3810/J XXI.GP

Eingelangt am: 26.04.2002

ANFRAGE

der Abgeordneten Mag. Maier

und GenossInnen

an die Bundesministerin für öffentliche Leistungen und Sport

betreffend “Nahrungsergänzungsmittel - Verunreinigungen durch anabole

Steroide"

Nicht wenige Nahrungsergänzungen sind in Österreich bzw. weltweit u.a. mit
anabolen Steroiden - die allesamt auf der Antidopingliste des IOC stehen -
verunreinigt. Gesundheitliche Risiken, aber auch eine positive Dopingprobe können
bei Einnahme solcher Nahrungsergänzungsmittel nicht ausgeschlossen werden.

Durch das Austrian Research Center wurden im letzten Jahr insgesamt 54 Produkte
auf Verunreinigungen auf anabole Steroide untersucht, die unter dem Namen
“Prohormone" bekannt sind. Diese Substanzen waren am Etikett der Produkte nicht
ausgewiesen!

Vorgenommen wurde eine chemische Analyse (Doping) und eine toxikologische
Bewertung dieser Verzehrprodukte, die als Nahrungsergänzungsmittel auch in
Österreich erhältlich sind - sie werden in erster Linie als Gesundheits- und
Sportnahrung gehandelt. Dieser Untersuchungsbericht wurde im Oktober 2001 an
das zuständige Bundesministerium übermittelt.

Nicht zuletzt auf Grund der zunehmenden Bedeutung des Sports in unserer
Gesellschaft als Teil eines gesundheitsorientierten Lebensstils gewinnt
Sporternährung eine immer größere Bedeutung. Für Spitzensportler ist die Einnahme
von Nahrungsergänzungsmittel absolut üblich. Es gibt einen Boom der
unterschiedlichsten Produkte von Nahrungsergänzungsmittel die sich am
österreichischen Markt befinden, wobei diese über den Sportfachhandel,
Sporternährungsfachgeschäfte, Fitnesscenter, Internet, Postfachfirmen und
Drogeriefachgeschäfte vertrieben werden. Die vorliegende Untersuchung hat die drei
letztgenannten Vertriebswege allerdings nicht berücksichtigt.

Amerikanische Wissenschaftler haben in einer Studie darauf hingewiesen, dass
diese Produkte weder auf ihre Sicherheit noch auf ihre Wirkung überprüft wurden
und die Produktion und Herstellung nicht in Qualitätsstandards der
Arzneimittelindustrie entspricht (z.B. Gute Laborpraxis bzw. Gute
Herstellungspraxis).

Diese Produkte enthalten neben den am Etikett ausgewiesenen Inhaltstoffen auch
Spuren bis größeren Mengen an anderen Stoffen, die sich entweder durch
unkontrollierte Produktionsprozesse in den Produkten wiederfinden oder bewusst -
aber nicht etikettiert - verarbeitet wurden.

Unter anderem handelt sich dabei um anabole Steroide - rezeptpflichtige hormonell
aktive Substanzen, wie zum Beispiel Testosteron oder DHEA.
Es kann somit beim Kauf eines solchen Produkts nicht von einer
gesundheitlichen Unbedenklichkeit ausgegangen werden. Weiters kann ein
Athlet, der diese im Sport erlaubten Produkte zu sich nimmt, durch Anabolika-
Kontaminationen ein dopingpositives Ergebnis beim Dopingtest aufweisen.


International wie national sind daher auf Grund dieser gesundheits- wie auch
dopingrelevanten Aspekte systematische Kontrollen der am Markt befindlichen
Produkte notwendig um das Ausmaß der kontaminierten Produkte abschätzen zu
können.

Nach einer Untersuchung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) hätte die
Einnahme von 94 der 634 getesteten Nahrungsergänzungsmittel zu positiven
Dopingtests geführt. Dieses Ergebnis hat die Medizinische Kommission des IOC am
04.04.02 in einer Pressemitteilung zu einer Warnung an die Spitzenathleten
veranlasst. “Nach den Regeln der Olympischen Bewegung sind die Athleten strikt
verantwortlich dafür, welche Substanzen in ihren Körpern gefunden werden", heißt
es in der Erklärung.

Die vom Kölner Antidoping-Labor vorgenommenen Untersuchungen der 634
Nahrungsergänzungsmittel von 215 verschiedenen Anbietern in 13 Ländern
erstreckten sich vom Oktober 2000 bis zum November 2001. 91 Prozent der
Produkte wurden in Geschäften und über Internet angeboten, der Rest direkt vom
Produzenten. 94 oder 14,8 Prozent der Nahrungsergänzungsmittel waren
verunreinigt, 23 davon enthielten Spuren von Nandrolon und Testosteron, 64
lediglich Testosteron und 7 allein Nandrolon.

