Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 100. Sitzung / Seite 28

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9.30

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Wenn man diese Aktuelle Stunde zu einem wirklich wichtigen Thema betrachtet und sieht, was bislang seitens der beiden Klubobleute der Opposition daraus gemacht wurde, dann fragt man sich, ob sie wirklich Interesse an der Universitätsreform haben. Der eine versteigt sich zu verbalen Provokationen, verliert sich dann in irgendwelchen Äußerungen, die nichts mit der Universität zu tun haben, und nützt die ihm gebotene Chance nicht. Der andere versucht, sein nicht vorhandenes Profil auf Kosten der Universitäten wiederzugewinnen (Beifall bei den Freiheitlichen), indem er um 10.30 Uhr lieber auf der Uni-Rampe einem Fototermin nachkommt und am Aktionstag teilnimmt, statt hier in diesem Hohen Haus, wo die Politik, die an den Universitäten umzusetzen ist, letztlich diskutiert wird, mit uns in einen Diskurs zu treten.

Das ist die Universitätspolitik der beiden Klubobleute der Opposition, und sie entlarvt sich von selbst. Ich glaube, eines haben Sie beide gemeinsam: Sie haben den Entwurf schlichtweg nicht gelesen, sonst könnten Sie hier vom Rednerpult aus ganz einfach nicht so viel Unsinn verzapfen!

Herr Van der Bellen, Sie sagen: keine teilrechtsfähigen Institutionen. – Jawohl, ich gebe Ihnen Recht. Wir haben in Zukunft vollrechtsfähige Institutionen. Diese werden mehr können als bisher. Das wird der Unterschied sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Van der Bellen, Sie sagen: keine Haftungsbestimmungen wie ein Aufsichtsrat. – Lesen Sie doch nach! Wir haben festgelegt, die Haftungsbestimmungen des HGB sind unbeschränkt anwendbar. Was steht im Handelsgesetzbuch? – Sie sind Universitätsprofessor – Sie haben keine Ahnung. Die Haftungsbestimmungen des HGB gelten auch für die Universitätsräte. (Abg. Dr. Van der Bellen  – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Wo denn?) Lesen Sie es nach! Sie brauchen nicht draufzuzeigen, sondern Sie sollten einmal hineinschauen. Das täte Ihnen wahrscheinlich besser. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Kollege Gusenbauer meint, die Betroffenen seien nicht an Bord, man dürfe nur noch Reformen machen, wenn jeder Betroffene mit an Bord sei. Herr Kollege Gusenbauer! Im Zusammenhang mit einer Gremial- und Kurialuniversität, wo Standesvertreter ihre Standesrechte – ob gerechtfertigt oder nicht gerechtfertigt – einfach schützen wollen, muss man vielleicht als Gesetzgeber einmal zukunftsweisend etwas Visionäres tun und das nicht den Standesvertretern überlassen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Drüberfahren!)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Wenn Sie das schon so ernst genommen haben, sage ich Ihnen: Sie haben das hier im Hohen Haus selbst mitbeschlossen. UOG 1975, Alleinregierung SPÖ: keine einzige Zustimmung eines Standesvertreters. – Sie haben die Reform trotzdem gemacht! UOG 1993, Einführung der Teilrechtsfähigkeit, der erste Schritt zur Vollrechtsfähigkeit: keine einzige Zustimmung eines Standesvertreters. – Sie haben die Reform trotzdem gemacht! Sie waren Regierungspartei.

Jetzt kommt das Universitätsgesetz 2002 – und siehe da: Wir haben Zustimmung von breiten Kreisen der Universität. Das verschweigen Sie aber immer! Die Professorenkonferenz, die Professorenverbände, alle stimmen zu. Die Mehrheit der Universitätsrektoren, mit Ausnahme einiger Kunstuniversitäten, ist für diese Reform. Bei jeder Diskussion, an der ich mit den Kollegen Niederwieser oder Grünewald – und wir sind fast täglich bei einer Diskussion – teilgenommen habe, erfahren wir (Abg. Dr. Grünewald: Jetzt bin ich neugierig!), dass es immer wieder nur um die Entsendungsrechte geht, nämlich Ihnen. Sie hätten am liebsten, dass Bürgermeister Häupl alle entsendet. Das ist mir schon klar. Sie schreiben es ja auch in den Entwurf hinein: Die Landesregierungen mögen die Universitätsräte entsenden. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Kollege Niederwieser! Acht Universitäten stehen auf Wiener Boden. Was heißt das? – Natürlich: Bürgermeister Häupl soll entsenden. Die Bundesarbeitskammer soll entsenden. Sie hätten am liebsten, dass man alte Zustände fortschreibt.


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