Stenographisches Protokoll

67. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 3. April 2001

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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67. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Dienstag, 3. April 2001

Dauer der Sitzung

Dienstag, 3. April 2001: 9.01 – 20.12 Uhr

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Tagesordnung

Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2002 samt Anlagen

Beratungsgruppe V: Justiz

Beratungsgruppe VIII: Land-, Forst- und Wasserwirtschaft; Umwelt neu

Beratungsgruppe IV: Inneres

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 7

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 10/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 9. Mai 2001 zu setzen 7

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 7

Redner:

Mag. Ulrike Lunacek 93

Dr. Elisabeth Hlavac 95

Dr. Harald Ofner 96

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 97

Mag. Terezija Stoisits 97

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 99

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 7

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 7


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67. Sitzung / Seite 2

Verhandlungen

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (500 und Zu 500 d. B.): Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2002 samt Anlagen (540 d. B.) 7

Beratungsgruppe V: Kapitel 30: Justiz 8

Spezialberichterstatterin: Dr. Sylvia Papházy, MBA 8

Redner:

Dr. Johannes Jarolim 8

Dr. Harald Ofner 11

Mag. Terezija Stoisits 13

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 18, 55

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer 20, 32, 36, 43, 49, 52

Dr. Ilse Mertel 24

Dr. Michael Krüger 27

Dr. Gabriela Moser 29

Mag. Dr. Josef Trinkl 33

Dr. Elisabeth Hlavac 34

Dr. Sylvia Papházy, MBA 37

Mag. Gisela Wurm 38

Günter Kößl 40

Otto Pendl 42

Mag. Eduard Mainoni 44

Anton Heinzl 45

Edith Haller 46

Anna Huber 47

Edith Haller (tatsächliche Berichtigung) 48

Mag. Rüdiger Schender 49

Mag. Johann Maier 50

Detlev Neudeck 52

Mag. Johann Maier (tatsächliche Berichtigung) 53

Dieter Brosz 53

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Verbrechensopferschutz – Ablehnung 16, 55

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim und Genossen betreffend mehr Rechte für Opfer von Straftaten – Ablehnung 35, 55

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Harald Ofner und Genossen betreffend Weiterentwicklung und Intensivierung des Opferschutzes – Annahme (E 80) 41, 55

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend Neukodifikation des zivilrechtlichen Konsumentenschutzgesetzes – "KSchG-NEU" – Ablehnung 51, 56

Annahme der Beratungsgruppe V 55

Beratungsgruppe VIII: Kapitel 60: Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, Kapitel 61: Umwelt neu 56

Redner:

Rainer Wimmer 56

Anna Elisabeth Achatz 57

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber 60, 127


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67. Sitzung / Seite 3

Georg Schwarzenberger 63

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 66, 77

Mag. Ulrike Sima 68

Mag. Karl Schweitzer 70

Dr. Gabriela Moser 72

Karlheinz Kopf 75

Mag. Ulrike Sima (tatsächliche Berichtigung) 76

Sophie Bauer 79

Dr. Gabriela Moser (tatsächliche Berichtigung) 81

Ing. Hermann Schultes (tatsächliche Berichtigung) 81

Robert Wenitsch 81

Dr. Evelin Lichtenberger 83

Jakob Auer 85

Georg Oberhaidinger 87

Franz Hornegger 88

Otmar Brix 89

Matthias Ellmauer 90

Katharina Pfeffer 91

Jakob Pistotnig 99

Mag. Kurt Gaßner 100

Erwin Hornek 101

Anton Heinzl 102

Ing. Gerhard Fallent 103

Dipl.-Ing. Werner Kummerer 105

Johann Loos 106

Dkfm. Dr. Hannes Bauer 108

Roland Zellot 109

Ludmilla Parfuss 110

Johannes Zweytick 111

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller 112

Ing. Herbert L. Graf 113

Emmerich Schwemlein 115

Johannes Schweisgut 115

Heinz Gradwohl 117

Georg Schwarzenberger (tatsächliche Berichtigung) 119

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 120

Dr. Christof Zernatto 121

Ing. Wilhelm Weinmeier 122

Nikolaus Prinz 123

Hermann Gahr 124

Franz Kampichler 125

Johann Kurzbauer 126

Ing. Hermann Schultes 128

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (tatsächliche Berichtigung) 129

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend den Zustand der Wasserversorgung – bäuerlicher – Betriebe in Österreich – Ablehnung 106, 129

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz Gradwohl und Genossen betreffend Einführung einer sozialen Staffelung zur gerechteren Verteilung von Agrarförderungen durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft – Ablehnung 118, 129

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz Gradwohl und Genossen betreffend Forcierung des Biolandbaues in Österreich durch die Aufstockung der Förderungsmittel aus dem Landwirtschaftsbudget – Ablehnung 118, 130

Annahme der Beratungsgruppe VIII 129


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67. Sitzung / Seite 4

Beratungsgruppe IV: Kapitel 11: Inneres 130

Redner:

Anton Leikam 130

Dr. Helene Partik-Pablé 132

Mag. Terezija Stoisits 134

Paul Kiss 136

Bundesminister Dr. Ernst Strasser 138

Rudolf Parnigoni 140

Robert Egghart 143

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 143

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 145

Anton Gaál 147

Wolfgang Jung 148

Rudolf Parnigoni (tatsächliche Berichtigung) 150

Theresia Haidlmayr 150

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (tatsächliche Berichtigung) 152

Günter Kößl 152

Ludmilla Parfuss 153

Dr. Reinhard Eugen Bösch 155

Dr. Evelin Lichtenberger 155

Karl Freund 156

Günter Kiermaier 157

Walter Murauer 159

Helmut Dietachmayr 160

Werner Miedl 161

Mag. Gisela Wurm 162

Hermann Reindl 163

Otto Pendl 164

Johannes Schweisgut 165

Emmerich Schwemlein 166

Dr. Alois Pumberger 166

Entschließungsantrag der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen betreffend Abschaffung der Gehaltskürzung im Krankheitsfall für ExekutivbeamtInnen – Ablehnung 142, 167

Entschließungsantrag der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen betreffend zusätzlich 1 000 SicherheitsexekutivbeamtInnen – Ablehnung 158, 167

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé, Paul Kiss und Genossen betreffend Vermeidung von Härtefällen für Exekutivbeamte im Krankheitsfall – Annahme (E 81) 163, 167

Annahme der Beratungsgruppe IV 164

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Dr. Elisabeth Hlavac und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Unterbringung psychisch Kranker in Krankenanstalten (Unterbringungsgesetz – UbG) sowie das Bundesgesetz über die Herstellung und das Inverkehrbringen von Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz) geändert werden (415/A)

Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend Maßnahmen für die berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (416/A) (E)


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Mag. Walter Posch und Genossen betreffend "Verrechtlichung" der Bundesbetreuung für Asylsuchende (417/A) (E)

Mag. Johann Maier und Genossen betreffend Zustand der Wasserversorgung – bäuerlicher – Betriebe in Österreich (418/A) (E)

Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes über die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen geändert werden (419/A)

Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956 geändert wird (420/A)

Mag. Johanna Mikl-Leitner, Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über Maßnahmen anlässlich der Umwandlung der NÖ Umweltschutzanstalt in eine Kapitalgesellschaft (421/A)

Mag. Johanna Mikl-Leitner, Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend gesellschaftsrechtliche Bestimmungen zur Erleichterung von Ausgliederungen im Bereich der Länder und Gemeinden (422/A) (E)

Inge Jäger und Genossen betreffend Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan (423/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Josef Edler und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Wiener Verkehrsprojekt B 3d (2267/J)

Gerhard Reheis und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend bundeseinheitliche Regelung zur Berufsanerkennung von AltenfachbetreuerInnen (2268/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Versäumnisse der österreichischen Klimaschutzpolitik (2269/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Finanzierung der Altlastensanierung (2270/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend weitere Anfragen zur Entsorgung von Tiermehl in Österreich (2271/J)

Anton Heinzl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Wettbewerbsverbesserungen durch die Verpackungsverordnung (2272/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die bevorstehende Inbetriebnahme des Atomkraftwerks Temelin (2273/J)

Georg Oberhaidinger und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die grundlegende notwendige Umorientierung der Abfallwirtschaft (2274/J)

Katharina Pfeffer und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Natura 2000 – Gebiete und grundlegende Fragen des Naturschutzes in Österreich (2275/J)


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Dkfm. Dr. Hannes Bauer und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Grundwasserschutz (2276/J)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Gefahr für Frühgeborene durch Weichmacher in Medizinprodukten (2277/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend den Zustand der Wasserversorgung bäuerlicher Betriebe in Österreich (2278/J)

Dkfm. Dr. Hannes Bauer und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Kürzung der Mittel für den Wasserwirtschaftsfonds (2279/J)

Dkfm. Dr. Hannes Bauer und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (2280/J)

Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend österreichisch-slowenische Beziehungen (2281/J)

Emmerich Schwemlein und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Auswirkungen der Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten auf Kleinbetriebe des Einzelhandels (2282/J)

Mag. Christine Muttonen und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend zweisprachige Qualifikation von Schulleitern im Kärntner Minderheitenschulwesen (2283/J)

Dr. Robert Rada und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Bezirks- und Landesschulräte (2284/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1861/AB zu 1910/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1862/AB zu 1923/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1863/AB zu 1914/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1864/AB zu 1974/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (1865/AB zu 1858/J)

 

 


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Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen, und eröffne die 67. Sitzung des Nationalrates, die für heute, 3. April, 9 Uhr, einberufen wurde.

Das Amtliche Protokoll der 64. Sitzung vom 30. März ist in der Parlamentsdirektion aufgelegen, ohne Einspruch geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung sind die Abgeordneten Amon, Ing. Gerhard Bauer, Gaugg, Ortlieb, Dr. Glawischnig, Dr. Einem, Dr. Niederwieser, Dr. Pilz und Peter Schieder.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht: Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten, Dr. Benita Ferrero-Waldner, wird durch Herrn Bundesminister Mag. Molterer vertreten.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, dass die Anfragebeantwortungen 1861/AB bis 1865/AB eingelangt sind.

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass Frau Abgeordnete Mag. Lunacek beantragt hat, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 10/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird, eine Frist bis zum 9. Mai 2001 zu setzen.

Es liegt in diesem Zusammenhang auch das von fünf Abgeordneten unterfertigte Verlangen vor, eine Kurzdebatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen.

Diese Kurzdebatte wird um 15 Uhr zum Aufruf gelangen. Unmittelbar nach der Debatte wird die Abstimmung stattfinden.

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (500 und Zu 500 der Beilagen): Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2002 samt Anlagen (540 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten wie folgt erzielt:


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Es ist eine Tagesblockzeit von 9 "Wiener Stunden" vorgeschlagen, aus der sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 176 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 131 Minuten, Grüne 104 Minuten.

Was die Regierungsmitglieder betrifft, gilt die gleiche Regelung wie in den vergangenen Tagen, also: alles, was 20 Minuten überschreitet, wird der jeweiligen Fraktion angerechnet, bei einem Staatssekretär das, was 10 Minuten überschreitet.

Über diesen Vorschlag hat das Hohe Haus zu befinden, und ich frage daher: Gibt es Einwendungen gegen diesen Vorschlag? – Das ist offenbar nicht der Fall. Damit ist das so beschlossen.

Beratungsgruppe V

Kapitel 30: Justiz

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zur Verhandlung über die Beratungsgruppe V, Bereich Justiz.

Zum Vorbringen einer Berichtigung erteile ich der Spezialberichterstatterin, Frau Abgeordneter Dr. Papházy, das Wort. (Abg. Dr. Kostelka: Husch pfusch! – Abg. Dr. Fekter  – in Richtung des Abg. Dr. Kostelka –: Er ist aufgewacht!)

Spezialberichterstatterin Dr. Sylvia Papházy, MBA: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich darf nachstehende Druckfehlerberichtigung zum Spezialbericht zur Beratungsgruppe V, Kapitel 30: Justiz, anbringen.

In der Antragsformel hat die Wortgruppe "samt dem dazugehörenden Teil des Konjunkturausgleich-Voranschlages" zu entfallen. – Danke.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke der Frau Spezialberichterstatterin für ihre Ausführungen. (Abg. Ing. Westenthaler: Wegen dem regen Sie sich auf? – Gegenruf des Abg. Dr. Kostelka.  – Abg. Dr. Khol  – in Richtung des Abg. Dr. Kostelka –: Husch pfusch? Dann sage ich: Plemplem!)

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

9.05

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Meine Damen und Herren! (Die Abgeordneten Dr. Khol und Ing. Westenthaler: "Eurolim"!)  – Ihr Einfallsreichtum ist unermesslich, Herr Kollege. (Abg. Dr. Khol: Hat diese Rede der Herr Stuhlpfarrer gemacht?)

Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Beratungen über das Budget-Kapitel Justiz bieten immer auch die Möglichkeit, ein Resümee zu ziehen und einen Ausblick in die Zukunft zu wagen. (Abg. Böhacker: "Eurolim" spricht schon wieder!) Dies ist natürlich auch eine Möglichkeit für die Regierungsvertreter, sich zu profilieren, wie man auf Grund dieses sehr einfallsreichen Zwischenrufens feststellen kann. Dazu gratuliere ich Ihnen gleich einmal vorweg. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf: Danke!)  – Bitte schön.

Die zweite Gratulation betrifft den Umstand, dass der Druckfehler jetzt gefunden werden konnte und daher eine weitere Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, wie sie in Bezug auf Ihre Qualitätsprodukte in letzter Zeit öfter gefallen ist, nicht mehr notwendig ist. Dazu, glaube ich, kann man Ihnen wirklich auch gratulieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Vielleicht kurz zusammengefasst: Wir haben, als Sie das Ministeramt angetreten haben, große Hoffnungen in Sie gesetzt, vor allem, dass Sie den damals gerade zu einer Hochblüte aufgelaufenen und von Fachleuten vielfach belächelten Khol-Fekter-Justizkurs


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eingrenzen können. Es hat zu Beginn auch so ausgeschaut, als wäre das möglich. Damals lief gerade diese unsägliche Sexualstrafrechtsdebatte, zu der Sie einige Ansätze geliefert haben, die wirklich dazu gedient haben, die Diskussion auf sachliche Beine zu stellen. (Abg. Haigermoser: "Euroteam"!)

Leider Gottes ist das halt im Laufe der Zeit nicht mehr so geglückt, und dadurch hat auch die Justiz eine nicht besonders positive Entwicklung genommen. Letztlich ist es beinahe an der Tagesordnung, dass in den diversen Expertenhearings im Justizausschuss das fassungslose Kopfschütteln der Experten weitaus überwiegt. Meiner Ansicht nach ist das nicht gerade etwas, auf das man stolz sein, weil die Justizpolitik bis dato – ich würde sagen, bis vor einem Jahr – eigentlich durch andere Merkmale gekennzeichnet war. (Beifall bei der SPÖ.)

Zu Ihrer Person, Herr Justizminister. – Es ist natürlich nicht besonders günstig, wenn man damit konfrontiert ist, dass die Richterschaft von sich aus durch Petitionen dazu aufruft, Sorge dafür zu tragen, dass die Unabhängigkeit der Justiz – Herr Kollege Khol! – unangetastet bleibt. Wenn man in der Zeitung lesen muss, dass die Vorsitzende der Richterschaft, Helige, erklärt, "dass nach der Unterschriftenaktion der Richter und Staatsanwälte gegen politische Einflussnahme auf die Unabhängigkeit der Rechtsprechung das Signal nun angekommen sei", nämlich dass Sie, Herr Bundesminister, verstanden hätten, dass man in diese Unabhängigkeit nicht weiter eingreifen und sie nicht förmlich, wie man in den Medien gesagt hat, "in den Würgegriff nehmen" soll, so ist das eine Entwicklung, die eigentlich betroffen macht.

Herr Justizminister, Sie sollten endlich das in die Tat umsetzen, was Sie mehrfach angekündigt haben, nämlich in der Spitzelaffäre nicht die Staatsanwaltschaft, sondern den unabhängigen Untersuchungsrichter ermitteln lassen. Wir würden dieses Zeichen der Größe sicherlich begrüßen. Ich denke, es wäre allen geholfen, wenn Sie dadurch diese Ermittlungen einmal außer Streit stellen würden. – Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt ist, dass wir, wie ich eingangs schon erwähnt habe, im Justizausschuss eine Entwicklung genommen haben, die nicht sehr positiv ist. Vielleicht bedingt durch das Motto "Speed kills" ist es dazu gekommen, dass wir eine Reihe von Fragen nicht behandelt haben – Kollegin Fekter hat das ja in einer diesbezüglichen Aussage im Justizausschuss trefflich formuliert. Sie hat gesagt: Die Opposition hat nun diskutieren dürfen, die Experten haben nun Erklärungen abgeben dürfen, nun kommen wir zur Abstimmung, und wir stimmen eigentlich über das ab, was die Experten in ihrer Mehrheit nicht gewollt haben. – So passiert beim Jugendgerichtsgesetz, so passiert beim Suchtmittelgesetz.

Meine Damen und Herren! Experten anzuhören, aber dann das Gegenteil davon zu beschließen (Abg. Dr. Fekter: Dann haben Sie eben nicht aufgepasst!)  – natürlich mit kleinen Verbesserungen –, ist eine Entwicklung, die betrübt macht! (Abg. Dr. Fekter: Ich habe genau die Erkenntnisse der Experten eingebaut und umgesetzt! Wir arbeiten eben viel effizienter, Herr Kollege Jarolim!) Ich sage Ihnen, Frau Kollegin Fekter: Darauf brauchen Sie wirklich nicht stolz zu sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Es spielt, wenn man das Thema Budget behandelt, auch eine Rolle, wie Sie mit dem Budget umgehen, welche Pläne Sie diesbezüglich für die Zukunft haben. Daher ganz kurz ein paar Sätze dazu, dass Sie unlängst das Gerichtsorganisationsgesetz vorgestellt haben, und zwar in einer Art und Weise, die einhellige Ablehnung ausgelöst hat.

Ich bin der Meinung, dass diese Ablehnung weit über das hinausgeht, was eigentlich sachlich gerechtfertigt gewesen wäre. Bedauerlich ist aber, dass diese Regierung offensichtlich nicht in der Lage ist, Anliegen so zu kommunizieren, dass sie zunächst diskutiert und dann in der Öffentlichkeit präsentiert werden, sondern sie schlägt genau den gegenteiligen Weg ein, indem sie nämlich erklärt hat, dass sie in einem Ausmaß, das wahrscheinlich weit überzogen ist, Bezirksgerichte zusperren will. Damit haben Sie nicht nur die Richterschaft, sondern auch die Anwälte, die Notare – die haben das dann etwas relativiert –, Konsumentenvertreter, Gemeinden und Länder in einem Ausmaß gegen sich aufgebracht, dass jetzt eine sachliche Diskussion überhaupt nicht mehr möglich ist. Das ist ein Vorwurf, der doch relativ massiv ist.


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Ich würde Sie ersuchen, Herr Bundesminister, dass Sie zu einer Form der Diskussion über Justizfragen zurückkehren, die Sachthemen gerecht wird. (Abg. Haigermoser: "Euroteam"!)

Sie haben im Rahmen der Diskussion über die Gerichtsorganisationsgesetz-Novelle mitgeteilt, dass Sie 19 Richter allein im Bereich des Oberlandesgerichtssprengels Wien einsparen wollen. Auf der einen Seite hören wir, Sie wollen den Zugang zum Recht verbessern, auf der anderen Seite hören wir, Sie wollen alle Bezirksgerichte zusperren, Sie wollen die Zahl der Richter einschränken. (Abg. Haigermoser: Alle Bezirksgerichte?) 19 Richter weniger beim Oberlandesgericht – das kann nicht ernsthaft funktionieren! (Abg. Ing. Westenthaler: Sie glauben doch nicht im Ernst, dass alle Bezirksgerichte zugesperrt werden?) In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass auch eine ZPO-Novelle in Ausarbeitung ist, die eine Reihe von Maßnahmen beinhaltet, die ein Zurückgehen auf den Stand vor den sechziger Jahren bedeuten würden.

Sie haben zum Beispiel vor, dass das Mahnverfahren – das ist die Zustellung einer Klage, bei der die erste Verhandlung nicht mehr vor dem Richter stattfindet, sondern der Zahlungsbefehl erhält Rechtskraft, wenn er nicht bekämpft wird – auf alle geldwerten Leistungen ausgedehnt wird. Das heißt, es kann durchaus dazu kommen, dass man bei einer Forderung von 1 Million Schilling, 10 Millionen, ja 100 Millionen einen Zahlungsbefehl zugeschickt bekommt. Wir alle wissen, was üblicherweise mit Dokumenten, die mit der Post kommen, die noch dazu so gestaltet sind, wie es bei Zahlungsbefehlen typischerweise der Fall ist – sie sind nämlich in kleiner Schrift gehalten und haben kaum Auffälligkeitswert –, passiert: Sie werden nämlich nicht gelesen. Die weitere Konsequenz ist, dass Sie, wenn das – Kollege Krüger, ich hoffe, dass du das bestätigen kannst – rechtskräftig wird, keine Möglichkeit mehr haben, das zu bekämpfen.

Wir haben aus Gründen des Konsumentenschutzes in der Vergangenheit nicht zu Unrecht gesagt, der Bürger muss bei Zahlungsbefehlen, die ihm zugehen – dieser setzt sie teilweise gleich mit einer Strafverfügung nach der Straßenverkehrsordnung –, eine Möglichkeit haben, dagegen anzukämpfen, und zwar dann, wenn etwas passiert, was jedem von uns passieren kann, nämlich dass sich in der Post ein Zahlungsbefehl befindet, den er nicht als solchen erkennt, die Frist verabsäumt und dann noch irgendetwas tun will. Dafür gab es bis jetzt den Widerspruch, dieser soll jedoch jetzt auch gestrichen werden! (Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger. )  – Nein, Zahlungsbefehl. (Abg. Dr. Krüger: ... Zahlungsbefehle!)  – Ja, das ist der nächste Punkt. (Abg. Dr. Fekter: ... kennt sich schon wieder einmal nicht aus!)

Der Zahlungsbefehl in diesem Bereich ist daher eine Maßnahme, die nicht akzeptabel ist. Dies ist eine kosumentenschutzfeindliche Maßnahme, Herr Bundesminister, und ich fordere Sie daher auf, das zu verhindern.

Der nächste Punkt ist: Der Widerspruch soll gestrichen werden. – Wenn ein Versäumnisurteil gefällt wird, besteht jetzt die Möglichkeit, durch einen Widerspruch eine Sanierung durchzuführen. Das soll aber jetzt auch gestrichen werden. Sie wollen also in der ersten Verhandlungstagsatzung eine Eventualmaxime einführen, und zwar unter dem Stichwort "Verfahrensbeschleunigung". Das bedeutet, dass man all das, was man in einem Verfahren vorbringen will, und zwar sowohl das sachliche Vorbringen als auch die Beweismittel, gleich zu Beginn vorbringen soll, weil es danach nicht mehr möglich ist: Eventualmaxime! (Abg. Neudeck: Gute Idee! Super!) Das kennen wir aus der Vergangenheit, und wir wissen natürlich auch, dass das nicht möglich ist und dazu führen wird, dass man in der ersten Verhandlung alles nur denkbar Mögliche vorbringt, 50, 60, 70, 80 Zeugen, damit man abgesichert ist. Das war in der Vergangenheit so und wurde aus ebendiesen Gründen, weil es nämlich dazu führt, dass das Verfahren verzögert wird, abgeschafft.

Herr Bundesminister! Lesen Sie in den Materialien die Gründe nach, warum diese Maßnahmen seinerzeit abgeschafft worden sind! Ich frage Sie: Warum kommen diese jetzt plötzlich wieder?

Meines Erachtens ist dies völlig unverständlich, und ich darf Sie auffordern, sicherzustellen, dass diese Maßnahmen in der geplanten Form nicht kommen, sondern dass die Fortschritte in der Zivilprozessordnung für die Konsumenten, für jene, die sich nicht tagtäglich mit Justizfragen


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befassen, in einer Art und Weise erfolgen, die es den Konsumenten ermöglichen, ihre Rechtspositionen aufrechtzuerhalten.

Meine Damen und Herren! In diesem Sinne komme ich zum Schluss meiner Ausführungen: Wir sehen leider Gottes in den letzten eineinhalb Jahren eine Entwicklung in der Justiz, die schauderhaft ist. Ich darf Sie, Herr Bundesminister, auf der einen Seite, aber auch Sie, Frau Kollegin Fekter, auf der anderen Seite ersuchen, dazu beizutragen, dass die Justizpolitik wieder in eine Richtung geht, dass sie in der Öffentlichkeit, aber auch im internationalen Kontext herzeigbar ist. Wir haben lange Zeit gezeigt, dass es möglich ist, über die Parteigrenzen hinaus einen Dialog zu führen. Dieser ist jetzt offensichtlich nicht mehr möglich. Ich darf Sie zur Besinnung rufen und Ihnen für die Zukunft diesbezüglich jedenfalls unsere Zusammenarbeit anbieten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Ich erteile ihm das Wort.

9.16

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn man sich insbesondere die letzten Worte meines Vorredners, in denen er gemeint hat, dass die Justizentwicklung in Österreich schauderhaft sei, angehört hat, dann fragt man sich unwillkürlich, ob er nicht die Länder verwechselt hat, in die er schaut. In welchem Land lebt Kollege Jarolim (Abg. Dr. Fekter: In Jugoslawien!), dass er wirklich glaubt, sagen zu können, die Justizentwicklung sei schauderhaft? (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das muss jeder Staatsbürger, der ernst genommen werden will, wirklich energisch zurückweisen, vor allem die Richter, die Staatsanwälte und die Mitarbeiter im Ministerium.

Die Justizentwicklung ist nicht schauderhaft. Sie stellt sich als kontinuierlich dar, wie das in den vergangenen Jahrzehnten immer der Fall war. Sie findet einen Fortschritt, der maßvoll und akzeptabel ist.

Tatsächlich ist es so, dass sich in den letzten Jahrzehnten ein Wandel vollzogen hat. Früher war Justiz der Inbegriff der Ausübung der Hoheitsrechte jedes Gemeinwesens. Es war der Inbegriff des Staates schlechthin, und die Justiz ist ausnahmslos durch Juristen – wenn man von ihren Hilfskräften absieht – ausgeübt worden.

Mittlerweile haben sich die Dinge dahin gehend entwickelt, dass der Anspruch des Staates, Recht zu sprechen, zum Teil durch die Streitschlichtung ersetzt worden ist, der Anspruch des Staates, zu strafen, durch die Konfliktbeilegung. An die Stelle des Zivilrichters ist vielfach der Mediator getreten, an die Stelle des Strafrichters der Sozialarbeiter als Konfliktregler im Rahmen der Diversion.

Das ist eine Tendenz, über die man sich freuen kann oder auch nicht, sie ist jedenfalls unumkehrbar. Sie hat nahezu flächendeckend Platz gegriffen. Es sind bereits Zehntausende Verfahren in diese Richtung transportiert worden, und es geht nur mehr darum, entsprechend zu justieren, nachzujustieren, zu schauen, wo man das eine oder andere besser machen kann, für die Zukunft und für die Betroffenen noch tauglicher.

In der Diversion wird es darum gehen, zu schauen, ob es wirklich notwendig ist, dass unter jene Delikte, die diesem Ausgleich zugeteilt werden können, auch der so genannte "Mafia-Paragraph" fallen darf oder auch die Kinderpornographie, weil sie in die Strafdrohung einfach noch hineinpasst. Es ist sicher so, dass einem alle Beteiligten erklären, dass kein Staatsanwalt und auch kein Richter daran denke, die Diversion auf solche und ähnliche Delikte anzuwenden, aber es erschiene doch sinnvoll, Ausreißer, die vielleicht in Zukunft passieren können, von vornherein unmöglich zu machen, indem man im Gesetz genauer festschreibt, was unter Diversion fallen kann und was nicht.


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Es wird auch der Opferschutz präziser überdacht und präziser formuliert werden müssen. Es wird darum gehen, dass bei allem Bemühen, Konflikte zu regeln, die Opfer mit ihren häufig berechtigten Ansprüchen nicht einfach unter den Tisch fallen.

In der Mediation ist es derzeit so, dass jeder erwachsene Bürger – wobei, wie ich meine, "erwachsene" nicht einmal eine Voraussetzung ist, denn auch das ist nirgends vorgeschrieben –, jeder da im Raum, jeder unter den Zuschauern, heute zum nächsten Schildermaler gehen und sich ein Schild mit der Aufschrift "Mediator" malen lassen kann, sich beim nächsten Drucker ein Briefpapier mit dem Briefkopf "Mediator" drucken lassen kann und sich in sein Kabinett setzen und warten kann, bis die ersten Bürger kommen. Auch das wird auf Dauer nicht gehen. Ich höre, dass im Ministerium bereits daran gearbeitet wird, Voraussetzungen für den Beruf und die Ausübung der Tätigkeit des Mediators zu schaffen, die sicherstellen, dass eine bestimmte Mindestausbildung absolviert worden ist, vielleicht eine Prüfung abgelegt worden ist, bevor sich jemand Mediator nennen darf.

Heute ist dieser Begriff doch völlig ungeschützt. Ich habe immer gesagt, jeder arbeitslose Pflasterer – wobei ich nichts gegen die Pflasterer habe, es gibt ja fast keine mehr, es gibt ja nur noch Asphaltierer – kann sagen: Mir reicht es mit dem Pflastern, ich will nicht immer knien, ich bin ab sofort Mediator! (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Damit muss, glaube ich, Schluss sein, meine Damen und Herren, im Interesse aller Beteiligten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Natürlich gibt es Diskussionen über jene Schritte, die im Sinne einer Straffung des Verfahrens vor Gericht sowie der Gerichtsstruktur an sich in die Wege geleitet werden sollen. Wenn ich – und dies war auch von meinem Vorredner Jarolim zu vernehmen – von Protesten gegen das Vorhaben, die Gerichtsstrukturen in Österreich auf einen neueren Stand der Dinge zu bringen, höre, so darf ich Folgendes in Erinnerung rufen:

Wir haben in Österreich in allen Verfahren höchstens drei Instanzen, in aller Regel sind es zwei. Wir haben aber für die ganze Republik flächendeckend vier Gerichtsebenen: die Bezirksgerichte, die Gerichtshöfe erster Instanz, die Oberlandesgerichte und den Obersten Gerichtshof.

Man wird daher irgendwann einmal dem Staat, repräsentiert durch den Justizminister – der Gesetzgeber ist natürlich der, der das letzte Wort spricht –, einräumen müssen, dass er diesbezüglich irgendeine Regelung findet, die den drei möglichen Instanzen drei Gerichtsebenen zuordnet, und nicht eine mehr! Generationen von Justizministern haben sich bemüht, das zu tun. Bisher ist es keinem gelungen, aber irgendwann wird das sein müssen. Wir können uns eine Ebene zu viel einfach nicht leisten. Und es wäre gut, würden wir den Minister maßvoll, aber nachhaltig bei seinen diesbezüglichen Bemühungen unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

In Hinsicht auf die Straffung und Beschleunigung der Zivilprozesse wird es ebenfalls Regelungen geben müssen – sie werden kommen, davon bin ich überzeugt, und wir werden Ihnen unseren Arm dazu leihen –, Regelungen, die sehr wohl erkennen lassen, dass wir am Grundsatz der Mündlichkeit im Zivilverfahren festhalten, dass wir nicht zum schriftlich geführten Prozess mittelalterlichen Stils zurückkehren und dass wir auch die Einzelfallgerechtigkeit vor die geschwinde Abwicklung des Verfahrens stellen.

Ich möchte nicht zum Ende kommen, ohne darauf hinzuweisen, wie voreilig und vorlaut manche auf den Justizminister losgegangen sind. Sie können sich sicher an das Theater erinnern, das vor ein paar Tagen hier im Haus – und nicht nur hier – mit der Behauptung, der Justizminister habe in der so genannten Spitzelaffäre die Staatsanwaltschaft unter Druck gesetzt, inszeniert worden ist.

Leider etwas zu spät (Abg. Dr. Khol: Einen Tag zu spät!)  – einen Tag zu spät, es sind eben vorsichtige Leute – ist dazu eine Stellungnahme der Staatsanwaltschaft gekommen. Ich lese nur einiges daraus vor. (Abg. Dr. Khol: Bitte!)


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"Von ministerieller Seite habe es bisher keinerlei Einflussnahme gegeben, betonte Nemec, der seit über 25 Jahren Vorstandsmitglied der Vereinigung der Österreichischen Staatsanwälte ist. Er kritisierte in diesem Zusammenhang jedoch ,die Agitation mancher politischer Parteien‘. Deren über Medien mehr oder weniger deutlich artikulierte ,Erwartungshaltung‘ käme einer ,Einflussnahme auf Entscheidungsträger‘ gleich." – Das ist ein ordentlicher Rüffel, meine Damen und Herren von der Opposition!

"Die Justiz habe jedoch unbeeinflusst von außen ihre Arbeit zu verrichten. ... Der mit der Causa Spitzelaffäre betraute Staatsanwalt Michael Klackl betonte wenig später gegenüber der APA: ,Es hat hier null politischen Einfluss gegeben‘." (Die Abgeordneten Dr. Khol und Ing. Westenthaler: Null!)  – Null! Das sagt er wörtlich!

"Er könne seine Arbeit nach seinen eigenen Vorstellungen erledigen: ,Wenn es die Weisungsgebundenheit nicht gäbe, wäre das bisherige Verfahren in keiner Weise anders gelaufen.‘" – Zitatende. (Abg. Mag. Schweitzer: Der Jarolim soll sich das anhören!)

Stecken Sie sich das an den Spiegel, meine Damen und Herren von der Opposition! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Die Uhr ist auf 12 Minuten gestellt. – Bitte.

9.24

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Ofner, auf welchen Spiegel soll ich mir das stecken? (Abg. Ing. Westenthaler: Badezimmerspiegel!) Vielleicht auf den Rückspiegel des Autos? (Abg. Dr. Ofner: Es ist eh viel besser, wenn du keinen hast! – Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Wie auch immer – sei es, wie es sei! (Abg. Ing. Westenthaler: Haben Sie einen Spiegel bei sich zu Hause?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, wie alljährlich im Zuge der Budgetdebatte, meine ersten Worte an die Damen und Herren des Justizressorts zu richten (Abg. Mag. Schweitzer: Hast du einen Spiegel ...?) und ihnen meinen allerherzlichsten Dank für die Unterstützung, die unsere Fraktion von den Damen und Herren des Ministeriums erhält – sowohl inhaltlich als auch im Zusammenhang mit der parlamentarischen Arbeit –, auszusprechen.

Es ist Tradition – und sie wurde auch durch Herrn Bundesminister Böhmdorfer noch nicht gebrochen –, dass die Damen und Herren des Ressorts – ich beurteile es aus Sicht der Grünen (Zwischenruf des Abg. Auer )  – allen Parlamentarierinnen und Parlamentariern, völlig unabhängig von ihrer Fraktionszugehörigkeit, zur Verfügung stehen, wenn es notwendig ist und wenn es ansteht. – Dafür ganz herzlichen Dank! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Dr. Fekter. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Budgetdebatte bietet alljährlich Anlass, nicht nur über die konkreten Budgetzahlen – das Budget ist ja, wie wir wissen, die in Zahlen gegossene Politik der Regierung – zu sprechen, sondern auch allgemeine Bemerkungen und Stellungnahmen über den Stand der justizpolitischen Diskussion in Österreich abzugeben. (Abg. Ing. Westenthaler: Ins Budget haben Sie kein einziges Mal hineingeschaut! – Abg. Mag. Trattner: Erstes Budget in Euro – ist Ihnen das aufgefallen?)

Das ist aber in den letzten Jahren ein bisschen schwierig geworden. Wie schon in der letzten Budgetdebatte, die erst vor ein paar Monaten hier geführt wurde – es war, glaube ich, im Dezember, jedenfalls ist es noch nicht lange her –, ist das Ganze – aus meiner Sicht bedauerlicherweise – immer noch von einem Umstand überschattet, nämlich davon, dass die Justiz überschattet ist – überschattet von Diskussionen, überschattet von Kritik, überschattet von, um es sehr vorsichtig zu formulieren, Verunsicherung! (Abg. Dr. Fekter: Man kann auch etwas madig reden! – Abg. Ing. Westenthaler: Von den Mächten der Finsternis überschattet!)