Ergebnisse Österreich - Untersuchung des Austrian Research Center

•   Diese Verzehrprodukte wurden in Sporternährungsfachgeschäften und in
Apotheken gekauft, darüber hinaus wurden drei Produkte vom Österreichischen
Verband für Kraftdreikampf zur Verfügung gestellt (nicht eingekauft wurden
derartige Produkte in Fitnesscenter, Internet oder über Postfachfirmen).

•   Daher kann die vorliegende Untersuchung nicht für sich in Anspruch nehmen,
eine umfassende und systematische Qualitätskontrolle der am österreichischen
Markt befindlichen Produkte sowie eine Bewertung des toxikologischen Risikos
beim widmungsgemäßen Verzehr dieser Produkte vorgenommen zu haben.
Einige konsumentenpolitisch bedenkliche Vertriebswege wurden dabei absolut
außer Acht gelassen.

•   Untersucht wurden auch Steroide vom “Testosterontyp" und “Nandrolontyp". Alle
Substanzen auf die getestet wurde stehen auf der Dopingliste des IOC in der
aktuellen Version vom 1.9.2001.

•   In zwölf Produkten (22% aller untersuchten Produkte) konnte zumindest ein
Steroide nachgewiesen werden (in einem Fall wurden sogar vier verschiedene
Steroide festgestellt und quantifiziert).

Die in den Apotheken gekauften Proben waren alle negativ. Bei den Produkten
aus Sporternährungsfachgeschäften wurden ca. 20% positive Proben gefunden.
Die drei Proben des Kraftdreikampfverbandes waren zu 100% positiv.


•    In zwölf Verzehrprodukten wurden insgesamt fünf anabole Steroide in sehr
unterschiedlich hohen Konzentrationen gefunden. Dabei wurde versucht, das
Risiko einer toxischen Wirkung durch Einnahme der Steroide zu bewerten
(Analogieschlüsse auf Untersuchungsergebnisse in anderen Steroide und auch
mit Hilfe der bereits erfolgten Bewertung eines der Steroide [DHEA] in einem
zugelassenen Arzneimittel).

•   Eine dieser Proben enthielt das Steroide DHEA in einer relativ hohen

Konzentration. Die Steroidedosierung des Konsumenten des Verzehrproduktes
hängt damit vergleichsweise über der des zugelassenem Arzneimittel “Gynodian
Depot - Spritzampullen). Gegenüber der Arzneimittelbehörde müssen außerdem
strengere Maßstäbe bei der Risikobewertung des Verzehrproduktes angelegt
werden, da es 1. für Verzehrprodukte keine medizinische Indikation (und kein
Nutzen) gegeben ist und 2. die Einnahme wissentlich nicht nur von Männern
sondern auch von Frauen im gebärfähigen Alter erfolgen kann.
Wie aus der Fachinformation vom “Gynodian Depot-Spritzampullen" hervorgeht,
ist Schwangerschaft eine Gegenanzeige für das Arzneimittel.

Bei den Produkten Speed Creatin Kautabletten der Firma All Stars, sowie
Triplex Zell Maximizer der Firma All Stars befinden sich jedoch Mengen an
Nandrolontyp Steroiden in den untersuchten Proben, die zu einem positiven
Dopingbefund führen.

Wie in der ORF-Sendung “Report" vom 9. April 2002 ersichtlich wurde, befanden sich
diese mit anabolen Steroiden verunreinigten Produkte weiterhin im Handel - sie
wurden demnach durch das zuständige Bundesministerium nicht aus dem Verkehr
gezogen.

Die Öffentlichkeit bzw. Sportlerinnen, Vereine und Verbände wurden über die
schockierenden Ergebnisse nicht informiert. Das gesundheitliche Risiko besteht
weiterhin, ebenso die Gefahr für Sportlerinnen nach Einnahme derartig
verunreinigter Nahrungsergänzungsmittel mit einem positiven Dopingbefund
konfrontiert zu sein, mit allen dazugehörigen Konsequenzen.

