Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 202

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23.27

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Herr Abgeordneter! Vielleicht sollte ich doch die Rede von meiner Kollegin wiederholen. (Abg. Dr. Stummvoll: Aber nicht die gleiche Rede! – Abg. Schwarzenberger: Der Großteil der Zuhörer würde es nicht merken!) Dann, glaube ich, werden Sie das auch verstehen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! (Abg. Mag. Schweitzer: Welche haben Sie vorher vorgelesen?) Herr Kollege Schweitzer, nun hören Sie bitte einmal zu! Auch für Sie gibt es sicherlich Argumente im Bereich der Anti-Atompolitik, bei denen es notwendig wäre, dass Sie sie besser verstehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Als niederösterreichischer Abgeordneter verstehe ich die Sorgen der Bevölkerung, ganz besonders in den Grenzregionen. Der aktuelle Fall Temelin ist nicht nur die "Spitze des Erzberges", auf die sich derzeit die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit richtet. (Abg. Mag. Schweitzer: Der Erzberg hat keine Spitze! – Abg. Dr. Khol: Der Erzberg hat ein Plateau! – Heiterkeit des Abg. Mag. Schweitzer. ) Tatsache ist, dass in einer Zeit, in der die Mehrzahl der europäischen Staaten keine Atomkraftwerke hat oder den Ausstieg aus der Atomenergie bereits beschlossen hat und in der die EU alternative Energieformen fördert, die Entscheidung der tschechischen Regierung, das Atomkraftwerk Temelin nun in Betrieb zu nehmen, umso bedauerlicher ist. Dies darf uns aber nicht davon abhalten, weiterhin auf allen Ebenen auf einen Ausstieg Tschechiens aus der Atomkraft hinzuwirken und die politischen Verantwortungsträger bei unseren Nachbarn noch stärker auf die Gefahren und Risiken aufmerksam zu machen.

Umso mehr ist aber auch eine ehrliche und transparente Atompolitik auf allen Ebenen einzufordern. Dass es eine solche nicht gibt und dass auch die derzeitige blau-schwarze Bundesregierung ein sonderbares Spiel treibt, zeigen viele Aussagen der Vergangenheit. Wir erinnern uns: Kaum lagen die vergangenen Europawahlen einige Wochen zurück, konnte sich beispielsweise die ÖVP an die gegenüber der Bevölkerung abgegebenen Versprechen nicht mehr erinnern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! So wurde aus der Anti-Atomwahlkämpferin und ÖVP-Delegationsleiterin Ursula Stenzel plötzlich und blitzschnell eine Atomlobbyistin, so etwa im Fall des grenznahen slowakischen Atomkraftwerkes Bohunice. Stenzels Kritik an Österreichs Anti-Atompolitik ist in einem Interview der Tageszeitung "Die Presse" für jeden nachzulesen, vor allem für jene Damen und Herren dieses Hauses, die das schon wieder vergessen haben. Stenzel hat es sogar geschafft, eine zentrale Forderung des Niederösterreichischen Landtages – es handelte sich um einen einstimmigen Beschluss im Niederösterreichischen Landtag – und der vergangenen Bundesregierung als Bedingung für einen EU-Beitritt der Slowakei ins Lächerliche zu ziehen. All unsere nationalen und internationalen Initiativen werden durch Aussagen solcher ÖVP-Politiker zu einer Farce! Die Interessen der Menschen in den Grenzregionen und deren Besorgnis um die Sicherheit der Schrottreaktoren werden dabei ins Lächerliche gezogen, und das ist wirklich betrüblich und bedauerlich! (Zwischenruf des Abg. Jung. )

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn Sie das lustig finden und mit Ihren Zwischenrufen ins Lächerliche ziehen, dann möchte ich Ihnen sagen, Herr Abgeordneter, nachdem Sie heute mit Ihren Redebeiträgen dieses Haus ohnehin schon sehr strapaziert haben: Die Menschen in den Grenzregionen, welche die Grenzübergänge blockieren, haben eine ehrliche und begründete Angst und werden Ihre lächerlichen Zwischenrufe und Ihre Bemerkungen zu diesem Thema sicherlich nicht vergessen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Parnigoni: Jawohl!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Hohe Haus wird – wie wir schon gehört haben – einen gemeinsamen Entschließungsantrag aller Parlamentsparteien gegen Temelin und damit gegen die Atompolitik in unserem Nachbarland Tschechien verabschieden. Inhalt dieses Antrages werden unter anderem die verstärkte Hilfe für unseren Nachbarn beim Ausstieg aus der Atomenergiegewinnung, das Verbot von Atomstromimporten aus allen Drittstaaten sowie Maßnahmen gegen Preisdumping durch tschechischen und slowakischen Atomstrom sein.


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