Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 115

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Sie haben sich die Tarnkappe der sozialen Treffsicherheit aufgesetzt, aber auf wen zielen Sie denn wirklich? Auf die Arbeitslosen, die Unfallrentner, die Studenten und Studentinnen? Schaut so in Ihren Augen Überversorgung aus? (Abg. Ing. Westenthaler: Haben Sie schon einmal etwas zur Behinderten-Milliarde gesagt? Haben Sie sich schon etwas überlegt dazu? – Rufe bei der SPÖ: Zwei wegnehmen, eine ...!) So weit sind Sie von der Realität der Menschen entfernt, dass Ihnen das nicht einmal mehr auffällt. (Abg. Ing. Westenthaler: Geld für Behinderte ist Ihnen nie eingefallen!)

Besonders hat die jungen Leute heute getroffen ... (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Ing. Westenthaler. ) Herr Kollege Westenthaler! Vielleicht könnten Sie mir mehr Aufmerksamkeit schenken, vielleicht interessiert Sie das auch, was die Leute sagen, die betroffen sind. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Besonders betroffen gemacht hat die jungen Leute der Satz des ÖVP-Klubobmannes Khol: Was nichts kostet, ist nichts wert. – Ich würde Ihnen empfehlen, einmal mit Leuten zu sprechen, die aus nicht begütertem Elternhause kommen, die aber studieren konnten, weil es einen freien Hochschulzugang und ein Stipendienwesen gegeben hat. Ich würde Ihnen empfehlen, sich anzuhören, was das für die Lebenschancen dieser Menschen bedeutet hat und wie wichtig denen dieser freie Hochschulzugang auch noch rückblickend ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Was nichts kostet, ist nichts wert! – Das kann man nur dann sagen, wenn man aus Verhältnissen kommt, wo es heißt: Geld hat man, darüber spricht man nicht. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Wir aber, sehr geehrte Damen und Herren, werden nicht aufhören, auch darüber zu sprechen, wie es Leuten geht, die aus einem Elternhaus kommen, wo dieser Satz bei weitem keine Gültigkeit hat.

Aber was kann eigentlich noch gemeint sein? Was kostet sonst noch nichts? – Die Schule, meine sehr geehrten Damen und Herren. Heißt das, dass der nächste Überraschungscoup, auf den wir uns einstellen dürfen, Schulgebühren lauten wird? Ihr Motto bei der Bildungspolitik ist offensichtlich: Bildung für die, die es sich leisten können. Sie zerstören ein Bildungssystem, das auf dem Grundsatz der Chancengleichheit aufgebaut war. Denn wer wird jetzt überlegen müssen, ob er sich das Hochschulstudium noch leisten kann? – Zum einen wird jetzt in Elternhäusern diskutiert werden, wo nicht viel Geld ist, und zum anderen – und das trifft mich zusätzlich noch besonders – wird wieder die Diskussion aufleben, ob die Tochter studieren darf oder ob die Tochter nicht vielleicht doch lieber im Frisierladen landen wird, obwohl sie begabt ist, obwohl sie lernen will. Diese Diskussion wirft uns in die sechziger Jahre zurück. Verliererinnen werden die sein, die in den letzten Jahren aufgeholt haben in der Bildungspolitik: die Frauen. Dorthin stellen Sie die Weichen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Der Herr Bundeskanzler hat vor einigen Wochen das Thema Bildungspolitik als "Micky-Maus-Thema" bezeichnet. Jetzt wird klar, dass er eine Leitlinie für die Bildungspolitik dieser Bundesregierung gesetzt hat. Mit der Einführung der Studiengebühren wird vermutlich der Anfang gesetzt – auf Kosten der Lebenschancen von jungen Menschen in diesem Lande! Ein wahrlich trauriger Tag, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Die Uhr ist auf 8 Minuten gestellt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.37

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren Minister! Hohes Haus! Ich glaube, es ist angemessen, mit der gebührenden Ernsthaftigkeit den Plan, Studienbeiträge einzuführen, abzuhandeln, und nicht Verhetzung und Verunsicherung zu betreiben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Was war die Ausgangslage dieser Bundesregierung? Eine Bilanz zeigt: Das Budget ist schnell und nachhaltig zu sanieren. Alle bisherigen Analysen haben nicht die volle Wahrheit an den Tag gebracht. 100 Milliarden gehen jährlich zur Tilgung von Zinsen auf, 160 Milliarden zur Finanzschuldenrückzahlung; also das extra noch einmal. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) Der


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