Die Rechtfertigung angesprochener Hersteller über die nachgewiesenen
Verunreinigungen sind jedoch nicht nachvollziehbar. Diese geht in die Richtung, dass
die Geräte und Einrichtungen nicht ordentlich gereinigt wurden. Nachdem es sich
dabei um pharmakologisch wirksame Stoffe handelt, stellt sich in jeden Fall die
Frage, wofür diese Stoffe (anabole Steroide) im Herstellerbetrieb verwendet werden.
Somit stellt sich weiterhin die Frage, wie konnte es zu diesen sogenannten
Verunreinigungen kommen.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für
öffentliche Leistungen und Sport nachstehende Anfrage:

1. Wann haben Sie - als Sportministerin - den abgeschlossenen Forschungsbericht
erhalten?


2.  Werden Sie - nachdem durch BM Haupt die Öffentlichkeit über die Ergebnisse
nicht informiert wurde - nun Sportlerinnen, Sportverbände und Sportvereine über
diese Untersuchung informieren?

3. Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Sie gegen mit anabolen Steroiden
verunreinigten Nahrungsergänzungsmittel vorzugehen?

4. Welche behördlichen Maßnahmen haben Sie gegenüber Hersteller, Händler oder
Importeure dieser Produkte ergriffen, in denen anabole Steroide nachgewiesen
wurden?

5.  In welchem Umfang werden Sie als Sportministerin Untersuchungen von
Nahrungsergänzungsmittel veranlassen, da diese vorliegende Untersuchung
noch keine umfassende Kontrolle dieses “grauen Marktes" darstellt?

6.  Werden Sie auch Testkäufe über das “Internet" veranlassen?

7. Wenn nein, weshalb nicht?

8. Werden Sie auch Testkäufe bei “Postfachfirmen" veranlassen?

9. Wenn nein, weshalb nicht?

10. In welcher Form werden Sie die Öffentlichkeit (insbes. Sportlerinnen,

Sportverbände und Sportvereine) über die Ergebnisse dieser möglichen weiteren
Untersuchungen informieren?

11 .Wie bewerten Sie als zuständiger Ressortminister die Ergebnisse der
chemischen Analysen dieser Untersuchung?

12. Wie bewerten Sie als zuständige Ressortministerin die Ergebnisse der
toxikologischen Risikountersuchung dieser Untersuchung?

13. Gibt es aus Ihrer Sicht - aufgrund der vorliegenden Ergebnisse (chemische
Analyse sowie toxikologischen Risikobewertung) einen legistischen
Handlungsbedarf?

14. Wenn ja, welchen?

Wenn nein, weshalb nicht?

15. Gibt es aus Ihrer Sicht - aufgrund der vorliegenden Ergebnisse der Untersuchung
- einen Handlungsbedarf in der Vollziehung?

16. Wenn ja, welchen?

Wenn nein, weshalb nicht?

17. Unter welchen Voraussetzungen (Bedingungen) können Hersteller von

Nahrungsergänzungsmittel ihre Produkte herstellen? Welche Regelungen gibt es
dafür?


18. Können Hersteller von Nahrungsergänzungsmittel auch pharmakologisch
wirksame Substanzen verwenden?

19. Wenn ja, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen?

20. Kennen Sie die vor kurzem veröffentlichte IOC-Untersuchung bezüglich

Nahrungsergänzungsmittel? Sind Ihnen die Ergebnisse dieser Untersuchung im
Detail bekannt?

21 .Wenn ja, sind Ihnen die Namen und Bezeichnungen der Produkte mit
Dopingrelevanz bekannt?

22. Zu welchen Schlussfolgerungen kam Ihr Ressort nach dieser Veröffentlichung
durch das IOC? Kam es mit den zuständigen Stellen des IOC zu einem Kontakt
und Informationsaustausch? Wenn ja, wann und in welcher Weise? Wenn nein,
weshalb nicht?

23. Welche Nahrungsergänzungsmittel, die durch das IOC am deutschen Markt
überprüft wurden, waren positiv getestet worden (ersuche um namentliche
Anführung von Produkte und Hersteller)?

24. Welche Nahrungsergänzungsmittel, die durch das IOC am holländischen Markt
überprüft wurden, waren positiv getestet worden (ersuche um namentliche
Anführung von Produkte und Hersteller)?

25. Welche Auswirkungen müssten aus Sicht Ihres Ressort diese Ergebnisse auf die
geplante EU-Richtlinie “Nahrungsergänzungen" haben?

26. Welche konkrete Haltung hat bislang Ihr Ressort zu dieser geplanten EU-
Richtlinie eingenommen? Wie stehen Sie in diesem Zusammenhang zur
Verankerung der “Guten Herstellungspraxis"?

27. Sehen Sie auf Europäischer Ebene einen besonderen legislativen
Handlungsbedarf?

28. Wenn ja, welchen? Welche konkreten Maßnahmen bzw. Aktivitäten sind von Ihrer
Seite dazu geplant?

29. Wenn nein, weshalb nicht? Reichen die bestehenden gültigen europäischen
Bestimmungen aus?