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Wie sonst, Frau Kollegin Fekter, Vorsitzende des Justizausschusses, und vor allem Herr Bundesminister (Abg. Dr. Fekter: Es wird Ihnen nicht gelingen, hier Verunsicherung zu ...!), ist es zu erklären, dass es genau jetzt, eigentlich Ende des Jahres 2000, erstmals – zumindest seit ich mich mit Justizpolitik beschäftige – eine Unterschriftenliste gibt, die die Mitglieder des Justizausschusses bekommen, und zwar nicht etwa in Petitionsform von Bürgern und Bürgerinnen (Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger )  – das hat es immer schon gegeben –, sondern von Bediensteten des Ressorts (Abg. Ing. Westenthaler: Das war gegen die ... der Grünen gemeint!), sprich in diesem Fall von Richtern und Staatsanwälten? (Abg. Dr. Ofner: Das war gegen alle Politiker gerichtet! Das ist nicht wahr! Nimm das vom Spiegel ...!)

Darum mutet es geradezu grotesk an, wenn sich Kollege Ofner Sorgen macht, weil einmal  – in gewisser Weise vielleicht sogar berechtigt, das will ich jetzt gar nicht werten, zumindest gibt es das Recht, diese Kritik zu üben – von Seiten eines Funktionärs der Staatsanwälte auch Kritik an oppositionellen Justizpolitikern geübt wurde. Aber bitte, wenn sich 1 300 Richter mit Namen und Adresse – das heißt: mit Gesicht! – hinstellen, Kritik an der Vorgangsweise einzelner, in diesem Fall oberster Behördenvertreter üben (Abg. Dr. Ofner: Überhaupt nicht wahr! Alle Politiker!) und ihrer Sorge darüber Ausdruck verleihen, dann ist das eine neue Qualität, die wirklich nicht als positiv zu bezeichnen ist – in keiner Form, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Jarolim. )

Ich möchte schon betonen, dass früher – und diesbezüglich sind wir in den letzten Jahren vielleicht im positiven Sinn verwöhnt gewesen – ein allgemeiner Konsens darüber bestand, die Justizpolitik aus dem so genannten niedrigen Parteienhickhack herauszuhalten. Und das ist auch gelungen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Dr. Fekter: Aber das war die Qualität der Freiheitlichen in Opposition, dass es dieses Hickhack ...!) Wenn ich nur auf jene justizpolitischen Beschlussfassungen verweisen darf, die im Nationalrat einstimmig erfolgt sind – und es hat ja immer Oppositions- und Regierungsparteien gegeben, auch vor Blau-Schwarz! –, so hat sich selbst die Freiheitliche Partei, die damals eine sehr ausgeprägte Oppositionsrolle im Nationalrat einnahm, ebenso wie die grüne und die liberale Fraktion den vernünftigen, die Justizpolitik vorwärts bringenden Entwicklungen nie verschlossen.

Diese Entwicklung, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist wahrlich beendet (Abg. Dr. Fekter: Das erzählen Sie mir als Justizausschussvorsitzender schon fünf Jahre lang!), denn – und erlauben Sie mir, Herr Bundesminister, das nicht als Kritik zu formulieren, sondern Ihnen meinen Eindruck, meine Wahrnehmung zu schildern – es gibt kein Interesse mehr daran, die Opposition und ihre Standpunkte in Entscheidungsfindungen mit einzubeziehen und einen Konsens zu finden, wiewohl es in puncto Problembewusstsein beziehungsweise Aufzeigen von Problemen durchaus Übereinstimmung gäbe.

Herr Bundesminister! In diesem Zusammenhang möchte ich ein Thema ansprechen – das ist jetzt budgetrelevant –, nämlich die Frage der Gerichtszusammenlegungen, der Einsparungen von Bediensteten in der Justizverwaltung und der Einsparungen auch von Richterposten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Innerhalb der Oppositionsparteien – ich darf das feststellen, auch wenn ich natürlich nicht befugt bin, hier für die sozialdemokratische Opposition zu sprechen – gibt es selbstverständlich auch die Vernunftbewegten, die sagen: Diese halben Richterposten, Gerichte, die es in Österreich noch gibt, sind – um es nicht negativ zu formulieren – wirklich diskussionswürdig. Die Frage der Schließung einzelner, vereinzelter Bezirksgerichte ist tatsächlich zu überlegen, und die Diskussion darüber ist zu führen, vor allem weil auch die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass es durchaus positive Beispiele gibt, wie das relativ konfliktfrei, ohne dass man Mediation braucht, abgelaufen ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aber jetzt ist geplant, dass man über 192 Bezirksgerichte, die es in Österreich gibt und deren Zahl, wie ich schon gesagt habe, diskussionswürdig ist, einfach sozusagen mit der Sense drüberfährt und sie auf 64 Gerichte reduziert. Angesichts dessen können Sie nicht erwarten, dass Ruhe in der Justizverwaltung und vor allem Ruhe in der


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österreichischen rechtsuchenden Bevölkerung herrscht. Das ist wahrlich eine bedrohliche Mitteilung für die Bürgerinnen und Bürger!

Wir hatten schon im Rahmen des Budgetausschusses Gelegenheit, uns darüber zu unterhalten. Da hat mich, Herr Bundesminister – ich weiß jetzt nicht mehr, ob ich Ihnen das gesagt habe –, diese Ihre Antwort auf die von allen Ausschussmitgliedern aufgeworfenen Fragen nach den Gerichtszusammenlegungen sehr – ich würde es so sagen – bestürzt. Sie haben gemeint: Was ist das schon? Ein Bürger, eine Bürgerin braucht im Schnitt maximal einmal im Leben ein Gericht.

Herr Bundesminister! Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Um dieses eine Mal geht es! Um dieses eine, einzige Mal geht es, wenn es um den Zugang zum Recht geht und wenn es darum geht, ob Bürgerinnen und Bürger als Rechtsuchende bei ihrem Zugang zum Recht behindert beziehungsweise teilweise ganze Bevölkerungsgruppen davon ausgeschlossen werden. Das ist es, was zu bedenken ist.

Ich bin allen Fragen gegenüber – auch jener der Wirtschaftlichkeit und der Sinnhaftigkeit von Institutionen – mehr als aufgeschlossen, aber bitte nicht in der Form, wie die Diskussion jetzt geführt wurde!

Ein Beispiel nur, das ich erst gestern in "ORF ON" gelesen habe – Sie kennen es sicher auch –: Da wurde berichtet, dass natürlich auch die Kärntner Richter gegen die Sparpläne des Ressorts protestieren – das war im Zusammenhang mit einem Besuch Ihrerseits in Villach, dass diese Besorgnis und dieser Protest artikuliert wurden –, und da lese ich, dass nur ein Drittel der Richter in Kärnten an ihrem Arbeitsplatz über einen PC verfügt! Ich meine, das mutet geradezu kurios an, dass nur ein Drittel der Richterinnen und Richter über einen PC verfügt – in einem Zeitalter, in dem der Bundeskanzler die ganze Zeit von e-Government redet und Millionenbeträge in Beratungsfirmen investiert werden. Aber das ist noch nicht alles!

Wissen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die Kärntner Richterinnen und Richter der Öffentlichkeit mitgeteilt haben, dass keine einzige Kärntner Richterin und kein einziger Kärntner Richter über einen E-Mail-Anschluss verfügt?! Ich frage: Wo leben wir? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) – Die Kärntner Richter offensichtlich in der elektronischen Steinzeit!

Herr Bundesminister! Das hat einerseits etwas mit dem Budget zu tun – gar keine Frage –, sozusagen mit den nackten Zahlen, und auf der anderen Seite hat es etwas mit dem Recht der rechtsuchenden Bevölkerung auf schnelle, rasche Verfahrensabwicklung zu tun. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich kann mir nicht vorstellen, wie man zu seinem Recht kommt – aber nicht nur zu seinem Recht, wenn man etwas will, sondern auch dann, wenn man ein Straftäter ist, zu seinem Recht auf den gesetzlichen Richter –, wenn es keine PCs gibt, wenn es keine E-Mail-Anschlüsse gibt – gar nicht zu sprechen von der Frage der Ausfertigung von Urteilen, der Frage, wie viele Schreibkräfte es gibt und wie das insgesamt in Österreich ist. Ich habe ja Kärnten jetzt nur als Beispiel genommen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Diese Frage – um bei Kärnten zu bleiben, weil es durch Sie aktualisiert wurde – hat auch andere Aspekte, die zweifelsfrei nicht die größten Teile der Bevölkerung, auch nicht der Kärntner Bevölkerung, betreffen; aber die Tatsache, dass der Herr Bundesminister in Kärnten plant, die bestehenden Bezirksgerichte auf vier zu reduzieren, bedeutet eine absolute Kehrtwende in der Frage des Zugangs der zweisprachigen Bevölkerung, nämlich der slowenisch sprechenden Kärntnerinnen und Kärntner, zum Recht in ihrer Muttersprache, und zwar im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf die Amtssprache Slowenisch. (Beifall bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie planen nämlich ernsthaft, dass die drei zweisprachigen Gerichte, nämlich Železna Kapla – Eisenkappel, Borovlje – Ferlach und Pliberk – Bleiburg, schlicht und einfach zugesperrt werden. Das sind jene Bezirksgerichte, in denen es ge


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lebte, praktizierte Zweisprachigkeit gibt, in denen die Richter und die Bediensteten die entsprechende Qualifikation haben. Aber das ist der Plan.

Herr Bundesminister! Das bedarf wohl einiger Aufklärung, weil es nicht nur eine Frage der budgetären Notwendigkeiten im Justizsektor ist, sondern weil das verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte sind, die nicht nur im Artikel 7 des Staatsvertrags, sondern neuerdings auch durch eine Staatszielbestimmung, die sich Österreich selbst gegeben hat, zum Ausdruck gebracht werden. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Das Licht leuchtet schon, und es gibt noch viele Themen, daher zum nächsten Thema, das den Nationalrat und die österreichische Öffentlichkeit seit Jahren bewegt und in der Dramatik der Ungeheuerlichkeit sozusagen stündlich zunimmt, wenn wir uns die Berichterstattung ansehen, und zwar zum menschenrechtswidrigen Zustand der Geltung des § 209 StGB, das heißt: unterschiedliches Mindestalter für homo- und heterosexuelle Menschen bei der Ausübung von Sexualität. Das ist es, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Bundesminister! Dazu habe ich von Ihnen persönlich – jetzt nicht persönlich als Herr Dr. Böhmdorfer, sondern als Ressortchef – noch keine einzige klare, dezidierte Stellungnahme gehört, wie wir sie von Herrn Bundesminister Michalek kannten, wie Sie zu diesem wahrlich europaweit einmaligen Zustand stehen, Herr Bundesminister! Sie als Ressortchef sind nicht irgendwer! Sie sind auch innerhalb der Freiheitlichen Partei, wie wir im letzten Jahr leidvoll erfahren mussten, nicht irgendwer, sondern mehr als einflussreich, Herr Bundesminister! Ihr Wort zählt! Das ist meine Erfahrung. Nicht nur das gesprochene, sondern auch das unausgesprochene Wort zählt bei Ihnen. Das haben wir im Zusammenhang mit U-Richter Erdei und Ähnlichem erfahren. Darum wäre hier eine Stellungnahme Ihrerseits mehr als angebracht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Fekter: Daher brauchen Sie dringend einen Spiegel, dass Sie sich die Aussendung hinhängen können, da Sie immer Dinge falsch zitieren!)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zu einem letzten Punkt, von dem die blau-schwarze Justizpolitik im letzten Jahr am häufigsten gesprochen hat, nämlich von den Verbrechensopfern. Es ist richtig, meine sehr geehrten Damen und Herren, im Zusammenhang mit Kriminalität von zwei Dingen zu sprechen, nämlich vom Schicksal und Leid der Opfer von Verbrechen und selbstverständlich – das will ich nicht in eine Rangordnung bringen – von der Prävention, von der Bekämpfung und auch von der Aufklärung von Verbrechen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Aber das, was konkret und real für Verbrechensopfer in Österreich getan wird, seit es die blau-schwarze Mehrheit im Parlament gibt, ist mehr als dürftig, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist wirklich mehr als dürftig! Da sind die Damen und Herren wieder einmal dem Leitspruch dieser Bundesregierung treu geblieben, wonach Sie nicht an Worten, sondern an Taten zu messen seien, nur: Bedauerlicherweise fehlen die Taten.

Deshalb möchte ich im Namen der grünen Fraktion heute bei der Beschlussfassung des Budgets einen Entschließungsantrag einbringen, der diese durchaus mit unserer Zu- und Übereinstimmung formulierte Positionierung, wonach das Hauptaugenmerk den Opfern von Verbrechen zu gelten habe, unterstützt, und Sie bitten, diese Entschließung mitzutragen und dann entsprechend der Mehrheit des Nationalrates und auf Grund der Zusammensetzung der Regierung auch umzusetzen. Ich möchte den Entschließungsantrag jetzt verlesen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freunde und Freundinnen betreffend Verbrechensopferschutz

Der Nationalrat wolle beschließen:


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"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Justiz, wird ersucht, dem Nationalrat bis spätestens 1.6.2001 einen Gesetzentwurf zur Novellierung des Verbrechensopfergesetzes vorzuschlagen" – es gibt ja schon eines, meine sehr geehrten Damen und Herren –, "damit sichergestellt wird, dass" – da gibt es vier entscheidende Punkte –:

"jeder Person – unabhängig von Staatsbürgerschaft – Hilfe nach den Bestimmungen des Verbrechensopfergesetzes gewährt wird" – Anmerkung von mir: es sind große Teile, die Opfer von Verbrechen in Österreich werden, gesetzlich davon ausgeschlossen, weil das an die Staatsbürgerschaft und nicht an die Tatsache, dass man Opfer wird, geknüpft ist –;

"Hilfe nach den Bestimmungen des Verbrechensopfergesetzes bei jeder rechtswidrigen, gerichtlich strafbaren Handlung (auch bei Fahrlässigkeitsdelikten) geleistet wird;

jeder Schaden, der durch eine rechtswidrige, gerichtlich strafbare Handlung entsteht, nach den Bestimmungen des Verbrechensopfergesetzes ersetzt wird, sofern Schadenersatz nicht durch andere Einrichtungen (Institutionen) geleistet wird;

bedürftigen Personen in jedem Fall ein Vorschuss analog dem Unterhaltsvorschussgesetz gewährt und ein kostenloser Rechtsbeistand (Rechtsberatung, anwaltliche und/oder psychosoziale Prozessbegleitung, ...) beigegeben wird.

Weiters wird die Bundesregierung ersucht, ab 1. Jänner 2002" – das heißt: mit dem nächsten Budget – "sicherzustellen, dass zumindest 50 Prozent der auf Grund gerichtlich strafbarer Handlungen an Geldstrafen und Geldbußen eingenommenen Beträge zur Entschädigung der Opfer von Verbrechen und Vergehen nach dem Verbrechensopfergesetz verwendet wird."

*****

Wussten Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dass zwar Geldstrafen eingenommen werden, aber nicht etwa zweckgewidmet Verbrechensopfern zukommen, sondern im (Abg. Dr. Fekter: Finanzministerium!) großen "Nirwana" des Budgets verschwinden? – Diejenigen, die auf Grund einer strafbaren Handlung eine Buße leisten und vielleicht auch zum Teil glauben, damit einen Beitrag für die Opfer von Verbrechen und Vergehen geleistet zu haben, irren, sie irren sehr. Darum ist diese gesetzliche Bindung – von 50 Prozent nach unserem Vorschlag – so wesentlich, damit es auch diese Unmittelbarkeit und diesen Zusammenhang zwischen Strafe – das heißt in diesem Fall: Geldbuße – und Entschädigung für Opfer gibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Auch die nächsten Monate werden von Unruhe in der Justizpolitik, von Unruhe und Unmut im Ressort gekennzeichnet sein, denn, geschätzter Herr Bundesminister, ich wage die Prognose – bei der man wahrlich nicht sehr mutig sein muss –, dass allein durch die Tatsache, dass das Justizressort durch Ihre Person repräsentiert wird, und durch Ihr Nicht-Abgehen von der Haltung, sich in erster Linie als ein Vertreter der Partei, sprich Anwalt der Freiheitlichen Partei innerhalb der Bundesregierung zu sehen, keine Rede davon sein wird können, dass wieder jener Geist in die Justizpolitik zurückkehrt, der von Unabhängigkeit und auch von Äquidistanz allen Parteien gegenüber – oder zumindest von dem Streben danach – gekennzeichnet war.

Ich bin wahrlich keine Hellseherin, aber Ihr Verhalten und Ihre Stellungnahmen in den letzten Monaten geben mir nicht das Vertrauen, dass sich hier etwas ändern wird. Aber bitte – selbst Herr Dr. Böhmdorfer ist lernfähig. Beweisen Sie es! (Beifall bei den Grünen.)

9.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der referierte Entschließungsantrag liegt vor, ist ordnungsgemäß unterfertigt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer: Hat sie jetzt einen Spiegel oder nicht?)


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67. Sitzung / Seite 18

9.44

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Nein, sie hat keinen Spiegel, weil sie bei Erdei wieder die falschen Dinge zitiert hat. Sie ist also nicht lernfähig! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wenn die Staatsanwaltschaft eindeutig klarstellt, dass hier kein Druck ausgeübt wurde, dass keine Weisung gegeben wurde, dass in diesem Fall in keinster Weise eine Beeinflussung von Seiten des Ministers stattgefunden hat, und sich Kollegin Stoisits dann herausstellt und wieder den vermeintlichen Skandal zitiert, dann muss ich sagen, sie ist eben nicht lernfähig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Das war sehr persönlich!)

Ich habe gut aufgepasst und habe sofort, als sie für die Verbrechensopfer eingetreten ist, gedacht, jetzt werden wir vielleicht einen Mehrparteienantrag zustande bringen. Frau Kollegin Stoisits! Aber das, was Sie hier fordern, ist sachlich nicht gerechtfertigt. Beispielsweise einem Opfer automatisch vorweg Vorschuss zu geben, ist insofern problematisch – auch ich hätte mir das bereits einmal gewünscht –, als nämlich die Opferrolle als solche nicht immer vorweg feststeht. Denken Sie beispielsweise an einen Autounfall, bei dem es mehrere Beteiligte gibt und bei dem gar nicht sofort eindeutig feststeht, wer denn jetzt an diesem Autounfall schuld war und wer das Opfer ist.

Oder Sie haben auch gemeint, dass man bei jeglichem rechtswidrigen Handeln Opferhilfe bekommen soll, wenn man Opfer ist. Das würde aber bedeuten, dass auch rechtswidriges Handeln im Verwaltungsbereich sofort Opfer erzeugt, die dann Entschädigungen bekommen, die eigentlich eher auf dem Zivilrechtsweg durchzusetzen wären.

Es ist auch das Verbrechensopfergesetz in dem Zusammenhang nicht das passende, weil das Verbrechensopfergesetz festlegt, dass, wenn jemand körperliche Schäden erleidet, er dann natürlich aus dem Verbrechensopfergesetz Entschädigungen bekommt. Wir haben aber bereits ein viel besseres Sozialversicherungsgesetz, und alle körperlichen Schäden werden bei uns ohnehin bereits über die Krankenversicherung abgegolten.

Dort, wo die Krankenversicherung für Verbrechensopfer nicht greift – das ist im Therapiebereich –, haben wir bereits eine Sonderregelung, nämlich den dreifachen Therapiekostenersatz.

Daher ist zwar Ihr Antrag sehr gut gemeint, in der Sache aber, so glaube ich, nicht gerechtfertigt. Wir können daher Ihrem Entschließungsantrag nicht die Zustimmung erteilen, wiewohl ich natürlich auch glaube, dass wir bei der Unterstützung der Opfer oder auch der Opfervereine oder auch der Opferverbände noch einiges bewerkstelligen werden.

Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, zu meiner eigentlichen Rede. Ich habe in meinem Manuskript mit folgenden Worten begonnen: Wende in der Justizpolitik ist Reformpolitik. – Es war der Justizausschuss noch nie so effizient wie im letzten Jahr. Wir haben riesengroße Reformen umgesetzt: gemeinsame Obsorge, neues Mietrecht mit den freien Befristungen, das Jugendgerichtsgesetz, das Suchtmittelgesetz, das Gewährleistungsrecht, und ich könnte noch mehrere aufzählen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition! Dieser Reformkurs hat Sie sichtlich überfordert, denn konstruktive Vorschläge in Form von Abänderungsanträgen sind im Justizausschuss nicht eingelangt. Die Opposition war lediglich gegen alles, nach dem Motto: sowieso und überhaupt – eben Fundamentalopposition. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Stoisits! Die Mär, dass im Justizbereich alles einstimmig beschlossen wurde und das jetzt plötzlich nicht mehr so sei, erzählen Sie mir schon sechs Jahre lang. Am Anfang haben Sie es damit begründet, dass das bei mir als Ausschussvorsitzender nicht mehr zustande kommen würde. Tatsache ist: seit sechs Jahren dieselbe Leier – aber vor fünf Jahren hatten wir noch eine ganz andere Koalition! Es war also angeblich auch unter Minister Michalek nicht möglich, einstimmige Beschlüsse in allen Belangen zustande zu bringen.


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67. Sitzung / Seite 19

Herr Kollege Jarolim! Ich sehe schon eine neue Qualität in der Justizpolitik: Es hat noch nie so viele Expertenhearings und auch noch nie so intensive Beratungen gegeben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stoisits: Ignoranz gegenüber den Expertenmeinungen! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Frau Kollegin Stoisits! Es haben sogar die Experten begrüßt, wie effizient wir arbeiten (Abg. Öllinger: Wo denn?), nämlich dass wir die Meinungen der Experten in unsere Gesetzesvorlagen einbauen, dass wir sie sofort umsetzen. Das war beim Jugendgerichtsgesetz so, das war auch beim Suchtmittelgesetz so, dass wir Expertenmeinungen, soweit sie einhellig waren, eingebaut haben. (Abg. Öllinger: Ambulanzgebühren! Unfallrenten! – Abg. Dr. Kostelka: Sie haben genau das Gegenteil getan! Sie suchen sich Ihre Experten aus!) Wenn Experten natürlich keine einhellige Meinung hatten, sondern das Sowohl-als-auch vorgebracht wurde, haben wir uns eben für eine der Expertenmeinungen entschieden. Dass das nicht immer die Ihre war, liegt in der Natur der Sache. (Abg. Dr. Jarolim: Gelacht haben die Experten!)

Es ist ein einziger Vorschlag, Herr Kollege Jarolim, von der SPÖ gekommen, nämlich die Forderung nach einem weisungsfreien Bundesanwalt. Diesem Vorschlag werden wir natürlich nicht näher treten, weil ihn auch die Mehrheit der Experten als nicht sinnvoll erkannt hat, weil die Ministerverantwortlichkeit selbstverständlich eine bessere Kontrolle darstellt.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch sagen, dass ich einem europäischen Anwalt, einem europäischen Ankläger nichts abgewinnen kann. Die nationale Strafgesetzgebung ist viel zu verschieden, die Strafrechtstraditionen sind zu differenziert, als dass ein einheitlicher europäischer Ankläger Akzeptanz bei der Bevölkerung finden würde.

Harmonisierung des Strafrechts auf europäischer Ebene: ja, aber kein Über-Bord-Werfen der nationalen Zuständigkeit. Es bereitet uns bereits jetzt große Schwierigkeiten, wenn beispielsweise die EU gravierende Mindeststrafen, beispielsweise für Schlepperei, fordert, weil diese höher wären als bei uns die Mindeststrafen, weil wir nämlich differenziertere Tatbestände kennen.

Ein Strafrecht für juristische Personen kennen wir auch nicht, daher tun wir uns auch schwer, das EU-mäßig umzusetzen. Umgekehrt kennt die EU keine Diversion.

Angesichts der jüngsten Ereignisse in Serbien wird aber sichtbar, dass es sehr wohl von Bedeutung ist, dass Strafrechtsordnungen einen gewissen Grad an Konvergenz haben. Insbesondere für ein gemeinsames Europa wird es wichtig sein, dass sich die Reformländer dem kontinentaleuropäischen Rechtssystem annähern und nicht das amerikanische übernehmen. Beim Aufbau einer entsprechenden Justizverwaltung nach europäischem Standard wird es daher unumgänglich sein, dass Europa und auch wir als Nachbarn uns diesbezüglich einbringen.

Unsere Reformfreudigkeit, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, wird selbstverständlich nicht eingeschränkt, sondern fortgesetzt werden. Insbesondere bei der Strafprozessordnung, bei der Vorverfahrensreform wird es neue, klare Regelungen für die Ermittlungen der Exekutive, der Staatsanwaltschaft und auch des Untersuchungsrichters geben, damit derartige Eigentümlichkeiten wie "Untersuchungsrichter wenden sich an die Medien" unter Umständen unterbunden werden und dieser mediale Druck die Ermittlungen in Zukunft nicht in dem Ausmaß behindern wird. (Abg. Öllinger: Keine Vorverurteilung, Frau Dr. Fekter! Keine Vorverurteilung!)

Es soll dann klare Abgrenzungen geben. Dabei wird natürlich die Staatsanwaltschaft als sehr mächtige Behörde etabliert, bei der ich persönlich mir schon ein weiteres Kontrollinstrument neben der Weisung wünsche, weil es nämlich bei solch einer mächtigen Institution sehr wohl auch zu Missbrauch kommen könnte.

Denkmöglich sind drei Missbrauchsfälle: Einerseits, dass Ermittlungsaufträge nach dem Motto erteilt werden: Wir ermitteln in eine ganz bestimmte Richtung. Die Staatsanwaltschaft erteilt der Exekutive die falschen Ermittlungsaufträge – das wäre denkmöglich –, obwohl die Exekutive schon weiß, dass man die eigentlichen Täter in einer ganz anderen Richtung finden würde.


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Ein weiterer Fall könnte eintreten: Es werden überhaupt keine Ermittlungsaufträge erteilt, nach dem Motto: Die Suppe ist zu dünn.

Oder es könnte der dritte Fall eintreten: Es werden bewusst massive Ermittlungsaufträge erteilt, um irgendjemanden unter Druck zu setzen.

Für alle drei Missbrauchsfälle brauchen wir neben dem Weisungsrecht auch eine ergänzende Kontrolle: Wenn beispielsweise die Staatsanwaltschaft die offensichtlich falschen Aufträge erteilt, muss es der Exekutive möglich sein, sich gegen diese Falschaufträge zu wehren. Beispielsweise wäre aus meiner Sicht denkbar, eine Anregung über die Generalprokuratur zu erreichen.

Die Kontrollmechanismen müssen wir daher in diesem Bereich verstärken, wenn wir schon eine solch mächtige Behörde, wie es die Staatsanwaltschaft in Zukunft sein wird, schaffen. Und dieses Budget erlaubt uns die Fortsetzung des Reformkurses! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. Ich erteile es ihm.

9.55

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich gehe jetzt in der Reihenfolge, in der argumentiert wurde, auf die einzelnen Argumente ein und möchte vor allem zu den Äußerungen von Herrn Abgeordnetem Dr. Jarolim Stellung nehmen.

Herr Kollege! Sie haben die Petition der Richterschaft angesprochen. Ich möchte sagen, dass diese Petition durchaus existiert, aber längst überholt wurde (Abg. Dr. Mertel: Wovon überholt? Wovon?) und in verbesserter Form von mir selbst gemeinsam mit der Präsidentin der Richtervereinigung eine andere Petition herausgegeben wurde.

Wenn Sie sich die Ereignisse im Dezember – es war der 15. Dezember 2000 – in Erinnerung rufen, so galt damals Folgendes: Es gab eine öffentliche Diskussion zwischen Politikern, Richtern und Staatsanwälten. Ich habe damals sofort die Vertreter der Richtervereinigung und den Präsidenten der Staatsanwälte gebeten, ins Ministerium zu kommen. Diese hatten damals ungefähr zehn Tage hindurch keine Zeit, und das Gespräch fand am 15. Dezember 2000 statt.

Ich hatte damals eine Erklärung vorbereitet, die der Präsidentin der Richtervereinigung abgerungen werden musste und der der Präsident der Vereinigung der österreichischen Staatsanwälte sehr schnell zugestimmt hat. Diese Erklärung ist deutlicher, prägnanter und unterstützt die Unabhängigkeit der Richter viel mehr als die Resolution der Richter. Allerdings geht sie auch davon aus und erwähnt dies ausdrücklich, dass die Richter nicht frei von Kritik sind. Auch Richter müssen sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sein. Auch Richter müssen sich, wenn auch sachlich, kritisieren lassen. Dem haben die Richter ausdrücklich zugestimmt. Dem haben auch die Staatsanwälte ausdrücklich zugestimmt, und ich möchte klarstellen, dass es keiner Initiative der Richter bedurft hätte, um diese Erklärung abzugeben. Das ist bewiesen, das ist historische Tatsache, und das lasse ich mir nicht nehmen und von niemandem verdrehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Öllinger: Das ist eine ungeheuerliche Verdrehung!) – Das ist keine Verdrehung, Herr Abgeordneter! Das ist absolut richtig, und man kann das auch nachvollziehen und nachprüfen. Ich bin gerne bereit, auch Ihnen persönlich den Nachweis darüber zu erbringen.

Diese Erklärung wurde zu einem Zeitpunkt unterschrieben, als die Erklärung der Richter noch gar nicht in die Öffentlichkeit gedrungen war. (Abg. Dr. Kostelka: Weil Sie zuvorkommen wollten!) – Nein, auch das ist nicht richtig, Herr Klubobmann – Herr geschäftsführender Klubobmann, entschuldigen Sie –, weil ich von dieser Aktion der Richter gar keine Ahnung hatte. (Abg. Dr. Kostelka: Natürlich!)


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Übrigens sollen dort auch Rechtspraktikanten und Richteramtsanwärter unterschrieben haben. Ich hatte davon keine Ahnung. (Abg. Öllinger: Dürfen sie nicht?) Die Frau Präsidentin der Richtervereinigung, mit der wir stundenlang darum gerungen haben, dass sie die von mir ausgefertigte Erklärung unterschreibt, hat unmittelbar vor der Unterschrift gesagt, sie glaubt, da wäre auch noch etwas anderes unterwegs. Das war dann diese Erklärung der Richter. – So ist es richtig, Herr Klubobmann, und nichts anderes kann man dazu sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Rosemarie Bauer: Aha! – Abg. Dr. Puttinger: Stell dir vor! – Abg. Mag. Trattner: So schaut es aus! "Eurolim"!)

Wenn Sie, auch Herr Kollege Jarolim, ständig Richter Dr. Erdei ins Rampenlicht ziehen, instrumentalisieren und so tun, als ob er in seiner Tätigkeit behindert worden wäre, dann muss ich sagen, auch das ist völlig falsch. Es hat, wie Sie mittlerweile wissen, zumindest von mir nicht die geringste Einflussnahme gegeben. Sie wissen genau, was los gewesen wäre, wenn ich auch nur im Geringsten auf diesen Richter Einfluss genommen hätte. Ich kenne den Richter Dr. Erdei nicht, ich habe noch nie mit ihm gesprochen, und ich habe auch nicht indirekt mit ihm "sprechen lassen" und ihm überhaupt nichts ausrichten lassen. Das wissen Sie ganz genau.

Allerdings wird dieser Richter zu Unrecht instrumentalisiert. Wenn er zitiert wird, dass er vielleicht nach Klagenfurt oder nach Vorarlberg versetzt werden könnte, so kann das nur falsch sein. Das kann kein Richter ernst nehmen, weil das gesetzlich nicht möglich ist. Wenn er, weil er Sprengelrichter ist, zu einem anderen Gericht gelangen kann, so beruht das auf einer Regelung des Jahres, so glaube ich, 1992, die mit Ihren Stimmen und mit der Zustimmung der Richtervereinigung beschlossen wurde. Hier kann man mir überhaupt keinen Vorwurf machen. Es ist ungerecht, die Richter derartig unrichtig und instrumentalisierend in die Öffentlichkeit zu zerren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich füge noch eines hinzu: Selbstverständlich – es ist dies so selbstverständlich, dass ich mich fast schon geniere, das sagen zu müssen – kommt eine Versetzung eines Richters in diesem Fall überhaupt nicht in Frage. Hier gibt es genaue gesetzliche Regelungen. Wir sind aber durchaus bereit, über alles zu reden, nur nicht in dieser polemischen Form. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Was das Suchtmittelgesetz anlangt – Herr Kollege Jarolim ist jetzt bedauerlicherweise nicht da, obwohl ich ausdrücklich ... (Abg. Dr. Khol: O ja, dort ist er! – Abg. Dr. Jarolim: Darf ich mich vorstellen: Jarolim! – Entschuldigen Sie, Herr Kollege, ich nehme das zurück. (Abg. Mag. Trattner: Das Interesse der SPÖ an der Justiz ist nicht sehr groß! Das muss man sagen! – Abg. Dr. Gusenbauer: Wo ist denn der Westenthaler?)

Herr Kollege! Was das Suchtmittelgesetz anbelangt, müssen Sie es deutlich sagen: Der Vorwurf, den Sie erheben, das Prinzip "Helfen vor Strafe" gelte nicht mehr, ist falsch. Aber wenn Sie wollen, Herr Kollege – es sitzen sehr viele junge Menschen hier auf der Galerie –, dass dieses Prinzip auch für jene Dealer, die selbst nicht süchtig sind, aber mit dem Wissen und dem Verhalten von Industriebossen ausgestattet sind, gilt, dann sagen Sie es deutlich! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Sie wissen genau, dass das falsch ist! Das ist polemisch und falsch!)

Sie wissen ganz genau, dass in Österreich jeder, der Suchtgift nur konsumiert, mehrere Chancen bekommt, sich auf Staatskosten therapieren zu lassen. Mehrere! Solange Sie das verschweigen, verschweigen Sie vor der Jugend unseres Landes die Wahrheit! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Das ist polemisch und falsch! Sie wissen das genau! Das können Sie der ÖVP erzählen! – Abg. Dr. Khol: "Euroteam"-Jarolim! – Abg. Mag. Trattner: "Eurolim", gib eine Ruh’! – Abg. Dr. Jarolim: Sie machen das Gegenteil von dem, was Sie sagen!)

Ich mache nicht das Gegenteil von dem, sondern ich mache genau das, was unter Ofner eingeleitet wurde. Wir setzen diese Drogenpolitik gemäß dem Prätext "Helfen vor Strafen" dort fort, wo sie sinnvoll ist. Und das lassen wir uns nicht nehmen! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Sie haben die ZPO-Novelle als Rückschritt in der Justizpolitik kritisiert. Auch damit haben Sie Unrecht. Das Mahnverfahren, das Sie kritisieren, existiert seit vielen, vielen Jahren in Österreich. (Abg. Dr. Fekter: Erfolgreich!) Es gibt in Bezug auf dieses Mahnverfahren keine Beanstandungen. Nennen Sie Richter, nennen Sie Anwälte, die dieses Mahnverfahren, das schon seit vielen Jahren, schon Jahrzehnte existiert, beanstanden! (Abg. Dr. Fekter: Er ist ja Anwalt! Darum kennt er sich ja nicht aus!)

Nennen Sie bei dieser Einrichtung des Zahlungsbefehls, die Sie heute kritisiert haben, einen Missstand! – Es gibt hier keine Überforderung und Überrumpelung von Beklagten. Trotzdem sind wir bereit, bei der Ausweitung dieses sinnvollen Mahnverfahrens die Zustellungsformulare optisch zu verbessern, sodass die Warnung an die Beklagten noch deutlicher wird, als sie es bisher war. Wir haben das schon öffentlich gesagt, und wir stehen zu dieser Modifizierung in der ZPO-Novelle.

Wenn Sie die Eventualmaxime kritisieren, so kritisieren Sie eine Eventualmaxime, die bis in die frühen achtziger Jahre bestanden hat. Diese Eventualmaxime kommt nicht mehr, sie ist nicht geplant! Wir müssen aber den Richtern die Möglichkeit geben, in einem sehr frühen Stadium des Prozesses den Prozessstoff sammeln zu können. Wir müssen ihnen die Möglichkeit geben, die Vertreter der Parteien und die Parteien selbst zu ersuchen, ihre Argumente möglichst früh auf den Tisch zu legen, damit der Prozess möglichst sinnvoll, effizient und ökonomisch gestaltet werden kann.

