Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 138

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Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Einem. – Bitte.

18.15

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Frau Bundesministerin, lassen Sie mich gewissermaßen vorneweg auf zwei Anmerkungen, die Sie gemacht haben, eingehen.

Erstens: Sie haben hier erklärt, dass Sie schon bei verschiedenen Vorträgen gesagt hätten, was die Schwerpunkte Ihrer Arbeit im Rahmen des Post-Nizza-Prozesses sind, und uns vorgehalten, dass wir das alles nicht zur Kenntnis nehmen. Lassen Sie mich dazu eine bescheidene Anmerkung machen: Es wird auch für die Fragen im Rahmen des Post-Nizza-Prozesses einer Verfassungsmehrheit in diesem Haus bedürfen, und es wäre angemessen, dass Sie auch mit jenen Parteien, die die Regierung nicht bilden, darüber sprechen würden. Dazu darf ich Sie einladen! (Beifall bei der SPÖ.)

Zweitens: Sie haben hier erklärt, Frau Bundesministerin, der Herr Bundeskanzler habe zu einer parlamentarischen Enquete im Zusammenhang mit dem Post-Nizza-Prozess eingeladen. Ich sehe einmal davon ab, dass das nicht Sache des Bundeskanzlers ist, dazu einzuladen, aber als wir in den letzten Tagen in den Klubs der Regierungsfraktionen diesbezüglich nachgefragt haben, was denn da geplant sei, hat man uns gesagt, man wisse noch nicht, was da der Herr Bundeskanzler plane. Ich denke, da wäre zweifellos eine bessere Abstimmung sinnvoll.

Dritter Punkt als Vorbemerkung: Sie sollten sich, Frau Bundesministerin, einen anderen und vielleicht auch einen besseren Ex-offo-Verteidiger leisten als Herrn Spindelegger, denn darzustellen, was Sie alles geleistet haben, und dabei darauf hinzuweisen, dass Sie bereit waren, eine Frist zu übernehmen, die der deutsche Bundeskanzler vorgeschlagen hat, uns hier zu sagen, dass Sie in der Zukunft Brücken schlagen wollen und dass Sie eine Information über die EU-Erweiterung planen, wobei Sie aber keine Handlungen setzen, die die objektiven Voraussetzungen dafür verbessern, uns hier zur Kenntnis zu bringen, dass Sie bereit waren, dem tschechischen Außenminister etwas erklären zu hören, und im Übrigen darauf hinzuweisen, dass im Bereich der Weltpolitik Leistungen in der vorigen Legislaturperiode erbracht worden sind, das finde ich alles großartig, aber dass es nur so dargestellt wird, das haben Sie nicht verdient, das können Sie selbst besser. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Lunacek. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Ich möchte mich nur mit einem Punkt schwerpunktmäßig beschäftigen – Kollege Cap hat ihn vorhin schon angesprochen –, weil ich denke, dass da noch einige Fragen offen sind. Es scheint, dass Ihr derzeit liebstes Projekt das Projekt einer Strategischen Partnerschaft oder, wie Sie es auch genannt haben, das Projekt einer Interessengemeinschaft mit den mittelosteuropäischen Staaten ist.

In Ihrer Rede vor der Österreichischen Gesellschaft für Außenpolitik und vor der Österreichischen Liga für die Vereinten Nationen am 22. Februar dieses Jahres haben Sie erklärt, dass die – ich zitiere – "geografischen, wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Gegebenheiten in der Region die Ausgestaltung besonderer Beziehungen Österreichs mit den künftigen neuen Mitgliedern der EU nahe legen". – Ende des Zitats.

So weit und in dieser Allgemeinheit, Frau Bundesministerin, kann man Ihnen noch folgen, doch hätte ich erwartet, dass die weitere Rede doch etwas konkreter wird. Diese Hoffnung ist allerdings leider enttäuscht worden.

Frau Bundesministerin! Auch wir Sozialdemokraten – das kann ich Ihnen versichern – sind dafür, dass wir endlich unsere Beziehungen zu den Erweiterungskandidatenländern in unserer Nachbarschaft auf eine bessere Basis stellen, dass wir wirklich zu hören beginnen, was deren Bedürfnisse sind, und dass wir unter der Bedingung der vollen Gleichberechtigung der Partner mit diesen Ländern reden und uns nicht so aufführen – ich meine damit nicht primär Sie, oder ich meine damit an sich überhaupt nicht Sie persönlich –, als ob das Entwicklungsländer wären, denen wir vorschreiben können, wie sie sich zu verhalten haben. (Beifall bei der SPÖ.)


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