Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 101. Sitzung / Seite 108

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38. Warum soll in Zukunft der bisher gesetzlich vorgeschriebene Hochschulbericht entfallen und in welcher Form wird der Nationalrat umfassend über die Entwickung der österreichischen Universitäten informiert werden?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage gemäß § 93 Abs. 2 GOG dringlich zu behandeln.

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Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Gusenbauer als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. Redezeit: 20 Minuten. – Bitte.

15.02

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Diskussion an den österreichischen Universitäten in Bezug auf ein Universitätsreformgesetz ist intensiv und sollte am Ende der Begutachtungsfrist dazu veranlassen, heute die Gelegenheit wahrzunehmen, über die Herausforderungen, die Probleme, den Zustand und die Perspektiven der österreichischen Universitäten zu diskutieren. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Angesichts der Bemerkungen, die es in den letzten Wochen über die österreichischen Universitäten gegeben hat, muss man eines klarstellen: Die österreichischen Universitäten brauchen internationale Vergleiche nicht zu scheuen. Sie sind nicht perfekt, aber sie haben sich in Anbetracht der gestiegenen Herausforderungen außerordentlich gut gehalten. Man mag beklagen, dass wir wenig Nobelpreisträger hervorbringen, aber nach allen internationalen Studien haben wir viele ausgezeichnete Absolventinnen und Absolventen, und in einer Reihe von Wissenschaftsdisziplinen genießen unsere Forscherinnen und Forscher Weltruf. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Unsere österreichischen Universitäten waren in einem bestimmten Bereich auch einzigartig: Es gibt ein hohes Maß an Mitbestimmung aller Universitätsangehörigen. Es gab früher keine Zugangsbarrieren wie zum Beispiel Studiengebühren oder den Numerus clausus. Wir haben auch neue erfolgreiche Wege geschaffen, die es ermöglichen, dass benachteiligte Gruppen den Zugang zur Universität bekommen, wie etwa durch die Einführung der Berufsreifeprüfung. Wir haben in einzelnen Bereichen auch, was den Bestand betrifft, durchaus Weltniveau erreicht, gerade was die Anwendung neuer Kommunikationstechnologien betrifft. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist eine absolute Erfolgsbilanz von drei Jahrzehnten sozialdemokratischer Hochschulpolitik! (Beifall bei der SPÖ.)

Das, was wir derzeit erleben, ist eine konservative Wende der Hochschulpolitik. Ihre ersten Vorboten waren die Studiengebühren, Sparprogramme, ein zunehmend demotivierendes Dienstrecht und im Herbst 2001 das erste Mal seit langem auch rückläufige Zahlen bei den Studierenden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es stellt sich die Frage: Wird diese konservative Wende in der Hochschulpolitik fortgesetzt, oder orientieren wir uns an den Herausforderungen der Zukunft? – Für uns Sozialdemokraten ist klar: Wir wollen nicht die konservative Wende, sondern moderne, zukunftsfähige Hochschulen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Trotz des guten Zustandes unserer Universitäten sind auf Grund von zwei Punkten Reformen erforderlich: Zum einen ändert sich das internationale Umfeld für unsere Universitäten. Universitätspolitik ist nicht mehr allein nationale Angelegenheit, sondern es gibt auch europäische Hochschulpolitik mit all den Auswirkungen auf Österreich. Es gibt die Herausforderung durch die neuen Medien, das Ansteigen von Fernstudien, die weltweite Kooperation und Vernetzung, und wir haben auch eine Auflösung des traditionellen Fächerkanons, wo es nicht mehr nur um ein Studium geht, sondern wo die Studien in andere Bereiche übergreifen. Das heißt, es ist notwendig, auf diese neuen Herausforderungen einzugehen, und daher ist eine Reform erforderlich.


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