Zu dieser Form der gemilderten Eventualmaxime stehe ich, allerdings sollen, wenn jemand aus eigenem Verschulden oder gar absichtlich Prozessmittel zurückbehält, um den anderen zu überrumpeln und die Wahrheit zu verschleiern, solche Beweisanträge zurückgewiesen werden können. Das ist das Ziel dieser Reform.

Sie sagen, mit Hilfe der Beschleunigungsmittel gibt es keinen wirklichen Zugang zur Wahrheit. – Das stimmt nicht! Wir kennen in Österreich schon seit Jahrzehnten, wahrscheinlich seit dem Jahr 1870, also seit dem Entstehen der ZPO, die Einrichtungen der Provisorialverfahren.

Was bedeutet das? – Diese Provisorialverfahren werden weitestgehend schriftlich abgewickelt. Sie werden hauptsächlich im Bereich UWG, Medienrecht und Recht der Gegendarstellung angewendet. Dort wird in einer sehr kurzen Frist – meist sind es 14 Tage – eine provisorische Entscheidung gefällt.

Herr Kollege! Was glauben Sie, in welchem Prozentsatz diese provisorische Entscheidung mit der endgültigen, mit der definitiven Entscheidung übereinstimmt? – In zirka 95 Prozent! Das heißt, man kann auch sehr schnell und richtig entscheiden, und ich lasse es mir nicht nehmen, dass ich der schnellen richtigen Entscheidung den Vorzug gebe vor der langsamen richtigen Entscheidung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Lieber Kollege Dr. Ofner! Ich weiß um die Sorgen der Anwaltschaft, dass man dadurch vielleicht zu kurz kommen könnte, insbesondere als Beklagtenvertreter. Ich verkenne diese Sorge nicht. Ich habe ja auch 27 Jahre Praxis als Rechtsanwalt. Aber denken wir auch an die Kläger, denken wir an diejenigen, die einen Anspruch haben, der zu Recht besteht und zu Unrecht bestritten wird. Meine Sympathie gehört demjenigen, dessen Anspruch zu Unrecht bestritten wird. Und diesem müssen wir sehr schnell zu einem Urteil verhelfen, weil die bewusste Bestreitung eines berechtigten Anspruches für mich gewissermaßen einen asozialen Charakter hat. Ich möchte deshalb dem Kläger helfen, wenn er eindeutig im Recht ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Frau Abgeordnete Stoisits! Wenn Sie die Richter Österreichs als "Bedienstete" des Ressorts bezeichnet haben, haben Sie sich, glaube ich, in der Wortwahl vergriffen. Für mich sind sie nicht Bedienstete des Ressorts, für mich sind sie der Kern unseres Rechtsstaates, wobei deren Unabhängigkeit immer gewahrt und verteidigt werden muss. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Mag. Stoisits. )


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Wenn Sie behaupten, dass Kärntner Richter gesagt hätten, sie wären nur zu 30 Prozent mit PCs ausgestattet, so kann ich Ihnen Folgendes mitteilen: Natürlich habe ich auf Grund der Kritik der letzten Tage sofort die Vertreter der Richter zu uns ins Ministerium gebeten. Sie sind auch gekommen. Diese Aussprache hat gestern von 17 Uhr bis 18.30 Uhr stattgefunden, und wir konnten diesen Kärntner Richtern ausrichten lassen, dass sie alle seit sechs Wochen zu 100 Prozent PCs haben  – sie haben sie nur nicht angeschlossen. Dieses Thema haben sie zu einer Pressemitteilung gemacht, die leider irrtümlich zustande gekommen ist. Und diese unrichtige Kritik haben Sie daher infolge schlechter Recherche zu Unrecht übernommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Das darf ja nicht wahr sein! Das ist absurd!)

Das ist nicht absurd, sondern wir haben im Ministerium, Herr Klubobmann – Herr geschäftsführender Klubobmann, entschuldigen Sie! –, aus Kärnten die Meldung bekommen, dass die Richter zu 100 Prozent mit PCs ausgestattet sind. Sie haben sie nur nicht zur Gänze angeschlossen. (Abg. Dr. Kostelka: Die Richter sollen sie allein anschließen – oder wie? Das ist Ihre Amtsgewalt! Sie putzen sich nur ab!) Ich nehme an, dass das jetzt endlich in den nächsten Tagen geschehen wird.

Außerdem, Frau Abgeordnete Stoisits: Jedes Gericht in Österreich hat eine E-Mail-Adresse, nur haben wir darüber hinaus den elektronischen Rechtsverkehr, der unseren Zwecken viel besser dient. Wir haben 12 Millionen Geschäftsstücke, die jährlich vollautomatisch über die Poststraße abgefertigt werden. Das bedeutet, dass wir uns einen Berg an Papier ersparen, der so hoch wie der Ortler ist. Nur müssen Sie endlich zur Kenntnis nehmen, dass wir viel moderner sind, als Sie das wissen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich könnte Ihnen noch weitere imponierende Zahlen nennen. Es ist – und ich bedanke mich für Ihren Dank an die Beamten des Hauses, Frau Abgeordnete – ein Verdienst der Beamten dieses Hauses, dass wir im Bereich der Informationstechnologie Weltspitze sind. Das ist kein Schlagwort, das ist die Wahrheit! Und das kann kein Minister allein schaffen, weil das Jahrzehnte-Programme sind. Das hat der Modernisierungswille der Beamten des Justizministeriums zustande gebracht, auf die wir alle sehr stolz sein können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich lasse mir diese Leistung aber auch nicht durch unrichtige, verfrühte und völlig unkontrollierte Kritik von Ihnen zerstören! Ich weise zurück, was Sie gesagt haben, Frau Abgeordnete Stoisits! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Auch Ihre Hinweise auf den Umstand, dass wir angeblich für die Verbrechensopfer zu wenig tun, sind schlechthin falsch. Sie wissen, dass seit Beginn dieser Legislaturperiode ein eigener Fonds eingerichtet ist, der insbesondere eine Hilfestellung für Frauen und Kinder geben soll, die Opfer von Verbrechen geworden sind. Sie wissen, dass wir diesen Fonds mit 3 Millionen Schilling ausgestattet haben und dies jetzt, im Jahre 2001, auf 6 Millionen Schilling erhöht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Frau Abgeordnete! Wir mussten kein einziges Ansuchen um Unterstützung zurückweisen. Wir stellen diesen Verbrechensopfern Therapeuten und Rechtsanwälte zur Verfügung, und niemand kann behaupten, dass auch nur ein Verbrechensopfer in Österreich einem Verfahren schutzlos ausgeliefert ist, dem er persönlich nicht gewachsen ist. Unsere Rechtsschutzeinrichtungen sind diesbezüglich komplett und vollständig und haben diese unsachliche Kritik wirklich nicht verdient! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich muss auch noch auf die Situation der Bezirksgerichte eingehen. Wenn Sie in den Geschichtsbüchern nachblättern, dann werden Sie Folgendes sehen: Diese Organisation, die wir heute haben, stammt aus dem Jahre 1848, sie wurde nur unwesentlich bereinigt.

Als Bundeskanzler Seipel im Jahre 1922 nach Genf gereist ist, um eine Völkerbund-Anleihe zu erhalten, hat er vom Völkerbund die Auflage bekommen, dass er Einsparungsmaßnahmen in Österreich vollziehen müsse. Und eine dieser Einsparungsmaßnahmen, die am 6. Oktober 1922 verkündet wurden, hat gelautet: Schließung der entbehrlichen Bezirksgerichte. – Seit diesem


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Zeitpunkt sind 78 Jahre vergangen, und wir haben nur wenige zusammengelegt – geschlossen wurde keines, es wurde höchstens sein Standort verändert.

Wir haben 192 Bezirksgerichte und 88 Bezirkshauptmannschaften. Sie wissen, dass man die Bezirkshauptmannschaft viel eher und öfter benötigt als ein Bezirksgericht. Sie wissen, dass wir 29 Bezirksgerichte haben, bei denen nicht einmal ein Richter ausgelastet ist. Und Sie wissen, dass zwei Drittel unserer 192 Bezirksgerichte – statistisch gesehen – weniger als 2,9 Richter haben. Sie wissen – oder Sie sollten es wissen –, dass in Österreich – mit Ausnahme von Wien, das hier nicht herangezogen werden muss und kann – die durchschnittliche Bevölkerungszahl pro Bezirksgericht 36 000 beträgt. Im internationalen Vergleich, auch in den Osten blickend, sind das zirka 150 000 bis 160 000; die Amtsgerichte in Bayern haben eine Mindestgröße, mit der sieben Richter ausgelastet sind.

Wir haben in vielen Gerichten Richter, die mehrmals pro Tag hin- und herreisen müssen. Kein Österreicher im ländlichen Raum, der ein solches Bezirksgericht braucht, kann sicher sein, einen Richter anzutreffen, wenn er unangemeldet zu Gericht geht.

Auch bezüglich der von Ihnen erwähnten Wege-Entfernungen kann ich Sie aufklären: Denken Sie an die Wege der Schulkinder in diesen Gebieten! Sie legen oft 20 bis 30 Kilometer täglich, und das zwei Mal – tour-retour –, zurück. Und wissen Sie, wie oft ein Österreicher durchschnittlich zu einem Bezirksgericht oder überhaupt zu Gericht geht? – Ein Mal in seinem Leben! Außerdem sehe ich nicht ein, dass wir bei einer so hohen Verkehrsdichte, wie wir sie in Österreich haben – nämlich zirka 700 Autos pro 1 000 Einwohner –, nicht darüber nachdenken dürfen, wie wir unsere Verwaltungsreform sinnvoll gestalten können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Und es ist natürlich sinnvoll, an die Zusammenlegung von Bezirksgerichten zu denken, weil auch für die Richter die Anforderungen täglich steigen. Wir bekommen von der EU Verordnungen, die wir in Österreich vollziehen müssen, aber der Inhalt dieser Verordnungen scheint nicht in den österreichischen Bundesgesetzblättern auf. Wir müssen daher auch den spezialisierten Richter anstreben. Wir müssen daran denken, dass die Bevölkerung, wenn sie zu Gericht kommt, auch eine verlässliche, ausgewogene und wissenschaftlich richtige Antwort bekommt. Und wir können nichts anderes tun, als den Landeshauptleuten – die ja zustimmen müssen, wenn Bezirksgerichte zusammengelegt werden – den Vorschlag zu machen, die rechtliche Versorgung der Bevölkerung zu verbessern.

Wir haben im Bereich der Informationstechnologie einen großen Vorsprung, aber der ist zeitlich nicht so groß, wie viele glauben, denn diese Vorsprünge sind leicht aufholbar. Wir dürfen nicht aufhören, modern und fortschrittlich zu denken!

Ich bin sicher, dass unsere Gespräche mit den Parteien – mit allen Parteien! – zu dem Ergebnis führen werden, dass wir unsere Gerichtsorganisation ganz erheblich verbessern. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt als Nächste Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte.

10.14

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! In Anbetracht dessen, dass wir ja jetzt von Kärnten aus bestimmt und regiert werden, würde ich Sie schon bitten, wenn Sie von Papierbergen sprechen, künftig vom Großglockner zu sprechen und nicht den Ortler zum Vergleich heranzuziehen – das wäre mir ein Kärntner Anliegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Und wenn Sie meinen, dass im "Haider-Land" die Richter zu 100 Prozent an PCs angeschlossen sind, ... (Abg. Dr. Khol: Der Ortler, Frau Mertel, ist 200 Meter höher! Der ist in Südtirol und ist 3 956 Meter hoch! Der Glockner ist nur 3 700 Meter hoch! – Abg. Mag. Trattner: Das muss


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man wissen! Gehört zur Allgemeinbildung!) – Herr Generalinquisitor! Lassen Sie mich sprechen, polieren Sie Ihren "Verfassungsbogen"!

Wenn Sie also meinen, dass die Richter in Kärnten zu 100 Prozent mit PCs ausgestattet sind, die nur noch nicht angeschlossen sind, habe ich natürlich den Verdacht, dass diese Geräte alle noch im Geschäft stehen. – Und das haben Sie ja auch den Richtern ausrichten lassen.

Besonders begeistert hat mich aber – eigentlich wollte ich ihre Rede ja nicht einmal ignorieren – die Rede von Frau Fekter: Sie hat gemeint, die Reformfreudigkeit der Koalitionsregierung werde selbstverständlich fortgesetzt. – Das, meine Damen und Herren, ist fast schon eine Drohung, weil Reform für Sie ein Synonym ist für Drüberfahren und das Rad der Zeit zurückzudrehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Und wenn Sie von Expertenhearings und Expertenmeinungen sprechen, die weiterhin eingeholt werden, darf ich Sie schon darauf aufmerksam machen, dass Sie im letzten Jahr zwar Expertenhearings – Pseudo-Expertenhearings! – durchgeführt haben, aber die Meinungen der Experten nie berücksichtigt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Das reibungslose Funktionieren der Justiz ist von hoher Bedeutung für den Staat und für das Vertrauen der Bürger und Bürgerinnen in den Staat. Das Vertrauen in die Justiz ist insofern wichtig, als wir sachgerechte Entscheidungen brauchen, und das in zumutbarer Zeit. Ist dieses Vertrauen der Bürger und Bürgerinnen nicht in ausreichendem Maße oder überhaupt nicht vorhanden, dann hat das negative Auswirkungen auf das Gemeinwesen als Ganzes.

Ich möchte festhalten, dass die österreichische Justiz funktioniert – auch im internationalen Vergleich durchaus gut funktioniert – und das Vertrauen der Bürger und Bürgerinnen in die Justiz derzeit im notwendigen Maße gegeben ist, aber, Herr Minister, ich muss hinzufügen: noch gegeben ist! Wir dürfen nämlich nicht übersehen, dass die Kürzungen, die Sie vorgenommen haben, zu einer angespannten Personalsituation in der Justiz führen werden. Sie selbst haben ja gesagt, dass die Anforderungen an die Richter täglich wachsen. – Der Hilfeschrei der Richter des Landesgerichtes für Strafsachen in Wien vor wenigen Tagen war dafür nur ein Indiz. (Beifall bei der SPÖ.)

Daran ändert auch nichts, dass von Seiten des Justizministers und von Herrn Abgeordnetem Ofner versucht wird, diese Probleme einfach wegzureden. Es ist einfach Tatsache, dass weniger Richter immer mehr arbeiten müssen, immer mehr Arbeit in immer kürzerer Zeit erledigen müssen und dabei von immer weniger nicht-richterlichem Personal unterstützt werden. Zugleich werden Gerichte zugesperrt, Richter-Planstellen eingespart und damit der Rechtszugang für die Bevölkerung erschwert.

Das sind Vorgänge, Herr Minister, die das Vertrauen der Bevölkerung in den Rechtsstaat erschüttern – zu Recht erschüttern! Die Standesvertreter der Richter fragen sich, wie denn das alles funktionieren soll. Das sollten sich aber nicht nur diese fragen, sondern das müsste sich eigentlich jeder durchschnittliche Bürger, jede durchschnittliche Bürgerin fragen, jeder vernünftige Mensch muss sich das fragen.

Ich weiß – und das möchte ich hier ausdrücklich festhalten –, dass die österreichischen RichterInnen und auch das nicht-richterliche Personal ausgezeichnete Arbeit leisten, und dafür gebührt ihnen Dank. Ich möchte ihnen namens der SPÖ-Fraktion einen herzlichen Dank aussprechen! (Beifall bei der SPÖ.)

Auf die angespannte personelle Situation der Justizwache-Beamten möchte ich hier gar nicht eingehen. (Abg. Böhacker: Warum nicht?)  – Weil das mein Kollege Pendl machen wird. (Abg. Böhacker: Ach, das habe ich mir gedacht! – Ich bedanke mich, Frau Kollegin!)  – Gerne! Ich beantworte Ihnen alle Fragen, die Sie mir stellen, aber jetzt lassen Sie mich weiterreden.

Die Personalsituation wurde auch durch den undemokratischen Geist im Umgang mit der Justiz – im Umgang mit der Justiz! – verschärft, und das ist ja auch in der Petition der Richter


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zum Ausdruck gekommen. (Abg. Neudeck: Wo haben Sie denn das her? Sie haben ja keine Wahrnehmung in der Geschichte!) Herr Minister, wenn Sie sagen, Sie haben Tage und Stunden um eine Resolution gerungen, muss ich sagen: eine Resolution, wo Sie die Unterschrift wahrscheinlich per Druck erzwungen haben.

Genau so, wie es in der Sozialgesetzgebung eine Krise gibt, hat die Missachtung unabhängiger Richter im Justiz-Bereich System. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Mühlbachler: Die wollen Sie herbeireden, das gelingt Ihnen aber nicht!) Das ist nicht nur System bei der FPÖ, das hat Tradition: Die Herabwürdigung der Justiz hat sich krass gezeigt bei der Spitzelaffäre. Da wurde Beamten auf allen Ebenen, auf allen hierarchischen Ebenen, von der FPÖ politische Beeinflussbarkeit, Unredlichkeit und Fälschen von Beweismitteln vorgeworfen.

Es war jedoch ganz anders: Sie haben Weisungen an die Staatsanwaltschaft erteilt, wie es in der Resolution stand – so wie der Sektionschef der Frau Minister Forstinger plötzlich ganz "freiwillig" eine gegenteilige Erklärung abgegeben hat. Es gab Angriffe auf den Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, öffentliches Anpöbeln eines Polizeigenerals. Und da wurde von "roten Brüdern" gesprochen! – All das erinnert an etwas, denn vor wenigen Tagen hat der wahre Führer der FPÖ, der plötzlich seine Stimme wiedergefunden hat – die Rede hatte es ihm ja eine Zeit lang verschlagen, anscheinend auch dem Herrn Gaugg, in Kärnten dürfte eine Krankheit grassieren –, plötzlich von den "roten Verfassungsrichtern", von den parteipolitischen Absichten dieser Richter gesprochen. (Abg. Böhacker: Haben Sie Ihren Schreibtisch schon wieder gefunden?) Ganz interessant ist, dass laut "Kurier" vom 29. März Haider gesagt hat: "die politische Partisanenaktion der roten Verfassungsrichter".

Dann kommt Haider in der Sendung "Betrifft" am Sonntag auch zu der Erkenntnis, dass Sie Arme von der FPÖ mit subversiven Kräften konfrontiert sind. – Es sind nicht die subversiven Kräfte, sondern es ist Ihre schluderige Gesetzgebungspolitik. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie reiten Attacken gegen nicht botmäßige Beamte, öffentlich Bedienstete, Richter. Das passt nahtlos zu dem, was die Frau Vizekanzlerin und Sie von der FPÖ fordern, nämlich die Aufhebung und Abschaffung der Pragmatisierung. Sie wollen nämlich Beamte und Richter als Befehlsempfänger. Sie wollen Marionetten, die Sie unter Druck setzen können, damit die schwarz-blaue Politik machen kann, was sie will und Rechtsbrechertum per Weisung nicht verfolgt wird.

Das Parteimitglied Haider hat ja den Generalangriff auf diese Berufsgruppe in "Betrifft" am Sonntag Abend – das habe ich schon gesagt – bereits begonnen: Verräterischen Beamten und Experten, die einen Angriff auf die grandiose Sacharbeit der Regierung starten und diese Arbeit sabotieren, wird das Handwerk gelegt. (Ruf bei der SPÖ: Selbstverständlich!)  – Das konnten Sie fünf Mal hören! (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist der undemokratische Geist. Aus diesen Sätzen geht jener undemokratische Geist hervor, den man schon vor einem Jahr gehört hat, als Haider die strafrechtliche Verfolgung politisch Andersdenkender gefordert hat. (Abg. Neudeck: Haben Sie zum Thema auch etwas zu sagen?) Politische Gegner gehören abgeschafft, ausgeschaltet. (Abg. Mag. Trattner: Sie sind ja wirklich peinlich!)  – Politische Gegner und Andersdenkende schafft man nicht ab, meine Damen und Herren von der FPÖ, man kriminalisiert sie nicht, man will sie auch nicht wegsperren. Wer so denkt, ist kein Demokrat, aber das ist ja nichts Neues. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Da schmunzeln Sie selber, denn Sie müssen das besser wissen! – Peinlich!)

Meine Damen und Herren! Das heißt "neu regieren", regieren mit Herz und Gefühl!

Aber eines macht mir natürlich noch Sorgen – das sage ich jetzt, da Sie dauernd die Bezugnahme auf den Tagesordnungspunkt einfordern –: Bei der geplanten Zivilprozessordnung haben Sie bezüglich Räumungsverfahren bereits eine Abkehr von den ursprünglichen Plänen erkennen lassen. (Abg. Mag. Trattner: Verstehen tun Sie nichts!) Was die Zivilprozessreform betrifft, haben Sie ja einiges Zweifelhafte offen gelassen, wie etwa die Abschaffung der ersten Tagsatzung, die Einschränkung der richterlichen Anleitungspflicht, das geplante Gebot der Raschheit der Mahnverfahren, die Abschaffung der Laiengerichtsbarkeit – das war eigentlich


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eine wesentliche Säule unserer Justiz und ist es auch heute noch. Verbessern Sie sie, schulen Sie die Laienrichter und erhalten Sie die Laiengerichtsbarkeit in erneuerter Form!

Ein Wort noch zur Lebensgemeinschaft. – Es ist eine Tatsache, dass die Zahl der Lebensgemeinschaften immer mehr zunimmt, dass immer weniger Ehen geschlossen werden. Ich für meine Person möchte festhalten, dass ich das Institut der Ehe als etwas durchaus Positives erachte, allerdings wundert es mich, dass die Regierungskoalition auf diese soziologischen Tatsachen in keiner Weise Rücksicht nimmt und in keiner Weise verbesserte rechtliche Rahmenbedingungen für Lebensgemeinschaften andenkt. Das wäre in einer pluralistischen Gesellschaft, wie wir sie haben, nichts Besonderes, sondern eine Selbstverständlichkeit.

Herr Minister! Die Politik, natürlich auch die Justizpolitik, soll für die Interessen der Menschen da sein und sich am tatsächlichen Leben orientieren und nicht aus fragwürdigen ideologischen Gründen an den Interessen der Menschen vorbei agieren. Dies geschieht derzeit leider in vielen Bereichen von Seiten der Bundesregierung, der FPÖVP-Regierung. Und das ist einer der Gründe, warum die SPÖ auch dem Budgetkapitel Justiz nicht zustimmen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

10.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Krüger zu Wort. – Bitte.

10.26

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Meine Vorrednerin, Frau Kollegin Mertel, hat gerade, wie Sie gehört haben, die Apokalypse in Kärnten ausgerufen. Allerdings kann ich dann nicht nachvollziehen, aus welchem Grund sich gemäß den Ermittlungen eines Meinungsforschungsinstitutes 64 Prozent der Kärntner den derzeitigen Landeshauptmann wieder als Landeshauptmann wünschen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Frau Kollegin Mertel! Vielleicht haben Sie auch zu diesem Umfrage-Ergebnis beigetragen und erzählen uns da etwas anderes, als Sie in Wirklichkeit empfinden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir ein paar Anmerkungen zu den Ausführungen meiner Vorredner. Zunächst darf ich mich noch einmal den geschätzten Ausführungen der Kollegin Mertel zuwenden. Der Herr Justizminister hat eine Petition zitiert, die mit der Präsidentin der Vereinigung österreichischer Richter, Frau Helige, zustande gekommen ist. Frau Kollegin Mertel hat ausgeführt, diese Petition sei unter Druck zustande gekommen. Ihr ist damit das Kunststück gelungen, gleich zwei Personen massiv zu beleidigen (Abg. Mag. Trattner: Das ist der Frau Mertel gar nicht aufgefallen!), nämlich einerseits den Justizminister, dem sie nahezu strafbares Handeln, nämlich in Richtung Nötigung oder Drohung, konzediert, andererseits Kollegin Helige, der sie unterstellt, dass sie dem ausgeübten Druck nicht gewachsen gewesen sei. – Na da haben Sie ein schönes Verständnis, Sie haben offensichtlich noch nie mit Frau Helige zu tun gehabt! Glauben Sie mir, Frau Kollegin Mertel, Frau Helige lässt sich von niemandem – auch nicht von einem Justizminister! – unter Druck setzen. Frau Kollegin Mertel! Entschuldigen Sie sich für diese Entgleisung! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Name der Kollegin Helige ist überhaupt sehr ergiebig in der politischen Arbeit und wirklich sehr praktisch. Dieser Name ist nämlich für alle gut zitierbar. Er ist zitierbar für Sie, weil Sie mit Recht sagen ... (Abg. Dr. Mertel: Ein Fall für die "Miss Vienna"!) – Ach, für die "Miss Vienna"! (Abg. Dr. Mertel: "Miss Vienna"!) Frau Kollegin Mertel! Sie wiederholen sich immer, indem Sie dauernd herunterrufen: "Miss Vienna". Ich glaube, Sie haben einen "Missen-Komplex", Frau Kollegin Mertel! (Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Ich glaube, Sie haben sich einmal erfolglos um den Titel "Miss Radenthein" beworben – oder vielleicht um den Titel der "Rose vom Wörthersee", und seither haben Sie einen "Missen-Komplex". (Beifall bei den Freiheitlichen. – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Es ist ja wirklich grandios, die verhinderte "Miss Radenthein" meldet sich zu Wort!


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67. Sitzung / Seite 28

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme jetzt zu etwas anderem, nämlich zum Verfassungsgerichtshof: Mit Recht wurde da vom Kärntner Landeshauptmann massive Kritik geübt. Man kann zum Verfassungsgerichtshof stehen, wie man will: Ich schätze die Arbeit, die dort gemacht wird, auch wenn sie derzeit gegen die Regierungsparteien ist. Das sei einmal vorausgeschickt. Aber es ist ganz einfach untragbar, dass eine Entscheidung, die erst im Konzept feststeht, die noch nicht im Plenum entschieden ist, die noch nicht unterfertigt ist, durch eine gezielte Indiskretion des Verfassungsgerichtshofes, "zufälligerweise" drei Tage vor der Wiener Wahl an die Öffentlichkeit gebracht wird! Wenn der Verfassungsgerichtshof eine derartige Vorgangsweise einreißen lässt, dann muss er sich auch gefallen lassen, dass er sich des Vorwurfes der politischen Instrumentalisierung aussetzt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zum Kollegen Jarolim: Kollege Jarolim beanstandet, dass der Justizminister dem Staatsanwalt keine Weisung gegeben hat, die so genannte "Spitzelaffäre" im Stadium der Voruntersuchung dem Untersuchungsrichter zu übertragen. Ich darf dazu Folgendes sagen, Kollege Jarolim: Die Strafprozessordnung gilt für jeden Österreicher, egal ob er ein freiheitlicher Funktionär ist oder nicht. Die Strafprozessordnung ist vom Anklageprinzip beherrscht und nicht vom Prinzip, dass der Richter über eine Anklageerhebung entscheidet. Man kann von einem Justizminister nicht verlangen, dass die Strafprozessordnung zwar generell für alle gleich anzuwenden ist, für freiheitliche Funktionäre aber in anderer Form.

Eine besondere Inkongruenz in Ihrer Argumentation ist daraus ableitbar, dass Sie am Anfang gewettert haben, der Justizminister dürfe in der Spitzelaffäre keine Weisung geben, jetzt wollen Sie aber eine Weisung! Kollege Jarolim! Sie wissen nicht, was Sie wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Fekter: Weil er sich nicht auskennt!)

Meine Damen und Herren! Der Justizminister hat von einer Beschleunigung der Verfahren gesprochen. Die Zivilprozessnovelle steht jetzt im Hohen Haus zur Debatte. Ich begrüße dieses Gesetzesvorhaben ganz außerordentlich, ich glaube, es ist ein ganz wesentlicher Schritt in Richtung einer Beschleunigung der Verfahren. Es ist nämlich nicht so, wie der frühere Justizminister Michalek, den ich im Übrigen als Juristen ganz außerordentlich schätze, immer wieder gesagt hat, nämlich dass die Verfahren ohnedies in Kürze abgewickelt werden. Natürlich: 90 Prozent der Verfahren werden mit einem rechtskräftigen Zahlungsbefehl oder mit einem Versäumungsurteil abgeschlossen. Aber was nützt es dem Einzelnen, der oft vier, fünf oder sechs Jahre braucht, bis es im Zivilprozess zu einem Urteil kommt, wenn möglicherweise sein Haus versteigert wird, weil eine Forderung nicht einbringlich gemacht wird? Daher begrüße ich dieses Vorhaben ganz außerordentlich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was den Kollegen Jarolim angeht, ist es für mich unverständlich, dass er als Anwalt sagt, der Widerspruch gegen einen Zahlungsbefehl wird abgeschafft. – Bitte, Kollege Jarolim, wie lange ist es her, dass du einen Zahlungsbefehl erwirkt hast? Wahrscheinlich machen das deine Kanzleikräfte. Gegen einen Zahlungsbefehl hat es nie einen Widerspruch gegeben. Da gibt es eben keinen Widerspruch! (Abg. Neudeck: Der muss beim Stuhlpfarrer kämpfen!) Auch die angedachte Eventualmaxime ist in Wirklichkeit keine Eventualmaxime, sondern nur ein Versuch einer Verfahrensbeschleunigung, weil sich der Anwalt dann zu rechtfertigen hat – wieso hat er dieses Vorbringen dann nicht schon früher erstattet?

Auch das ist ein richtiger Schritt wie auch die Einführung der vorbereitenden Tagsatzung. Momentan ist die Beweisbeschlusstagsatzung eine Farce. Das ist eine bequeme Angelegenheit für den Anwalt und das Gericht, gebe ich zu. Das ist aber nicht der Sinn einer Tagsatzung vor Gericht. Daher schätze ich es ganz außerordentlich, dass die vorbereitende Tagsatzung in Richtung eines vorgezogenen High Noon gehen soll, wobei auch eine informierte Person anzutreten hat und Rede und Antwort zu stehen hat, ob möglicherweise Prozesse bereits in diesem frühen Stadium zum Wohle aller, zum Wohle des Budgets, zu ihrem eigenen Wohl und zum Wohle des Rechtsstaates beendet werden können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.32


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67. Sitzung / Seite 29

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Ich erteile ihr das Wort.

10.33

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Justizminister! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Kollege Krüger, als Anwalt soll man sich, so glaube ich, doch immer wieder einer gewissen Seriosität als würdig erweisen, sie praktizieren, sich ihrer bedienen. Ich glaube, gegenüber meiner Kollegin Mertel, Ihrer Vorrednerin, haben Sie genau das Gegenteil an den Tag gelegt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Ich glaube, es ist im Sinne einer korrekten politischen Auseinandersetzung nicht würdig – ich sage extra: nicht würdig! –, derart zu agieren. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte jetzt gerne mit Ihnen auf ganz seriöse und korrekte Art und Weise eine Auseinandersetzung führen – auch mit Ihnen, Herr Justizminister –, die wirklich zutiefst in demokratiepolitische Grundlagen eingreift, die zutiefst demokratiepolitische Weichenstellungen aufzeigt und zutiefst auch in Menschenrechtsgrundlagen hineinreicht. Das ist es mir wert, hier im Parlament, jetzt und heute.

Ich darf nur eines vorweg sagen: Diese Grundrechtsfragen, diese Menschenrechtsfragen hängen für mich auch mit dem Zugang zum Recht zusammen. Herr Justizminister! Sie sagen immer wieder, dass sozusagen die Mobilität durch den Autoverkehr ein Argument dafür sei, die Bezirksgerichte im Land zu reduzieren. Sie sagten einmal im Ausschuss: Auf 1 000 EinwohnerInnen kommen 600 PKW. Jetzt im Plenum sprechen Sie davon, dass auf 1 000 EinwohnerInnen 700 PKW kommen.

Bitte, für mich ist der Zugang zum Recht keine Frage der Zahl der PKW. Das muss auch klargestellt sein! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)  – Das sage ich als mein Werturteil, und das ist seriös. Entschuldigen Sie, aber darauf darf ich Ihnen schon deutlich erwidern.

Nicht zuletzt deshalb wird es ja im Kärntner Landtag – ich sage: im Kärntner Landtag; lesen Sie es nach – eine Sondersitzung zu diesem sehr seriösen Thema betreffend Bezirksgerichte geben.

Zweitens zum Grundrecht Menschenrechte. – Herr Justizminister! Wiederholt hat meine Kollegin Lunacek schon darauf hingewiesen, dass wir in Österreich, was die Gleichbehandlung von Partnerschaften lesbischer und schwuler Personen anlangt, bereits im europäischen Schlussbereich sind. In dieser Hinsicht hat uns Portugal überholt, haben uns die Niederlande schon lange überholt. Es gab Anträge von Seiten der Grünen, die schon früher abgelehnt wurden. Warum ergreift nicht eine liberale Partei oder eine Partei, die vielleicht auch liberale Wurzeln hat – ich korrigiere mich selber –, die Möglichkeit, liberale Grundrechte in diesem partnerschaftlichen Bereich einzuführen? Da könnten Sie sich positiv profilieren, das wäre eine Möglichkeit.

Bitte sagen Sie mir, was sich im Mietrecht ändert, sagen Sie mir, was sich im Arbeitsrecht ändert und sagen Sie mir, was sich jetzt vor allem insgesamt bei so genannten partnerschaftlichen Beziehungen auf dieser Ebene ändern kann, damit wir wieder europäischen Standard haben! (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt zu meinem Hauptanliegen, weil ich darauf rekurriere, dass es um demokratiepolitische Fragen, um Grundrechtsfragen, um Menschenrechtsfragen geht. Es ist interessanterweise in diesem Hohen Haus noch nicht die Rede von einem bestimmten wirtschaftlichen Vorgang gewesen, nämlich dem Zusammenschluss der Magazine "profil" und "FORMAT" – ein wirtschaftlicher Vorgang, der zutiefst demokratiepolitische Konsequenzen hat. Es war noch nicht die Rede davon, welche Auswirkungen diese Megafusion, die von einem Herrn des Styria-Verlags, Herrn Pirker, als der "Super-GAU" in der demokratiepolitischen Landschaft Österreichs und auch in der medienpolitischen Landschaft Österreichs bezeichnet wurde, haben wird.


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67. Sitzung / Seite 30

Ich habe Sie im Ausschuss gefragt, Herr Justizminister. Aber mein Problem ist: Sie sind und bleiben Anwalt. Als Anwalt vertreten Sie Interessen, vertreten Sie Mandanten, vertreten Sie Lobbys, vertreten Sie die Freiheitlichen. Aber jetzt, da Sie Justizminister sind, sollten Sie sich doch von Ihrer Anwaltstätigkeit zu einer prinzipiellen Justiztätigkeit gewissermaßen hinaufarbeiten, sollten Sie Hüter rechtsstaatlicher Prinzipien und demokratiepolitischer Grundsätze sein. Sie wollten es bis Ende Februar 2001 sein. Mitte Februar haben Sie noch groß verkündet, Sie werden den Rekurs gegen diesen Zusammenschluss durchführen. Sie haben ja die Möglichkeiten dazu. Sie sind ja praktisch von Ihrem Amt her die letzte Instanz, die diesen Rekurs hätte machen können. Sie haben es auch angekündigt. Kollege Krüger hat das seriöserweise ebenfalls mitvertreten und angekündigt. Es gibt Zitate im "Standard" von Ihnen, Herr Kollege Krüger, vor denen ich den Hut ziehe.

Nur: Dann fielen Sie, Herr Justizminister, wieder zurück. Es kam der 28. Februar – Sie setzten wieder den Anwaltshut auf, den Justizministerhut legten Sie hin, es wurde 24 Uhr –, und es gibt keinen Rekurs! Herr Minister! Das ist ein Umfaller! (Beifall bei den Grünen.) Ich glaube, Sie wären es der Demokratie in Österreich schuldig gewesen, Sie wären es der Justiz schuldig gewesen und Sie wären es vor allem Ihrem eigenen Ruf und auch – ich wiederhole – den Wurzeln einer Partei schuldig gewesen, die auch liberal sein könnte oder sein hätte können, etwas zu tun.

