Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 25. Sitzung / Seite 146

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

19.22

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Mitglieder der österreichischen Bundesregierung! Hohes Haus! Auch der Verlauf der Debatte, nicht nur der Gegenstand der Debatte offenbart einiges über die Vorgangsweise.

Frau Abgeordnete Partik-Pablé hat mit dem Brustton der Empörung gesagt, man hätte in einer unfairen Art und Weise der freiheitlichen Fraktion beziehungsweise dem amtierenden Justizminister "Wiederbetätigung" vorgeworfen. – Ich ersuche in aller Form: Lesen Sie die Protokolle, erinnern Sie sich! Niemand hat das getan. Niemand hat das getan! Das ist genau Ihr Stil, wie Sie Verdrehung betreiben, wie Sie das seinerzeit sehr geschickt als Oppositionsfraktion gemacht haben, so nach dem Motto: Wir, die Armen, auf die immer alle losgehen, wo alle immer mit schweren verbalen Geschoßen auffahren, wo wir doch eigentlich gar nichts gemacht haben.

Und dann unterstellen Sie bei einer ganz berechtigten Kritik, dass etwas ganz anderes gesagt wurde! Das ist nicht gesagt worden, sondern ich sage Ihnen noch einmal, wie der Vorwurf lautet:

Der Herr Justizminister hat es ja sehr gut verstanden, und ich sage es Ihnen auch noch einmal, falls Sie es noch nicht verstanden haben: Es ist alles, was sich gegen den Staat, gegen die Staatsorgane, gegen die Einrichtungen des Staates, wie die Rechtspflege, das Bundesheer und den Staatsdienst als solchen, richtet, unter Strafe gestellt. Das ist unter Strafe gestellt, und es ist auch ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Frau Petrovic, eine Frage: Warum hat Herr Dr. Van der Bellen das Reichsgesetz zitiert?)  – Warten Sie doch ein bisschen, seien Sie nicht so ungeduldig, Frau Partik-Pablé!

Es ist das alles unter Strafe gestellt, und der Herr Justizminister weiß es ebenso, wie es auch der Kärntner Landeshauptmann weiß; sie haben ja lange Jahre in einschlägigen Berufen gearbeitet. Es ist auch die Verletzung des Eides mit Sanktionen belegt, nämlich in Bezug auf Nationalratsabgeordnete – auch das wissen Sie ja in Ihrer Fraktion – gemäß Artikel 141 Abs. 1 lit. c B-VG. Und daher war unsere Frage: Wenn also der Hochverrat, der Landesverrat, der Geheimnisverrat, all das unter Strafe gestellt ist, wenn also Sanktionen für etwas anderes verlangt werden, eine Interessenschädigung, dann kann es sich nur um ein Gesinnungsstrafrecht handeln, dann schützen Sie die Interessen der Regierung gegen die Opposition – und das ist undemokratisch. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das ist nicht Wiederbetätigung, das ist kein Verstoß gegen das Verbotsgesetz, sondern das ist ein verbaler Angriff auf eine der wichtigsten Einrichtungen in der Demokratie, nämlich auf das Wechselspiel zwischen Opposition und Regierung, indem unter dem Deckmäntelchen der Interessenverteidigung eine Kritik an der Regierung und an den Regierenden in die Schranken gewiesen wird. Darüber empören wir uns, und das ist es, was Reminiszenzen an die NS-Zeit wachruft, denn ein derartiges Gesinnungsstrafrecht – und das ist etwas ganz anderes als das Verbot der Wiederbetätigung, und das ist etwas anderes als das Verbotsgesetz, und das wissen Sie als Juristin auch nur allzu gut – ist in Wirklichkeit Gegenstand der Empörung, und ein derartiges Gesinnungsstrafrecht gab es nicht nur im NS-Staat, sondern das gab es auch in anderen totalitären Staaten und unter totalitären Regimen.

Es ist das bewusst – nicht weil Sie glauben oder weil der Herr Böhmdorfer glaubt, dass das morgen kommen wird –, es ist das tatsächlich, Herr Bundeskanzler, als Provokation für die Sommerzeit gedacht, damit ein Thema da ist. Nur ist es ein derartiger Angriff, dass man auch nicht darüber hinweggehen kann.

Noch etwas fand ich sehr bemerkenswert, denn das zweite Ziel dieses Angriffes – ich habe es einmal schon gesagt – war ja auch, die Führungsrolle innerhalb der FPÖ klarzustellen. Für mich war in der Debatte sehr interessant, und ich weiß jetzt nicht, ob ich mich darüber freuen soll – freuen ist zu viel –, aber ich nehme es zumindest zur Kenntnis, dass Klubobmann Khol in dieser


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite