Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 86

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13.09

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Soziale Katastrophe als Folge des Saisonnierstatus: Der Zwang der Saisonniers, nach jeder Saison für mindestens drei Monate ausreisen zu müssen, und das Verbot des Familiennachzugs haben zu einer Zunahme des illegalen Aufenthalts geführt, mit dem Ergebnis, dass nach Schätzung der Gewerkschaften nahezu 300 000 Menschen ohne Papiere in der Schweiz sind, dass die Kinder nicht zur Schule gehen dürfen, weil sie sonst von Abschiebung bedroht wären, und, und, und.

Wissen Sie, was das ist? Haben Sie da nicht ein Déjà-vu? – Sie begehen gerade den gleichen Fehler. Das war die Saisonnierregelung in der Schweiz. Sie ist abgeschafft worden, und zwar mit den Stimmen der Wirtschaft, weil sie nichts gebracht hat. Sie hat die Menschen, die Arbeitnehmer auseinander dividiert und hat letztlich nur zu mehr Illegalen in der Schweiz geführt. Diese Regelung ist seit 1. Juli dieses Jahres nicht mehr in Kraft.

Sie von der Regierungskoalition machen den gleichen Fehler! Sie wollen Österreich jetzt dieses Gesetz überstülpen. Das ist ein großer Fehler! Das bringt nichts, außer Kummer und Not für diejenigen, die in den Saisonbetrieben arbeiten müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Da Sie immer so von dieser Regelung schwärmen, möchte ich Ihnen kurz aus der Stellungnahme der Caritas zitieren. Die Caritas sagt zur Saisonnierregelung: Im Bereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes befürchten wir durch die Ausweitung der Saisonnier- und Pendlerregelung die Schaffung einer Klasse rechtloser, billiger Arbeitskräfte, denen soziale Rechte und Integrationsmöglichkeiten auf Dauer verwehrt bleiben. (Abg. Dr. Ofner: Sie müssen die "Volkshilfe" zitieren, nicht die Caritas!)

Und so ganz nebenbei schaffen Sie in Wirklichkeit mit dieser Bestimmung auch noch Kettenarbeitsverträge, und das ist normalerweise in Österreich verboten! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie die Caritas schon nicht ernst nehmen, Herr Abgeordneter Ofner, dann lesen Sie sich wenigstens die Stellungnahme der Arbeiterkammer Tirol durch. Herr Abgeordneter Khol! Der AK-Präsident Fritz Dinkhauser sagt zum Beispiel:

Von der Saisonnierregelung ist Tirol besonders betroffen. So haben sich die Beschäftigungsbewilligungen für Saisonarbeitskräfte von 1998 auf 2001 von 980 auf 6 080 erhöht. – Das ist sechsmal so viel, Herr Khol!

Und dann sagt Herr Dinkhauser noch: Wie die Erfahrungen zeigen, sind mit der Zunahme der Saisonniers sehr wohl Verschlechterungen der Lohn- und Arbeitsbedingungen für die ArbeitnehmerInnen in diesen Branchen zu befürchten. – Zitatende.

Wenn Herr Präsident Dinkhauser und die Gewerkschaft und alle, die sich damit befassen, den Film "Vollgas" im Leokino vorführen und immer wieder auf die Situation der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in diesem Bereich hinweisen, auf die Stresssituation von jenen, die im Gastgewerbe arbeiten, und wenn sogar der Experte Hörtnagl, nominiert von der ÖVP, darauf hinweist, dass sehr viele Menschen im Gastgewerbe deshalb zu Alkohol greifen, deshalb Medikamente nehmen, dann sollte man hier etwas dagegen unternehmen und nicht sagen: Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, er kann ruhig gehen, wir holen den nächsten herein! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist außerdem zu befürchten – zum Teil ist es schon Realität –, dass es zu einem Austausch kommt. Es wurden schon 800 Arbeitnehmer, die im Gastgewerbe arbeiten, abgeworben, zum Beispiel von der Firma Swarovski. Wenn Sie jetzt auch noch dieses Statut ausweiten, dann bedeutet das, dass Lehrstellen künftig nicht mehr im bisherigen Ausmaß angeboten werden. Zum Beispiel werden 30 Schlosser für die Firma Swarovski nach diesem Gesetz angefordert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn Herr Professor Arnold Schmidt in einem Hilferuf verlangt, dass der Forschungsstandort Österreich nicht Schaden leiden soll, dann möchte ich Ihnen nur seinen letzten Satz zitieren: "... dass die Verpflichtung zum Abschluss einer Integra


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