Ich darf noch einmal kurz auf etwas zurückkommen. Im Ausschuss haben Sie auf meine Frage geantwortet, der Rekurs habe aus folgenden Gründen keine Aussichten: sozialpartnerschaftlich arrangierte Gerichte, Gutachter in der Mehrzahl gegen die Zurücknahme dieses Urteils, zu hohe Kosten, der Republik drohe Schadenersatz und so weiter.

Ich habe mich kundig gemacht, ich habe in der APA Mitteilungen ausgehoben, ich habe in Magazinen nachgelesen, ich habe recherchiert. Bitte, dem ist nicht so! Es gab – damit darf ich Ihnen noch einmal die Geschichte dieses demokratiepolitisch sehr, sehr bedenklichen Prozesses vor Augen führen – immer wieder Stimmen, und zwar sehr fundierte und auch internationale, die gemeint haben, ein Rekurs sei möglich.

Sie hätten ja nur die eigene Finanzprokuratur mehr beachten müssen. Dort gab es – "schubladenreif!"; Sie hätten es sofort aus der Schublade herausholen können – das Rekursverfahren, gab es die Möglichkeit, das zu beeinspruchen. Auch wenn es nicht unbedingt von vornherein garantiert erfolgreich hätte sein müssen, sind Sie es doch als Justizminister und als Stellvertreter und Repräsentant der Justiz eben dieser Justiz und auch den Österreicherinnen und Österreichern schuldig, dass Sie Rechtsklarheit schaffen. Und ein Rekurs ist Rechtsklarheit, ist ein Schritt zur Rechtsklarheit! Das hätten Sie tun müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Was steht auf dem Spiel? – Wir haben in Österreich Zustände, über die die "Financial Times Deutschland" formuliert – ich zitiere –: "Ärger als in Österreich ist die Presselandschaft europaweit nur in Weißrussland, Kroatien und Moldawien."

Bitte, das schreibt die "Financial Times Deutschland"! Das ist nicht irgendein Urteil einer Oppositionspartei, das ist nicht ein Urteil irgendeiner österreichischen Zeitschrift oder Zeitung, die vielleicht in Konkurrenz zu diesem Megadeal steht. Nein, das sagen ausländische Medien, und ich habe vor allem ausländische Medien gelesen. Ich habe die "Süddeutsche Zeitung" gelesen, ich habe die "Neue Zürcher Zeitung" gelesen, und das Urteil war jeweils vernichtend!

Ich will nicht haben, dass Österreich auch in dieser Hinsicht dem Spott und Hohn Europas ausgesetzt wird, wenn etwa in der "Süddeutschen Zeitung" am 7. März 2001 getitelt wird: "Staatsgefährdende Feigheit". – Und staatsgefährdende Feigheit haben leider auch Sie an den Tag gelegt, Herr Justizminister! (Beifall bei den Grünen.)

Vielleicht hätte ein Justizminister Ofner seinerzeit, als die Freiheitlichen noch liberaler waren, den Rekurs gewagt. Ich traue es ihm zu. (Abg. Dr. Ofner: Ich habe nicht gewusst, dass es den gibt!)  – Dann ist das Ihr justizpolitisches Defizit, dass Sie dieses Wissen gar nicht besitzen. Ich habe nicht Jus studiert, ich weiß es aber. Wenn Sie als langjähriger Anwalt vorgeben, das hätten Sie nicht gewusst, entschuldigen Sie, da kann ich nur lachen! Mehr kann ich dazu nicht sagen.


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67. Sitzung / Seite 31

(Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Ofner: Aber die Lehrerinnen wissen alles besser! Das wissen wir eh! – Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)  – Gott sei Dank gibt es sie; Gott sei Dank, denn ich berufe mich in dieser Hinsicht wirklich geradezu auf einen – wie soll ich sagen? – staatsbürgerlichen Grundauftrag, dass man Missstände, dass man Menschenrechtsverletzungen, dass man Grundrechtsdefizite aufzeigt. (Abg. Dr. Ofner: Sie können sich als Mediatorin eintragen lassen!) Das ist an sich Aufgabe jeder Staatsbürgerin und jedes Staatsbürgers. (Beifall bei den Grünen.)

Ich darf nur noch einmal darauf hinweisen, dass 63 Prozent der Tageszeitungen, 100 Prozent der politischen Wochenmagazine und 62 Prozent aller Wochenpublikationen verschiedenster Fachrichtungen nun unter einem Verlagsdach vereint sind. Das sind zwölf Titel! Es sind über 69 Prozent aller LeserInnen, die über 14 Jahre sind, jetzt sozusagen verlagsdachmäßig vereint. Dagegen haben ja auch Medien wiederholt protestiert. Der Widerstand war nicht gering, aber er war zu schwach.

Vor allem eines ist mir noch aufgefallen: Der Ministerratsbeschluss hätte am 25. Februar fallen können. Herr Minister! Sie haben angekündigt, dass Sie den Rekurs unternehmen werden. Frau Generalsekretärin Rauch-Kallat hat gesagt: Der Justizminister wird auch erklären müssen, warum er nicht in Rekurs geht.

Herr Klubobmann Khol hat sich immer dezent im Hintergrund gehalten und hat gesagt, das sei nicht seine Sache. Darum kümmere er sich nicht. Klubobmann Westenthaler sagte am 26. Februar: Es schaut sehr zappenduster aus für den Rekurs. Interessanterweise sagte 14 Tage vorher beim Wahlkampfauftakt für die Wiener Wahlen das kleinste oder das ehemalige – oder wie soll man sagen? –, das einfachste aller Parteimitglieder, der Herr Landeshauptmann von Kärnten: Das ist ein Skandal! Es muss etwas geschehen!

Frau Vizekanzlerin Riess-Passer sagte noch Anfang Februar beim Wahlkampfauftakt: Das ist eine Megafusion. – Und dann, Ende Februar, war es aus.

Da wurde gedealt! Und es muss angeprangert werden, dass gedealt worden ist, und es muss darauf hingewiesen werden, dass Präsident Hoffmann vom Rechtsanwaltstag gesagt hat: Der Rekurs hat Chancen. Es muss weiters darauf hingewiesen werden, dass Dr. Auer, leitender Staatsanwalt im Justizministerium, gesagt hat: Der Rekurs ist legitimiert. Es muss darauf hingewiesen werden, dass sogar der Ihnen nahe stehende Univ.-Prof. Böhm gesagt hat: Die Republik und die Regierung sollten Einspruch erheben. Der Rekurs ist notwendig.

Das waren Fachmeinungen; aber Sie haben sich darüber hinweg gesetzt, Sie haben leichtfertig darauf verzichtet, sich positiv zu profilieren – und das prangere ich an. Ich muss noch einmal sagen: Sie haben diesbezüglich demokratiepolitisch wirklich völlig versagt! (Beifall bei den Grünen.)

Dieses Versagen ist auch dokumentiert. In der "Presse" schreibt Andreas Unterberger: Die Republik hätte hier das Rückgrat wahren sollen. Ein "Rekurs gegen die demokratiegefährdende Monopolbildung im Magazinmarkt" sei notwendig.

Ich nenne die "Salzburger Nachrichten"; Andreas Koller schrieb dort am 14. März 2001:

"Statt rechtliche oder zumindest politische Schritte gegen die Fusionitis auf dem Magazinsektor zu ergreifen, machen der Finanzminister, der Innenminister und der Bundespräsident im Internet Reklame für das ‚Fellner‘-Produkt ..." – Das ist leider bei uns die politische Kultur.

Oder im "Standard" war die Aussage des OSZE-Beauftragten für Medienfreiheit Freimut Duve zu lesen: Die Gefahr der Berlusconisierung ist in Österreich gegeben.

Aus dem Ausland bekommen wir also wiederholt serviert, dass wir jetzt mehr oder weniger eine Bananenrepublik sind – das ist auch ein Zitat aus dem "Standard" –, eine Bananenrepublik in medienpolitischer Hinsicht. (Abg. Dr. Ofner: Wie in Italien!)


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67. Sitzung / Seite 32

Gestatten Sie mir, meine Ausführungen mit einem Hinweis des einfachen Parteimitgliedes abzuschließen; auch das war in der "Presse" zu lesen: "Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (FP) bedauerte den Verzicht auf den Rekurs. ,Es ist traurig, aber es ist so.‘"

Ja, es ist wirklich traurig, aber schuld daran sind Sie, Herr Minister! (Beifall bei den Grünen.)

10.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister.

Ich gebe bekannt, dass seine bisherige Redezeit 19 Minuten betrug, ab der zwanzigsten Minute wird sie von jener der zugehörigen Parlamentsfraktion abgezogen. – Bitte, Herr Minister.

10.46

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich muss zu diesen Vorwürfen, die in der Äußerung gegipfelt haben, Österreich sei jetzt eine Bananenrepublik, Stellung nehmen.

Ich darf Ihnen Folgendes sagen: Der Rekurs schien bei einer ersten Prüfung tatsächlich aussichtsreich zu sein. Das liegt aber in der Natur der Sache. Rechtsmittelfristen sind dazu da, um Entscheidungen und rechtliche Situationen zu prüfen und unmittelbar vor Ablauf der Rechtsmittelfrist die wirklich endgültige Entscheidung zu treffen.

Tatsache ist, dass im Zuge des Verfahrens die Finanzprokuratur auf Grund einer Akkordierung zwischen zwei Sozialpartnern, nämlich Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer, einerseits und dem Wirtschaftsministerium andererseits, die Erklärung abgegeben hat, dass weitere Schritte und Prüfungsmaßnahmen nicht erforderlich zu sein scheinen. Das war im Zeitraum der Rekursfrist der Kernpunkt der rechtlichen Prüfungsnotwendigkeit. Es hat drei Gutachten gegeben, die den Rekurs für nicht erfolgsaussichtsreich angesehen haben, eines hat diese Frage bejaht.

Es ist noch etwas zu sagen, nämlich dass ein Rekurs eine gewisse Erfolgs-Wahrscheinlichkeit haben muss, weil ja durch das laufende Verfahren Fusionswerber auch geschädigt werden können. Ich habe bereits öffentlich gesagt: Ich bin nicht in der Situation, dass ich von "Formil", also "FORMAT" und "profil", geliebt werde oder – umgekehrt – ich diese Medien liebe, aber es war einfach rein sachlich abzuwägen, welche Erfolgsaussichten hier bestehen. Auf Grund des so genannten Rechtsmittelverzichtes war die Frage im Endergebnis aus rein rechtlichen Gründen, ich sage Ihnen gerne: bedauerlicherweise zu verneinen.

Aber noch etwas, was Sie überhaupt nicht erwähnt haben. Warum hat sich denn niemand von den Mitbewerbern wirklich am Verfahren beteiligt? – Das einzige Medium, das sich beteiligt hat, war jenes der Freiheitlichen Partei, vertreten durch Herrn Kollegen Krüger, aber jene Medien, die Sie jetzt zitiert haben, haben sich an diesem Verfahren interessanterweise nicht beteiligt. Vielleicht können Sie einmal in diese Richtung Fragen stellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es war deshalb keine Rechtsklarheit zu erwarten, weil in erster Instanz eine Berufsrichterin und zwei von den Sozialpartnern über ihr Einschreiten dorthin entsendete Laienrichter tätig waren, in zweiter Instanz wären es drei Berufsrichter und vier Laienrichter gewesen. Diese Laienrichter kommen genau aus jenen Kreisen, mit denen die Vereinbarung ursprünglich akkordiert worden war. Das heißt, man konnte nicht wissen, ob sie sich an jene Auffassung gebunden fühlen, die ihre Körperschaften, möglicherweise aus gutem Grunde, vertreten haben oder ob sie sich nicht an diese gebunden fühlen.

Rechtsklarheit war deshalb nicht zu erwarten, weil man sich beim nächsten Mal, bei einer ähnlichen Konstellation, nicht auf eine bestimmte Judikatur verlassen könnte, sondern immer wieder die Unsicherheit, wie die Einstellung der Vertreter der Sozialpartner in diesem Gericht sein werde, die dominante Frage war beziehungsweise sein würde.

Deshalb ist die einzig richtige Konsequenz gezogen worden: Das Kartellrecht wird erneuert, die Missbrauchskontrolle wird ausgebaut, Entflechtungsmaßnahmen werden ebenfalls ausgebaut.


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67. Sitzung / Seite 33

Ich glaube, das ist ganz in Ihrem Sinne. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. Die Uhr ist auf 6 Minuten gestellt. – Bitte.

10.50

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Koalition ist angetreten unter dem Motto "Österreich neu regieren". (Abg. Dr. Mertel: Ja genau!) Nach einem Jahr können wir tatsächlich eine beachtliche Bilanz legen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition. Der Höhepunkt ist die Vorlage des Budgets 2002 – nicht nur das erste Budget in Euro, sondern auch das erste Budget seit 30 Jahren, das keine neuen Schulden mehr vorsieht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Das stimmt ja nicht! 20 Milliarden Schilling Neuverschuldung! Das ist ein absoluter Holler!)

Auch die Justizpolitik, Herr Kollege Kostelka, kann beachtliche Erfolge aufweisen. Die Vorsitzende des Justizausschusses Dr. Fekter hat Ihnen das deutlich vor Augen geführt. Im Gegensatz zur Opposition sehen wir die Arbeit im Justizausschuss positiv. Sie verweigern sich der Mitarbeit, wir gehen konsequent an die Umsetzung wichtiger Vorhaben, geprägt vom Bemühen um Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des Ressorts, aber auch um Zusammenarbeit mit zahlreichen Experten. Unser Ziel ist es, gute Lösungen zu finden, meine sehr geehrten Damen und Herren, und wir waren dabei erfolgreich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Jarolim hat hier Fassungslosigkeit zum Ausdruck gebracht. Die Welt sei fassungslos über die Zustände im Justizbereich. Ich darf ihm Folgendes sagen: Fassungslos sind viele Leute darüber, dass er sich als Mitglied eines Untersuchungsausschusses angeloben lässt, obwohl er Rechtsvertreter der Zentralfigur Stuhlpfarrer war. Mehr noch: Stuhlpfarrer war als parlamentarischer Mitarbeiter Jarolims dessen Vertrauter. Herr Jarolim hat es geschafft, aus der "Affäre Euroteam" eine "Affäre Jarolim" zu machen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Durch die Vernetzung wird die Welt täglich kleiner; die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft ist auch geprägt durch das rechtliche Umfeld, in dem sich österreichische Unternehmer bewegen können. Wir müssen daher darauf Bedacht nehmen, dass wir bei der Rechtssetzung auf die Entwicklungen in der EU Rücksicht nehmen. Ich bitte, wie schon öfter, bei der Umsetzung von EU-Richtlinien nicht den falschen Ehrgeiz zu entwickeln, als Umsetzungssieger in die Geschichte eingehen zu wollen. Wir dürfen unsere Wirtschaft nicht schlechter stellen, als die Konkurrenzunternehmen innerhalb der EU in der Welt dastehen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Durch die Zunahme des E-Commerce wird der Justizbereich ebenfalls vor schwierige Herausforderungen gestellt, und die gewaltigen Möglichkeiten, die dieses neue Medium bietet, bergen auch Gefahren. Im Zuge der EU-Richtlinie über elektronischen Geschäftsverkehr müssen wird darauf achten, dass der österreichischen Wirtschaft alle Möglichkeiten erhalten bleiben, zusätzliche Umsätze zu erzielen, aber dass auch Rechtssicherheit für alle Beteiligten erreicht wird.

Lassen Sie mich im Gegensatz zur Frau Kollegin Stoisits festhalten, dass das Justizministerium auch im eigenen Bereich vorbildlich ist, was die Anwendung von Informationstechnologie anlangt. Ich zitiere aus den "Salzburger Nachrichten":

"Auf dem Daten-Highway ist die heimische Justiz auf der Überholspur. Elektronischer Rechtsverkehr boomt. ... Beim Mailen hat Austro-Justitia die Nase vorn. Die heimische Justiz ist, was E-Government, die elektronische Verwaltung, angeht, europaweit führend. ... Auf dem Daten-Highway ist die Justiz auf der Überholspur." – So ist das, sehr geehrte Frau Kollegin Stoisits!

Der "Standard" würdigt das Bemühen des Justizministeriums ebenfalls. Er bringt abschließend eine Bemerkung von OGM-Marktforscher Markus Ott: Entscheidend sind Kundenservice, Information und Kommunikation, aber wichtig ist auch der persönliche Kontakt. – Zitatende.


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67. Sitzung / Seite 34

Sie erlauben mir, sehr geehrter Herr Bundesminister, dass ich in diesem Zusammenhang auch noch einige Sätze zur bevorstehenden Änderung der Gerichtsorganisation sage. Das Anliegen ist bekannt. Es geht darum, leistungsfähige Bezirksgerichte zu bekommen, die auch Spezialisierung und Vertretungsregelungen zulassen. Wir wissen, das ist ein sensibles Thema. Es kann aber nicht so sein, dass jeder Bundesminister nur darüber nachdenkt, wo er kleine Einheiten einschränken kann. Man muss auch regionalpolitische Gesichtspunkte berücksichtigen und auch das Funktionieren der dezentralen Zentren sicherstellen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Optimal wäre die Erstellung eines Masterplanes, der der Verödung des ländlichen Raumes entgegenwirkt. Wogegen wir uns mit allem Nachdruck aussprechen, ist, dass im ländlichen Raum Verwaltungseinheiten geschlossen werden, um sie dann in den zentralen Orten zusammenzuführen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Zwischenruf der Abg. Hagenhofer. )  – Sie haben die Gerichtsbezirke erst entdeckt, seit Sie in Opposition sind. Zur der Zeit, als Sie in der Regierung waren, haben Sie eine ganz andere Sprache gesprochen.

Besinnen Sie sich, hat Herr Jarolim gesagt. Besinnen Sie sich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ein erfolgreicher Weg kann nur der sein, die Einladung der Landeshauptleutekonferenz ernst zu nehmen und mit den einzelnen Bundesländern, mit den einzelnen Landesregierungen, unter Einbeziehung der Vertreter der Städte und Gemeinden, an einer gemeinsamen Lösung zu arbeiten.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir sind zu diesen konstruktiven Gesprächen bereit, und ich bin überzeugt davon, wenn wir uns bemühen, werden wir auch gemeinsam zu guten Lösungen kommen können, so wie es im Justizbereich auch in anderen Fragen stets der Fall war.

Die Opposition tritt an und spielt Totalopposition: Dagegen sein um jeden Preis. Wir suchen das konstruktive Gespräch und sind damit erfolgreich. – Ich danke Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Hlavac zu Wort. – Bitte.

10.57

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kollege Krüger hat Kollegin Mertel aufgefordert, sich gleich bei mehreren Personen zu entschuldigen. Ich denke, er sollte eigentlich mit den Entschuldigungen anfangen, denn Sie, Herr Kollege, haben wirklich frauenfeindliche (Abg. Achatz: Na, na, na!), geschmacklose Äußerungen getan. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits. )

Während Kollege Trinkl von einer konstruktiven Zusammenarbeit gesprochen hat (Abg. Dr. Martin Graf: Sie hat immer von der Misswahl gesprochen! – Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm  – Präsident Dr. Fische r gibt das Glockenzeichen), ist jetzt schon einige Male angesprochen worden, dass die Zusammenarbeit im Justizbereich nicht mehr so gut ist wie früher. Ich kann mich sehr wohl daran erinnern, dass es tatsächlich so war, dass wir in sehr vielen Bereichen sehr gut zusammengearbeitet haben. Ich bedauere, dass das jetzt nicht mehr der Fall ist.

Trotzdem möchte ich ausdrücklich bemerken – nicht nur im eigenen Namen, sondern auch im Namen unserer Fraktion –, dass wir mit dieser Kritik nicht die Beamten des Ressorts meinen. Wir wissen, dass die Beamten des Justizressorts sehr sorgfältig arbeiten, und wir sind sehr froh darüber, dass die Qualität in diesem Ressort von Seiten der Beamten erhalten geblieben ist.

Ich möchte aber auch anderen Personen im Bereich der Justiz danken, und zwar der Justizwache und den Justizbehörden, die jetzt unter sehr schwierigen Bedingungen arbeiten, weil sich diese Sparmaßnahmen natürlich negativ auf ihre Arbeit auswirken. Ich stelle im Zusammenhang mit der Justiz mit Befriedigung fest, dass sich die Richterinnen und Richter sehr wohl dagegen


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67. Sitzung / Seite 35

wehren, wenn sie einen Angriff auf ihre Unabhängigkeit verspüren. Das beweisen ja auch diese 1 300 Unterschriften. Die Justiz ist da sehr sensibel, und das halte ich wirklich für sehr wichtig. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister! Sie haben jetzt wieder über den Untersuchungsrichter im Spitzelverfahren gesprochen. Ich habe Ihnen jetzt und auch in der Debatte vergangene Woche sehr gut zugehört. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Sie haben sich gerade in einem ganz entscheidenden Bereich auf das Amtsgeheimnis zurückgezogen. Daher dürfen Sie sich nicht wundern, wenn Misstrauen entsteht, denn das vorhin war nicht nur eine Missachtung oder Geringschätzung des Parlaments, sondern das erweckt auch bei Unvoreingenommenen den Eindruck, dass etwas verborgen werden soll.

Herr Bundesminister! Ich halte es für wichtig, dass in diesem Bereich gut gearbeitet werden kann. Wenn sich ein Untersuchungsrichter behindert fühlt, dann ist das ernst zu nehmen und dann sind Sie aufgerufen, etwas dagegen zu unternehmen und sicherzustellen, dass die Justiz funktioniert. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte auch noch an das anschließen, was Kollegin Mertel gesagt hat: Wenn das "einfache Parteimitglied", Ihr langjähriger Klient, der Landeshauptmann von Kärnten, sagt, dass Kritikern im öffentlichen Dienst das Handwerk gelegt werden soll, dann ist das eine Sprache, die wir in der Zweiten Republik nicht gewöhnt sind, und ich erwarte mir von Ihnen eine klare Distanzierung davon. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte mich jetzt zwei konkreten Themen zuwenden, die mir sehr wichtig sind. Das ist zum einen der Bereich des Opferschutzes, der ja schon angesprochen worden ist. Ich hoffe, dass es möglich sein wird, da einen Konsens zu erzielen. Es ist in den letzten Jahren schon viel geschehen. Ich erinnere nur an das Gewaltschutzgesetz, das international wirklich vorbildlich ist. Wir haben immer wieder Rückmeldungen aus anderen Ländern, dass man versucht, dieses Modell auch in andere Länder zu übertragen. Das ist sehr erfreulich, und ich möchte auch betonen, dass sich die Zusammenarbeit mit der Polizei sehr positiv auswirkt.

Es gibt auch noch andere wichtige Dinge, die umgesetzt worden sind, vor allem die schonende Vernehmung im Strafprozess für bestimmte Opfergruppen und vieles andere mehr. Ich glaube, dass man in diesem Bereich aber noch mehr tun könnte, dass Verbesserungen möglich wären, und ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Jarolim und GenossInnen betreffend mehr Rechte für Opfer von Straftaten

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Justiz wird aufgefordert, noch in diesem Jahr einen Gesetzesentwurf betreffend mehr Rechte für Opfer von Straftaten (Opferrechtsgesetz) auszuarbeiten und dem Nationalrat zuzuleiten, wobei folgende Rechte von Straftatopfern inhaltlich festgelegt sein sollten:

eine umfassende Parteistellung im Strafverfahren, einschließlich des Rechts auf Verfahrenshilfe, und das Recht, Urteile anzufechten;

das Recht eines Gewaltopfers auf eine schonende Behandlung im Strafverfahren;

Erleichterungen für das Opfer, materielle Entschädigung für die erlittene Tat zu erhalten;

Verbesserung der Sicherheitslage von Opfern;


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ein Ausbau des strafrechtlichen Schutzes vor Gewalt, insbesondere durch Schaffung eines Tatbestandes gegen "stalking".

*****

Ich hoffe, dass es möglich sein wird, darüber Einvernehmen zu erzielen, denn es wird ja von allen Seiten betont, dass uns die Situation der Opfer am Herzen liegt.

Ich möchte auch noch einige Worte zu dem sagen, was Kollegin Mertel zwar andiskutiert hat, aber nicht mehr die Zeit hatte, es auch auszuführen, nämlich zu den Lebensgemeinschaften. Es ist notwendig, die gesellschaftlichen Veränderungen anzuerkennen und die Entwicklungen auch rechtlich abzusichern. Viele Menschen bevorzugen ein Zusammenleben ohne Trauschein, und darauf muss sich auch die Rechtsordnung einstellen. Es geht nicht darum, diese Lebensgemeinschaft der Ehe völlig gleichzustellen, denn es soll ein Spielraum bestehen bleiben, es soll die Möglichkeit der Auswahl gegeben sein, aber es gibt eine ganze Reihe von Bereichen, in denen es zu Ungerechtigkeiten und Missverständnissen kommt; ich denke, dass wir da einiges tun sollten.

Ein Beispiel dazu: Nach dem Erbschaftssteuerrecht ist der Lebensgefährte einem völlig Fremden gleichgestellt. Ich glaube, das ist etwas, was niemand einsehen kann. Das Gleiche gilt für das Heimfallsrecht des Staates, wenn kein Testament vorhanden ist. Das ist sicher etwas, was niemand einsehen kann. Ich habe persönlich Fälle erlebt, wo es kein Testament gegeben hat – das ist gerade bei jenen Leuten, die nicht so viel zu vererben haben, der Fall –, und da schaut dann der Lebensgefährte durch die Finger. Und das ist sicherlich nicht gerecht! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir sollten den Rechtsbestand durchforsten. Wir werden sicher eine Reihe von Bereichen finden, wo wir tätig werden sollten.

Dasselbe gilt natürlich auch für die Rechtsstellung von gleichgeschlechtlichen Beziehungen. Auch hier sollten wir etwas mutiger sein. Ich erinnere daran, dass vor kurzem der Steiermärkische Landtag eine sehr mutige Entschließung gefasst hat. (Abg. Steibl: Aber nur im Wohnrecht, Frau Kollegin! Drehen Sie nicht alles um!) Vielleicht können auch wir uns aufraffen und etwas tun.

Meine Damen und Herren! Wir haben einige wichtige Vorschläge in verschiedensten Bereichen des Opferschutzes, des Strafvollzuges, der Strafprozessordnung – ich kann das jetzt in der Kürze der Zeit gar nicht alles ausführen – eingebracht. Wir sind also sehr wohl eine konstruktive Opposition und keine Totalopposition, wie Kollegin Fekter gemeint hat. Wir sind bereit zu Reformen, aber wir haben auch Anspruch darauf, ernst genommen zu werden. (Beifall bei der SPÖ.)

11.06

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Jarolim und GenossInnen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

11.06

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohes Hauses! Ich möchte mich bei Ihnen, sehr geehrte Frau Abgeordnete Hlavac, für Ihre im Prinzip sachlichen Ausführungen bedanken. Sie haben natürlich auch sehr harte Kritik angebracht, aber Sie haben ein Beispiel dafür geliefert, dass im Justizausschuss die Sachlichkeit doch noch überwiegt. Gerade das veranlasst mich, Ihnen eine Auskunft zu geben, weil Sie hier offensichtlich einem Irrtum erlegen sind.

Ich habe mich bei der erwähnten Beantwortung der Dringlichen Anfrage nicht auf das Amtsgeheimnis schlechthin berufen, sondern ich habe darauf verwiesen, dass in § 35 des Staatsan


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waltsgesetzes geregelt ist, dass das Plenum des Nationalrates aus Tagebüchern keine Auskunft bekommt. Ich habe das mit dem Zusatz unterstrichen, dass auch meine Vorgänger dies so gehalten haben. Und alles andere wäre, glaube ich, eine falsche rechtliche Interpretation. Ihre Enttäuschung in diesem Punkt ist nicht nachvollziehbar.

Ich möchte noch ganz kurz Folgendes sagen: Die Richter werden von der Justiz nicht überbelastet, sondern wir sind auf einem guten Weg. Am 1. Jänner 1995 hat es 1 590 Richter gegeben, jetzt, per 1. Jänner 2001, halten wir – trotz der Einsparungsmaßnahmen! – bei 1 717 Richtern. Wir sparen in den drei Jahren 2000, 2001 und 2002 nur insgesamt 38 Richter von etwas mehr als 1 700 ein. Das bedeutet, dass wir im Zeitraum von drei Jahren nur 2 Prozent der Richter einsparen. Und das kann man wirklich nicht als unerträglich empfinden.

Ich bedanke mich aber ausdrücklich bei allen Mitgliedern des Justizausschusses für die sachliche Zusammenarbeit, insbesondere bei Frau Abgeordneter Dr. Fekter, beim Herrn Kollegen Dr. Ofner und auch bei den Vertretern der Grünen und der Sozialdemokratischen Partei. Es hat zwar viel Kritik und Polemik gegeben, im Prinzip haben wir aber immer um eine sachliche Entscheidung gerungen. Das möchte ich hier abschließend ausdrücklich zum Ausdruck gebracht haben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.08

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Papházy. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.08

Abgeordnete Dr. Sylvia Papházy, MBA (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorerst zu den Ausführungen der Frau Kollegin Stoisits: Ich habe gelernt, dass es bei der grünen Fraktion das un ausgesprochene Wort ist, das zählt, und das erklärt mir auch so manche Fehlinterpretationen in Ihrer Rede, was zum Beispiel den Zugang zum Recht oder auch die zweisprachigen Bezirksgerichte in Kärnten anlangt.

Ziel der Justiz ist es, der Bevölkerung den Zugang zum Recht zu erleichtern. Die modernen Kommunikationsmittel – das hat Herr Dr. Trinkl ja schon angesprochen – spielen dabei eine wichtige Rolle. Auf der Homepage des Justizministeriums finden Sie notwendige, interessante Infos rund um die Justiz und auch Serviceleistungen wie Firmenbuch, Grundbuch und Ediktsdatei.

Der bessere Zugang zum Recht wird aber auch durch die geplante Neuorganisation der Gerichtsstruktur gewährleistet. Es ist sehr gut, dass Herr Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer seit seinem Amtsantritt dieser Frage ganz besonderes Augenmerk schenkt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wie schon gesagt, die österreichische Gerichtsstruktur geht mit geringen Änderungen auf das Jahr 1848 zurück. Die Reformdiskussion ist notwendig: zur Steigerung der Effizienz und zur Vorbereitung der Gerichte auf die Anforderungen von morgen. Die Diskussion läuft ja bereits seit 78 Jahren, auch in den sechziger Jahren, vor fast 40 Jahren, gab es einen Diskussionsschub, und es ist gut, dass seit dem Sommer 2000 wieder eine intensive Diskussion über diese Frage geführt wird – eine Diskussion, in die Gemeindebund, Städtebund und Landesregierungen eingebunden sind.

Herr Kollege Dr. Jarolim, Sie haben sich selbst am 17. Juli letzten Jahres für die Reform der Bezirksgerichte ausgesprochen, und Sie wissen auch, dass der Konsumentenschutz, der jetzt seit genau einem Jahr im Bundesministerium für Justiz ressortiert, dort bestmöglich vertreten ist. Von den schon öfters zitierten Aussagen über "Besinnung" hoffe ich, dass ich sie nicht richtig verstanden habe, sonst muss ich sie zurückweisen.

Wie soll die Neuorganisation der Gerichte aussehen? Es gibt drei Organisationsebenen: Regionalgerichte, Oberlandesgerichte und Oberster Gerichtshof. Die 192 Bezirksgerichte und 21 Landesgerichte werden zu 64 schlagkräftigen Eingangsgerichten zusammengefasst. Die Rechtsmittelsachen sind bei den Oberlandesgerichten konzentriert, was eine einheitliche Rechtsprechung


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zur Folge hat. Der Oberste Gerichtshof wird entlastet und nur noch für grundsätzliche, richtungweisende Entscheidungen notwendig sein.

Die Unternehmensberaterfirma Arthur Anderson überprüft im Dienste der Verwaltungsreform die Ministerien und den Verwaltungsapparat auf mehr Effizienz und sagt, die moderne, effiziente Gerichtsorganisation habe höchste Priorität. Wir haben es gehört: Zwei Drittel der Bezirksgerichte beschäftigen maximal 2,9 Richter, 29 Bezirksgerichte überhaupt weniger als einen. Wie Bürgernähe falsch interpretiert wird, hat Katharina Krawagna-Pfeifer auch am 18. Juli 2000 im "Standard" sehr eindrucksvoll dargelegt.

"Ebenso alt wie die Idee, sind auch die Argumente, die gegen die Auflösung der Kleinstgerichte vorgebracht werden. Der Schlachtruf der Retterinnen und Retter des Kleinen Bezirksgerichts lautet seit Jahr und Tag: Bürgernähe. Automatisch wird suggeriert, dass durch die Auflösung der kleinen Gerichtseinheiten die Rechtsuchenden eben dieses nicht mehr finden würden beziehungsweise ihnen dies nicht in der gewünschten Qualität geliefert würde.

Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Selbst die Befürworter von ,small is beautiful‘ sollten endlich erkennen, dass die bestehenden Strukturen alles andere als befriedigend sind. Derzeit betreuen intern als ,Einspänner‘ bezeichnete Richter oft bis zu drei Gerichtssprengel und sind als fahrende Gesellen in Sachen Rechtsprechung unterwegs. Für die Qualität der Rechtsprechung ist dies nicht immer von Vorteil." – Zitatende.

Auch die persönliche Bekanntschaft zwischen Richter und Rechtsuchendem ist für beide vielleicht nicht immer angenehm. Rechtsauskünfte und richterliche Hilfe betreffen nämlich sehr oft persönliche Fragestellungen. Rechtsberatung in einem immer komplexeren europäischen Umfeld sollte von Rechtsanwälten durchgeführt werden, die auch für Beratungstätigkeit haften. Wichtig ist in meinen Augen eine stärkere Einbindung der Rechtsanwälte und die Festlegung der genauen Modalitäten dieser stärkeren Einbindung der Rechtsanwälte im Dienste der rechtsuchenden Bevölkerung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Internationale Vergleiche zeigen uns, dass die Konzentration von Gerichtsagenden, dass die Spezialisierung von Richtern im Rahmen größerer Gerichtseinheiten zum Nutzen der rechtsuchenden Bevölkerung sind.

Sehr geehrte Damen und Herren! Für den besseren Zugang zum Recht ist eine Neuorganisation der Gerichtsstruktur notwendig, und ich hoffe, Herr Bundesminister, dass alle Fraktionen die Neuorganisation der Gerichtsstruktur im Sinne der rechtsuchenden Bevölkerung unterstützen und mittragen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.14

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.14

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Auf den Beitrag meiner Vorrednerin, und zwar in Bezug auf die Schließung von Bezirksgerichten, werde ich im zweiten Teil meines Referates noch genauer eingehen.

Doch nun, Herr Bundesminister, zu meinen zwei Anliegen: Einsperren und zusperren – das sind neben dem Schwinden des Vertrauens der Bevölkerung in die Unabhängigkeit der Justiz die wesentlichen Kennzeichen der Justizpolitik nach einem Jahr Wende. (Abg. Dr. Fekter: Sie wollen das herbeireden, aber das gelingt Ihnen nicht!)

Einsperren und zusperren – und ich werde das auch begründen. Ich sage das deshalb, weil im letzten Jahr zwei wesentliche Gesetze novelliert wurden, nämlich das Jugendgerichtsgesetz und das Suchtmittelgesetz.

Worum geht es im Jugendgerichtsgesetz? – Es wird die Strafmündigkeit der Jugendlichen von 19 auf 18 Jahre herabgesetzt. Und was bedeutet das, Herr Kollege, Frau Kollegin? Das


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bedeutet, dass noch mehr junge Menschen kriminalisiert werden, dass noch mehr und noch jüngere Menschen ins Gefängnis wandern werden (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brosz ), und das heißt Kriminalisierung von jungen Menschen. (Abg. Dr. Fekter: Wenn sie großjährig sind, sollen sie auch Verantwortung übernehmen! Wir nehmen sie ernst!)

