Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 83

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Herr Minister Strasser, davon bin ich überzeugt, kennt sie sehr gut. Dort steht der wahrlich in diesem Zusammenhang – Flüchtlinge und Rechtsschutz – sinnige Satz: Jeder soll Herberge haben.

Darf ich Sie wirklich freundlich und höflich bitten, uns eine Interpretation dieses Bergpredigt-Satzes im Zusammenhang mit der Misere der Obdachlosigkeit von Flüchtlingen in Österreich zu geben? (Beifall bei den Grünen.) Wie ist das zu interpretieren von christlich-sozialen Politikerinnen und Politikern? – Nicht Sie haben die Bergpredigt zitiert, aber Ihr Chef, um das ein wenig vereinfacht zu sagen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuletzt noch ein dritter Aspekt Ihrer Arbeit zum Thema Fremdenwesen: die Integrationspolitik. Integration statt Neuzuzug – diesen Leitspruch haben Sie ja von Minister Schlögl und seinerzeit noch Minister Einem übernommen. Ich habe schon oft gesagt, damit – Integration statt Neuzuzug – könnten wir uns anfreunden. Es ist nur die Frage, wie das interpretiert wird. Heißt "Integration statt Neuzuzug" so wie schon unter Schlögl jetzt auch unter Strasser: Familienzusammenführung "njet"? – Familienzusammenführung ja, am Papier, auch den Rechtsanspruch, aber dann Quotenbewirtschaftung, wie das so schön technisch heißt, die dazu führt, dass es jahrelange Wartezeiten gibt?

Herr Bundesminister! Meiner Ansicht nach ist das unmenschlich, weil es wider den Geist der Familieneinheit ist, wenn ich zwar auf der einen Seite jemandem das theoretische, am Papier festgelegte Recht gebe, in der Praxis aber dann Maßnahmen setze, die das völlig konterkarieren. Ich kenne solche Fälle. Mein Sohn – er ist heute dreieinhalb Jahre alt – hat Spielkameraden, die, weil sie aus einem Land kommen, wo man auch zu Besuch kommen kann, ohne ein Visum zu brauchen – Kroatien beispielsweise –, jahrelang auf die Familieneinheit mit dem Gastarbeitervater warten müssen. Dort sind alle Voraussetzungen, die das Gesetz zu Recht vorschreibt, erfüllt: Einkommen, Wohnung, nötige Integration des Vaters – nur die Familie darf nicht her, weil da gibt es eine Quotenbewirtschaftung in Wien. Antrag 1998, Quotenplatz 2001. – Ist das menschlich? Ist das mit der Bergpredigt vereinbar, frage ich mich? (Beifall bei den Grünen.)

Da sei auch nur kurz noch der Aspekt erwähnt: Sollte es die Familie einmal zur Einheit schaffen, wird es natürlich die Unsinnigkeit des Nicht-arbeiten-Dürfens weiter geben.

Meine Redezeit ist um, aber ich könnte über diese meiner Ansicht nach, was Ihr Ressort angeht, wirklich wesentlichen Punkte noch sehr lange sprechen. Zum Schluss noch eine allerletzte Frage an Herrn Dr. Strasser. Herr Dr. Strasser, "abwartend" haben Sie sich zu den demokratiegefährdenden Äußerungen von Landeshauptmann Haider, unterstützt von Minister Böhmdorfer, geäußert, stand oder steht in der APA. "Abwartend", schreibt die APA, und Sie möchten sich das noch – so heißt es – im Detail anschauen. Dezidiert ablehnend äußerte er sich nicht, schreibt die APA.

Die APA kann auch einmal etwas schreiben, was nicht stimmt, sage ich. Die APA ist nicht die Bibel. (Abg. Dr. Van der Bellen: Undenkbar!)  – Kollege Van der Bellen sagt: undenkbar. Es ist denkbar! Deshalb wird der Herr Minister ja hier die Gelegenheit haben, zu erklären: Was ist "abwartend", wenn jemand den massivsten Eingriff in das Verfassungsgefüge, was freies Mandat und so weiter angeht, vorschlägt, den ich in den letzten Jahren erlebt habe? Worauf warten Sie hier, und was wollen Sie sich da im Detail anschauen? – Sie sehen, ich bin so fair und gebe Ihnen die Chance, bevor ich verurteile. Das ist nämlich mein Bergpredigt-Verständnis. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.50

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

19.50

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Zuerst ein paar Worte zu meinen Vorrednern. – Frau Abgeordnete Stoisits, Sie haben heute tiefen Einblick gewährt, und zwar nicht so sehr in Ihre sachlichen Themen, die wir ohnehin


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