1199 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 8. 7. 2002

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales


über die Regierungsvorlage (1185 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird

und

über den Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung der Pflichtversicherung und des Bewertungsgesetzes für bäuerliche Nebentätigkeiten und Direktvermarktung [626/A(E)]

Durch die gegenständliche Regierungsvorlage sollen notwendige Anpassungen und Rechtsbereinigungen vorgenommen werden, die der Verbesserung der Praxis oder der Anpassung der Rechtsentwicklung innerhalb und außerhalb der Sozialversicherung dienen sollen.

Abgesehen von der Übernahme der entsprechenden Parallelbestimmungen in der Regierungsvorlage 1183 der Beilagen betreffend eine Novelle zum ASVG sind im Gesetzentwurf folgende Maßnahmen hervorzuheben:

      Klarstellung im Zusammenhang mit dem sozialversicherungsrechtlich relevanten Wirksamkeitsbeginn bestimmter Flächenänderungen;

      legistische Klarstellungen.

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag 626/A(E) am 28. Februar 2000 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die 25. Novelle des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes unterwirft Erträge aus bäuerlicher Weiterverarbeitung und Direktvermarktung einer zusätzlichen Sozialversicherungspflicht. 6,25% des Umsatzes den die Bäuerinnen mit zB selbstgebackenem Vollkornbrot, geräuchertem Schinken oder Apfelsaft erwirtschaften soll als zusätzlicher Sozialversicherungsbeitrag abgeliefert werden. Dadurch wird bäuerliche Arbeit doppelt der Versicherungspflicht unterworfen.

Sowohl die 24. Novelle des BSVG, die am 1. August 2001 in Kraft trat und die Beitragsgrundlage für landwirtschaftliche Nebentätigkeiten änderte als auch die 25. Novelle des Bauern-Sozialversicherungs­gesetzes  der Bauern, welches mit 1. Jänner 2002 in Kraft trat, bestraft gerade die kleinen und mittleren Höfe, die mit viel Fleiß und teilweise unter Aufbringung umfangreicher Investitionen zusätzliche innovative Tätigkeiten entwickelt und damit Arbeitsplätze in der Landwirtschaft erhalten bzw. neue geschaffen haben.“

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die gegenständliche Regierungsvorlage 1185 der Beilagen und den Entschließungsantrag 626/A(E) in seiner Sitzung am 25. Juni 2002 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin über die Regierungsvorlage war Frau Abgeordnete Anna Elisabeth Achatz. Über den Entschließungsantrag 626/A(E) berichtete Abgeordnete Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber.

Als Verhandlungsgrundlage wurde die Regierungsvorlage verwendet. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Karl Donabauer, Josef Horn und Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber.

Von den Abgeordneten Elisabeth Achatz und Karl Donabauer wurde ein Abänderungsantrag betreffend § 20 Abs. 2, § 23 Abs. 1, 4, 4a und 4c bis e, § 23 Abs. 10a, § 33 Abs. 1, § 206 Abs. 1, § 217 Abs. 2a, § 285 Abs. 1, 3 und 3a eingebracht.

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des oberwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Elisabeth Achatz und Karl Donabauer mit Stimmenmehrheit angenommen.

Durch die Annahme des diesem Ausschussbericht angeschlossenen Gesetzentwurfes gilt der Entschließungsantrag 626/A(E) als miterledigt.

Zu den Abänderungen und Ergänzungen gegenüber der Regierungsvorlage wird folgendes bemerkt:

Zu den §§ 20 Abs. 2 Z 2, 23 Abs. 1 Z 3, Abs. 1b, Abs. 4, 4a Z 2, Abs. 4c bis 4e, Abs. 10a, 33 Abs. 1, 217 Abs. 2a und 285 Abs. 1 Z 2 sowie Abs. 3a:

Seit dem 1. Jänner 1999 sind die bäuerlichen Nebentätigkeiten in den Versicherungsschutz der bäuerlichen Sozialversicherung einbezogen.

Diese Einbeziehung steht im Zusammenhang mit der Einbeziehung aller Erwerbseinkommen entsprechend der Entschließung des Nationalrates vom 2. Oktober 1996 (E 24-NR/XX.GP). Damit wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass immer weniger Betriebe ihr Auskommen ausschließlich aus der reinen Urproduktion bestreiten.