Sie wissen ganz genau, dass das einer der wenigen Fälle war, Frau Justizsprecherin Fekter, wo es Gott sei Dank gelungen ist, zumindest noch ein bisschen Vernunft in dieses Gesetzesvorhaben zu bringen und die Meinung der Experten und Expertinnen zu berücksichtigen, nämlich: die Adoleszenz zwischen 18 und 21 Jahren zu berücksichtigen. Das ist ein Weg, der europaweit gegangen worden ist und der auch wichtig ist. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brosz. )

Das zweite Gesetz – und das ist besonders tragisch –, das von Ihnen novelliert wurde, war das Suchtmittelgesetz. Sie haben zuerst damit begonnen, die Verordnung über die Suchtmittelgrenzmenge zu novellieren, was zur Folge hat – und das wissen Sie ganz genau –, dass in Zukunft auch im unteren Bereich mehr junge Leute, kranke, drogensüchtige Menschen, auch nach WHO-Einschätzung, eingesperrt werden. (Abg. Kößl: Und einer Therapie zugeführt werden!) Das ist das Ergebnis Ihrer verfehlten Drogenpolitik! Sie sind abgegangen vom Hauptprinzip "Helfen statt strafen!", und das ist traurig, das ist tragisch, und das ist dieses Staates nicht würdig. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brosz. )

Die Budgetzahlen in diesem Bereich weisen aber keine Erhöhung aus, die ja eigentlich impliziert wäre, wenn Sie immer mehr Menschen einsperren, kriminalisieren. Im Gegenteil! Inflationsbereinigt wird das Budget im Kapitel Justiz um zirka 2 Prozent weniger betragen.

Herr Bundesminister! Haben Sie dafür vorgesorgt, dass diese jungen, drogensüchtigen, kranken Menschen nicht nur einen Ansprechpartner haben – nämlich den Justizwachebeamten –, sondern dass sie auch die erforderliche medizinische Versorgung bekommen, nämlich die einer Ärztin, einer Sozialarbeiterin und vielleicht auch einer Psychologin? Das frage ich Sie! Im Budgetansatz ist davon nichts zu sehen, aber diese Menschen gehören versorgt, und zwar medizinisch. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend zu diesem Kapitel: Von Kärntner Seite wurde immer wieder eingefordert: Zeigen Sie mehr Herz! Ich fordere Sie auf, Herr Bundesminister: Zeigen auch Sie Herz für diese jungen Menschen, die in Zukunft vermehrt eingesperrt werden! Zeigen Sie auch Herz für die drogenabhängigen, jungen Menschen und deren Familien! Ihre Kollegin, Frau Dr. Partik-Pablé, plakatiert zum Beispiel: "Auch ich bin Mutter!" – Ich kann Ihnen sagen, ich habe sehr viele Mütter kennen gelernt, auch bei Gericht, und diese waren sehr besorgt um ihre Kinder, die unter Vorstrafen zu leiden hatten, die Schwierigkeiten hatten, wieder in die Berufswelt integriert zu werden, und die auch damit Schwierigkeiten hatten, dass sie in der Gesellschaft als Außenseiter gegolten haben. Mehr Herz – das wäre auch für die Familien wichtig!

Im zweiten Teil meiner Ausführungen, sehr geehrte Damen und Herren, möchte ich mich der Gerichtsorganisation zuwenden, jenem Thema, das sehr viele Menschen in unserem Land berührt: dem Zusperren von Bezirksgerichten!

Ich bin schon auch der Meinung, dass nicht jedes Bezirksgericht unbedingt gehalten werden muss, aber es kann doch nicht so sein, Herr Bundesminister, dass man sagt – etwa beim Beispiel Tirol –: Es gibt neun Bezirkshauptmannschaften, Bezirksverwaltungsbehörden, und entsprechend der Anzahl dieser Bezirksverwaltungsbehörden sollen nun die Bezirksgerichte aufgeteilt sein. Das mag in einer Großstadt seine Richtigkeit haben, aber nicht in einem Land wie Tirol, nicht in Westösterreich, im "Land im Gebirge"! Da ist sehr wohl auch die geographische Lage zu berücksichtigen! (Abg. Haller: Es gibt eine Bezirkshauptstadt!)

Frau Abgeordnete Haller, Sie sagen, es gibt eine Bezirkshauptstadt. – Das stimmt schon. Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Reden wir zum Beispiel über den Bezirk Schwaz; leider ist Herr Abgeordneter Brugger nicht mehr im Saal. (Abg. Haller: Sie sind so etwas von reformunwillig!)  – Das hat mit reformunwillig nichts zu tun!


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Die ganze Talschaft, zum Beispiel die Zillertaler, führen Klage darüber, dass das Bezirksgericht Zell am Ziller abgeschafft wird. Ich hätte gerne Herrn Abgeordneten Brugger gefragt, was er dazu sagt, und zwar hier im Hohen Haus und nicht bei der Bevölkerung zu Hause, denn was er dort sagt, das weiß ich. Ich weiß auch, was Ihr Herr Parteivorsitzender in Tirol, der Herr Eberharter, vor Ort sagt. Er sagt: Natürlich darf Zell am Ziller nicht geschlossen werden. Er beruft sich dabei sogar auf den Herrn Bundesminister, der ihm versprochen habe, dieses Bezirksgericht nicht zuzusperren. Ich weiß nicht, ob das stimmt, Herr Bundesminister. Das ist das, was man sich im Zillertal erzählt. (Beifall bei der SPÖ.)

Abgesehen davon – weil Sie sagen, wir seien reformunwillig, Frau Abgeordnete Haller – bringe ich Ihnen ein Beispiel von Rechtsanwälten, auch von Richtern.

Es sagt zum Beispiel ein Anwalt: Sollte beispielsweise ein Bürger aus Tux, aus Ginzling, aus Brandberg, aus Gerlos zu einer Verhandlung oder Tagsatzung, die beispielsweise für 8 Uhr anberaumt ist, nach Schwaz kommen müssen, dann müsste er einen Tag früher anreisen, denn eine Zureise bis 8 Uhr ist nicht möglich. – So ist das! Das ist wie früher, 1848 – Sie, Herr Bundesminister, haben auch im Ausschuss davon gesprochen –, als man einen Tag Kutschenreise dafür aufwenden musste. Es ist ein Unterschied, ob ich in einer Großstadt wohne und in die U-Bahn, in die S-Bahn einsteige, oder ob ich mit dem Auto fahren muss, weil kein öffentliches Verkehrsmittel vorhanden ist! Und weil Sie, Herr Bundesminister, auch davon gesprochen haben, dass die Verkehrsdichte beziehungsweise das Verkehrsaufkommen in Österreich enorm sind, sage ich Ihnen: Diese Menschen, von denen ich rede, haben oft gar kein Auto.

Warum geht jemand zu Gericht? Sie sagen, der Österreicher geht vielleicht einmal in seinem Leben aufs Gericht. Ich frage Sie – ich kenne mich bald nicht mehr aus! –: Was ist mit all jenen, die sich scheiden lassen? Jede zweite, dritte Ehe in Österreich wird geschieden. Was ist mit all jenen, die über die Obsorge streiten? Diese Fälle werden vermehrt auftreten, das wurde uns von der gesamten Expertenschaft bestätigt. Durch dieses neue Obsorgerecht werden viel mehr Menschen bei den Bezirksgerichten landen, weil viel mehr Richterrecht entstehen wird. Das hat uns sogar der Familienrichter aus Bayern bestätigt.

Familienstreitigkeiten, Obsorgestreitigkeiten, Besuchsrechtsregelungen, Sachwalterschaftsangelegenheiten, im ländlichen Bereich Grundverkehrsangelegenheiten – alle diese Fälle landen beim Bezirksgericht! Und wenn in der Familie jemand stirbt, gibt es das Verlassenschaftsverfahren, und auch das wird am Bezirksgericht oder beim Notar zu erledigen sein.

Ich sage Ihnen, Herr Bundesminister: Zeigen Sie bei der Schließung der Bezirksgerichte Herz für jene Menschen, die es nicht so leicht haben, die vielleicht nicht über ein Auto verfügen, damit diese zumindest den gleichen Zugang zum Recht haben wie jene, die es ohnehin schon einfacher haben! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.24

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kößl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.24

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Frau Kollegin Wurm, ich lese Ihnen jetzt etwas vor, und zwar aus einer Stellungnahme des Herrn Abgeordneten Kräuter zur Reform der Bezirksgerichte. Er verweist darauf, dass auch der Rechnungshof die Zusammenlegung von Bezirksgerichtsstellen empfehle. Es werde aus populistischen Gründen versucht, überholte Strukturen zu bewahren, klagt Kräuter, dadurch werde der Bevölkerung aber Schaden zugefügt, weil zu kleine Bezirksgerichte ineffizienter seien als größere Einheiten. – Ich sage Ihnen: Die SPÖ muss zuerst einmal innerhalb der Fraktion auf eine Linie kommen, und dann ist es richtig, wenn man sich hier zu Wort meldet.

Ich möchte aber ausdrücklich anmerken: Die Schließung oder Zusammenlegung von Bezirksgerichten ist sicher ein sehr sensibles und heikles Thema. Wir müssen uns alle dazu bekennen, dass es erforderlich ist, besonders in den öffentlichen Bereichen die Strukturen an die tatsäch


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lichen Gegebenheiten anzupassen, wie die Menschen vor Ort sie brauchen, damit auch das Steuergeld sinnvoll und effizient eingesetzt wird. Man sollte bei den Strukturanpassungen auch die Auswirkungen vor Ort nicht außer Acht lassen und in die Überlegungen miteinbeziehen. Ich bin überzeugt davon, dass man, wenn man diese Sache vernünftig und gut vorbereitet, auch das Vertrauen der Menschen vor Ort zu diesen Zusammenlegungen und Reformen bekommt. (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Eine der wichtigsten Grundlagen eines demokratischen Rechtsstaates ist das Vertrauen der Bürger in die Justiz. Was aber in den letzten Tagen und Wochen auch hier im Parlament geschehen ist, trägt nicht unbedingt dazu bei, dass die Bürger draußen dieses Vertrauen tatsächlich haben. Es wird von Seiten der Opposition derart skandalisiert, sie verbreitet Misstrauen, sie verunsichert grundlos die Menschen, und es fehlt wirklich die Sachlichkeit, die doch so wichtig ist im Justizressort. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das Justizbudget für 2002 ist ein sehr konstantes Budget und weicht vom Vorjahresbudget nicht wesentlich ab. Angesichts einer Verminderung des Gesamtbudgets von 0,5 Prozent ist zwar der Spargedanke gegeben, aber von einem Sparbudget kann man sicherlich nicht sprechen.

Freilich wäre es natürlich auch uns lieber, wenn wir uns hier herstellen und sagen könnten: Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Die SPÖ-Finanzminister haben uns im Vorjahr ein geordnetes Budget übergeben, sie haben gut gewirtschaftet, wir haben so wie in anderen Ländern einen Budgetüberschuss, und von diesem Kuchen bekommt auch das Justizressort ein kräftiges Stück! – Wir würden schon wissen, was wir mit diesem Geld anfangen, wie wir dieses Geld einsetzen, nicht wahr, Herr Bundesminister? Aber wir müssen uns leider hier herstellen und sagen: Die SPÖ-Finanzminister haben uns einen Schuldenberg von 1 700 Milliarden Schilling hinterlassen, das heißt, dass wir jährlich über 100 Milliarden Schilling nur an Zinsen zahlen, das sind täglich fast 300 Millionen Schilling. 300 Millionen Schilling täglich! (Abg. Brosz: Waren Sie auch in der Regierung?)

Bei uns würde man sagen: Die Art, wie dieses Ressort geführt wurde, kann man vergleichen mit einem Bauern, der zum Abhausen zusammenrichtet! Ich umschreibe es aber und sage: Es fehlte das Verantwortungsbewusstsein! (Beifall bei der ÖVP.)

Der Herr Ex-Finanzminister ist jetzt nicht da. Ich möchte trotzdem sagen, seine Rede zum Budget in der letzten Woche hat mich erschüttert. Er hat gesagt, angesichts des Budgets 2002 würde er der Koalitionsregierung empfehlen, sich bei der nächsten Budgeterstellung an ihre SPÖ-Vorgänger zu halten. Ich hoffe, dass die Jugend das nicht gehört hat, denn sie würde an unserer Fähigkeit, das Problem zu lösen, zweifeln.

Meine Redezeit geht schon dem Ende zu, daher, geschätzte Damen und Herren, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Maria Fekter, Dr. Harald Ofner und Kollegen betreffend Weiterentwicklung und Intensivierung des Opferschutzes

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Justiz wird ersucht, die laufenden Bemühungen um Verbesserungen im Bereich der Opferhilfe und des Opferschutzes sowie um eine verstärkte Opferorientierung im Strafrecht und Strafverfahren nachhaltig fortzusetzen, insbesondere durch

verstärktes Augenmerk auf die Entschädigung von Verbrechensopfern im Rahmen des Strafverfahrens einschließlich der Diversion,


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den weiteren Ausbau von Unterstützungsleistungen, wie der fachkundigen Prozeßbegleitung von besonders schonungsbedürftigen Opfern von Gewalt- und Sexualdelikten sowie

die Aufwertung der Stellung und der Rechte von Geschädigten im Strafverfahren im Rahmen der Reform des strafprozessualen Vorverfahrens.

*****

(Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.30

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Kößl eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Ofner und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pendl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.31

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die österreichische Justiz leistet Hervorragendes und ist ein Garant unseres Rechtsstaates – umso mehr sollten wir uns in der politischen Diskussion besinnen. Unser gemeinsamer Dank, glaube ich, gebührt allen Bediensteten der österreichischen Justiz. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht die Änderung vom Budget 2001 auf das Budget 2002 ist hier unbedingt ausschlaggebend, aber wenn wir uns die letzten drei Budgets ansehen, stellen wir fest, dass in diesem Bereich eine sehr restriktive Budgetpolitik vor allem beim Sach-, aber auch beim Personalaufwand betrieben wird. Ich meine, dass die Arbeit im Justizbereich, und zwar in allen Teilen, von den Gerichten über die Staatsanwaltschaften bis hin zum nicht-richterlichen Bereich und zum Strafvollzug, schwer genug ist. Wir sollten daher gemeinsam die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellen, damit dort der schwere Dienst im Interesse unserer Heimat und ihrer Menschen verrichtet werden kann.

Gestatten Sie mir einige Bemerkungen zu den Ausführungen meiner Vorrednerinnen und Vorredner. Es ist überhaupt keine Frage, und ich stimme mit Herrn Kollegen Trinkl darin überein, wenn er meint, dass es sehr gefährlich ist, wenn wir hier nur die Frage diskutieren, die die Schließung oder die Reduzierung der Bezirksgerichte betrifft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren der Regierungsparteien! In den letzten Wochen haben wir hier von der Regierungsbank, und zwar vom Herrn Bundeskanzler und von der Frau Vizekanzlerin, ununterbrochen vernommen, dass die Aufgabenreformkommission Überlegungen anstellen wird und dann dem Hohen Haus und allen anderen parlamentarischen Gremien Vorschläge unterbreiten wird.

Die Gefahr, die ich als Abgeordneter des ländlichen Raumes darin sehe und erkenne, ist, dass das nach der Gesamtvorgabe ein Kahlschlag des ländlichen Raumes werden wird (Beifall bei der SPÖ)  – man kann sich bei der Betrachtung nicht auf ein Ressort, Herr Bundesminister, beschränken –, von der Schule, meine sehr geehrten Damen und Herren, über den Bereich Finanz bis hin zur Justiz. Ich denke aber, dass die Menschen im ländlichen Raum dasselbe Recht haben wie jene in den Ballungszentren, die notwendige Infrastruktur vorzufinden. (Beifall bei der SPÖ.)

Da hier gesagt wurde, dass die Sozialdemokratie nicht genau wisse, was sie wolle, darf ich ein klares Wort dazu finden: Wir haben immer gesagt, dass Kleinstgerichte natürlich zur Diskussion stehen können, sind aber immer davon ausgegangen, dass es sich dabei nur um Gerichte handelt, bei denen oft nicht einmal ein Richter oder eine Richterplanstelle vorhanden ist.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte aber auch einen Bereich ansprechen, wo immer unter Ausschluss der Öffentlichkeit schwerer Dienst versehen wird, nämlich den Strafvollzug. Es ist zwar lobens- und wünschenswert, dass sich der Gefangenenstand eingependelt hat, dass die Zahl etwa gleich hoch bleibt, aber die Insassen werden, das sagen auch alle Experten, von Jahr zu Jahr schwieriger. Das heißt, die Klientel in den österreichischen Vollzugsanstalten ist schwieriger zu behandeln. Herr Bundesminister! Wenn man dann noch dazu weniger Personal und weniger Geld für den Sachaufwand hat, ist es natürlich noch schwieriger, den Dienst entsprechend zu versehen.

Ich warne davor, meine sehr geehrten Damen und Herren, den Dienst ausschließlich zu Lasten des Personals zu organisieren. Es kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein, dass man überall das Personal reduziert: bei der Sicherheit, beim Nachtdienst, in den Gefängnisabteilungen, in den Werkstättenbereichen. Das hat weder mit einem modernen noch mit einem humanen Strafvollzug etwas zu tun, aber auch nichts mit dem Sicherheitsgedanken, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich meine, wenn der Strafvollzug schon einen Sinn hat, dann hat er, wenn man sich den gesetzlichen Auftrag ansieht, erstens die Sicherheit zu gewährleisten, aber auch, dass die Menschen sinnvoll beschäftigt sind und – wenn möglich – eine Resozialisierung stattfinden kann.

Herr Bundesminister! Sie haben uns hier schon mehrmals versprochen, dass es ein Gesamtkonzept über den österreichischen Strafvollzug geben soll. Wir alle sind in Erwartung dieses Konzeptes, und ich meine, dass es höchst an der Zeit ist, in diesem Bereich die notwendigen Maßnahmen im Interesse des Staates, vor allem aber auch im Interesse der Kolleginnen und Kollegen in diesem Bereich vorzunehmen.

Ich hoffe, Herr Bundesminister, dass es in diesen Bereichen nicht zu Vorfällen kommt – in der Vergangenheit ist leider von Zeit zu Zeit immer wieder etwas passiert; man kann das halt nicht ausschließen –, wo man dann hinterher auf politischer Ebene darüber diskutiert, wie so etwas passieren konnte.

Ich möchte Sie wirklich eindringlich auffordern, in diesem Bereich zu jenen Maßnahmen und Umsetzungsschritten zu kommen, die wir gemeinsam auch schon in den verschiedensten Gesprächen erörtert haben, um endlich zu einer normalen Dienstverrichtung in den österreichischen Justizanstalten zu kommen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.36

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

11.36

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Herr Abgeordneter, Sie und alle anderen sollen wissen: Es gibt dieses Konzept bereits. Es ist sehr umfangreich. Es ist termingerecht bis 31. März 2001 erstellt worden – was Sie hier sehen, ist einer der vielen Bände. Wir studieren das Konzept jetzt und werden es umsetzen.

Zweiter Punkt: Die Behauptung, dass weniger Personal zur Verfügung steht, muss man relativ sehen. Ich halte sie sogar für falsch.

Zum 1. Jänner 1995 hat es 3 469 Mitarbeiter in der Justizverwaltung gegeben, und zum 1. Jänner 2001 waren es 3 467. Das heißt, wir haben in der Justizwache praktisch genauso viele Mitarbeiter wie vor sechs Jahren. Die Häftlingszahlen haben sich im Prinzip nicht geändert.

Das wollte ich nur gesagt haben, damit klargestellt ist, dass es jetzt nicht zu drastischen Personaleinsparungen gekommen ist. Alles andere wäre falsch.

Noch eine Information dazu: Zum 1. April 1993 gab es 7 755 Mitarbeiter bei Gericht und zum 1. Jänner 2001 7 767. Da wir den Informationstechnologieeinsatz dort zugute buchen können,


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haben wir einen sinkenden Arbeitsanfall bei Gericht. Insgesamt bedeutet dies etwas weniger Arbeit bei gleich vielen Mitarbeitern – allerdings gibt es da und dort etwas erhöhte Anstrengungen und Anforderungen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.38

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten eingestellt. – Bitte.

11.38

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich habe auf Grund der Diskussion und der Diskussionsbeiträge der Opposition den Eindruck, dass schon die Erkenntnis vorhanden ist, dass eine Reform der Gerichtsorganisation notwendig ist, aber ich habe auch – so, wie gerade auch bei der Rede des Kollegen Pendl – den Eindruck, dass man nach dem Motto vorgeht: Wasch mir den Pelz, aber mach mich dabei bitte nicht nass!

Faktum ist – meine Damen und Herren, das wird hoffentlich auch von Seiten der Opposition unbestritten sein –, dass eine Neuordnung der Gerichtsorganisation, die in dieser Form oder in annähernd dieser Form seit 1848 besteht, notwendig ist. Wir haben 192 Bezirksgerichte – ich darf hier kurz die Statistik befassen –, wobei 15 Prozent nicht einmal einen Richter zur Gänze haben. 23 Gerichte – oder 12 Prozent – haben nur einen Ganztagsrichter. Und 25 Prozent dieser Bezirksgerichte haben schließlich nicht einmal zwei Richter zur Gänze. Ein Vergleich mit den Nachbarstaaten zeigt – der Herr Bundesminister hat das ohnehin schon ausgeführt –, dass es dort wesentlich größere Einheiten zur allgemeinen Zufriedenheit der dortigen Bevölkerung gibt.

Ein Vergleich mit den Bezirksverwaltungsbehörden zeigt, dass die wesentlich weniger Bezirksverwaltungsbehörden in Österreich, die es gibt, zur Zufriedenheit der Bevölkerung arbeiten, obwohl die Bevölkerung sie wesentlich öfter frequentiert als die Gerichte. Also wird es wohl auch nicht allzu schwierig sein können, trotz manchen Liebkinds eines Regierungsmitgliedes, ein Bezirksgericht oder einen befreundeten Richter betreffend, über den Schatten zu springen und der Neuorganisation der Bezirksgerichte von Landesseite zuzustimmen.

Ein weiteres wichtiges Thema, das zwar erst kürzlich im Nationalrat behandelt wurde, das aber meines Erachtens auch in Zukunft die Justiz sehr stark befassen wird, ist die Bedrohung durch die dramatisch steigende Zahl der Drogendelikte. Meine Damen und Herren! Über 230 Tote im vergangenen Jahr, zwingen zum Handeln! Ich bin der Ansicht, dass die Regierung hier vorbildlich reagiert hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Unsere Devise ist selbstverständlich "Helfen vor strafen", das ist überhaupt keine Frage, aber, meine Damen und Herren insbesondere von der Opposition, es gibt sicher keine Gnade für Drogenbanden, die aus Profitgier Jugendliche süchtig machen. Lebenslang ist darauf die richtige Antwort! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Von der Opposition wird auch immer wieder gesagt, dass in der Justiz-Enquete-Kommission die Experten vehement gegen lebenslang aufgetreten sind, weil das keinen Sinn brächte. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm. )

Damit komme ich zu einem dritten Thema, das wir hoffentlich in dieser Legislaturperiode auch noch behandeln und vor allem erledigen werden. Blenden wir ganz kurz in die siebziger Jahre zurück: Die Strafbarkeit der Homosexualität ist in den siebziger Jahren aufgehoben worden. Aber alle Experten – ob es Ärzte, Wissenschaftler oder Juristen waren – waren sich damals darin einig, dass männliche Jugendliche besonders geschützt werden müssen, da die pubertäre und postpubertäre Prägung für die Homosexualität ausschlaggebend sei. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Das war die Expertenmeinung der siebziger Jahre. Ich verweise nur darauf, dass man damals den Vorläufer des § 209 ins Leben gerufen hat, bei gleichzeitiger Auflassung der Strafbarkeit für Homosexualität.


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Meine Damen und Herren! Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich Expertenmeinungen im Laufe von Jahrzehnten auch verändern können. Das sollten wir zur Kenntnis nehmen. (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) Dass das eine Irrmeinung war, wissen heute alle Experten, denn nach der Prägungstheorie sind es die Gene oder die frühkindliche Entwicklung, die letztendlich für die Homosexualität maßgebend sind.

So ist der § 209 ins Kreuzfeuer des Europäischen Gerichtshofes geraten. Eine Differenzierung hinsichtlich der sexuellen Orientierung ist eine unzulässige Durchbrechung des Gleichheitsgrundsatzes. – Frau Kollegin Lunacek, ich freue mich, dass Sie jetzt auch hier sind.

Meine Damen und Herren! Deshalb haben wir uns gemeinsam dazu entschlossen, einen Unterausschuss zur Erledigung dieses Themas ins Leben zu rufen. Ich persönlich bin zuversichtlich, dass in der XXI. Gesetzgebungsperiode das Zeitalter der Diskriminierung zu Ende geht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Ruf bei den Grünen: Wann?)

11.43

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Heinzl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.43

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Dass die Regierungsparteien ihre unsozialen Vorhaben nach dem Motto "speed kills" durchpeitschen, ist bereits hinlänglich bekannt. Im November 2000 wurde das Budgetbegleitgesetz 2001 von ÖVP und FPÖ beschlossen, und damit wurden die im ausschließlichen Eigentum der Gebietskörperschaft stehenden Bauvereinigungen mit 1. April 2001 aus der Gemeinnützigkeit herausgenommen, wenn sie nicht bis dahin hineinoptiert wurden.

Nunmehr soll ein Stichtag eingeführt werden, nämlich der 23. November 2000, zur Feststellung des ausschließlichen Eigentums. Die Wohnbaugesellschaft der Eisenbahner hat sich – und das ist völlig legitim – dazu entschlossen, einen geringfügigen Anteil zu verkaufen, um nicht unter die Neuregelung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes zu fallen.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Ihre Absicht ist so durchsichtig! Mit dieser Anlassgesetzgebung setzen Sie beinhart Ihre Interessen gegen die völlig legitimen Interessen einer Wohnbaugesellschaft und ihrer Mieter durch. Das ist nicht nur politisch und moralisch, sondern auch, wie ich meine, verfassungsrechtlich sehr bedenklich. Aber das ist bei Ihnen nichts Neues.

Wir Sozialdemokraten bleiben bei unserer berechtigten Kritik, die wir beim Budgetbegleitgesetz 2001 im Zusammenhang mit der Wohnungsgemeinnützigkeit vorgebracht haben. Daran muss die Bevölkerung ständig erinnert werden, denn Sie, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien, treten auch da alle sozialen Errungenschaften mit Füßen.

Für jeden Mieter oder Eigentümer macht es einen Unterschied, ob der Hausherr eine Privatperson oder eine gemeinnützige Genossenschaft ist. Der Private schaut darauf, dass sein Geld vermehrt wird, Gemeinnützige jedoch arbeiten auf Grund des Gesetzes kostendeckend. Sie haben nicht den unmittelbaren Ertragsdruck, dem ein Privater unterliegt, sie dürfen ihren Gewinn nicht mit Mieteinnahmen vermehren. Sie sind daher spekulationsfreie, soziale Vermieter beziehungsweise Hausherren. Das wiederum bringt den Mietern von gemeinnützigen Wohnungen oder Reihenhäusern Sicherheit und Kontinuität.

Die Erlöse der Gemeinnützigen – das sei hier auch einmal festgestellt – fließen automatisch wieder in den Unternehmens- beziehungsweise Wirtschaftskreislauf zurück.

Sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien! Ihre Art der Wohnpolitik, die Sie seit Beginn der blau-schwarzen Koalition durchziehen und als sozial verkaufen wollen, bringt in Wirklichkeit Rechtsunsicherheit und Nachteile für jene, die Sie vorgeben zu schützen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Unter dem Deckmantel, für die Arbeitnehmer in diesem Land die Rechtslage ändern zu wollen, beschließen Sie beinhart Regelungen, die sich gegen die Bezieher von kleineren und mittleren Einkommen richten. Unsere Aufgabe als Sozialdemokraten ist es, der Bevölkerung aufzuzeigen, was Sie an Grausamkeiten in diesem Haus im letzten Jahr beschlossen haben, und nicht lockerzulassen.

Ich möchte noch einmal ausdrücklich sagen: Seitens der Regierung wird versprochen, dass die Mieten für Wohnungen und Gebäude, die an private Investoren verkauft wurden beziehungsweise verkauft werden, unverändert bleiben. Es sind aber Mietensteigerungen zu befürchten. Private Investoren, die solche Objekte erwerben, sind natürlich an hohen Renditen interessiert. Sie werden versuchen, alle Ertragsmöglichkeiten auszuschöpfen. Außerdem sind bei den gemeinnützigen Bauvereinigungen unbefristete Mietverträge die Norm, am so genannten freien Markt gewinnt jedoch der befristete Vertrag immer mehr an Boden. Die Sicherheit des Wohnens wird durch den drohenden Fristablauf des Mietvertrages abgelöst.

Sehr geehrte Damen und Herren! Alles in allem ist festzustellen, dass ÖVP und FPÖ alles unternehmen, um der Bevölkerung unseres Landes wieder ein Stück Sicherheit zu nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.48

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.48

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Wurm, zu Ihrem Gejammere und der krampfhaften Suche nach Argumenten im Zusammenhang mit den "armen" Bewohnern des Zillertals (Ruf bei der SPÖ: Sie wissen ja nicht, was Sie sagen!), die Sie vorgebracht haben, möchte ich schon eines bemerken: Gerade für diese "armen" Talbewohner ist es selbstverständlich, dass sie regelmäßig 90 Kilometer nach Innsbruck ins DEZ oder zu Ikea fahren, aber um eine Fahrt, die man wirklich nur fallweise machen muss, da ja nicht jeder Mensch jeden Tag oder jede Woche bei Gericht zu tun hat, machen Sie ein Theater. (Abg. Dr. Jarolim: Sie haben keine Ahnung!) Das kann ich wirklich nur damit erklären, dass bei Ihnen Reformen nicht gefragt sind. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm. )

Ich glaube, wir sollten im Justizbereich zu einer seriösen Diskussion zurückfinden, aber diese ist ja von Ihnen nicht beabsichtigt. Ich möchte daher die positive Arbeit von Herrn Justizminister Böhmdorfer hervorstreichen – wir wissen schon, Sie wollen ihn eigentlich immer wieder nur "anpatzen".

Ich finde es äußerst positiv, dass sich Herr Justizminister Böhmdorfer dazu bekennt, auch im gesellschaftspolitischen Bereich neue Wege zu gehen; Wege, die wir Freiheitlichen urgiert haben, seit wir hier in diesem Haus sind, die aber bei den vorhergegangenen Regierungen auf Desinteresse gestoßen sind. (Abg. Dr. Jarolim: Halten Sie Ihre Rede in Tirol!)

Ich glaube, dass es ganz wichtig ist – Kollege Ofner hat das bereits gesagt –, dass wir versuchen, im Bereich der Diversion einzugrenzen, wo es einzugrenzen geht, und dass wir versuchen, auch im Bereich der Mediation klare Regelungen zu schaffen.

Ich bin stolz darauf, dass wir beim Suchtmittelgesetz auf eine gewisse Verschärfung Wert gelegt haben. Wir Freiheitlichen haben uns immer dazu bekannt, dass eine gewisse Strafverschärfung in der Rechtsprechung oft nützlich sein kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das hat nichts damit zu tun, dass wir nicht helfen wollen. Wir wollen sehr wohl helfen – der Entschließungsantrag, der bereits eingebracht wurde, beweist das ja –, aber wir bekennen uns dazu, den Opfern zu helfen und nicht den Tätern, Frau Kollegin Wurm!

Für mich ist es unerklärlich, dass es im strafrechtlichen Bereich bei Vergehen gegen Frauen und Kinder derartige Defizite gibt, gegen die gerade die Sozialdemokratie nichts unternommen hat.


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Diese Diskrepanz zwischen Raub mit Todesfolge – lebenslang im Strafrecht – und Vergewaltigung mit Todesfolge – nur 10 bis 20 Jahre – ist nicht nachvollziehbar. Sie haben sich nie dafür eingesetzt, dass es eine lebenslange Freiheitsstrafe geben soll, wenn schwere Sexualdelikte zum Tod führen.

Ich glaube, es ist auch notwendig, eine gewisse Erhöhung der Strafdrohung bei der geschlechtlichen Nötigung durchzuführen, denn es gibt auch da eine Diskrepanz: bei Nötigung werden sechs Monate bis fünf Jahre verhängt, und bei geschlechtlicher Nötigung ist das mit drei Jahren begrenzt. Das ist mir unverständlich! Ich bin sehr froh darüber, dass der Herr Justizminister dabei ist, Änderungen einzuführen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder Kindesmissbrauch: Ich bin der Meinung, dass Straftaten an Kindern keine Toleranz verdienen. Wir bekennen uns wirklich dazu, dass im Strafvollzug konsequenter vorgegangen werden muss, nicht so nachlässig, wie das bisher teilweise der Fall war.

Noch etwas zu Frau Kollegin Prammer, die jetzt gerade gekommen ist: In der sozialdemokratischen Frauenpolitik war doch gerade die sexuelle Belästigung ein großes Thema über Jahre – auch ich bekenne mich dazu, dass wir hier Maßnahmen dagegen setzen. Ich freue mich darüber, dass Herr Justizminister Böhmdorfer sogar den Weg gehen will, in nächster Zeit einen gerichtlichen, den strafrechtlichen Tatbestand der sexuellen Belästigung zu schaffen. – Alles Dinge, wozu man von der Sozialdemokratie in den vergangenen Jahren nichts gehört hat! (Abg. Mag. Prammer: Geh!)

Frau Kollegin Prammer! Sie haben in der Zeit Ihrer Ministerschaft für Frauen kaum etwas – kaum etwas!; ich möchte nicht sagen: gar nichts – weitergebracht. (Abg. Mag. Wurm: Dafür haben wir jetzt eine Männerabteilung!) Ich bin sehr froh darüber, dass wir uns nicht nur zu Strafen bekennen, sondern wirklich auch helfen wollen, dass wir nicht nur diesen Entschließungsantrag unterstützen, sondern dass Herr Justizminister Böhmdorfer bereits erste Schritte im Bereich der Prozessbegleitung und der besseren Unterstützung für Prozessbegleitung für Kinder und Frauen gesetzt hat.

Deshalb sage ich noch einmal in Ihre Richtung, in Richtung SPÖ: Schreien Sie nicht so viel, jammern Sie nicht so viel – alles, was Sie jetzt bejammern, sind eigentlich Ihre eigenen Versäumnisse! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm. )

11.54

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Huber. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.54

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Kollegin Haller, Sie haben jetzt sehr deutlich demonstriert, wie die Freiheitlichen mit den Sorgen und den Problemen der Menschen umgehen. Es ist sicher sehr interessant für die betroffenen Menschen, die um den Erhalt des Bezirksgerichtes Zell am Ziller kämpfen, wenn Sie das als "Gejammere" bezeichnen. Sie sollten sich dafür schämen! (Beifall bei der SPÖ.)

Dem Arbeitsbehelf zum Budgetkapitel Justiz ist zu entnehmen, dass die höheren Einnahmen im Jahre 2001 insbesondere auf den Entfall von Gebührenbefreiungen und auf Gebührenanpassungen, wie es so schön heißt, zurückzuführen sind. Mit einem Wort: Es ist mehr zu zahlen, wenn der Bürger Recht sucht.

Das ist sehr interessant, weil ja die blau-schwarze Regierung immerhin angetreten ist, um zu sparen, um die Ausgaben zu verringern – sogar bei sich selbst wollte die Regierung sparen! Geworden ist daraus eine massive Einnahmenerhöhung, eine massive Belastung für die Bevölkerung.

Gerade zur massiven Erhöhung der Gerichtsgebühren kommt noch etwas anderes dazu: Diese Kostensteigerung für die rechtsuchende Bevölkerung bedeutet für viele Menschen eine riesige Barriere vor dem Zugang zum Recht – das ist heute schon mehrfach angesprochen worden –,


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denn die hohen Kosten schrecken natürlich jene ab, die die Gebühren nicht so leicht zahlen können, und jene, die mit jedem Schilling haushalten müssen.

Herr Justizminister! Auch wenn sich in der Justiz eine drastische Wende abzeichnet – eine Wende zu mehr "law and order", eine Wende, was die Unabhängigkeit von Teilen der Justiz angeht, und eine Wende, wie jetzt mit Kritikern umgegangen wird –, muss ich sagen, wenn jetzt den einfachen Leuten der Zugang zum Recht erschwert wird, wenn da Barrieren aufgebaut werden, dann finde ich das sehr, sehr schlimm.

Wenn Rechtsuchende auch noch das Pech haben, in einer ländlichen Gegend zu wohnen, dann kommt hinzu, dass ihnen auch noch die Bezirksgerichte wegrationalisiert werden. Auch in meinem Bezirk soll ein Bezirksgericht "ausradiert" werden, nämlich das Bezirksgericht Mariazell.

