623/J XXI.GP
der Abgeordneten Heinzl, Dr. Jarolim
und Genossen
an den Bundesminister für Justiz
betreffend Schand - und Terrorurteile des Dollfuß - Regimes gegen sozialdemokratische
Patrioten
Nach 1945 wurden die durch die NS - Justiz verurteilten Patrioten und Widerstandskämpfer
nachträglich rehabilitiert. Im Zuge der Erhebung der Arbeiterschaft gegen die Bedrohung der
Demokratie um den 12. Februar 1934 wurden 21 Standgerichtstodesurteile gefällt und neun
sozialdemokratische Funktionäre, nämlich Karl Münichreiter, Emil Swoboda, Ing. Georg
Weissel, Alois Rauchenberger, Johann Hoys, Koloman Wallisch, Josef Stanek, Josef Ahrer
und Anton Bulgari zum Teil trotz schwerer Verwundung und mehr als zweifelhafter Anklage,
so dass sogar Standgerichte vergebens Begnadigungen befürworteten, hingerichtet.
Standgerichtlich hingerichtet wurden von Bundesheersoldaten in Holzleiten in Oberösterreich
weitere acht Sozialdemokraten. Zu diesen Opfern kommen noch zahlreiche andere von
Standgerichten zu lebenslangen oder langjährigen Haftstrafen Verurteilte.
Professor Hugo Portisch stellt darüber hinaus in seiner vielbeachteten Dokumentation
„Osterreich 1. Die unterschätzte Republik“ wörtlich fest:
„Aufgrund neuer Forschungen glaubt man, dass die Zahl der Toten auf seiten des
Schutzbundes und der Zivilbevölkerung eher bei 250 lag und bei der Exekutive bei etwa 125.
Weit über 1.000 Menschen seien verwundet worden. 7.823 Männer und Frauen wurden allein
in Wien während der Kämpfe und danach verhaftet und eingesperrt. In ganz Österreich
dürften 10.000 Sozialdemokraten festgenommen worden sein.
Die hingerichteten und mit Kerkerstrafen belegten Persönlichkeiten haben aus politischer und
demokratischer Überzeugung für den Erhalt der Ersten Republik gekämpft. Ihr Tod kam nicht
zuletzt auch durch die proklamierte Exempelstatuierung, wonach in jedem Bundesland mit
Kampfhandlungen wenigstens zwei Exekutionen zu erfolgen hatten, zustande.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Justiz
nachstehende
Anfrage:
1. Sehen Sie auf Grund der geltenden Rechtslage eine Möglichkeit, die Schandurteile
des Dollfuß - Regimes gegen sozialdemokratische Patrioten aufzuheben bzw. für
nichtig zu erklären und auch zu einer rechtlichen Rehabilitierung der zu unrecht
Verurteilten zu kommen?
2. Wenn nein: Welche legistischen Maßnahmen müssten gesetzt werden, um zu einer
rechtlichen Rehabilitierung der zu unrecht verurteilten Patrioten zu kommen?
3. Sind Sie bereit, derartige legistische Maßnahmen vorzubereiten?