Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 242

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Situation eine im Nachhinein betrachtet ziemlich krause Bestimmung in das Volkszählungsgesetz aufgenommen, die sich ja dann auch als undurchführbar, unsinnig, schlicht und einfach nicht machbar herausgestellt hat. Sie ist aber – aus welchen Gründen auch immer – Rechtsbestand geblieben und immer noch gültiges Recht.

Inzwischen sind mehr als 25 Jahre vergangen. Die Dinge haben sich maßgeblich geändert. Nicht zuletzt die "Weisen" haben vor zwei Jahren der österreichischen Bundesregierung attestiert, vorbildliche Minderheitenpolitik zu machen. Deshalb ist es eine logische Konsequenz, missverständlich interpretierbare Bestimmungen aus einem Gesetz zu eliminieren. Es ist schlicht und einfach so, dass sich ein moderner Minderheitenschutz, wie er zweifelsfrei auch dem Verständnis der Bundesregierung entspricht, als Schutz der Minderheitenrechte im Sinne von Individualrechten versteht und deshalb heute jedenfalls unabhängig von der zahlenmäßigen Größe der Minderheit verstanden wird, weshalb geheime Minderheitenfeststellungen keinen Platz haben.

Warum der Antrag jetzt gestellt wurde, ist auf den Umstand zurückzuführen, dass es in der Diskussion rund um das so genannte Topographie-Erkenntnis vom Dezember 2001 Hinweise auf diesen Rechtsbestand gegeben hat. Deshalb haben wir diesen Antrag eingebracht, und wir gehen davon aus, dass der Verfassungsausschuss in Kürze, das heißt in seinen Sitzungen nach der Sommerpause, diesem Antrag stattgeben wird, denn Herr Bundeskanzler Schüssel hat uns einige Male – nicht nur hier im Nationalrat, sondern auch der Öffentlichkeit außerhalb des Hohen Hauses – versichert: Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ist umzusetzen. Daran besteht kein Zweifel.

Deshalb sind diese Bestimmungen im Volkszählungsgesetz überflüssig. Wir unterstützen alles – ich erinnere mich noch an die Worte, die gestern im Zuge der Debatte zum Zehnjahresjubiläum des Paket-Abschlusses mit Südtirol gefallen sind –, wir sind dafür, dass der Nationalrat und die österreichische Politik Zeichen setzen, die großzügig im Umgang mit Minderheiten sind, die aufklärend wirken, die dem Abbau von Ressentiments und dem Aufbau von Vertrauen, auch im Sinne vertrauensbildender Maßnahmen im Zusammenhang mit der Erweiterung der EU und mit einem gemeinsamen Europa, dienen.

In diesem Sinne bitte ich Sie, konstruktive Beiträge bei der Behandlung des Antrages, der jetzt dem Verfassungsausschuss zugewiesen wird, zu leisten. Wir fordern Sie dazu auf, Herr Kollege Murauer! Es muss ja nicht immer konfrontativ sein (Abg. Murauer: Nein!), man kann ja wirklich einmal gemeinsam an einem Strick ziehen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Kommt drauf an, an welchem?)

23.14

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte.

23.14

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Der vorliegende Antrag hat zwei Dimensionen: zunächst eine inhaltliche, sodann eine rechtliche.

Zunächst zur inhaltlichen Dimension. Die Debatte um das VfGH-Erkenntnis aus dem Vorjahr hat gezeigt, wie stark emotionalisiert dieses Thema behandelt wird, und allein dieses Faktum belegt, dass von einer großzügigen und wohlwollenden Einstellung gegenüber Minderheiten noch lange keine Rede sein kann, obwohl in den letzten Jahren legistisch einige Schritte gesetzt wurden, die der Verbesserung des Minderheitenschutzes dienen. Ich erinnere an die Staatszielbestimmung, an die Rahmenkonvention, an die Charta der Regional- und Minderheitensprachen.

Ich habe allerdings geglaubt, dass insgesamt ein gesellschaftlich günstigeres Klima für eine emotionslose, sachliche Debatte über die Rechte und die Stellung der Minderheiten gegeben wäre, aber, wie gesagt, das VfGH-Erkenntnis vom Dezember hat uns alle eines Besseren belehrt, dass dem nicht so ist. Das haben nicht nur die Drohungen und Verunglimpfungen gegenüber dem Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes gezeigt – ich erinnere an die


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