Nunmehr soll das Beitragssystem nach dem BSVG aus Gründen der Beitragsgerechtigkeit in Bezug auf die bäuerlichen Nebentätigkeiten einer systematischen Neuregelung unterzogen werden.

Grundvoraussetzung für die geplante Neuausrichtung ist ein in den letzten Jahren angestiegener Datenerfassungsstand bei den Abgabenbehörden, die nunmehr weitestgehend in der Lage sind, der Sozialversicherungsanstalt der Bauern mittels Datenträger die maßgeblichen Einzelinformationen zur Verfügung zu stellen. Damit ist ua. auch die Gewähr gegeben, dass die Neuausrichtung des Systems nicht eine unvertretbare Ausweitung des Administrationsaufwandes bei der vollziehenden Sozialversi­cherungsanstalt der Bauern zur Folge hat. Das vorgeschlagene System eröffnet aber auch dem betroffenen Versicherten weitestgehend die Möglichkeit, seine Beitragsentrichtung nach den unterschiedlichen Veranlagungsformen des Steuerrechts hin auszurichten.

Der diesbezüglichen Neuordnung liegen folgende Grundsätze zu Grunde:

      Hinsichtlich des Stammbetriebes soll für den Betriebsführer nach wie vor die Möglichkeit bestehen, entweder den Versicherungswert oder die im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte als Beitragsgrundlage zu wählen (Beitragsgrundlagenoption nach § 23 Abs. 1a BSVG).

      Werden die Beiträge für Einkünfte aus dem Stammbetrieb pauschal bemessen, so soll für den Betriebsführer die Möglichkeit bestehen, hinsichtlich der Ermittlung der Beitragsgrundlage für die Einkünfte aus den Nebentätigkeiten die im Einkommensteuerbescheid angeführten Einkünfte zu wählen. Beträgt der Gewinn Null oder ist im Einkommensteuerbescheid ein Verlust ausgewiesen, so trägt der (die) Versicherte durch die Aufstockung der Beitragsgrundlage des Hauptbetriebes durch einen Mindestbetrag zur Sicherung des Gesamtsystems bei, da davon auszugehen ist, dass eine fortgesetzte Nebentätigkeit nur bei entsprechender Rentabilitätserwartung aufrecht erhalten wird und sich der ausgewiesene Verlust daher nur als vorübergehend darstellt.

Zu § 20 Abs. 2 Z 2:

Nach geltendem Recht haben Bäuerinnen und Bauern, die eine bäuerliche Nebentätigkeit ausüben, ihre daraus erzielten Einnahmen der Sozialversicherungsanstalt der Bauern bis spätestens 15. Februar des dem Beitragsjahr folgenden Kalenderjahres bekannt zu geben. Im Hinblick darauf, dass das Beitragssystem nach dem BSVG in der Weise neu geregelt wird, dass der (die) Versicherte für die Ermittlung der Beitragsgrundlage hinsichtlich des Nachweises der Einkünfte aus den bäuerlichen Nebentätigkeiten die Möglichkeit hat, den Versicherten – in Anlehnung an die Beitragsgrundlagenoption nach § 23 Abs. 1a BSVG – mit 31. März des dem jeweiligen Beitragsjahr folgenden Kalenderjahres festgelegt werden.

Zu § 23 Abs. 1 Z 3, Abs. 1b und 4:

Wie sich bereits aus obigen Erläuterungen ergibt, sollen bei bäuerlichen Versicherten für die aus den bäuerlichen Nebentätigkeiten erzielten Einkünften alternativ zu derzeitigen pauschalierten Berechnung der Beitragsgrundlage die tatsächlichen Einkünfte aus diesen Tätigkeiten auf Grund des Einkommensteuerbescheides als Beitragsgrundlage herangezogen werden können.

Zu § 23 Abs. 4c bis 4e:

Die vorgesehenen Änderungen beinhalten die vorläufige und endgültige Beitragsgrundlagenermittlung hinsichtlich der auf die Nebentätigkeiten entfallenden Einkünfte für jene Fälle, in denen der (die) Versicherte als Beitragsgrundlage die aus dem Einkommensteuerbescheid ersichtlichen Einkünfte zur Ermittlung der Beitragsgrundlage heranzieht (§ 23 Abs. 1b BSVG).