Sehr geehrter Herr Minister! Sie haben im Budgetausschuss gesagt: Daran führt kein Weg vorbei! Es ist ein übertriebener und aussichtsloser Kampf von Landeshauptleuten und Bürgermeistern, der um diese Bezirksgerichte geführt wird! Und als Argument – und das ist heute ja schon gefallen – führen Sie die höhere Mobilität der Bevölkerung an. Ich frage: Ist der Zugang des Einzelnen zum Recht eine Frage des Umstandes, ob einer oder mehrere seiner Nachbarn ein Auto haben oder nicht?

Da ich mir nicht vorstellen kann, dass Sie, Herr Minister, zum Beispiel das Bezirksgericht Mariazell persönlich besucht haben, darf ich Ihnen schildern, wie die Bevölkerung des Mariazeller Landes dann einen Gerichtstermin in Bruck wahrnehmen müsste.

Mariazell liegt 70 Kilometer von Bruck entfernt. – 70 Kilometer können ja, auch wenn es über einen Bergpass geht, nicht so ein Problem sein, möchte man meinen. Ein Problem wird es aber dann, wenn man sich die Fahrpläne der öffentlichen Verkehrsmittel anschaut: Der Postbus fährt viermal am Tag – davon zweimal am Vormittag. Da der Bus aber zweieinhalb Stunden nach Bruck braucht, muss man auf jeden Fall jenen um 6 Uhr in der Früh benützen. (Beifall bei der SPÖ.)

Von der Haltestelle in Bruck aus gibt es zwei Möglichkeiten, nämlich noch zweimal umzusteigen, weil es keine direkte öffentliche Verbindung zum Gericht gibt, oder 15 bis 20 Minuten zu Fuß zu gehen – für ältere Menschen und für junge Mütter mit Kindern, wenn es zum Beispiel um einen Unterhaltsanspruch geht, wahrlich nicht einfach!

Mit dem PKW liegt zwar die Fahrzeit für diese 70 Kilometer bei eineinviertel bis eineinhalb Stunden, aber nur im Sommer, nämlich von Mitte Mai bis Mitte Oktober, in den sieben Monaten Winter ist mit Eis und Schnee und mit dem Anlegen von Schneeketten auf dem 1 100 Meter hohen Bergpass zu rechnen.

Herr Minister! Ich appelliere daher eindringlich an Sie, die Rasenmäher-Methode bei der Schließung von Bezirksgerichten zu überdenken und das Bezirksgericht Mariazell wegen dieser Gründe auf keinen Fall dem Sparstift zu opfern! Der Zugang zum Recht muss ein Recht für alle sein, beschneiden Sie es nicht mit massiven Gebührenerhöhungen, mit einer drastischen Reduktion der Zahl der Richter und mit einem undifferenzierten Zusperren von Bezirksgerichten! (Beifall bei der SPÖ.)

11.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Haller zu Wort gemeldet. Frau Abgeordnete, § 58 Abs. 2 GOG besagt, dass Sie mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung beginnen und dieser den berichtigten Sachverhalt gegenüberstellen müssen. – Bitte.

12.00

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Vorrednerin, Frau Anna Huber, hat behauptet, ich hätte die Sorgen und Nöte der betroffenen Bevölkerung als "Gejammere" bezeichnet. – Das ist nicht richtig, und das ist auch im Protokoll nachlesbar.


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Ich berichtige: Ich habe die Art und Weise, wie Frau Kollegin Wurm nach Argumenten gesucht hat, als "Gejammere" bezeichnet. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.00

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

12.00

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Frau Abgeordnete Huber, Sie haben vorhin gefordert, dass das Bezirksgericht Mariazell erhalten bleiben soll.

Ich darf dazu folgenden Hinweis geben: Das ist der absolut kleinste Sprengel in Österreich, und zwar mit 4 800 Einwohnern. Wenn wir solche Sprengel österreichweit einrichten würden, bräuchten wir 1 800 bis 2 000 Bezirksgerichte in Österreich.

Ich frage Sie: Wollen Sie das wirklich? – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.01

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schender. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.01

Abgeordneter Mag. Rüdiger Schender (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Minister Böhmdorfer, ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, dass Sie hier sofort klargestellt haben, dass eben nicht das zutrifft, was Frau Abgeordnete Huber hier behauptet hat, nämlich, dass quasi mit dem Rasenmäher über Bezirksgerichte drübergefahren wird (Abg. Dr. Mertel: Er hat das bestätigt!), sondern dass dort eingespart werden muss, wo einfach keine Rechtfertigung mehr für ein Bezirksgericht besteht, weil die Relation zwischen Rechtsfällen, die behandelt werden, und Kosten des Bezirksgerichtes einfach nicht mehr stimmt.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum eigentlichen Thema kommen, und zwar zum Justizbudget. Das zur Beratung stehende Justizbudget ist im Verhältnis zu den Budgets anderer Ressorts ein eher bescheidenes Budget. Trotzdem ist es Justizminister Böhmdorfer gelungen, eine ganz wichtige Finanzierung vorzunehmen, und zwar die Finanzierung eines Bereichs, in welchem die alte Koalition soziale Kälte praktiziert hat.

Die alte Koalition hat nämlich den Rechtspraktikanten – die sicherlich nicht zu den Großverdienern unseres Landes zählen, die mit etwa 15 000 S brutto im Monat auskommen mussten – beim Gerichtsjahr Stück für Stück ihres Verdienstes abgeschnitten, und sie ist sogar so weit gegangen – Herr Kollege Jarolim, ich weiß nicht, ob Sie daran beteiligt waren, aber wahrscheinlich waren Sie dabei (Abg. Dr. Jarolim: Der Kollege Graf war beteiligt!)  –, dass sie die Streichung des 13. und 14. Monatsgehalts der Rechtspraktikanten vorgenommen hat.

Die Streichung des 13. und 14. Monatsgehalts bei den Rechtspraktikanten hat der VfGH Gott sei Dank und zu Recht aufgehoben. Diese Politik, die Sie da gemacht haben, war unsozial.

Weil Sie von diesem Rednerpult aus immer wieder der Regierung Eile und Schnelligkeit und Unüberlegtheit vorwerfen, darf ich aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, der festgestellt hat, dass es zu einer plötzlichen Bezugskürzung von über 14 Prozent gekommen ist, zitieren.

Zitat: "Die Maßnahmen der Streichung der Sonderzahlungen stand auch nicht im Zusammenhang mit einem konkreten allgemeinen budgetären Maßnahmenpaket." – Sie war also planlos, verkürzt gesagt.

Ich zitiere weiter: "Es erscheint unsachlich, die kleinere, wirtschaftlich schwächere Gruppe von Rechtspraktikanten erheblich stärker zu belasten. Ein Abweichen von den für das jeweilige Kalenderjahr im Voraus festgelegten Voranschlagsätzen berechtigt nicht übergangslos zu


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einer" – und jetzt bitte ich Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, aufzupassen – "derart massiven, geradezu überfallsartigen und teilweise sogar rückwirkenden Korrektur." – Zitatende. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Justizminister Böhmdorfer hat Vorsorge dafür getroffen, dass auch die Rechtspraktikanten – wie alle anderen Dienstnehmer – im Gerichtsjahr ein 13. und 14. Monatsgehalt beziehen können. Das zeigt ganz klar, dass wir Freiheitlichen zu unseren Versprechen, die wir in der Opposition gemacht haben, stehen.

Herr Abgeordneter Graf und der Ring Freiheitlicher Studenten haben eifrigst Unterschriften gegen diese unsoziale Belastungsmaßnahme, die Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, beschlossen haben, gesammelt und haben auch den Gang zum Verfassungsgerichtshof massiv unterstützt und vorbereitet.

Das, meine Damen und Herren, ist soziale Politik, die wir in allen Bereichen vertreten, auch im Justizbereich, nämlich dort, wo Sie Ungerechtigkeiten geschaffen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim. )

Meine Damen und Herren! Ich möchte aber auch betonen, dass diese Bundesregierung gerade im Bereich der Justiz sehr viele wesentliche Reformen bereits im Jahr 2000 umgesetzt hat. Ich erinnere zum Beispiel an die Maßnahmen gegen das Schlepperunwesen, wo es zu einer Erhöhung des Strafrahmens gekommen ist. Ich erinnere an die Wohnrechtsnovelle, die eine grundlegende Neuordnung der Befristungsmöglichkeiten für Mietverträge vorsieht. Ich erinnere an die Krida-Reform, an die Strafprozessnovelle, an das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz. Das sind alles wichtige Reformen, die der Anpassung an die Gegebenheiten der Zeit dienen.

Als besonders wichtigen Schritt erachte ich auch die letztwöchige Beschlussfassung der Novelle zum Suchtmittelgesetz. Diese Novelle zum Suchtmittelgesetz, die die Möglichkeit der lebenslangen Freiheitsstrafe für Schwerstdealer, für Großdealer, für die Köpfe der internationalen Drogenbanden vorsieht, wird einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung der organisierten Drogenkriminalität leisten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.06

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

12.07

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister, ich darf ganz kurz auf die letzte Dringliche Anfrage eingehen. Sie haben in Ihrer Beantwortung derselben die Meinung vertreten, dass die Nichtauskunft aus Tagebüchern auf § 35 Staatsanwaltschaftsgesetz zurückgeht.

Herr Bundesminister! Da ist von Einsicht die Rede! – Wir wollten nicht Einsicht nehmen, Herr Bundesminister, sondern wir wollten von Ihnen eine Auskunft. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich stelle fest: Sie haben diese Auskunft verweigert! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man kann zum Budget Folgendes festhalten: Das Justizbudget wird wie alles andere den Budgetzielen untergeordnet. Reformen, die auch aus unserer Sicht notwendig sind, werden ausschließlich unter dem Aspekt des Sparens – Kollege Krüger hat gemeint: zum Wohle des Budgets – gesehen, und es wird eine Problemlösung vorgenommen, die darin besteht, höhere Strafen zu fordern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die "Salzburger Nachrichten" haben Folgendes festgehalten: "Machtlosigkeit des Strafrechts! Früher versprachen Politiker den Österreichern eine bessere Zukunft, heute versprechen sie nur mehr strengere Strafen." – Zitatende.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist "Regieren neu"! Das ist die neue Qualität der Justizpolitik! (Beifall bei der SPÖ.)


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Kollegin Fekter, Beispiele gefällig? – Herr Bundesminister Böhmdorfer zum Thema "Sparen": Herr Bundesminister! Ich sehe, Sie sind unter die Buchhalter gegangen. Es gibt die Konsumentenbroschüre "Sie haben Recht".

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist ein Erlagschein! (Der Redner hält den erwähnten Erlagschein in die Höhe.) In Zukunft müssen die Konsumenten zahlen, wenn sie Rechtsinformationen bekommen wollen. Herr Bundesminister! Ich bedauere das! (Beifall bei der SPÖ.)

Nächstes Beispiel: Rechtsinformationszentrum und JUDOK. Herr Bundesminister! Ich habe Sie bewundert, als Sie gesagt haben, Rechtsinformation sei mehr wert als ein paar Millionen Schilling.

Was sagt der Bundeskanzler? – Der Bundeskanzler sagt: Das RIS wird entgeltpflichtig. Was heißt das nun, Herr Bundesminister? – Ich glaube nicht, dass Sie in einer Presseerklärung bewusst die Unwahrheit gesagt haben. Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass dieses Beispiel wieder einmal zeigt, dass diese Politik der Regierungsparteien eine Pleiten-, Pech- und Pannenpolitik ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Nächstes Beispiel gefällig: Zeugenladung ohne Rückstandsausweis. – Herr Bundesminister und Frau Kollegin Fekter, reden Sie mit den Rechtsanwälten und den Richtern, und Sie werden erfahren, welches Chaos da bei den Gerichten derzeit herrscht. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nein! Das stimmt doch überhaupt nicht!) Reden Sie mit den Rechtspraktikanten, Frau Kollegin! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie haben keine Ahnung!) Wissen Sie, was passiert? – Die Kosten werden dadurch erhöht. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie haben doch keine Ahnung, was das kostet!)

Die Aufzählung solcher Beispiele ließe sich fortführen. Einige weitere Beispiele: Neuordnung der Gerichtsorganisation, Neuordnung der Justizanstalten. Sie sparen bei den Nachtdiensten ein. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. ) Kollegin Partik-Pablé, sind Sie auch der Meinung, dass man dort einsparen sollte? – Wir sind es nicht! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie haben keine Ahnung!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Expertenmeinungen werden von dieser Regierung nicht gehört. Die Denkfähigkeit der Experten wird beleidigt. Sie agieren rechtspolitisch mit anmaßenden simplen Rezepten aus der Vergangenheit. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie als Ahnungsloser!) Sie heißen: mehr Strafe! Es sind Rezepte, die grundsätzlich falsch sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Meine Sympathie gehört jenen, die zu Unrecht geklagt werden. Ich stehe damit auf der anderen Seite. Sie haben in der Diskussion zur Zivilverfahrens-Novelle klar gesagt: Ich stehe auf der Seite der Konsumenten! – Sie haben die Chance, bei unserem Entschließungsantrag mitzustimmen.

Ich bringe nun folgenden Antrag ein.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Dr. Hannes Jarolim, Mag. Gisela Wurm, Anna Huber und GenossInnen betreffend Neukodifikation des zivilrechtlichen Konsumentenschutzgesetzes – "KSchG-NEU"

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Justiz wird aufgefordert,

(Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie sind ein Ahnungsloser!)

1. eine Neukodifikation des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG-NEU) sowie


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2. ein eigenes Reisevertragsgesetz (analog zur BRD) zu erarbeiten

und diese bis 30. November 2001 dem Nationalrat vorzulegen.

*****

Meine Damen und Herren! Sie haben die Chance, dem zuzustimmen.

Kollegin Partik-Pablé! Ich bin nicht ahnungslos (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber wie!), ahnungslos waren Sie, als Sie in den Wiener Wahlkampf gegangen sind! (Beifall bei der SPÖ.)

12.11

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Maier und GenossInnen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

12.11

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Herr Abgeordneter Maier, ich möchte eindeutig klarstellen: Das RIS bleibt kostenfrei!

Herr Abgeordneter! Ich habe nirgendwo die Unwahrheit gesagt. Das ist mein Wissensstand, und der entspricht der derzeitigen Lage. Ich weiß nicht, woher Sie diese Information haben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neudeck. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

12.12

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zum Budgetkapitel "Justiz" war von den Oppositionspolitikern, vor allem von den Genossen von der SPÖ, nicht viel Verwertbares zu hören. Genosse Jarolim vulgo "Eurolim" sorgt sich in Vorbereitung der Abwehr von Mahn- und Zahlungsklagen gegen seinen Mandanten Stuhlpfarrer von "Euroteam" um den leichteren Zugang zum Recht in diesen Fällen.

Andere Genossen nehmen auf den Schnee von vorgestern, die Spitzelaffäre, Bezug. Dazu darf ich Ihnen aus einem Artikel von Peter Michael Lingens im "profil" aus dem Vorjahr zitieren. (Abg. Dr. Mertel: Lingens ist gut!)

Er schreibt unter anderem Folgendes: "Doch bei aller Antipathie gegen die FPÖ vermag ich in der ‚Spitzelaffäre‘ nicht jenen Megaskandal zu erblicken, der die Regierung zu Fall bringen soll. Wahrscheinlich liegt das an meinem Beruf und meinem Alter – ich habe ganz einfach zu gut im Gedächtnis, was die SPÖ alles nicht zu Fall gebracht hat."

Und dann schreibt er: "Ein Bautenminister, der in die Gewerkschaftskasse griff; eine Gesundheitsministerin, die einen 100-Millionen-Auftrag gesetzwidrig vergab; ein Verteidigungsminister, der Feuerleitgeräte zum doppelten Preis einkaufte; ein Finanzminister, der Steuern hinterzog; Bauring-Skandal, AKH-Skandal, Noricum-Skandal; Milliardenverluste verstaatlichter Unternehmen durch Spekulation und falsche Wirtschaftspolitik; die beiden größten Banken des Landes konkursreif und nur durch staatliche Hilfe aufgefangen; ein ... Bundeskanzler, der die Waldheim-Affäre vom Zaun bricht; und ein sechsfacher Mörder, der als Gastgeber der fast gesamten roten Prominenz ein Jahrzehnt vor Strafverfolgung geschützt bleibt."

Lingens schreibt noch: "‚profil‘" hat zwei Jahrzehnte davon gelebt, dass Polizisten, Staatsanwälte, Untersuchungsrichter, Finanz- und Rechnungshofbeamte vertrauliches Material an uns weitergegeben haben".


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Weiter unten schreibt Lingens dann: "Alle oben genannten Megaskandale wären nie aufgedeckt und vor allem nie angeklagt worden, wenn kein Reporter zum Amtsmissbrauch angestiftet und kein Beamter ihn vollzogen hätte." (Abg. Dietachmayr: Sagen Sie einen Satz zum Budget 2000!)  – Habe ich schon gesagt. Sie haben nicht aufgepasst, Kollege, wie meistens!

Und dann setzt Lingens noch eines drauf: "In vergangenen roten Blütezeiten wäre so etwas nicht passiert: Da hat Justizminister Christian Broda, anders als Dieter Böhmdorfer, erfolgreich dafür gesorgt, dass Verfahren, die seiner Partei schaden konnten, gar nicht erst das Stadium der Voruntersuchung erreichten. Und nur wenige ... haben sich damals darüber empört." – Zitatende.

Harald Ofner würde sagen: Stecken Sie sich das an den Spiegel! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.15

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Maier zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, beginnen Sie bitte mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung.

12.15

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer hat in seinen letzten Ausführungen behauptet, dass das RIS nicht kostenpflichtig sei.

Ich stelle richtig: Nach dem Budgetbegleitgesetz ist eine Entgeltlichkeit für die Inanspruchnahme des RIS vorgesehen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Das stimmt ja nicht! – Abg. Auer: Falsche Behauptung! – Abg. Schwarzenberger: Der hält es mit der Wahrheit nicht sehr genau!)

12.16

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.16

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf zwei Äußerungen des Kollegen Mainoni eingehen, der zu § 209 StGB hier eine durchaus beachtliche Rede gehalten hat. Es steht für heute Nachmittag ein Fristsetzungsantrag zur Behandlung an. Der Antrag, zu dessen Behandlung eine Frist gesetzt werden soll, liegt seit Beginn dieser Legislaturperiode vor. Dazu wurde im letzten Mai ein Unterausschuss eingesetzt, der im September konstituiert wurde, aber bis jetzt hat es noch keine Sitzung dieses Unterausschusses gegeben.

Jetzt sind wir sehr gespannt, ob Sie am Nachmittag dieser Fristsetzung ... (Zwischenrufe.)  – Ich weiß, wo Sie hinzeigen; Sie haben wahrscheinlich auch Recht. Die Frage ist allerdings, wie Sie mit dieser Fristsetzung umgehen werden. Wir hoffen, dass dieser Unterausschuss in absehbarer Zeit tagen wird.

Die zweite Äußerung von Ihnen – und diese hat mich überrascht – betraf die Drogenstatistik. Ich habe nämlich gestern eine Anfragebeantwortung des Herrn Bundesministers bekommen, in der drinnen steht, dass die Statistik für das Jahr 2000 noch nicht vorliegt. Ich weiß nicht, woher Sie die genauen Daten haben; sie würden mich auch interessieren, vor allem in der Aufteilung. Aber Stand des Ministeriums von gestern war: Die Drogenstatistik für das Jahr 2000 gibt es noch nicht. – Es wäre gut, wenn wir den gleichen Wissensstand hätten, denn dann könnten wir darüber diskutieren.

Ich möchte noch auf ein weiteres Problem eingehen. Die Drogendiskussion im Rahmen dieser Debatte war heute zur Abwechslung relativ dezent, aber nichtsdestotrotz nun ein paar Dinge, die mir wichtig erscheinen.


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67. Sitzung / Seite 54

Der erste Punkt: Ich habe eine relativ umfangreiche Anfrage an Sie, Herr Bundesminister, gestellt, was das Drogenproblem betrifft. Es ist mir schon aufgefallen, dass es in Österreich nicht möglich ist, im Zuge von Verurteilungen bei der Drogenstatistik zwischen Cannabis-Produkten und zwischen – na ja, sagen wir es einmal salopp – all dem, was harte Drogen sind, zu unterscheiden. Es gibt in der österreichischen Drogenstatistik keine Unterscheidung nach verschiedenen Drogen. (Abg. Dr. Pumberger: Die Grünen waren für eine Freigabe von Marihuana!)

Ich frage mich schon: Wie soll eine sinnvolle Drogenpolitik stattfinden, ohne dass man zumindest über Daten gemeinsam diskutieren kann? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Diesbezüglich müsste doch ein gemeinsames Interesse bestehen, auch wenn wir inhaltlich sehr unterschiedlicher Auffassung sind, damit man zumindest eine Basis hat, über die man diskutieren kann. Herr Minister, Sie sind ja noch nicht so lange im Amt, vielleicht werden Sie veranlassen, dass da eine Aufteilung beziehungsweise eine klare Zuordnung in Zukunft möglich ist. Wie gesagt, das hat mit einer inhaltlichen Frage noch nichts zu tun, da geht es lediglich um Grundlagen der Drogenpolitik.

Herr Kollege Kößl hat in einem Zwischenruf – ich sehe ihn momentan nicht – auf die Anmerkung der Frau Kollegin Wurm, dass es zu einer stärkeren Kriminalisierung kommen wird – diese Anmerkung der Kollegin Wurm teile ich auch –, gemeint: Aber die Leute werden ja dann einer Drogentherapie zugeführt! – Das ist für mich etwas Neues, denn es gibt in Österreich keine Zwangstherapie. Ich hoffe, dass es sie auch nie geben wird. Der Punkt ist, dass Leute, die drogensüchtig sind, nur dann – und das besagt wirklich jede wissenschaftliche Studie – therapiert werden können, wenn sie das wollen, und nicht dann, wenn Sie es politisch vorgeben. Zu einem Drogenentzug ist der Wille das wesentliche Kriterium.

Dazu zu sagen, die werden dann stärker kriminalisiert, aber dafür therapiert, zeugt von Unkenntnis in diesen Belangen. Damit geht man an der Realität komplett vorbei. Das zeigt meiner Meinung nach auch das Unverständnis von dem, was sich bei Drogensüchtigen wirklich abspielt.

Herr Bundesminister! In der Anfrage, die ich schon zitiert habe, habe ich Ihnen auch konkret die Frage gestellt, wie Sie mit dem Problem "Drogen in Strafanstalten" umzugehen gedenken, und zwar im Speziellen, wie Sie mit dem Problem umzugehen gedenken, dass es durch Drogenkonsum in den Strafanstalten, der meiner Meinung nach – da mache ich Ihnen auch keinen Vorwurf – mit Sicherheit nicht verhinderbar ist, zu einer massiven Ansteckungsgefahr kommt.

Es gibt internationale Projekte, wobei man versucht, durch Nadelaustauschprogramme auch in den Haftanstalten zu einer Schadensminimierung zu kommen. Ihre Antwort auf die sehr konkreten Fragen, was Sie vorhaben, war einzig und allein, dass Desinfektionsmittel zur Verfügung gestellt werden. Die Frage wurde nicht wirklich beantwortet. Vielleicht können Sie es hier tun.

In anderen europäischen Ländern gibt es diese Nadelaustauschprogramme schon. Da sagt niemand, es sei wünschenswert, das zu machen. Im Übrigen – Zwischensatz –: Das Programm der drogenfreien Zone in den Gefängnissen halte ich für sehr sinnvoll. Ich befürworte das auch. Aber nichtsdestotrotz sollte man auch bei jenen, die drogensüchtig sind, noch dazu unter den verschärften Bedingungen in den Haftanstalten, zur Kenntnis nehmen, dass man es allein mit dem Vorsatz, es soll nicht passieren, nicht verhindern kann.

Daher würde ich es für wirklich sinnvoll halten, solche Maßnahmen, wie sie momentan international gesetzt werden – ich sage es noch einmal: Nadelaustauschprogramme –, in Österreich zu überdenken und zu dem zu kommen, was in der Drogenpolitik als "harm reduction", nämlich Schadensminimierung, verstanden wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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12.21

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Weitere Wortmeldung: Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

12.21

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Maier hat sich hier herausgestellt und im Rahmen seiner tatsächlichen Berichtigung behauptet, dass das RIS kostenpflichtig wäre.

Das ist falsch! Ich habe hier den Bericht des Budgetausschusses. Herr Kollege Maier, Sie haben offensichtlich verschlafen, was im Budgetausschuss beschlossen worden ist. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei den Freiheitlichen: Wie so oft üblich!)

In 499 der Beilagen wurde in Artikel 1 Ziffer 5 Folgendes beschlossen – ich zitiere –:

"Die vom Bund erstellten Daten des RIS und der Inhalt des Bundesgesetzblattes sind im Internet bereitzustellen."

Von kostenpflichtig ist hier nicht die Rede. Wir haben damit in Europa einen einzigartigen Zustand: dass nämlich über Internet der Zugang zum Recht unentgeltlich ist. Das gibt es in ganz Europa nicht, in dieser Hinsicht sind wir vorbildlich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dass Sie die Gesetzgebung verschlafen, das sind wir aber schon gewohnt! (Lebhafter Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Auer  – in Richtung SPÖ –: Entschuldigen Sie sich für diese unwahre Behauptung!)

12.22

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wünscht die Frau Spezialberichterstatterin das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall. (Unruhe im Saal. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

Wir kommen nun zur Abstimmung über die Beratungsgruppe V des Bundesvoranschlages für das Jahr 2002.

Diese umfasst das Kapitel 30 des Bundesvoranschlages in 500 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu, einschließlich der vorgebrachten Druckfehlerberichtigung, ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Gemäß § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die Abstimmung über die in der Verhandlung der Beratungsgruppe V des Bundesfinanzgesetzes eingebrachten Entschließungsanträge sogleich vorzunehmen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen betreffend Verbrechensopferschutz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Minderheit, und somit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Jarolim und Genossen betreffend mehr Rechte für Opfer von Straftaten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies die Minderheit, und somit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Ofner und Genossen betreffend Weiterentwicklung und Intensivierung des Opferschutzes.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Antrag ist einstimmig angenommen. (E 80.)

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Maier und Genossen betreffend Neukodifikation des zivilrechtlichen Konsumentenschutzgesetzes – "KSchG-NEU".

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies die Minderheit, und somit ist der Antrag abgelehnt.

Beratungsgruppe VIII

Kapitel 60: Land-, Forst- und Wasserwirtschaft

Kapitel 61: Umwelt neu

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zur Verhandlung über die Beratungsgruppe VIII, Kapitel 60 und 61.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wimmer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

12.25

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es wird wahrscheinlich nicht so einfach sein, vom Kapitel "Justiz" direkt zum Kapitel "Landwirtschaft" zu wechseln, aber ich werde es trotzdem versuchen, Sie dorthin zu bringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die Mittel für die Landwirtschaft wurden im Budget des vergangenen Jahres um 2,4 Milliarden Schilling erhöht. Dieselbe Höhe wurde diesmal fortgeschrieben. Das ist grundsätzlich nichts Schlechtes, es fällt aber auf, dass es in diesen beiden Budgets nur zwei Ressorts gegeben hat, wo eine Erhöhung stattgefunden hat. Diese zwei Ressorts waren das Verteidigungsressort und eben das Landwirtschaftsressort.

Nun aber zur Verteilung: Herr Bundesminister, wie werden die Gelder an die Betriebe verteilt? – Ich weiß nicht genau, wie viele Anträge wir Sozialdemokraten auf gerechte Verteilung der Agrarförderung schon eingebracht haben; ich weiß nur eines: Sie sind bisher allesamt mit ÖVP- und FPÖ- Mehrheit abgeschmettert beziehungsweise abgelehnt worden. Das heißt, dass es von Ihrer Seite – und das unterstelle ich Ihnen einmal – überhaupt kein Interesse daran gibt, die vielen Milliarden Schilling, die in diesem Bereich verteilt werden, gerechter zu verteilen.

Herr Bundesminister, es kann doch nicht sein, dass es immer noch Betriebe gibt, die Förderungen in Millionenhöhe bekommen, die 10 Millionen, 12 Millionen, 18 Millionen, ja sogar 20 Millionen Schilling an jährlicher Förderung kassieren! Bei solch absurden Beträgen geht es doch nicht mehr um existenzsichernde Maßnahmen. Es geht dabei ganz klar und deutlich um eine Gewinnmaximierung bei Großbauern auf Kosten der Steuerzahler. Und das ist unsozial, ungerecht und unmoralisch! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf von dieser Stelle aus sagen, Herr Bundesminister: Solange Sie auf der einen Seite mit Millionenbeträgen vor allen Dingen die Bauern in den Gunstlagen massiv fördern und auf der anderen Seite die Bergbauern ihrem Schicksal überlassen, die Bergbauern im Regen stehen lassen, so lange werden Sie uns nicht als Verbündete haben.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es wird immer sehr viel vom "Feinkostladen Österreich" gesprochen. Aber unsere Biobauern haben überhaupt keine Chance, zu überleben. Ihnen wird die finanzielle Grundlage entzogen. Wenn wir daran denken, dass schon im letzten Budget die Mittel für die Beratung, die bis dahin 14 Millionen Schilling betrugen, auf 11 Millionen Schil


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ling gekürzt wurden und diese heuer nicht erhöht werden, dann wissen wir ungefähr, welchen Stellenwert die Biobauern bei Ihnen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Was heißt das? Welche Konsequenzen bringt das mit sich, meine sehr geschätzten Damen und Herren? – Das hat zur Folge, dass allein im vergangenen Jahr 5 000 Biobetriebe allein in Tirol das Handtuch geworfen haben. (Bundesminister Mag. Molterer: Wie viel?) 5 000 Biobauern allein in Tirol im vergangenen Jahr. – Das heißt, dass Biobauern in Österreich wirklich nicht überleben können. Das ist aber kein Wunder bei dieser unsozialen Förderungspolitik.

An die Adresse der Regierungsfraktionen sei gerichtet: Sie haben überhaupt kein Interesse an unseren Biobauern, an unserer Biolandwirtschaft, sonst könnte eine solche Politik nicht vollführt werden! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Kaufst du beim Biobauern ein?)

Noch ein anderes Beispiel, meine sehr geschätzten Damen und Herren: Seit Jahren wird von uns ein Sockelbetrag verlangt, und er wurde von Ihnen, Herr Bundesminister, schon vor Jahren zugesagt, aber bis heute ist dieser Sockelbetrag nicht eingeführt, bis heute ist dieser Sockelbetrag nicht umgesetzt. Daher fordere ich Sie auf: Lösen Sie endlich Ihr Versprechen ein! Die Bergbauern brauchen diese Hilfe, um überleben zu können. Sonst ist es zu spät, Herr Bundesminister. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein nächster Kritikpunkt ist Ihre Wasserpolitik. Wir wissen, dass es 700 000 Österreicherinnen und Österreicher gibt, die Trinkwasser nicht in ausreichender Qualität zur Verfügung haben. Wir wissen, dass die Sanierungsgebiete festgehalten und festgesetzt sind, aber wann werden Sie endlich die entscheidenden Schritte zur Grundwasserverbesserung setzen? Wann werden Sie die Wirtschaftsbeschränkungen für diese Sanierungsgebiete festlegen? Vielleicht kann man auch darüber nachdenken, diesen Sanierungsgebieten sogar Wirtschaftsverbote aufzuerlegen.

Herr Bundesminister! Es gibt sehr viele Fragen, die Sie bisher nicht beantwortet haben. Ich möchte abschließend feststellen: Wir erkennen in diesem Budget nicht einen Funken von Umdenken in Richtung Ökologisierung, in Richtung mehr Gerechtigkeit. Es gibt zum Beispiel kein Umdenken bei der Förderungspolitik. Es wird weiterhin die Förderungsmillionäre geben, und die Bergbauern bleiben weiterhin in ihrer Existenz bedroht und schauen durch die Finger. Es gibt auch kein Signal in Richtung ökologische Landwirtschaft. Tausende Biobauern werden in naher Zukunft aussteigen, weil sie so nicht überleben können.

Das ist nicht unsere Landwirtschaftspolitik, nicht die Landwirtschaftspolitik der Sozialdemokraten, meine sehr geehrten Damen und Herren, und daher werden wir dieses Budget in dieser Form nicht mittragen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.31

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Achatz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.32

Abgeordnete Anna Elisabeth Achatz (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Kollege Wimmer, Sie haben hier bedauert, dass nach wie vor die Gunstlagen bevorzugt werden, dass nach Hektarzahl und nach Tierzahl gefördert wird. Sie haben Recht mit dieser Kritik – aber all das war vor dem EU-Beitritt bekannt! Das ist die EU-Agrarpolitik, und der haben Sie immer zugestimmt! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Böhacker: Ohne Wenn und Aber!)

Herr Kollege Wimmer! Ihre Fraktion hat bis 1999 jedem Agrarbudget zugestimmt, das mit den gleichen Förderkriterien ausgestattet gewesen ist, und auch die Zahlen waren die gleichen. Aber jetzt stellen Sie sich hier heraus und können auf einmal nicht mehr mitstimmen. Sie tun das nur, weil Sie nicht mehr in der Regierung sind. Aber das ist unfair, und Ihre Kritik ist auch nicht sachlich, Herr Kollege Wimmer, obwohl sie in Bezug auf die falschen Förderkriterien richtig ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Ich kann für meine Fraktion nur sagen: Wenn mich jemand fragt: Sind Sie zufrieden mit dem Agrarbudget?, dann muss ich sagen: Nein, ich bin es nicht, aber ich muss zugeben, es ist das Maximum des Möglichen, was dank der chaotischen Budgetpolitik der roten Finanzminister eben möglich ist. Sie von der SPÖ haben uns eine katastrophale Budgetsituation hinterlassen, und dafür müssen jetzt auch leider Gottes die Bauern büßen. Das ist einfach eine Tatsache. (Abg. Schwemlein: Wo? Die Bauern kriegen doch mehr! – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer. )

Wir können heute ruhig über die Agrarpolitik in Österreich diskutieren, aber das geht nicht, ohne dass wir das Gesamte sehen. Darin müssen Sie mir Recht geben, Herr Kollege Wimmer und Herr Kollege Gradwohl: In Österreich wird nichts anderes als die EU-Agrarpolitik vollzogen. (Abg. Gradwohl: Nein! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Selbstverständlich!

Diese EU-Agrarpolitik ist gescheitert, und sie wurde nicht nur zur österreichischen Katastrophe, sondern diese EU-Agrarpolitik ist zur europäischen Katastrophe geworden.

Man muss sich einmal vorstellen, dass in Großbritannien in den letzten Jahren viereinhalb Millionen Rinder verbrannt und vernichtet worden sind. Jetzt kommt noch die Maul- und Klauenseuche dazu, und es werden weitere Hunderttausende Rinder und Schafe verbrannt. In Großbritannien wird jede zweite Farm diese Krise nicht überstehen, und die Politiker nennen diese Vernichtung "aus der Nahrungskette nehmen".

In Österreich wurden bis jetzt über 40 000 Tests gemacht. Es gab Gott sei Dank keinen einzigen BSE-Fall, aber die Rinderbauern mussten Einkommenseinbußen von 30 bis 40 Prozent hinnehmen. Und der Konsument merkt nichts davon, das Fleisch ist für den Konsumenten nicht billiger geworden, ganz im Gegenteil, man spricht bereits von Preiserhöhungen.

Dabei ist noch etwas bemerkenswert: Der Absatz von Rindern ist in Österreich kaum zurückgegangen. Die Agrarmarkt Austria hat kaum weniger Marketing-Beiträge als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Jetzt frage ich mich: Die Rinderbauern haben 30 bis 40 Prozent Einkommenseinbußen, die Konsumenten müssen zum Teil höhere Preise bezahlen – wer profitiert von dieser Maul- und Klauenseuche? Wer profitiert davon? (Abg. Schwemlein: Wer? Geben Sie eine Antwort, statt eine Frage zu stellen! – Abg. Parfuss: Wer? – Weitere Rufe: Wer? – Abg. Schwemlein: Wer? – Abg. Schwarzenberger: Die Lehrer!)  – Ich werde es Ihnen schon sagen.

