Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 208

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diesen Doppelzüngigkeiten aufhören. Wir müssen den Menschen wieder das Vertrauen geben, dass wir für sie da sind und nicht einmal ein bisschen so und einmal ein bisschen so agieren! Die Regierung darf nicht angehalten werden, etwas zu tun, sondern die Regierung muss sofort etwas unternehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

23.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Keppelmüller. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer: Endlich ein Umweltpolitiker!)

23.57

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Nach dieser Debatte und da ich schon sehr lange mit Temelin beschäftigt bin und auch schon mit einer Delegation in Prag war, habe ich ein bisschen das Gefühl – um das einmal ganz ehrlich auszudrücken –, dass alle Fraktionen, und davon nehme ich keine aus, immer ein bisschen ein Verwirrspiel betrieben haben.

Man könnte das im Detail nachweisen: Ich habe mich daran erinnert, und es ist heute schon erwähnt worden, dass Kollege Schweitzer, jetzt Ihr Koalitionspartner, einmal sehr schlüssig das Versagen von ÖVP-EU-Abgeordneten bei einer Abstimmung aufgezeigt hat. Gleichzeitig geriet ich immer wieder mit ihm in Clinch, weil mir zum Beispiel zu Zeiten, als Meciar um das Regierungsamt angetreten ist, klar war, dass es kontraproduktiv gewesen wäre, wenn wir uns sozusagen groß aufgepudelt hätten, weil wir damit Meciar zu einem Wahlsieg verholfen hätten. Wir haben eure Anträge also in Wirklichkeit deswegen abgelehnt, weil natürlich dieser Anti-Beitrittseffekt dahinter war.

Es hat teilweise gute Phasen gegeben. Bei den Grünen ist es klar: Sie steigen immer dort auf – das habe ich etwa beim Kraftwerk Lambach gesehen –, wo man sich in Szene setzen kann, Wurscht ob dort eine Au ist oder nicht. Wir alle spielen auch – und da nehme ich meine eigene Fraktion zum Teil nicht aus – ein bisschen mit Ängsten der Leute.

Ich bin selbst Oberösterreicher und wohne ungefähr 200 Kilometer von diesem Kraftwerk Temelin entfernt. Spätestens seit Tschernobyl habe auch ich kapiert, dass das eine Technologie ist, die wir nicht wollen! Ich sage das einmal ganz deutlich: Die oberösterreichische SPÖ, aber vermutlich auch alle anderen Parteien wollen in Wirklichkeit dieses Kraftwerk in 50 oder 60 Kilometer Entfernung von unserer Grenze nicht, und das sollen wir auch immer wieder deutlich sagen!

Wir sollen aber auch nicht herumdrücken und sagen: Das ist ein Schrottreaktor à la Bohunice!, denn das ist er sicherlich nicht. Wir wissen auch, dass in Realität zwei Probleme bestehen, die wir nicht transparent machen konnten, weder der tschechischen Bevölkerung noch den tschechischen Politikern. Immerhin hat es eine Abstimmung im Ministerrat gegeben, die mit acht zu elf sehr knapp ausgegangen ist. Wir müssen uns also alle selbst bei der Nase nehmen. Wir haben da Verschiedenes nicht geschafft!

Erstens – das Sicherheitsproblem: Auch an diesem Mix aus Ost- und Westtechnologie, der uns Sorge macht, sind wir nicht ganz unbeteiligt, wenn man bedenkt, dass wir Kredite verhindert haben und die Tschechen letztlich auf Osttechnologie umgestiegen sind.

Zweitens – das Wirtschaftlichkeitsproblem: Wir können denen dort nicht klar machen, dass in Nordböhmen Arbeitsplätze verloren gehen und in Südböhmen dafür höchstens ein Viertel dieser Zahl an Arbeitsplätzen neu entsteht, dass in Wirklichkeit der Markt in Deutschland zu Dumpingpreisen beliefert wird und in Deutschland bereits Kraftwerke wie zum Beispiel Stade vorzeitig stillgelegt werden, und zwar deshalb, weil die Deutschen billigen tschechischen Strom bekommen. Die deutschen Gewerkschaften haben sich dieser Argumentation auch schon angenommen.

Abschließend möchte ich sagen: Das Sinnvollste für Österreich und um Temelin zu verhindern beziehungsweise wieder außer Betrieb zu setzen, wäre eigentlich, dass Tschechien so schnell wie möglich der EU beitreten würde, denn dann könnte Tschechien nicht weiter mit seinen


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