Diesfalls gilt – so lange kein Einkommensteuerbescheid vorliegt – als vorläufige Beitragsgrundlage für die Nebentätigkeiten der Mindestbetrag von 556,45 € (§ 23 Abs. 10a BSVG). Nach Vorliegen des Einkommensteuerbescheides erfolgt eine Nachbemessung.

Der Mindestbetrag des § 23 Abs. 10a BSVG ist – bis zum Vorliegen eines neuen Einkommensteuerbescheides – als Beitragsgrundlage für die Nebentätigkeiten auch dann heranzuziehen, wenn kein Einkommensteuerbescheid erlassen wird (weil etwa auf Grund der Einkommensteuererklärung des (der) Versicherten kein Einkommensteuerbescheid erlassen werden muss).

Für die Ermittlung der endgültigen Beitragsgrundlage ist der Einkommensteuerbescheid, mindestens jedoch der Betrag nach § 23 Abs. 10a BSVG, heranzuziehen.

Zu § 23 Abs. 10a:

Wählt der Betriebsführer hinsichtlich der bäuerlichen Nebentätigkeiten das neue Beitragsgrundlagensystem, so wird zur Wahrung des finanziellen Gesamtgefüges und somit im Sinne der Interessen der Solidargemeinschaft jedenfalls der allgemeinen Beitragsgrundlage ein Mindestbetrag hinzugerechnet, wenn der maßgebliche Einkommensteuerbescheid einen gegen Null gehenden Gewinn oder einen Verlust ausweist.

Zu § 33 Abs. 1:

Nach geltender Rechtslage sind die Beiträge für Einnahmen auf Grund von bäuerlichen Nebentätigkeiten am 30. April des Folgejahres fällig und innerhalb eines Jahres nach Fälligkeit in vier gleichen Teilbeträgen zu entrichten.

Die Praxis hat gezeigt, dass die Beitragsentrichtung in vier Teilbeträgen Schwachstellen aufweist; der Zufluss der Beiträge erfolgt bis zu zwei Jahren nach der Ausübung der betreffenden Tätigkeit, womit, wie eine mehr als dreijährige Praxis zeigt, für die Sozialversicherungsanstalt der Bauern ein erheblicher administrativer Aufwand verbunden ist. Dies soll durch die nun vorgesehene Zahlung eines Einmalbetrages vermieden werden, zumal der zeitliche Bezug zwischen der beitragsrelevanten Tätigkeit und der Fälligkeit der Beiträge im Hinblick auf die generelle Beitragsvorschreibung im Nachhinein durchaus vertretbar ist.

Zu § 206 Abs. 1 Z 1:

Um einen möglichen Vorwurf des Verstoßes gegen die Kapitalverkehrsfreiheit und einer damit verbundenen Diskriminierung zu vermeiden, soll hinsichtlich der Vermögensveranlagung auf alle verzinslichen Wertpapiere, die in Euro von den Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes begeben wurden, abgestellt werden.

Zu § 217 Abs. 2a:

In jenen Fällen, in denen der Mindestbetrag nach § 23 Abs. 10a zur Anwendung gelangt, weil auf Grund der Mitteilung der Abgabenbehörde davon auszugehen ist, dass keine die Einkommensteuer maßgeblichen Einkünfte aus bäuerlichen Nebentätigkeiten vorliegen, hat die Sozialversicherungsanstalt der Bauern der Abgabenbehörde jene Fälle zu übermitteln, in denen der genannte Mindestbetrag länger als drei Beitragsjahre maßgeblich ist. Damit soll der Abgabenbehörde die Möglichkeit eingeräumt werden, zu prüfen, ob die betreffenden Personen neben den Einkünften aus bäuerlichen Tätigkeiten auch lohnsteuerpflichtige Einkünfte erzielen, die nach § 41 Abs. 1 Z 1 EstG 1988 zu veranlagen sind.

Zu § 285 Abs. 1 Z 1 sowie Abs. 3 Z 1 und 2).

Der Zeitpunkt des Beginnes der Gesetzeskraft soll grundsätzlich auf den 1. September 2002 verschoben werden, damit der Verwaltung mehr Zeit für etwaige vorbereitende Maßnahmen bleibt.

Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2002 06 25

   Karl Donabauer                  Helmut Dietachmayr

       Berichterstatter                Obmann