Jetzt kommt noch die Maul- und Klauenseuche dazu, und wieder beginnt das große Schlachten. Europa ist ein einziges Schlachtfeld, und überall brennen die Tiere, oder das Fleisch wird verbrannt. Aber Brüssel sieht keine Notwendigkeit, die Agrarpolitik auf die Tagesordnung des EU-Gipfels zu setzen.

Ich frage mich: Dürfen oder wollen die Herrschaften in Brüssel nicht darüber diskutieren?

Stimmt vielleicht, was Herr Karl Turecek in seinem Kommentar "Bauern Opfer" in der "Welser Rundschau" schreibt? Herr Karl Turecek schreibt – ich zitiere –:

"Gewählte Erfüllungsgehilfen von General Food, Nestlé & Co." – zum Beispiel Unilever – "haben die Hälfte der Landwirte wegregiert und Preise in den Keller geknüppelt. Weil Konzerne den Bauern millionenfach den Hals abschneiden, müssen Steuerbürger die Hälfte aller Bauernlöhne zahlen. Auch deshalb und für die Tintenburgen enteilen Steuerquoten Richtung 50 Prozent." – Zitatende.

Über die weltweite Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche brauchen wir uns ja nicht mehr zu wundern. Was ist der Hintergrund? – Globalisierung, Deregulierung und der freie Warenverkehr. Dieser zeigt jetzt sein wahres Gesicht, und das ist eine Fratze. (Abg. Schwemlein: Sind Sie ein Pro- oder Contra-Redner?)

Heutzutage werden in Europa jährlich rund 250 Millionen Tiere kreuz und quer über lange Strecken transportiert. (Abg. Zweytick: Derzeit nicht!)  – Vielleicht derzeit nicht, Herr Kollege, aber bis jetzt war es so.


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67. Sitzung / Seite 59

Englische Ferkel werden in Spanien gemästet, in Holland geschlachtet, in Deutschland zerlegt und irgendwo auf der Welt gegessen. Die Nahrungsmittelkonzerne nützen natürlich beinhart jede Kosteneinsparung aus, und für diese Konzerne ist auch die Agenda 2000 gemacht worden. Preiskürzungen beim Interventionspreis von bis zu 30 Prozent werden Millionen Jobs in der Landwirtschaft kosten. In Österreich könnte diese Politik bis 2007 70 000 Arbeitskräfte in der Landwirtschaft kosten. (Abg. Dr. Kostelka: Und was machen wir da?)

Herr Kollege Kostelka! Sie haben mich gefragt: Was machen wir? – Dringend notwendig ist eine Revision der Agenda 2000. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir haben dagegen gestimmt, Sie haben zugestimmt, aber wir werden sie revidieren müssen. (Der auf der Regierungsbank sitzende Bundesminister Mag. Molterer dreht der Rednerin den Rücken zu und wechselt ein paar Worte mit dem den Vorsitz führenden Präsidenten Dipl.-Ing. Prinzhorn. – Abg. Dr. Kostelka: Der Minister hört Ihnen gar nicht mehr zu!)

Dringend notwendig ist auch, dafür zu sorgen, dass die österreichischen Bauern mit selbstbewusstem Auftreten gegenüber Brüssel zu unterstützen sind, zum Beispiel im Milchsektor, Herr Bundesminister. (Abg. Dr. Kostelka: Da müssen Sie sich umdrehen! Das müssen Sie dem Minister sagen!)

Herr Bundesminister Molterer! Die Bauern haben kein Verständnis für die Superabgabe. Die österreichischen Bauern zahlen 22 Prozent der europäischen Superabgabe, haben aber nur 2 Prozent des Milchkontingents. Und weil die alte Regierung und mein besonderer Freund, Kommissar Fischler, so schlecht verhandelt haben, sollen jetzt die Bauern die Zeche zahlen, noch dazu, Herr Bundesminister, angesichts dessen, dass es in Österreich bereits zu wenig Milch gibt. Aus Ungarn wird im großen Stil Frischmilch und aus Neuseeland wird Trockenmilch importiert. Und unsere Bauern zahlen Millionen Schilling Strafe dafür, dass sie angeblich zu viel Milch produzieren!

Herr Bundesminister! Da haben wir Handlungsbedarf. Es ist auch für die Rinderbauern nicht verständlich, dass die Rinderprämien erst im Juni und nicht jetzt ausbezahlt werden. Auch bezüglich der nicht ausgeschöpften Quote für männliche Rinder in Richtung Mutterkuh-Haltung und Kalbinnen-Prämie müsste rasch mit der EU verhandelt werden, Herr Bundesminister.

Was der freie Warenverkehr und die gemeinsame Agrarpolitik für die österreichische bäuerliche Landwirtschaft bedeuten, war vor dem EU-Beitritt bekannt, und wir Freiheitlichen haben davor gewarnt.

Die oberösterreichischen Schweinebauern halten im Schnitt 40 Schweine; 100 ist der EU-Durchschnitt. Die Durchschnittsquote beim Hektarbesitz in Österreich ist 15 Hektar, im EU-Durchschnitt beträgt sie 20 Hektar. Auf jeden Hektar kommen in Holland 190 Kilo Agrochemie, im EU-Durchschnitt 70 Kilo, und in Österreich nur 33 Kilo. Und trotzdem werden die österreichischen Bauern für diese wirklich gute, gesunde und bodenschonende Produktion bestraft, weil sie dem freien Warenverkehr ausgesetzt sind.

Die Änderung der Landwirtschaftspolitik ist ein Gebot der Stunde, und die Aufgabe der Agrarpolitik muss in erster Linie sein, die Ernährung der heimischen Bevölkerung durch die Produkte der eigenen Bauern sicherzustellen. Erst dann darf der Import kommen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Durch die wahnwitzige Idee der Globalisierung ist es den Handelsmultis gelungen, die Verbraucher von den Produzenten zu trennen. Und diese Handelsgiganten, die den Erzeugern die Preise diktieren (Abg. Schwemlein: Langsam reden! ... Schaum vor dem Mund!), bestimmen auch die Spannen und den Verkaufspreis selbst. – Herr Bundesminister! Da muss die Politik eingreifen. Da besteht Handlungsbedarf (Beifall bei den Freiheitlichen)  – aber nicht in der Form, wie Ihr Kommissar Fischler es gemacht hat, denn man muss sich ja ... (Abg. Schwemlein: Redezeit! Ist das Ihr besonderer Freund?) – Er ist ein besonderer Freund von mir, aber ich liege da nicht so unrichtig.


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67. Sitzung / Seite 60

Viele Bauern bestätigen mir, dass meine Vorbehalte richtig sind. Ich erinnere nur daran, was Kommissar Fischler vor kurzem in der Europäischen Kommission beschlossen hat, nämlich die Doppelnullabkommen. Passen Sie auf, das ist sehr interessant! Dazu heißt es: Die im Jahre 2000 mit den Osterweiterungskandidaten abgeschlossenen Doppelnullabkommen stellen nach Ansicht der EU-Kommission eine äußerst wichtige Etappe bei der Vorbereitung des Beitritts und bei der gegenseitigen Öffnung der Schweinefleischmärkte dar.

Auf Grund dieser Abkommen können die Beitrittsländer jährlich 125 000 Tonnen Schweinefleisch zum Nullzollsatz in die EU einführen, und diese Menge erhöht sich jährlich um 13 800 Tonnen! – Damit ist der Nahrungsmittel- und Fleischtourismus bereits auf die Reformstaaten ausgeweitet.

Herr Bundesminister! Wir sind überzeugt, das ist der falsche Weg. Das gehört korrigiert. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Bravo! Das war ein "euphorischer" Applaus!)

12.43

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 12 Minuten. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger.  – Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Fangen Sie nicht schon wieder an, Herr Kollege Pumberger, sonst kriegen Sie noch einmal eine aufs Dach!)

12.43

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Die Debatte über das Agrarbudget gibt auch die Möglichkeit, auf die derzeitige Krise der Agrarpolitik und auf mögliche Zukunftsstrategien einzugehen. (Abg. Dr. Pumberger: Entschuldigen Sie sich!)

Ich finde, Frau Kollegin Achatz hat hier eine Oppositionsrede gehalten. Es wäre auch schön, wenn sich das eine oder andere in einer Ausschussaktivität oder in einem Entschließungsantrag niederschlagen würde. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Gradwohl und Schwemlein. )

Aber eines hat Kollegin Achatz völlig aus dem Auge verloren, nämlich den Umstand, dass die EU-Kommission sehr wohl weiß, dass sie in der Sackgasse ist. Ich denke etwa an die APA-Meldung von gestern, in der Kommissär Fischler ganz klar feststellt: Wir sind dafür verantwortlich. Die BSE-Krise – so sagt er wörtlich – ist mit der EU-Agrarpolitik in Zusammenhang zu sehen, und wir haben uns nicht oft genug gefragt, ob die Industrialisierung der Landwirtschaft richtig war. – Zitatende. (Abg. Dr. Pumberger: Entschuldigen Sie sich!)

Meine Damen und Herren! Das sagt Fischler, und das ist ein klares Schuldbekenntnis. Das müssen wir auch einmal deutlich hier feststellen. Dieses Schuldbekenntnis bedeutet, dass nicht klar genug und nicht wirklich zielgenau Landwirtschaftspolitik und Konsumentenschutzpolitik in Europa gemacht wurde. Das ist nämlich die Herausforderung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie können so etwas nicht wegschieben, Herr Kollege Auer. Das ist das Problem! Sogar der Wirtschafts- und Sozialausschuss der EU hat im Oktober 1999 zum Thema Europäisches Agrarmodell festgestellt: Von der europäischen Landwirtschaft wird viel erwartet, etwa dass sie wettbewerbsfähig sein soll auf dem Binnenmarkt wie auf den Weltmärkten, durch eine verstärkte Orientierung der Erzeugerpreise nach unten, von der Verarbeitungsindustrie und vom Lebensmittelhandel wird dies erwartet. Und gleichzeitig sagt der Ausschuss: Selbstverständlich ist das ein Zielkonflikt mit strengeren Auflagen in der Tierhaltung und im Lebensmittelsektor. (Abg. Dr. Pumberger: Haben Sie sich schon entschuldigt? Sonst dürfen Sie über die Republik nicht reden!)

Herr Kollege Pumberger! Wissen Sie was? Hören Sie mir zu und versuchen Sie, die Argumentation ein bisschen nachzuvollziehen! Sie wissen ganz genau, dass der österreichische


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67. Sitzung / Seite 61

Schweinesektor in der Krise steckt – ein Skandal von ungeahntem Ausmaß! Das bestätigen auch alle Untersuchungen, die derzeit durchgeführt werden. (Beifall bei den Grünen.)

17 Prozent der Proben waren hemmstoffpositiv, Herr Kollege Pumberger. Sie sind doch Arzt, oder? Verfolgen Sie die Konsumenteninteressen oder wollen Sie nur polemisieren? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Achatz: Sie kriminalisieren schon wieder die österreichischen Bauern!) Ich glaube, hier geht es um inhaltliche Argumentationen.

Ich möchte auch kurz auf die Maul- und Klauenseuche eingehen, die derzeit größte Krise der europäischen Agrarpolitik. Erinnern wir uns: Wie ist diese Krise entstanden? – Die Maul- und Klauenseuche hat mit Änderungen in der europäischen Agrarpolitik zu tun. Letztlich wurden die Impfungen 1992 abgeschafft. Und welches Land hat die Abschaffung der Impfungen verlangt? – Bitte, das war Großbritannien! Auf Antrag Großbritanniens wurden die Impfungen gegen die Maul- und Klauenseuche damals abgeschafft, und es kam das Eradication-Strategieprogramm. Damit wurde Virusfreiheit zum obersten Prinzip erhoben.

An diesem Beispiel sehen Sie, wie kontraproduktiv das in einer globalisierten Welt ist, die auch auf den Agrarmärkten offen ist, die auf dem Agrarsektor eine Globalisierung zum Ziel hat. Man kann das nicht mehr zielgenau verfolgen, weil diese Seuche weltweit natürlich nicht auszurotten ist. Sie kommt in der Türkei vor, wie wir wissen, es gibt sie in den asiatischen Ländern, in China und in vielen Ländern der Welt. Sie wird immer wieder auftreten.

Derzeitige Hochrechnungen in Großbritannien gehen von 2,9 Millionen Tieren aus, die insgesamt zu vernichten sind, und dabei sehen Sie, wie perfid dieses System ist, weil es eigentlich zielgerichtet die Vernichtung der landwirtschaftlichen Produktionsmöglichkeiten als Lösungsstrategie vorsieht.

Herr Bundesminister! Es wäre, wie ich meine, richtig, zu überlegen, ob nicht doch eine Impfungsstrategie nachhaltig korrekter wäre. (Bundesminister Mag. Molterer schüttelt verneinend den Kopf.)  – Sie schütteln den Kopf. Aber, wie gesagt, wenn man die andere Strategie verfolgt, dann muss man von Massenvernichtungen in Millionenhöhe ausgehen. (Bundesminister Mag. Molterer: Nein!) Wenn man das will, dann braucht man nicht zu impfen.

Ich betone, das ist eine falsche Entwicklung! Das ist der Landwirtschaft nicht würdig und ist auch nicht korrekt in Bezug auf unsere Tierhaltung, weil Seuchen immer wieder auftreten werden.

Ich gebe Ihnen noch ein anderes Beispiel. Wenn die niederösterreichischen Ferkelerzeuger jetzt angesichts der Krise der Lebensmittelproduktion und des Schweinesektors beschließen, nicht mehr gegen Mykoplasmen und nicht mehr gegen Rotlaufkrankheiten zu impfen, dann sage ich Ihnen, das ist skandalös! Das geht am Problem vorbei, und das zeigt, wie wenig Problembewusstsein hier vorhanden ist, denn die Lösung kann nicht heißen, weniger zu impfen! Alle Veterinärexperten sagen, dass diese Impfungen die Notwendigkeit des Medikamenteneinsatzes reduzieren, also dass vorbeugende Impfungen etwa auch weniger Antibiotikaeinsatz ermöglichen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Leiner. )

Eines ist sicher: Die europäische Agrarpolitik ist gescheitert, und die Agenda 2000 ist neu zu verhandeln, keine Frage. Da bin ich bei Frau Kollegin Achatz.

Aber wie lauten jetzt die Antworten Österreichs auf diese Krise? Welche Antworten geben Sie, Herr Bundesminister, in diesem Budget oder auch im Rahmen der laufenden Debatten? (Beifall bei den Grünen.)

Das ist die Herausforderung, und dazu wollen wir von Ihnen Antworten hören. Ich habe Sie immer wieder dazu befragt und wollte wissen: Wohin geht die Entwicklung?

Ich denke, eine klare Konsequenz in Europa muss ein Abstockungsprogramm für die industrielle Tierhaltung sein. Dieses Abstockungsprogramm ist unumgänglich, Herr Bundesminister. Es ist auch in Österreich notwendig. Ich sage das ganz offen, auch wenn wir andere Strukturen haben. Natürlich, ich stehe dazu, wir haben eine historisch anders gewachsene Landwirtschaft mit


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hohem Bergbauernanteil, aber wir haben auch landlose Tierhaltung und wir haben industrielle Produktionsformen in kleinem Ausmaß. Aber es ist derzeit eine Tendenz in eine Richtung zu erkennen, die in unseren Augen sehr gefährlich ist, und zwar generell für die Landwirtschaft und auch für die Konsumentenschutzpolitik. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es wäre zum Beispiel wünschenswert gewesen, Herr Bundesminister, wenn man im Rahmen der gesamten Futtermittelanalytik verstärkt auf hochqualitative österreichische Futtermittel gesetzt hätte, eine österreichische Eiweißproduktion zu forcieren und Gentechnikfreiheit bei österreichischen Futtermitteln zu einem neuen Qualitätsstandard zu machen.

Ich fordere Sie auf, Herr Bundesminister, machen Sie hier einen Schritt vorwärts in Richtung nachhaltige, zukunftsorientierte Strategien für die bäuerliche Landwirtschaft! Und die kann nur gentechnikfrei sein; das ist eine klare Sache, wenn man an die Geschichte mit den großen Konzernen denkt, die Kollegin Achatz hier aufgezeigt hat.

Natürlich stimmt es, dass diese großen Handels- und Agrarkonzerne Interesse an den Bauern nicht vorwiegend als Produzenten, sondern als Konsumenten ihrer Produkte haben. Und da geht es darum, diese Betriebsmittel für die österreichische Landwirtschaft zu sichern. Das ist das Saatgut, das sind auch die Tiere, das ist die Vielfalt, die Biodiversität, die noch sehr groß in diesem Land ist – all das ist zu schützen und entsprechend zu sichern.

Aber jetzt zur ÖVP-Position. Es ist schon traurig, dass Sie die ganze Krise derzeit nur dazu nutzen, überall Feinde und Gegner zu wittern. Das ist eigentlich eine vertane Chance. Wenn Sie im "Bauernbündler" am 1. März 2001 als große Schlagzeile schreiben: "Anschlag auf Bauern", weil Grüne fordern, dass die Lebensmittelkontrolle auch in den Ställen, auch in der Landwirtschaft stärker Fuß fassen soll, dann verstehe ich die Welt nicht mehr. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das, Herr Bundesminister, schützen Sie, das decken Sie mit Ihrer Politik! Sie sprechen immer von einer klaren Trennung von Kontrolle und Produktion – aber wie sieht es tatsächlich aus im Bereich der Veterinärkontrolle in den Ländern? (Abg. Auer: Der Herr Verbandskontrollor!) Ich erkläre es Ihnen, Herr Kollege Auer: Die Veterinärkontrolle in den Ländern ist im Agrarressort angesiedelt und gehört nicht zum Lebensmittelsektor. Das ist die Herausforderung! (Abg. Wenitsch: Funktionieren muss es, Herr Kollege!) Auf Bundesebene ist dieser Sektor im Lebensmittelressort "zu Hause", aber auf Landesebene ist der jeweilige Agrarlandesrat, der Landeshauptmann für diesen Sektor zuständig. Das ist eine echte Interessenkollision. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Molterer. ) Da müssen Sie etwas tun, Herr Bundesminister, wenn Sie von Trennung sprechen!

Im Bio-Landbau, Herr Kollege Auer, ist es getrennt. Die Bio-Kontrolle ist bei der Lebensmittelkontrolle angesiedelt und nicht beim Landwirtschaftsressort, nicht bei der Agrarabteilung. Das ist ein riesiger Unterschied. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte Ihnen hier auch zeigen, wie die ÖVP ihre eigenen Funktionäre hinters Licht führt. In einer Aussendung des Niederösterreichischen Bauernbundes "Blickpunkt Agrar – Information der Funktionäre" wird festgestellt – und das finde ich unglaublich –, dass in Österreich ohnehin alles in Ordnung ist und die Funktionäre den Konsumenten gefälligst klarmachen sollen, dass es hier nur um ein paar schwarze Schafe geht. Aber die Conclusio lautet dann: Das Ganze beweist, "dass eine Neuregelung bei der Verteilung der EU-Gelder nach ökologischen Gesichtspunkten und damit eine Wende in der EU-Agrarpolitik nicht nötig ist." – Das ist die Information der ÖVP-Agrarfunktionäre, des ÖVP-Bauernbundes an ihre Funktionäre!

Und Sie wundern sich noch, Herr Bundesminister, dass sich die Bauern draußen nicht mehr auskennen, dass sie Tierärzten in die Falle laufen, die mit Dumpingpreis-Medikamenten hausieren gehen, wenn Ihre eigenen Funktionäre den Bauern immer klarmachen wollen, dass keine Änderung der europäischen Agrarpolitik notwendig ist?! – Das ist skandalös, ich sage Ihnen das!


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Ich erwarte mir eine Antwort von Ihnen, Herr Kollege Schwarzenberger, eine Erklärung, was Sie unternehmen werden, dass solche Verunglimpfungen, auch grüner Forderungen und berechtigter Forderungen, im Rahmen des Bauernbundes und seiner Mitteilungen endlich abgestellt werden. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Zweytick: Was machen denn die Grünen?)

Sie, Herr Bundesminister, haben sich gestern – und das scheint mir ganz wichtig zu sein – im Rahmen des Forums Alpbach für eine Sockelförderung bei sämtlichen Agrarförderungen ausgesprochen. Sie haben dort von einer Staffelung nach der Größe der Höfe gesprochen.

Wenn ich mir das anschaue: Lippenbekenntnisse im Rahmen eines Symposiums in Alpbach, und gleichzeitig sind Sie nicht bereit, in diesem Budget die mögliche Modulation der Agrarförderung umzusetzen, wie das Frankreich und Großbritannien gemacht haben, dann muss ich sagen, das ist einfach unglaublich. Das ist eben nicht das "Maximum des Möglichen", wie Frau Achatz sagt, sondern das ist ganz einfach die Verweigerung, mögliche Reformschritte auch schon im Rahmen der Agenda 2000 voll auszuschöpfen. Herr Bundesminister! Diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen. (Beifall bei den Grünen.)

Die Opposition hat viele gute Vorschläge in den letzten Monaten eingebracht, Sie sind aber bisher nicht auf uns zugegangen. Wir haben Ihnen ein Angebot gemacht, mit Ihnen über unseren Aktionsplan für den biologischen Landbau zu diskutieren. – Ich habe bis heute von Ihnen keine Rückmeldung in Bezug auf eine Behandlung dieses Themas bekommen. Ich würde Sie ersuchen, auch dazu nochmals Stellung zu beziehen, wann wir endlich diese Aussprache zum Aktionsplan für den Bio-Landbau haben werden. In Ihrem Konzept Bio-Landbau, das Sie im Ministerium vorgestellt haben, sind nämlich keine relevanten budgetären Aussagen gemacht worden.

Wenn wir die Konsequenzen aus dieser Krisensituation der europäischen Agrarpolitik ziehen wollen, dann möchte ich auch nicht vergessen, zwei positive Aspekte in diesem Budget anzusprechen. Positiv aus grüner Sicht ist ganz klar die zusätzliche Milliarde für die Bergbauernförderung. Die Aufstockung der Bergbauernförderung ist eine alte Forderung. Dazu sagen wir ja, das ist ein richtiger Schritt.

Ich will auch nicht verschweigen, dass positive Entwicklungen im Rahmen des AMA-Gütesiegels zu erkennen sind. (Abg. Auer: Wenn es so positiv ist, müssen Sie dem Budget zustimmen!)  – So einfach ist es nicht, Herr Kollege Auer! Ich sage nur, dass wir auch positive Signale wahrnehmen, und diese sollen auch genannt sein. Warum soll die Opposition nicht darauf hinweisen, was auch sie für tragfähig hält?

Auch richtig finden wir die Präzisierungen im Rahmen des AMA-Gütesiegels; das haben wir auch schon persönlich besprochen. Ich halte es für richtig, dass die Haltung der Tiere verstärkt in dieses Gütesiegel einbezogen wird.

Das alles jedoch wiegt nicht auf, dass wesentliche neue Zielsetzungen für die Landwirtschaftspolitik in diesem Budget nicht passieren. Ich möchte das noch einmal zusammenfassen: Das muss bedeuten eine klare Offensive für die Ökologisierung in Österreich, eine klare Offensive für eine Wende in der europäischen Agrarpolitik, und dazu sind eben auch Kurskorrekturen in Österreich notwendig. Wettbewerb um Qualität, Herr Bundesminister, ja – Wettbewerb auf dem Weltmarkt auf Kosten von Konsumenten und Bauern, nein. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Pumberger: Jetzt haben Sie sich wieder nicht entschuldigt für den "Schweinestall Österreich"!)

12.57

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.57

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Selten hat ein Oppositionsredner wie Abgeordneter


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Wimmer mit einer solchen Ahnungslosigkeit als erster Redner zum Agrarbudget gesprochen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wenn er erklärt hat, dass es allein in Tirol um 5 000 Biobauern weniger gibt als noch vor einem Jahr, muss ich ihm sagen, dass es vor einem Jahr in Tirol nur 4 300 Biobauern insgesamt gegeben hat. (Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Also es können nicht um 5 000 weniger geworden sein. (Abg. Prinz: Rechnen lernen!)

Es hat in Tirol einen Rückgang bei den Biobauern im ÖPUL 2000 gegeben, aber hauptsächlich war die Ursache dafür, dass es sich um sehr viele kleine Betriebe gehandelt hat, die nicht in der Direktvermarktung verankert waren und ihre Produkte nicht als Bioprodukte um einen besseren Preis verkaufen konnten. Das war in Tirol die Hauptursache für den Rückgang der Zahl der Biobauern.

Abgeordneter Wimmer hat auch erklärt, solange die Bergbauern nicht besser gefördert werden, können Sie von der SPÖ dem Budget nicht zustimmen. Erstens haben wir nicht erwartet, dass die SPÖ dem Landwirtschaftsbudget die Zustimmung gibt. Und zweitens hätten Sie, wenn Sie das Budget gelesen oder im Budgetausschuss aufgepasst hätten, wo das ausführlich diskutiert worden ist, bemerkt, dass wir bei der Ausgleichszulage für Bergbauern und benachteiligte Regionen eine Aufstockung von 2,65 Milliarden auf 3,95 Milliarden Schilling vornehmen. Das ist eine 50-prozentige Aufstockung für die Bergbauern.

Selbst Abgeordneter Pirklhuber hat diese Aufstockung für die Bergbauern hier anerkannt. Und die SPÖ glaubt, es hätte keine Veränderung gegenüber den Budgets 2000 und 2001 gegeben. Also man sollte sich schon über die Budgetzahlen informieren, bevor man mit solchen Dingen an die Öffentlichkeit geht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Noch ein Wort zum Abgeordneten Pirklhuber. Ich bin ja sehr gespannt, wie sich die grüne Ministerin für Konsumentenschutz und Landwirtschaft, Künast, in Deutschland verhalten wird in Bezug auf den Vorschlag von Agrarkommissar Fischler, pro Betrieb höchstens 90 Prämien zu gewähren. Das wäre eine Abstockung der Großen. Aber ich höre von Deutschland schon, dass sich diese grüne oder so genannte grüne Landwirtschaftsministerin ganz vehement dagegen wehrt, dass große Betriebe geringer gefördert werden, denn das wäre das Ende der Landwirtschaft in den neuen deutschen Bundesländern. Dort sind an und für sich noch jene Strukturen vorhanden, wie sie vor der Wende während der kommunistischen Zeit gewesen sind. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Zur Forderung nach Abstockung auch in Österreich: Herr Abgeordneter Pirklhuber, Sie wissen schon, dass wir im Durchschnitt 20 Rinder pro Betrieb in Österreich haben. Bei 20 Rindern Abstockung zu verlangen, heißt, Landwirtschaft nur mehr zu Hobbyzwecken betreiben zu können, denn leben kann man dann davon mit Sicherheit nicht mehr.

Herr Abgeordneter Pirklhuber! Es gab bis zum vergangenen Herbst in Europa keinen Überschuss mehr an Rindfleisch. Angebot und Nachfrage haben sich die Waage gehalten, und es war kein einziges Kilogramm Rindfleisch von Seiten der EU im Rahmen der Intervention eingelagert, weil die Marktleistung sofort verarbeitet und verkauft werden konnte. Wenn Abgeordneter Pirklhuber die Staffelung in der Agrarförderung bei uns nicht findet, dann muss ich ihm sagen: Er hätte die Richtlinien für die Ausgleichszulage für Bergbauern durchsehen sollen, denn in diesen ist ab 80 Hektar die Staffelung der Förderung und ab 180 Hektar überhaupt keine Förderung mehr vorgesehen. Auch im ÖPUL-Programm ist eine Staffelung der Förderung ab 100 Hektar vorhanden. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl. )

Zu seiner Klage in Bezug auf die Bio-Betriebe ist eines zu sagen: Wir haben die Finanzierung der Bürokratie verringert, aber wir haben den Bio-Bauern direkt mehr Geld gegeben, als das bisher der Fall war. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Wir hatten bisher 16 Bio-Bauernverbände gefördert, und diese 16 hatten noch zwei Dachverbände, und


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ebenso viele Bio-Siegel gab es, die zur Verwirrung bei den Konsumenten geführt haben, weil diese Flut von Bio-Siegeln nicht mehr erklärbar und nicht mehr überblickbar war.

Es gibt im jetzigen Budget für die Bio-Betriebe noch die Landesförderung; das verschweigt Pirklhuber nämlich immer. Wir haben ja die nationale Förderung für die Bauern aufgeteilt: 60 Prozent sind Bundesmittel, 40 Prozent sind Landesmittel. Wenn Sie erklären, die Bürokratie der Bio-Bauern bekäme nur mehr 11 Millionen Schilling, dann verschweigen Sie, dass aus Landesmitteln auch noch einmal 7,9 Millionen Schilling dazukommen. In Summe sind es 19,1 Millionen Schilling für 15 Bio-Bauernverbände, also mehr als 1 Million Schilling für die Bürokratie eines Verbandes. (Abg. Schwemlein: Und was sagen Sie zur Oppositionsrede von Frau Achatz?)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ganz kurz auch noch zum eigentlichen Budget; ich kann doch nicht nur den Vorrednern antworten. Vordringliche Aufgabe des Agrarbudgets, meine Damen und Herren, ist die Finanzierung der versprochenen Leistungsabgeltungen für die Bauern. Die Budgetierung der Förderungen zeigt deutlich, dass Österreich in Brüssel und in Berlin, auch bei der Agenda 2000, an und für sich gut verhandelt hat. Ich habe hier eine Tabelle aller EU-Mitgliedsländer. (Der Redner zeigt ein Balkendiagramm.) In der ländlichen Entwicklung hat Österreich mit 40 000 S pro Arbeitskraft von allen EU-Mitgliedstaaten mit Abstand die höchsten Förderungen. Im Vergleich dazu: In den Niederlanden gibt es Förderungen von 3 000 S pro Arbeitskraft im Bereich der ländlichen Entwicklung. In Österreich gibt es bereits 60 Prozent aller Förderungen im Bereich der ländlichen Entwicklung, nämlich Umweltprogramm, Bergbauernzuschuss und Investitionsförderung, und das ist auch der Schwerpunkt in der österreichischen Förderung. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Wenitsch. )

Weil immer wieder und immer stärker die Renationalisierung der Agrarpolitik gefordert wird, möchte ich hier nur zwei Beispiele bringen, die zum Überlegen anregen sollten.

Erstes Beispiel: Österreich stellt rund 2 Prozent der EU-Bevölkerung und zahlt etwa 2,3 Prozent der EU-Finanzierung, weil wir ein höheres Bruttoinlandsprodukt je Einwohner haben als der Durchschnitt. Wir bekommen aber im Bereich ländlicher Entwicklung 10 Prozent der Mittel, die die EU dafür zur Verfügung hat. Das heißt: In diesen Topf zahlt Österreich etwa 1,4 Milliarden Schilling hinein und bekommt rund 6 Milliarden Schilling jährlich heraus. Das heißt, wir bekommen um 4,5 Milliarden Schilling von der EU mehr, als wir hineinzahlen. Das sind im Programmzeitraum von sieben Jahren, von 2000 bis 2006, 41 Milliarden Schilling, die Österreich bekommt, denen aber nur 10 Milliarden gegenüberstehen, die Österreich in diesen sieben Jahren in diesen Topf hineinbezahlt.

Das heißt: Bei gleicher Zahlung an die Bauern müssten im Bundesbudget in diesen sieben Jahren 31 Milliarden Schilling mehr für die Bauern zur Verfügung stehen.

Zweites Beispiel, und zwar ein Beispiel aus der Marktordnung: England, Holland, Dänemark, Schweden, Italien, neuerdings auch Deutschland lehnen die weitere Beibehaltung der Quoten im Bereich der Milchproduktion ab. Eine Quotenregelung ist notwendig, um auch noch den Bauern in den Ungunstlagen, in den Berggebieten die Milchproduktion zu ermöglichen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn eine Renationalisierung Platz greift, dann werden diese Länder die Quotenregelung abschaffen und die Milchproduktion in den Gunstlagen vornehmen, und dann werden unsere Bergbauern überhaupt keine Chancen mehr haben. Ich bitte, auch das bei diesem Vorschlag zu bedenken.

Im Budget 2002 sind die nötigen Mittel vorhanden, um die ökosoziale Agrarpolitik, wie sie von Riegler begonnen wurde, in Österreich auch weiterzuführen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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13.07

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster spricht Herr Bundesminister Mag. Molterer. – Bitte.

13.07

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt zum Kapitel 60, Landwirtschaft, und in einer zweiten Wortmeldung zum Kapitel 61, Umwelt, Stellung nehmen. Ich sage das jetzt schon, damit das gleich eingangs klargestellt ist und Sie sich, Frau Abgeordnete Moser, dann nicht beschweren, wenn ich noch nicht auf den Bereich Umwelt eingegangen bin.

Meine Damen und Herren! In diesem Budget 2002 stehen für den Bereich Land- und Forstwirtschaft insgesamt über 27 Milliarden Schilling zur Verfügung. Wir können mit diesem Budget das, was diese Bundesregierung politisch zugesagt hat, selbstverständlich auf Punkt und Beistrich erfüllen. Erstens: Wir holen alle in Brüssel zur Verfügung stehenden Mittel der Europäischen Union für die österreichische Landwirtschaft und die ländlichen Regionen ab. Zweitens: Es ist damit auch klargestellt, dass das 40-Milliarden-Paket selbstverständlich eingehalten und umgesetzt wird, und zwar jenes Paket – das zur Erinnerung! –, das die Grundlage dafür gewesen ist, dass der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union auch aus der Sicht der Landwirtschaft gangbar wurde.

Meine Damen und Herren! Wir sind mit diesem Budget auch europaweit vorbildlich. Andere wären stolz auf diese Leistungen, die nationale Regierungen zustande bringen. Ich appelliere daher, auch in dieser Diskussion diesen Aspekt nicht außer Acht zu lassen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Vor allem den Vertretern der Opposition sei gesagt: Sie kritisieren an der Europäischen Union, dass nur 10 Prozent der Mittel für die ländliche Entwicklung und nach wie vor 90 Prozent der Mittel für die Marktordnung eingesetzt werden. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl. ) Auf 10 Prozent kommt man, wenn man alle Teile zusammenrechnet, wenn man nicht nur jene im agrarischen Sinn, sondern auch andere ländliche Teile berücksichtigt. In Österreich wenden wir 60 Prozent der Mittel für die ländliche Entwicklung auf, und nur 40 Prozent gehen in die Maßnahmen der Marktordnung. Das ist vorbildlich, würde ich sagen, und zwar auch im Hinblick auf die Reformnotwendigkeit in der Europäischen Union. Ich würde sagen: Man kann sich an uns ein Beispiel nehmen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das ist, meine Damen und Herren, auch die Grundlage dafür, dass wir unser Umweltprogramm mit diesem Budget weiter ausbauen und noch mehr Mittel für das ÖPUL-Programm zur Verfügung stehen. Damit das auch einmal klar ist: Österreich gibt von allen 15 EU-Mitgliedstaaten in absoluten Euro-Beträgen den höchsten Betrag für das Umweltprogramm aus, obwohl es um ein Vielfaches kleiner ist als so manche dieser Länder. Daran sehen Sie unsere Schwerpunktbildung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Genauso ist es in der Frage der Bergbauernförderung.

Wenn Sie sagen, Herr Abgeordneter Wimmer, wir ließen die Bergbauern im Regen stehen, dann möchte ich Sie doch einmal ersuchen, darüber nachzudenken, ob 3,9 Milliarden Schilling, 1 Milliarde Schilling plus, ein Signal des Im-Regen-stehen-Lassens sind.

Herr Abgeordneter Wimmer! Manche andere Regionen in Europa wären froh, wenn so viel für ihre Bergbauern geschähe, wie das in Österreich der Fall ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Selbstverständlich ist klar, dass wir auch den Sockelbetrag umsetzen; die Arbeit ist mitten im Gange. Bei der Umstellung auf die einzelbetriebliche Erschwernis und der Auszahlung im heurigen Jahr wird erstmals der Sockelbetrag berücksichtigt. Ich gebe zu, dass wir die Auszahlung in zwei Etappen vornehmen müssen. Dies hat deshalb so zu erfolgen, weil uns Budgetzwänge dazu auffordern, nicht alles auf einmal, sondern in Etappen zu tun. Die Umsetzung erfolgt heuer.

