Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 101. Sitzung / Seite 150

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seiner Existenz gefährdet zu sein, beinhaltet und die auf der anderen Seite auch den Bürger vor Übergriffen einiger Parlamentarier, wie das in der Vergangenheit der Fall war, schützt.

Ich hoffe, wir kommen dazu. Zurzeit haben wir einen Rückschritt begangen. Aber um das Kollegialrecht aufrechtzuerhalten, werden wir uns auch entsprechend verhalten (Abg. Gaugg: Stimmt ja eh!) und Herrn Abgeordneten Westenthaler nicht ausliefern (Abg. Gaugg: Stimmt ja eh!), Herr Kollege Gaugg. (Beifall bei der SPÖ.)

17.56

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte.

17.57

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die neue Regelung der Spruchpraxis ist meiner Meinung nach – und ich glaube, diese Meinung teilen sehr viele Abgeordnete – nicht ein Rückschritt, sondern sie ist ein Schritt, der wieder hin zur Rechtsstaatlichkeit führt, die wir aus parteipolitischen Motiven verlassen haben, woran die Sozialdemokraten beteiligt gewesen sind. – Das einmal zu diesem Punkt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: ... seit Jahren!)

Für mich ist die parlamentarische Immunität kein Privileg, sondern sie stellt tatsächlich einen Schutz dar – auch einen Bürgerschutz, weil wir hier letztendlich auch Bürgerinteressen zu vertreten haben und man einen Abgeordneten nicht durch Klagen mundtot machen können soll.

Die parlamentarische Immunität bedarf einer gesetzlichen Regelung, und die gibt es derzeit. Diese Regelung sieht vor, dass man eine Spruchpraxis entwickeln kann, wo man durch zwei Abstimmungen erstens feststellt, ob ein politischer Zusammenhang gegeben ist, und zweitens, ob man ausliefert oder nicht. Das stellt an sich kein wirklich rechtsstaatliches Instrument dar, weil wir durch die Änderung der Spruchpraxis letztendlich den Pfad verlassen haben und trotz Feststellung eines politischen Zusammenhanges ausgeliefert haben. Das haben die Mehrheitsfraktionen so beschlossen – zum Nachteil der damaligen Oppositionsparteien, also der Minderheitsfraktionen. (Abg. Gradwohl: Aber zum Schutz der Bürger, Herr Kollege!) Nicht zum Schutz der Bürger, sondern zum Nachteil der Rechte von Abgeordneten und damit auch zum Nachteil der Rechte von Bürgern, sage ich hier dazu.

Uns ist es in der Diskussion um die parlamentarische Immunität darum gegangen, wieder eine Rechtsstaatlichkeit, eine Einheitlichkeit herbeizuführen, die nicht vom Gutdünken zufälliger Mehrheiten in diesem Hohen Haus abhängig ist. Das muss das Ziel sein.

Dazu gab es verschiedenste Wünsche aller Fraktionen. Wir haben zu diesem Thema auch Materialien zusammengetragen. Diesbezüglich ist dankenswerterweise auch durch die Parlamentsdirektion sehr viel geschehen. Dann haben einige Sitzungen stattgefunden, wobei ich sehr verwundert darüber war, dass die Sozialdemokraten zu diesen Sitzungen nicht gekommen sind. Ich war nämlich dort, nur konnten wir nicht viel machen, denn wir wollten eigentlich mit den Sozialdemokraten verhandeln, aber es waren keine Vertreter der Sozialdemokraten da. Ich war zwei Mal im ÖVP-Klub eingeladen und bin auch hingegangen. Einmal habe ich Vertreter der Grünen dort getroffen – nur euch (in Richtung SPÖ) habe ich dort nicht gesehen. (Abg. Parnigoni: Das stimmt doch nicht! ... Parteienversammlung!)

Am Ende – das sage ich, obwohl das, was wir hier jetzt beschließen, nicht das Gelbe vom Ei ist, weil wir letztendlich an einer Spruchpraxis festhalten, als ob wir ein Gericht wären, und weil wir keine wirklich ausgefeilte gesetzliche Determinierung gefunden haben – ist mir der Zustand, so wie er jetzt ist, dass wir wieder zur alten Spruchpraxis zurückkehren – nämlich nicht auszuliefern, wenn ein politischer Zusammenhang feststellbar ist –, allemal lieber, als weiterhin nur über eine Spruchpraxis, die in Wirklichkeit contra legem ist, auszuliefern, und das manchmal auch nur fallweise.

Es ist besser, eine Rechtsgrundlage zu haben, wonach niemand ausgeliefert wird, wenn ein politischer Zusammenhang festgestellt wird, als eine Rechtsgrundlage, wonach man tatsächlich


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