3840/J XXI.GP

Eingelangt am: 07.05.2002

Anfrage

der Abgeordneten Stefan Prähauser
und Genossinnen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Flüchtlingsbetreuung

Österreich verfügt über mehrere Betreuungsstellen für Asylwerber mit einer
Gesamtkapazität von etwa 2.000 Plätzen. Sie befinden sich in Traiskirchen,
Reichenau, Vorderbrühl, Bad Kreuzen, Thalham und Wien. Vor allem das überlastete
und sich durch katastrophale Zustände auszeichnende Flüchtlingslager Traiskirchen,
wo ca. 1000 Asylwerber untergebracht sind, ist hier zu nennen. Asylwerber werden
auch in Gasthöfen untergebracht, sodass der Bund nur ca. ein Drittel der
Asylsuchenden beherbergt.

Die Flüchtlingspolitik in einem der reichsten Länder der Erde zeichnet sich neben
einer viel zu langen Dauer der Bearbeitung der Asylverfahren dadurch aus, dass im
vergangenen Winter zwischen 50 und 100 Asylsuchende wegen der Untätigkeit der
Bundesregierung bei Temperaturen bis minus 20 Grad auf der Straße schlafen
mussten. Die Unterbringungsstätten von Vereinen sind hoffnungslos überfüllt, täglich
müssen Flüchtlinge in Österreich auf dem Boden schlafen. Die anklagenden Berichte
von Organisationen wie der UN-Kommission für Flüchtlinge (UNHCR) sind Beleg für
die teilweise katastrophalen Zustände in der Flüchtlingsbetreuung.

Nun soll - so wurde es in einigen Medien kolportiert - neben dem alten Lager
Traiskirchen ein zweites im Westen Österreichs als zentrales Flüchtlingslager
errichtet werden. Dabei wurde das Gelände der ehemaligen Struber-Kaserne in der
Stadt Salzburg im Stadtteil Taxham ins Spiel gebracht. Taxham hat eine hohe
Wohndichte und die Bevölkerung vor Ort ist bereits durch kommende Großprojekte
wie Europark
II, das geplante Spaßbad oder das unmittelbar angrenzende neue
Fußballstadion verunsichert. Es erscheint deshalb als nicht zielführend, in einem
Stadtteil mit derart ausgeprägter Infrastruktur und dem damit verbundenen
Verkehrsaufkommen ein großes Flüchtlingslager anzusiedeln.

Die Bevölkerung verlangt nun völlig zu Recht Klarheit über die Pläne des
Innenministeriums für eine mögliche Flüchtlingsanlaufstelle oder sogar ein
Flüchtlingslager in der Salzburger Struberkaserne. Mittlerweile gibt es zwar
öffentliche Dementis aus dem Innenministerium, aber in den betroffenen Stadtteilen
herrschen dennoch Unsicherheit und Misstrauen vor, zumal auch Salzburger FPÖ-
Abgeordnete den Beteuerungen aus dem Innenministerium wenig Glauben
schenken.

Salzburg hat sich bisher immer offen bei der Aufnahme von Flüchtlingen gezeigt,
aber die Unterbringung einer derart großen Zahl von Menschen in einer ehemaligen
Kaserne kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Das ist weder für die
Menschen, die dort möglicherweise untergebracht werden sollen, noch für die
Bevölkerung der umliegenden Stadtteile akzeptabel.

Aber auch die oben angeführten katastrophalen Zustände in der
Flüchtlingsbetreuung sind nicht akzeptabel.


Aus diesen Gründen stellen die unterzeichneten Abgeordneten an den
Bundesminister für Inneres folgende

Anfrage:

1. Wie viele Flüchtlinge sollen in der ehemaligen Struber-Kaserne beherbergt
werden?

2.  Stimmt es, dass das Innenministerium bei der Heeresbauverwaltung bzw. der
Bundesimmobiliengesellschaft Bedarf an der ehemaligen Struber-Kaserne
angemeldet hat? Wenn ja, wann wurde der Bedarf angemeldet und was steht
in der Bedarfsanmeldung?

3. Wurde die Bedarfsmeldung Struber-Kaserne wieder zurückgezogen?

4.  Erscheint es Ihnen sinnvoll, einen bereits durch hohe Wohndichte und große
Bauprojekte gekennzeichneten Stadtteil weiter zu belasten?

5.  Ist schon eine Entscheidung bezüglich eines weiteren im Westen Österreichs
gelegenen Flüchtlingslagers bzw. einer Flüchtlingsanlaufstelle gefallen? Wenn
nein, welche Standorte werden in die Überlegungen miteinbezogen?

6.  Halten sie die zentrale Erfassung von Flüchtlingen in großen Lagern für
zeitgemäß und sinnvoll?

7. Wie wollen sie eine Ghettobildung in den großen Lagern verhindern?

8.  Gibt es Pläne zum Ausbau der dezentralen Flüchtlingsbetreuung? Wenn ja,
welche? Wenn nein, warum nicht?

9.  Ist es richtig, dass im vergangenen Winter zwischen 50 und 100 Asylsuchende
bei Temperaturen bis minus 20 Grad auf der Straße schlafen mussten. Wenn
ja, warum und was wollen sie unternehmen, damit sich eine solche Situation
nicht wiederholt?