Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 234

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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

23.19

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu dieser vorgerückten Stunde und nach der Selbsteuphorisierung der Regierungsparteien wird es vermutlich schwierig sein, noch ein paar kritische Bemerkungen anzubringen. Ich möchte es trotzdem versuchen.

Wenn etwa Frau Kollegin Lentsch in Bezug auf die Frauen sagt, dass ihnen das Bewusstsein für die Karriereplanung fehlt, dann ist das – und das gefällt mir nicht – einerseits ein Vorwurf an die Frauen selbst. Das kann und soll es nicht sein! Außerdem, Frau Kollegin Lentsch, ist auch ein zweiter Schritt erforderlich: Wenn man über Karriereplanung ernsthaft sprechen will, dann müsste man auch bereit sein, über Familienplanung ernsthaft zu sprechen. Aber diesbezüglich habe ich von konservativer Seite außer Widerständen und Vertuschungsversuchen bis jetzt noch nichts Ernsthaftes gehört! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Rosemarie Bauer: Aber geh!)

Dann müssten Sie über Verhütungsmittel sprechen, dann müssten Sie darüber sprechen, wie man die Familienplanung im Hinblick auf die Karriereplanung vornehmen kann! Wenn Sie diese offene Auseinandersetzung aufnehmen, dann soll mir das recht sein! Wir stehen dafür zur Verfügung. Bis jetzt war all das aber nicht Gegenstand der ÖVP-Familienpolitik, meine Damen und Herren!

Zweiter Punkt: Es ist sehr viel darüber gesprochen worden, ob schon die neue Regierung oder noch immer die alte Regierung daran schuld ist, dass es diese Unterschiede gibt. Der Ball geht hin und her, und ich habe gestaunt. Das ist interessant!

Ich halte es mit jenen in der Debatte, die gesagt haben: Der Beitrag der Politik kann nicht übermäßig sein. Aber auch diesbezüglich tauchten wieder die Extreme auf, dass die Politik entweder gar nichts oder alles machen kann. – Meine Damen und Herren! Weder das eine noch das andere ist der Fall, aber die Politik kann Rahmenbedingungen setzen, und ich glaube, dass man es teilweise in der Vergangenheit verabsäumt hat, diese Rahmenbedingungen zu setzen, und teilweise jetzt in eine falsche Richtung gesteuert wird. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte wirklich versuchen, die Debatte darüber etwas zu entideologisieren. – Zum Beispiel hat Frau Kollegin Bauer in ihrem Beitrag darauf hingewiesen, dass es im Bereich der Textilindustrie, wie ich annehme, Leasingfirmen gibt, die Frauen um 75 S pro Stunde in die Betriebe schicken. – Dazu sage ich: Löhne von 75 S gibt es heute noch, und das ist zu wenig! Das richte ich in erster Linie an die Adresse der SPÖ, auch der Gewerkschaften: Warum haben wir heute noch immer keinen Generalkollektivvertrag, nach welchem es 15 000 S – oder meinetwegen 1 000 Euro, wie es der ÖAAB vorschlägt – für alle gibt? Das war auch eine Forderung des Frauen-Volksbegehrens. Die Frauenpolitik wird nicht an der Differenz von 1 000 S scheitern, an der Frage, ob es nun 14 000 S oder 15 000 S sein sollen. Aber das soll es bitte für alle geben! (Beifall bei den Grünen.) Mir ist es egal, ob das auf kollektivvertraglicher Ebene oder gesetzlich zustande kommt, nur sollte es bald zustande kommen!

Seit Jahren beziehungsweise Jahrzehnten können wir in diesem Bereich aber feststellen, dass nicht nur die Gewerkschaften daran schuld sind. Die Gewerkschaften haben ja auch einen Konterpart, nämlich die Wirtschaft: Das war ein ewiges Pingpong hin und her, bis schließlich nach zehn oder zwölf Jahren – solche Distanzen hat es gegeben! – die 10 000 S endlich einmal abgehakt werden konnten. Aber nach wie vor haben wir in bestimmten Bereichen Löhne, die nicht viel über diese 10 000 S hinausgehen.

Meine Damen und Herren! Daher soll nun die Initiative des Gesetzgebers gesetzt werden, 1 000 Euro oder 15 000 S, so wie es im Frauen-Volksbegehren gefordert wurde, auf gesetzlicher Grundlage als Mindestlohn zu verankern. (Beifall bei den Grünen.)


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