Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 97

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Ihre Andeutungen zu relativieren, dass die Justiz insgesamt angegriffen worden sei. Wir sind eigentlich im Interesse einer unabhängigen Justiz in diese Diskussion eingestiegen und haben in diesem Sinne auch die Erklärungen abgegeben. Mit den Urteilen von Dr. Maurer beziehungsweise mit der Entsendung von Dr. Maurer in das ORF-Kuratorium ist dem letztlich kein Dienst erwiesen worden, weil die Diskussion jetzt eben geführt wird. Auch die Medien haben diese aufgegriffen, und wir greifen sie auch auf. Ich glaube, dass die Diskussion auch wissenschaftlich und nicht politisch zu führen ist, nämlich ob diese Urteile tatsächlich Artikel 10 entsprechen, also menschenrechtskonform sind, was viele Fachleute bestreiten, oder ob das eben nicht der Fall ist.

Ich bin der Meinung, dass diese Diskussion betreffend den Umgang mit Urteilen schlicht und einfach zu führen ist, und daher kann das auch nicht heute enden, sondern wird letztlich in einer für einen Rechtsstaat typischen intellektuellen Art und Weise zu bereinigen sein.

Ich bringe letztlich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Jarolim und Genossen

Der Bundesminister für Justiz wird aufgefordert, sich in Hinkunft im Sinne des Berichtes der "drei Weisen" vorbehaltlos für die Einhaltung der Prinzipien der Demokratie und der Redefreiheit und der gemeinsamen europäischen Werte einzusetzen, diese aktiv zu verteidigen und sich dafür einzusetzen, dass es zu keinen strafrechtlichen Sanktionen für politische Kritik kommt.

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.26

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe bekannt, dass der von Abgeordnetem Jarolim eingebrachte Entschließungsantrag ausreichend unterstützt ist und damit auch mit in Verhandlung steht.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Edeltraud Gatterer. – Bitte.

14.26

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Minister! Ich möchte noch einmal auf den Außenpolitischen Bericht, der heute auch zur Diskussion steht, zurückkommen und natürlich zur Aufhebung der Sanktionen etwas sagen. Die ÖVP bekennt sich dazu, dass sie zur Aufhebung der Sanktionen "Gott sei Dank!" sagt. Ich lasse mir auch von niemandem verbieten, dass ich wallfahrten gehe, und von niemandem vorschreiben, zu welchem Wallfahrtsziel. Ich glaube, das sollte in einer politischen Debatte keinen Platz haben. Wenn wir für Toleranz sind, dann bin ich auch dafür, dass es eine Religionsfreiheit gibt und dass ich wallfahrten gehe, wann ich will und aus welchem Grund immer. (Beifall bei der ÖVP.)

Beim Lesen des Außenpolitischen Berichtes haben wir gemerkt – ich glaube, das war das, was uns tatsächlich erschüttert hat –, dass das internationale Eis sehr dünn ist, wenn es darauf ankommt. Damals war für uns die Welt ziemlich in Ordnung, wir sind inmitten Europas gewesen, wir waren anerkannte Diplomaten, die sich in vielen Bereichen, vor allem in Richtung Osten, als hilfreich erwiesen haben. Und auf einmal hat dieses Eis nicht mehr getragen. Es wurden vor der Regierungsbildung, bei der Regierungsbildung und auch in den sieben Monaten danach schnell Vorurteile von allen Seiten gepflogen. Es sind Urteile gefällt worden, und es war leider auch so, dass – wir müssen das sagen – wir Freunde verloren haben, die diesen Urteilen und diesen Vorurteilen geglaubt haben, dass sich Freunde hinter sehr großen Mächten versteckt haben – ich sage das auch einmal so – und sich der Hackordnung, die kurzfristig entstanden ist, gefügt haben. Wir haben auch gesehen, dass die Grenzen zwischen selig und unselig wirklich nur sehr schwach gezogen sind.


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