitestgehend beseitigt werden. Dies wird lediglich in jenen in der Praxis kaum auftretenden Einzelfällen nicht gelten können, in denen ein Munitionslager bzw. ein militärisches Sperrgebiet mit exakt gleichen Anteilen in mehreren Bundesländern liegt (§ 4 AVG bzw. § 15 Abs. 1 Z 2 MunLG).

Nach der derzeitigen Gesetzeslage (§ 11a Abs. 1 MAG) ist für die Verleihung der Einsatzmedaille betreffend Einsätze des Bundesheeres nach § 2 Abs. 1 lit. b WG 2001 (sicherheitspolizeiliche Assistenzeinsätze) eine Mindestdauer der jeweiligen Heranziehung von vier Wochen vorgesehen. Diese Regelung hat sich in der Vollzugspraxis – insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmend notwendigen Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung – vielfach als zu eng erwiesen. Mit den vorgesehenen Adaptierungen des § 11a Abs. 1 und des § 15 Abs. 8 MAG soll nunmehr die Möglichkeit geschaffen werden, für spezifische Einsätze mit hohen Gefährdungspotential – wie zB die Untersuchung auf Milzbrandbakterien („ANTHRAX“) – die Einsatzmedaille unabhängig von der Dauer des jeweiligen Einsatzes verleihen zu können.

Im Zusammenhang mit den Bestimmungen über die vorläufige Festnahme nach § 11 MBG sind vereinzelt Unklarheiten und Zweifelsfragen über das Verhältnis dieser Norm zur Festnahmebefugnis nach § 502 StPO entstanden. Diese beiden Festnahmeregelungen sind zwar inhaltlich nicht völlig deckungsgleich, sie weisen allerdings – insbesondere unter Zugrundelegung der faktischen Verhältnisse im militärischen Wachdienst – einen breiten Überschneidungsbereich auf. Unter Heranziehung der Interpretationsregeln der „lex posterior“ und der „lex specialis“ wird dabei davon auszugehen sein, dass in diesem Überschneidungsbereich der Regelung in der Strafprozessordnung 1975 durch die Norm des Militärbefugnisgesetzes materiell derogiert wurde. Dies bedeutet, dass in diesen Fällen eine Festnahme ausschließlich auf der Grundlage der im Militärbefugnisgesetz enthaltenen Bestimmung in Betracht kommt. Eine Freiheitsentziehung auf der Grundlage des § 502 StPO ist demgegenüber wie bisher dann zulässig, wenn die Voraussetzungen für eine Festnahme nach der in Rede stehenden Wehrrechtsnorm nicht vorliegen (also etwa bei einem Raufhandel mit Körperverletzung unter Zivilisten in einer Kaserne oder bei einem Einbruchsdiebstahl in einem zivilen Kraftfahrzeug durch einen Soldaten).

Durch die vorgesehene Neutextierung der Bestimmung betreffend den Zeitpunkt der Leistungserbringung im militärischen Leistungsrecht (§ 33 Abs. 4 MBG) soll eine sprachliche Angleichung an die diversen in der Rechtsordnung normierten Regelungen betreffend die „unmittelbare Vorbereitung eines Einsatzes" des Bundesheeres (zB § 2 Abs. 2 und 4 WG 2001, § 6 Abs. 2 und § 9 HGG 2001, § 3 Abs. 2 EZG) erreicht werden. Mit dieser legistischen Verbesserung sind keine materiellen Änderungen verbunden.

Im Rahmen der Neuerlassung des Heeresgebührengesetzes 2001 wurde der Anspruch auf Vergütung der Fahrtkosten im Falle der Übernahme oder Rückgabe von Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenständen durch Wehrpflichtige des Miliz- und Reservestandes für die Hin- und Rückfahrt generell auf die Strecke zwischen dem Hauptwohnsitz und dem Ort der Übernahme oder Rückgabe dieser Gegenstände erweitert (§ 7 Abs. 1 Z 4 HGG 2001). Im Hinblick darauf, dass es sich bei dem Anspruch um Ersatz der Fahrtkosten im Falle der Übergabe oder Rückübernahme eines Leistungsgegenstandes nach § 47 Abs. 2 Z 1 MBG um einen inhaltlich vergleichbaren Kostenaufwand handelt, soll die genannte Bestimmung des Militärbefugnisgesetzes mit jener des Heeresgebührengesetzes 2001 harmonisiert werden.

Im Frühjahr 2002 ist die letzte anspruchsberechtigte Person aus dem Kreis des § 1 des Tapferkeitsmedaillen-Zulagengesetzes 1962, BGBl. Nr. 146, verstorben. Dieses Gesetz ist daher materiell gegenstandslos geworden und kann daher auch formell ersatzlos aufgehoben werden.“

Der Landesverteidigungsausschuss hat diesen Initiativantrag 658/A in seiner Sitzung am 7. Mai 2002 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Abgeordneter Roland Zellot, der darauf hinwies, dass es in der Begründung des Antrages auf Seite 13, vorletzter Absatz, statt „§ 61 Abs. 22“ richtigerweise „§ 61 Abs. 21“ zu lauten habe. Im Ausschussbericht wird bereits die korrigierte Fassung wiedergegeben.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Anton Gaàl, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Dipl.-Ing. Kummerer und Marianne Hagenhofer sowie der Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Wolfgang Jung, Johann Loos, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Die in den Z 5 bis 7 vorgesehene Verschiebung des Inkrafttretenstermins des vorliegenden Gesetzesentwurfes soll der Vollziehung ausreichend Gelegenheit bieten, entsprechende Vorbereitungsmaßnahmen zu treffen. Darüber hinaus ist die Beseitigung einzelner Redaktionsversehen ohne inhaltliche Änderungen beabsichtigt.“

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages in getrennter Abstimmung, teils einstimmig, teils mit Stimmenmehrheit angenommen.


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Landesverteidigungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2002 05 07

        Roland Zellot Wolfgang Jung

       Berichterstatter                Obmann