Ich möchte Sie auch darauf aufmerksam machen, dass Österreich im Bereich LEADER+ das erste europäische Land ist, das eine Genehmigung erhalten hat, und dass insgesamt im Vergleich zur letzten Periode aus dem Programm LEADER+ – Bundes-, Landes- und EU-Mittel –


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1 Milliarde Schilling mehr für die Menschen im ländlichen Raum zur Verfügung steht. Ich muss sagen: Das ist ein echter Erfolg Österreichs, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie können ein "Lied" weiter singen, nur, es wird deswegen nicht wahrer, meine Damen und Herren. Ich korrigiere alle bisherigen Aussagen von Ihnen, Herr Abgeordneter Wimmer und auch Herr Abgeordneter Pirklhuber, und stelle klar: Für die österreichischen Biobauern steht mehr Geld zur Verfügung als im vergangenen Jahr! Es ist doch das, wie ich meine, die relevante Fragestellung: dass wir für die Biobauern mehr Geld zur Verfügung stellen in jenen Bereichen, die für sie relevant sind, nämlich im ÖPUL-Bereich, bei Marktmaßnahmen und bei Marketingmaßnahmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte nur einige Sätze zum bisher Gesagten sagen, wo ich nicht der geäußerten Meinung bin.

Ich bin zum Beispiel nicht der Meinung, Frau Abgeordnete Achatz, dass es richtig ist, dass Österreich die Forderung erheben sollte, die Super-Abgabe nicht zu bezahlen, und ich sage Ihnen auch, warum. Das wichtigste Gut für die österreichischen Bergbauern ist die Erhaltung der Quote. Würde Österreich die Forderung erheben, die Super-Abgabe nicht zu bezahlen, dann wäre die logische Konsequenz daraus, dass uns jemand fragt, mit welchem Argument wir dann für die Beibehaltung der Quote eintreten. Es ist doch klar, dass eine Güterabwägung in der Politik dazu führen muss, das Wichtigste zu sichern, und das Wichtigste für die Bergbauern ist die Quote. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Pirklhuber! Ich bin nicht Ihrer Meinung, die Sie betreffend die Impfungen vertreten. Ich sage Ihnen auch, warum. Den seuchenfreien Status kann nur ein Land haben, das nicht flächendeckend impft. Für mich ist die Sicherung des seuchenfreien Status das wichtigste Gut. Anders ist es, wenn Impfungen für Seuchenmaßnahmen ergänzend notwendig sind, und das ist möglich, wie Sie wissen. In der Zwischenzeit wird das auch im Vereinigten Königreich und in den Niederlanden gemacht.

Zum Abstockungsprogramm. Wissen Sie, Herr Abgeordneter Pirklhuber, jetzt kenne ich mich nicht mehr aus. Wir wissen doch, wo die Probleme in der Europäischen Union liegen! – Sie liegen dort, wo die intensivsten Produktionen sind. Sie liegen dort, wo die Flächenbindung nicht eingehalten wird, wo die Nitratrichtlinien nicht eingehalten werden, wo es Tierbesatzdichten je Hektar gibt, die abenteuerlich sind, wo es Riesenindustriebetriebe gibt. Ja, dort soll abgestockt werden, aber es kann doch nicht so sein, dass wir, die wir letztendlich in dieser Hinsicht vorbildlich sind, jetzt noch sozusagen in vorauseilendem Gehorsam etwas tun sollen, wozu andere eigentlich verpflichtet wären, das zu tun. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Pirklhuber! Ich habe mir gedacht, wir sind im österreichischen Parlament und haben die Interessen Österreichs zu vertreten. (Abg. Auer: Schaut nicht gut aus, Pirklhuber!)

Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Pirklhuber! Sie wissen, dass die österreichische Verfassung in der mittelbaren Bundesverwaltung nur einen Partner für den Bund kennt – und der heißt Landeshauptmann. Wie die Landesregierung intern ihre Aufgabenteilung durchführt, das obliegt der Landesregierung, Herr Abgeordneter Pirklhuber. (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt auch ein paar Sätze über die weitere Perspektive: Ich teile die Einschätzung, dass eine Weiterentwicklung der Agrarpolitik in der Europäischen Union unverzichtbar ist. Dabei sollte uns leiten, dass es letztendlich nicht mehr möglich ist, Agrarpolitik, wie wir sie wollen, gleichzeitig mit dem Hohen Lied des freien Marktes zu verbinden. Diese Einschätzung teilen wir: Die Grenze des Liberalismus ist erreicht, ja sie muss sogar zurückgenommen werden. Ich glaube aber, dass wir dabei mit folgenden vier Themen sehr sorgsam umgehen sollen:

Welchen Betrieb wollen wir als Leitbild? – Das bäuerliche Familienunternehmen.

Welche agrarpolitische Konzeption wollen wir? – Wir brauchen Marktordnungen, wir müssen die ländliche Entwicklung weiter vorantreiben und Direktzahlungen nach Betriebsgröße in Europa


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staffeln, damit wir nicht unsere eigenen Betriebe in eine schlechtere Wettbewerbsposition bringen, Herr Abgeordneter Pirklhuber. Dafür bin ich nicht zu haben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir brauchen als drittes Element die Einbeziehung des Lebensmittelsektors, des verarbeitenden Bereichs und des Handels in diese Strategie der Qualitätsorientierung, der Vermarktungsorientierung im Sinne des europäischen Lebensmittelmodells.

Wir brauchen als vierten Eckpunkt die offensive Politik für die ländlichen Regionen. Wir brauchen das nicht nur für die bäuerlichen Betriebe, sondern für alle Menschen in den ländlichen Regionen!

Das ist mein Zugang zur notwendigen Weiterentwicklung der Agrarpolitik, der gut durchdacht sein will und wo es meistens so ist, dass Krisensituationen zwar bedacht werden müssen, aber bei Vorschlägen oft nicht der beste Ratgeber sind. Zuerst denken, dann handeln! So lautet meine Devise! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.16

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Sima. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Die Frau "Stadträtin"!)

13.16

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Bundesminister, auf das konkrete Handeln im Landwirtschaftsbereich als Reaktion auf die verschiedenen Krisen des letzten Jahres warten wir jetzt schon ziemlich lange. Ich bin gespannt, wie lange wir darauf noch warten müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber jetzt zu meinem eigentlichen Thema, nämlich dem Bereich der Umwelt. Wir behandeln jetzt das dritte Budget innerhalb nur eines Jahres, und ich habe beim Erstellen dieser meiner Rede festgestellt, dass die wesentlichen Kritikpunkte leider immer die gleichen bleiben.

Ich werde dann auf einige Themen eingehen, aber am Anfang meiner Rede noch eine allgemeine Bemerkung anbringen. Obwohl Sie im Ausschuss die Höhe des Umweltbudgets betont haben, sich gerühmt haben, dass wir eines der höchsten Umweltbudgets der letzten Jahre haben, höre ich aus verschiedenen Abteilungen des Umweltministeriums, dass das operative Budget der einzelnen Abteilungen drastisch gekürzt worden ist. Dabei handelt es sich um keine kleinen Kürzungen, sondern das geht teilweise bis zu 40 Prozent. Das ist ein ganz "schöner" Einschnitt für manche Abteilungen, und ich frage Sie, wie das zusammenpasst: einerseits ein hohes Umweltbudget, andererseits sehr niedrige Mittel für die einzelnen Abteilungen. Vielleicht können Sie mir darauf eine Antwort geben. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Thema Temelin haben wir vergangene Woche schon eine Kurzdebatte durchgeführt. Gestern ist bereits der 16. Störfall in diesem Atomkraftwerk aufgetreten, es ist wieder einmal Öl ausgelaufen. Vor wenigen Tagen sind die verschiedenen NGOs aus dem Melker-Prozess ausgestiegen. Herr Bundesminister, da vermisse ich eigentlich eine Strategie oder eine Initiative von Ihnen, bis heute haben Sie nicht gesagt, was Sie vorhaben, um diese NGOs wieder zurück ins Boot zu holen. Nur das Bedauern darüber zu äußern, das ist meiner Ansicht nach ein bisschen zu wenig. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, die NGOs bei solch einem Prozess wie der Umweltverträglichkeitsprüfung mit im Boot zu haben, dass man alles unternehmen muss, um sie einzubinden. Ich habe irgendwie das Gefühl, Sie steuern da auf einen Crash in der Atompolitik zu, ohne irgendwelche Gegenmaßnahmen zu setzen, und das finde ich mehr als bedauerlich. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kopf: Das ist die Schuld der NGOs!)

Zu sagen, dass das nur die Schuld der NGOs ist, das ist ein bisschen zu billig. Das ist wirklich ein bisschen zu billig.

Auch zu der Pannenserie in Temelin in den letzten Monaten ist Ihnen leider nicht sehr viel eingefallen. Jetzt sagen die Tschechen schon selber, sie werden im Juni ein Monat lang das AKW vom Netz nehmen. Wenn man die tschechischen Kollegen kennt, dann muss man daraus


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schließen, dass die Situation im Kraftwerk schon sehr drastisch sein muss, wenn man es freiwillig ein Monat lang abschaltet.

Ich vermisse hier ein bisschen die Vorstöße von Ihrer Seite, zu sagen: Man soll das AKW vom Netz nehmen, bis die Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde! – Dazu habe ich von der österreichischen Bundesregierung in den letzten Monaten nichts gehört. Das verstehe ich eigentlich nicht! (Bundesminister Mag. Molterer: Da haben Sie nicht aufgepasst!) Ich habe sehr wohl aufgepasst, das können Sie mir glauben! (Bundesminister Mag. Molterer: Nicht ausreichend!) Ja, ja! Vielleicht haben Sie das irgendwo einmal in einer kleinen Geheimbesprechung irgendjemandem anvertraut, aber über die APA-Meldungen habe ich leider diesbezüglich nichts vernommen. (Abg. Dr. Khol: Schlimm, dann haben Sie es nicht verstanden! Also ich habe das alles gesehen und auch verstanden!) Ja, Herr Khol, das kann ich mir vorstellen, dass Sie das alles gesehen haben. (Abg. Dr. Khol: Ich habe das alles verstanden: Melker Prozess, UVP! – Abg. Ing. Westenthaler: Frau "Stadtrat"!) "Mister minus 10 Prozent" kann ich nur sagen. (Abg. Ing. Westenthaler: Seien Sie ein bisschen milde, Frau "Stadtrat"!) Nein, heute bin ich nicht milde! Bei der Umwelt gibt es keinen Grund, milde mit der Bundesregierung zu sein, Herr Westenthaler! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. )

Zum Thema Klimaschutz: Auf die dramatische Situation, die international herrscht, brauche ich, glaube ich, nicht hinzuweisen, nachdem die USA quasi den Ausstieg aus dem Kyoto-Protokoll angekündigt haben. Mir ist schon klar, dass Österreich auf dem internationalen Parkett nicht wirklich ein "major player" ist (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Molterer )  – so realistisch muss man sich selber, glaube ich, schon einschätzen –, aber man muss auf EU-Ebene wirklich alles tun, um die USA weiter unter Druck zu setzen.

In der Zeitung "Die Presse" schreibt Michael Lohmeyer heute zum Thema Klimaschutz unter der Überschrift: "Stunde der Wahrheit".

Es handelt sich wirklich um eine Stunde der Wahrheit, denn man muss auch Alternativen andenken. So wie es derzeit aussieht, wird man die USA zum Thema Kyoto-Abkommen nicht mehr ins Boot bekommen. Es ist jetzt wirklich hoch an der Zeit, zu überlegen, ob man nicht eine eigenständige Klimaschutz-Politik in der EU machen soll.

Mir ist schon klar, dass die USA einer der Hauptverursacher sind, aber trotzdem kann jetzt nicht die Konsequenz daraus sein, dass man die Hände in den Schoß legt und sagt: Die Amerikaner sind ausgestiegen, wir können da leider nichts machen! – Daher möchte ich Sie wirklich nachdrücklich ersuchen, in diese Richtung tätig zu werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

In Österreich ist es nach wie vor so, dass wir wieder dieselben Kritikpunkte anbringen müssen wie beim letzten Mal: So gibt es zum Beispiel keinen nationalen Klimaschutzplan. Außerdem sind die von Ihrem Ressort selbst vorgegebenen 1,2 Milliarden Schilling, die benötigt würden, um die nationalen Klimaschutzziele zu erreichen, wieder nicht zur Verfügung gestellt worden. Wir sind bei ungefähr 650 Millionen Schilling in diesem Jahr. Ich habe schon das Gefühl, dass wir im Bereich des Klimaschutzes etwas auf der Stelle treten. Wenn wir dafür jetzt jedes Jahr nur 100 Millionen Schilling dazubekommen, dann nähern wir uns dem Ziel von 1,2 Milliarden Schilling wirklich nur sehr asymptotisch und sehr langsam.

Ich möchte Sie schon fragen: Welche Perspektive gibt es für den Klimaschutz in Österreich? Wie stellen Sie sich das vor, wenn Jahr für Jahr und Budget für Budget das von Ihrem Ressort selbst vorgegebene Ziel nicht erreicht wird?

Noch eine kurze Anmerkung in eigener Sache. Es geht um TBT, um Tributyltin, das Gift, das im Parlament in sehr hoher Konzentration aufgefunden wurde. Man kann davon ausgehen, dass es nicht nur im Parlament vorkommt, sondern auch in Ministerien, in Schulen, in großen Bürogebäuden. Da würde mich interessieren, Herr Minister: Welche Maßnahmen haben Sie vor, in diesem Bereich zu setzen? Wann wird es endlich ein Verbot von TBT und anderen hormonell wirksamen Umweltgiften geben? Ich glaube, dass da wirklich großer Handlungsbedarf besteht, dass da nicht nur in unserem Interesse, sondern auch im Interesse der übrigen davon betroffe


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nen Bevölkerung gehandelt werden muss. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zum Schluss noch einige wenige Worte zur Lebensmittelagentur: Der Entwurf, den ich gesehen habe, stellt eigentlich das Gegenteil von dem dar, was wir immer verlangt haben. Wir haben eine strenge Trennung von Produktion einerseits und Kontrolle auf der anderen Seite verlangt. Was haben Sie gemacht? – Erstmals soll es über die Lebensmittelagentur auch dem Landwirtschaftsminister möglich sein, die Lebensmittelkontrolle unmittelbar zu beeinflussen. Das heißt, der einzige Bereich, der bisher nicht in den "Fängen" der Landwirtschaft – unter Anführungszeichen – war, wird jetzt dort auch noch einverleibt. Das ist etwas, was ich überhaupt nicht verstehe. Noch dazu habe ich auch gesehen, dass große Teile des Umweltbundesamtes auch in diese Agentur einverleibt werden sollen. (Abg. Zweytick: Stimmt nicht!) Das ist eine absolute Schwächung einer unabhängigen und sehr gut funktionierenden Organisation, und mir ist völlig rätselhaft, warum das passieren soll.

Sie brauchen nicht den Kopf zu schütteln, Herr Abgeordneter Zweytick, lesen Sie einmal den Gesetzesvorschlag! Da steht ganz klar drinnen: Abteilungen des Umweltbundesamtes, die sich mit Lebensmittelkontrolle befassen, wie zum Beispiel die Gentechnik-Abteilung, sollen in die Lebensmittelagentur ausgegliedert werden. – Das halte ich für absolut kontraproduktiv. Herr Minister, Sie müssen sich schon den Vorwurf gefallen lassen (Abg. Zweytick: Warum?), dass Sie sich wieder einmal als Interessenminister der Landwirtschaft gezeigt haben – gegen die Interessen der Umwelt und gegen die Interessen des Konsumentenschutzes! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.23

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Bitte. (Abg. Auer: Wieder etwas Vernünftiges – hoffe ich zumindest!)

13.23

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist immer die gleiche Leier, wenn es um Temelin geht. Frau Kollegin Sima! Wir haben zwei Möglichkeiten, wenn wir bei Temelin einen Fortschritt erzielen wollen. Die eine Möglichkeit, die von der Freiheitlichen Partei immer wieder angesprochen wurde – wir haben mit vielen Anträgen auch ein entsprechendes Handeln eingefordert –, ist, einfach eine Verbindung zwischen EU-Beitritt und Abschalten des Kraftwerkes herzustellen. Diese Möglichkeit wird aber offensichtlich nur von uns in dieser Klarheit gewünscht, aber nicht von den anderen hier im Hohen Haus vertretenen Parteien in Erwägung gezogen, schon gar nicht in dieser Klarheit angestrebt. Also fällt diese Möglichkeit einmal aus. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl. )

Herr Kollege Gradwohl! Die zweite Möglichkeit wäre, dass wir auf europäischer Ebene entsprechende Verbündete suchen, die dieses Vorhaben unterstützen. (Zwischenruf des Abg. Dietachmayr. ) Herr Kollege Dietachmayr, es gibt auf europäischer Ebene in vorwiegend sozialdemokratisch regierten Ländern noch dazu zwei grüne Umweltminister, die diesem Vorhaben entsprechenden Nachdruck verleihen könnten. Deutschland ist immerhin eines der mächtigsten Länder innerhalb der Europäischen Union, von einem mächtigen Herrn Schröder angeführt, mit einem ganz wichtigen Umweltminister Trittin von den Grünen.

Ich habe Kollegen Molterer und einige Beamte gefragt, wie denn die Unterstützung durch Schröder und Trittin in dieser Frage ausschaut. Die Antwort hat gelautet: Es gibt keine entsprechende Unterstützung, wenn es darum geht, Temelin tatsächlich vom Netz zu nehmen.

Das Gleiche trifft auch auf die Unterstützung durch Frankreich zu. Da verstehe ich es eher, weil Frankreich trotz grüner Umweltministerin das geradezu "klassische" AKW-Land ist, während sich Deutschland auf lange Sicht selbst ein Ausstiegsszenario verschrieben hat. Aber beide so wichtige Länder mit grünen Umweltministern und sozialdemokratischen Regierungschefs sind nicht in der Lage, Österreich in dieser Frage zu unterstützen. Deshalb kehre ich zur ersten Möglichkeit zurück.


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Kollegin Sima! Wenn wir wollen, dass Temelin tatsächlich vom Netz geht, dann müssen wir unseren Freunden in Tschechien klarmachen, dass dieses Sicherheitsrisiko nicht länger bestehen darf, und wenn sie trotzdem darauf bestehen, dann gibt es eben keinen EU-Beitritt dieses Landes. Die wirtschaftlichen Überlegungen, die völlig falsch angestellt werden, haben wir ihnen längst erklärt, aber sie akzeptieren es nicht, nämlich dass bei einem liberalisierten Strommarkt dieser Strom ohnehin zu teuer ist und nur mit Subventionen untergebracht werden kann. Das wird nicht akzeptiert, also bleibt diese Möglichkeit.

Unterstützen Sie unser Vorhaben, vielleicht können wir dann etwas in dieser Frage erreichen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Aber hier herzugehen und zu jammern, das ist zu wenig. Da muss man wirklich konkret Maßnahmen unterstützen, die erfolgversprechend sind. (Abg. Oberhaidinger: Die Bundesregierung hat schon zugestimmt!)

Als zweites Thema möchte ich den Klimaschutz ansprechen. Es ist recht gut für viele, die sich dem Klimaschutz verschrieben haben, dass Bush jetzt offensichtlich ganz klar und deutlich erklärt hat, wenn es nach ihm geht, sollte es keine Einhaltung der Vereinbarung von Kyoto seitens der USA geben. Damit haben wir einen gemeinsamen Feind, auf den wir jetzt zeigen und sagen können: Wenn die Amerikaner nichts tun, dann ist dieses Vorhaben ohnehin zum Scheitern verurteilt!

Frau Kollegin Sima! Ich stimme mit Ihnen überein, wenn Sie sagen, wir sollten unbeeinflusst von dem, was jetzt in Amerika passiert, auf allen anderen Ebenen versuchen, die Ziele, die wir uns gesteckt haben, zu erreichen. Auf europäischer Ebene, auf nationaler Ebene, auf Länderebene, auf Gemeindeebene und selbst auf Ebene der einzelnen Haushalte gibt es entsprechende Möglichkeiten. Da sollten wir tatsächlich versuchen, das Unsere dazu beizutragen.

Ich habe nur das Problem – das ist gestern auch bei der Verkehrsdebatte zum Ausdruck gekommen –, alle sind dafür, aber es ist so schwierig, selbst einen Beitrag dazu zu leisten. Alle unterschreiben, wenn es um die Erhaltung von Nebenbahnen geht, aber niemand fährt damit. Meiner Ansicht nach ist es genau das Gleiche, wenn man das Vorhaben, eine CO2-Reduktion zu erzielen, umsetzen will.

Herr Bundesminister! Ich bin da wirklich etwas deprimiert. Auf europäischer Ebene bringen wir in Wahrheit nichts weiter. Eine der wesentlichen gemeinschaftlichen Aufgaben auf europäischer Ebene ist der Umweltschutz. Die Ökologisierung des Steuersystems, das Instrument schlechthin, von allen immer wieder gewünscht und in allen Sonntagsreden vorkommend, macht keine Fortschritte, wenn es um konkrete Umsetzungen geht – mit ganz wenigen Ausnahmen, das muss schon gesagt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Bundesminister! Ich glaube, dass es durchaus Sinn macht, wenn wir – da muss auch einmal von unserer Seite, von Seiten des Finanzministers ein klares Bekenntnis kommen – hier die ersten Schritte setzen. Ich werde mein bescheidenes Gewicht dahin gehend einsetzen, beim Finanzminister vielleicht ein offenes Ohr für die ersten Ökologisierungsschritte zu finden. Herr Bundesminister! Mit Ihnen gemeinsam, so bin ich überzeugt, könnten wir auch bei Finanzminister Grasser einigermaßen erfolgreich sein.

Jetzt komme ich schon auf die Länder zu sprechen, die die Möglichkeiten, die man ihnen gibt, nicht wirklich nutzen. Die Länder haben es bis heute verabsäumt, die Wohnbauförderung wirklich an entsprechende Kriterien zu binden. Es gibt einige Bundesländer, die da schon besser liegen, wie Salzburg und Oberösterreich, keine Frage ... (Abg. Dr. Moser: Kärnten!) Kärnten hat, zumindest was die Förderung der erneuerbaren Energie betrifft, schon hervorragende Einspeisungstarife, nämlich 10 S pro Kilowattstunde, beschlossen, Frau Kollegin Moser. Das müssen die anderen Bundesländer erst "nachhüpfen"! 10 S pro Kilowattstunde ist wahrlich kein Klacks! Wenn die anderen Bundesländer diese Förderungen nachmachen, dann wird zumindest bei der Nutzung der Photovoltaik einiges weitergehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Macht es Kärnten nach, dann ist es gut! – Das wollte ich Ihnen nur zu Kärnten sagen.

Bleiben wir doch bei der Wohnbauförderung. Da sind dermaßen viele Potentiale auszuschöpfen, es passiert aber nicht. Was ist bei der Verwendung der MÖSt-Mittel für den Nahverkehr? –


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Fehlgeleitete Verwendung der MÖSt-Mittel für den Nahverkehr. Wenn ich mir das anschaue, dann muss ich sagen: In meinem Bundesland gehen die Mittel in die Förderung der schnellen Busse. Ich glaube, verfehlter kann man diese Mittel nicht einsetzen, als es da der Fall ist. – Also auch da gibt es einiges zu tun. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Niederösterreich!)

Auch im Bereich der Flächenwidmung müsste einiges passieren. Auch da sind wir meiner Ansicht nach auf dem falschen Weg, wenn wir weiter jedem, der es will, erlauben, irgendwo ein weiteres Einfamilienhaus oder auch zentrumsferne Großprojekte zu errichten. (Abg. Dr. Lichtenberger: Einkaufszentrum!) Auch die Errichtung von Einkaufszentren am Stadtrand ist der völlig verfehlte Weg. Diesbezüglich gibt es noch vieles zu tun.

Wir müssen, damit das alles auch durchsetzbar ist – und das ist der Punkt –, einmal versuchen, Herr Bundesminister, im Bereich der Bewusstseinsbildung so weit zu kommen, dass es nicht nur so lange selbstverständlich ist, solange man nicht davon betroffen ist. Es müsste auch dann, wenn man direkt davon betroffen ist, selbstverständlich sein, dass man diese Maßnahmen – selbst wenn sie das bequeme Leben im einen oder anderen Bereich beeinflussen – akzeptiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da ist anzusetzen in der Bildungspolitik, da ist anzusetzen beim Journalismus, da ist anzusetzen bei uns selbst: Wir müssen versuchen, den Leuten die Notwendigkeit dieser Maßnahmen so näherzubringen, dass Verständnis geweckt wird, dass sie es nicht nur leidend erdulden, sondern gerne zur Kenntnis nehmen, weil erkannt wird, das ist Zukunftssicherung einer neuen Regierung, die sich ja das "Regieren neu" auf die Fahnen geschrieben hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.33

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

13.34

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es ist auch diesmal wieder wie erwartet eingetroffen, dass in der Debatte, wenn es um Umwelt geht, wenn es um Landwirtschaft geht, der Herr Minister immer zuerst zur Landwirtschaft Stellung nimmt und erst danach zur Umwelt, obwohl ... (Bundesminister Mag. Molterer: Weil sich die Rednerliste so darstellt!) Ja, ich weiß. Sie richten sich – das ist einmal eine Neuigkeit – nach den Rednern. (Bundesminister Mag. Molterer: Immer!)

Vielleicht könnten Sie doch einmal von sich aus – Sie sind ja auf Grund Ihres Amtes tonangebend, Sie sitzen ja in der Regierung, Sie sind ja die Exekutive – die Sache sozusagen auf den Kopf stellen und mit der Umwelt, mit dem Umfassenden, beginnen. (Abg. Kopf: Nach vier Landwirtschaftsrednern das erste Mal das Thema Umwelt!) Dann kann Herr Kollege Kopf als Ex-Umweltsprecher der ÖVP oder noch immer Umweltsprecher oder hoffentlich noch immer Umweltsprecher der ÖVP einhaken. (Abg. Kopf: Lassen Sie mich aus dem Spiel!)  – Das wäre sozusagen eine Vision meinerseits, eine Bitte an Sie.

Aber wenn jetzt schon das Pferd sozusagen von der Landwirtschaft her aufgezäumt wird, dann liegt es sicherlich an uns, dieses Pferd insgesamt in Richtung Umweltpolitik zu treiben. (Beifall bei den Grünen.) Das ist unser Anliegen, und das haben wir wiederholt durch verschiedenste Vorschläge machbar, konkretisierbar und auch praktizierbar gemacht.

Ich gebe Ihnen durchaus Recht, Herr Minister: Auf EU-Ebene sind Sie vielleicht öfter der einsame Rufer, aber Sie haben ja, was die Ökologisierung anlangt – insbesondere der Landwirtschaft –, sicherlich unseren Rückenwind und unsere Unterstützung. Sie hören eben anscheinend noch immer zu häufig auf Funktionäre von Lagerhäusern, von Bauernkammern, der Düngemittelindustrie et cetera. Diesen Eindruck habe ich gewonnen.

Deshalb zuerst noch einmal zu den Grundlagen. Ich möchte über Wasser, über Temelin und zum Schluss noch über Lebensmittel und die Agentur sprechen.


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Ich habe schon gesagt: Landwirtschaft – Wasser. Herr Minister! Ich glaube, es ist zumindest mein fünfter Anlauf, aber ich bin ja unermüdlich in dieser Richtung unterwegs: Wir warten noch immer auf Ihre Verordnung, was den Maßnahmenkatalog zur Umsetzung von § 33f der Wasserrechtsgesetz-Novelle anlangt. Ich weiß, er soll Ende März in Begutachtung gegangen sein. Die Wasserrechtsgesetz-Novelle ist seit 1. Jänner 2001 in Kraft, für die Umsetzung fehlt noch immer die Verordnung. Sie haben an sich schon ein Dreivierteljahr lang Zeit gehabt, diese Maßnahmen zusammenzustellen und zu verordnen. Diesbezüglich sind Sie säumig. Sie denken ständig nach – das ist das Problem –, handeln aber nicht bei der Wassersanierung. Ich meine, das geht schon mindestens seit dem Jahr 1992 so vor sich.

Da sehen wir ja immer wieder auch den Schnittpunkt zwischen den Umwelt- und den Agrarinteressen, und bei diesem Schnittpunkt Umwelt- und Agrarinteressen bleiben Sie meistens bei den Agrarinteressen. Ich sage es noch einmal: Die Verordnung – eine ganz kleine Nagelprobe – steht noch immer aus. Ich weiß auch gar nicht, was sie umfassen wird. Womöglich ist sie so pauschal formuliert, dass sie wieder kein griffiges Instrument für die Grundwassersanierung ist. (Abg. Kopf: Möglicherweise aber auch nicht!) Womöglich, habe ich gesagt. Möglicherweise nicht. – Ihr Wort in Gottes Ohr, muss ich in diesem Fall sagen!

Ich werde aber das, was dann wirklich in dieser Verordnung zu lesen ist, sozusagen auf die Goldwaage legen.

Grundwassersanierung: Sie wissen es, über 200 000 ÖsterreicherInnen brauchen schon längst endlich wieder gesundes, trinkbares und sauberes Trinkwasser. – Das ist der eine Bereich.

Man könnte jetzt noch andere Dinge im Wasserbereich ansprechen. Sie haben ja vor, die Wasserversorger Österreichs überhaupt völlig neu zu organisieren. Diesbezüglich gibt es eine Studie, aber die halten Sie unter Verschluss. Mich würde diese Studie sehr interessieren, weil ja die Wasserversorgung, die Organisation der Wasserversorgung, auch ein Element ist, um Grundwassersicherung zu betreiben. Sie wissen genau: Großversorger, lange Leitungen reduzieren den Schutz des Grundwassers vor Ort, reduzieren den Schutz der kleinen Trinkwasserquellen. – Das einmal zu diesem Kapitel.

Zweitens: Denken, handeln – Temelin. – Die Möglichkeit, zu handeln, bestand auch darin, Herr Minister, dass man möglichst breit – wir haben ja letzte Woche auch schon darüber gesprochen – das Feld der Handelnden absteckt, und dieses breite Abstecken des Feldes der Handelnden bezieht auch die NGOs mit ein. Hätte man sie besser in den Prozess mit eingebunden, hätte man ihnen mehr Information zugänglich gemacht, dann wäre sicherlich der Widerstand gegenüber Temelin – einschließlich der NGOs – geschlossen. Ich hoffe, dass er sich wieder schließt. Es liegt in Ihrer Hand.

Es liegt auch in Ihrer Hand, dass das nicht wahr ist, was ich heute mit der Post vom Land Oberösterreich, Abteilung Umwelt, zugesandt bekommen habe, nämlich einen Hochglanzfarbprospekt (die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe), der sich da nennt "Beweissicherung Kernkraftwerk Temelin, Zwischenbericht 2001". – Bitte, bei dieser Beweissicherung Temelin können Sie eine Weltkarte sehen, wo es einen Ausschnitt Europa gibt und dann einen kleinen Ausschnitt Oberösterreich und Österreich und Kernkraftwerke rund um Österreich.

Dieser kleine Ausschnitt aus dieser Weltkarte fokussiert ja auch das Problem. Wir sind in Reichweite von Temelin – 52 Kilometer beträgt der Abstand von Oberösterreich zu Temelin, ist hier verzeichnet. Dieser Faltprospekt, dieser Hochglanzprospekt mündet aber in einer Aussage über die Visualisierung von Strahlenmesswerten und über Haftungsfragen, zeigt aber auch Krisenmanagement, Strahlenalarmplan, Alarmierung und persönliche Schutzmöglichkeiten auf. – Das ist ein Defensiv-Prospekt. Wir müssen diesem Defensiv-Prospekt wirklich eine offensive Atompolitik gegenüberstellen.

Herr Minister! Wie schaut es mit der Unterfertigung des Energieprotokolls aus? Wenn die Auflagen von Seiten Tschechiens nicht erfüllt werden, wenn die Umweltverträglichkeitsprüfung negativ ausgeht, wenn die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht im erforderlichen Ausmaß durch


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geführt wird, wie wir es für wichtig und richtig halten, und wenn das Sicherheitskonzept nicht schlüssig ist, bitte wie schaut es dann mit der Unterfertigung des Energieprotokolls aus?

Es gibt einen Beschluss im Parlament, dass es nicht unterfertigt wird. Ich bin neugierig, ob sich die Regierung daran hält. Ich bin sehr neugierig, ob Sie im Wort bleiben. Sie haben uns einmal das Wort gegeben. Sie haben es bei einer anderen Debatte wieder leicht zurückgenommen. Ich könnte mir die Mühe machen und den Diskussionsbeitrag heraussuchen, ich habe ihn sicher. Aber, bitte, lösen Sie Ihr Wort ein und lassen Sie das Energieprotokoll offen! Das ist unsere letzte Handhabe neben dem Veto gegen den Beitritt. Lassen Sie das Energieprotokoll offen, solange von Seiten Tschechiens nicht eine seriöse UVP, ein seriöses Sicherheitskonzept vorgelegt wird! – Das ist unser wiederholt vorgetragener Wunsch. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Abschluss: Die Frage des Handelns und des Denkens zeigt sich auch in Sachen Lebensmittelagentur. Da haben Sie interessanterweise wenig nachgedacht und relativ schnell gehandelt. Sie haben ja bereits Mitte Jänner zusammen mit Ihrem Kollegen Haupt das Projekt Agentur einmal als Grafik präsentiert. Sie haben dann interne Vorschläge gemacht, einige Entwürfe für dieses Agenturgesetz, und es sollte als Artikel 13 sehr rasch im Zuge der Budgetbegleitgesetze beschlossen werden.

Warum so rasch? – Weil Sie schnell Ihre vergleichsweise schlecht organisierten Bundesanstalten, die in Hirschstetten konzentriert sind, loswerden wollten. Sie wollten diese Agrarinstitute ausgliedern und de facto der Lebensmittelkontrolle praktisch um den Hals hängen, sodass die beiden gemeinsam dann um ein gemeinsames Budget und um einen gemeinsamen Personalplan raufen müssen. Dieses Zusammenfügen von teilweise wirklich reformbedürftigen Anstalten, die Ihnen bis jetzt unterstehen, wo Sie auch Ihren Einfluss behalten wollen, mit Lebensmitteluntersuchungs- und -kontrollanstalten, die vergleichsweise noch gut organisiert sind und gut funktionieren, die nur unter finanzieller und personeller Ausdünnung leiden, kreiden wir Ihnen an.

Es geht nicht, dass eine starke Kontrollinstitution jetzt sozusagen einen Mühlstein von einer relativ – wie soll man denn sagen? – ausgelaugten Agrarinstitution umgehängt bekommt und dann noch dazu im Weisungsbereich nicht völlig frei ist von der Landwirtschaft. Ich weiß, im Gesetz haben Sie es getrennt: Sie sind für den einen Bereich zuständig, der Herr Sozialminister für den anderen Bereich. Aber wer garantiert mir denn, dass Sie nicht querfeldein in den gegensätzlichen Bereich Einfluss nehmen? Wer garantiert mir, dass vor allem die zwei Geschäftsführer handelseins werden? Wer garantiert mir, dass sich die über das Budget handelseins werden?

Reden Sie mit Dr. Schuller von Mödling! Er hat immer gesagt, es sei eine Frage der Führung, und führen könne nur einer. Es geht nicht, wenn zwei Geschäftsführer eine ausgegliederte Institution führen. Das wird in dieser Konstellation nur zum Ruin der Lebensmittelkontrolle in Österreich führen. Das dürfen wir uns nicht leisten. Aber diesen Ruin riskieren Sie! Minister Haupt hat immer wieder gesagt, er möchte sehr wohl eine autonome Lebensmittelkontrolle haben. Diesbezüglich unterstütze ich ihn. (Bundesminister Mag. Molterer: Darum machen wir es ja!)

Ich würde ihm sogar die Kompetenzen für das Saatgut, für die Pflanzenschutzmittel und vor allem – das unterstreiche ich dreimal – für die Futtermittel zuordnen, weil das ja in der Kette "from stable to table" durchaus Sinn macht. Diese Kette haben auch Sie immer heraufbeschworen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Molterer. ) Ja eben, darum bleiben Sie draußen, machen Sie eine Kette "from stable to table", und dann ist das Ganze innerhalb des Lebensmittelbereichs, und der Lebensmittelbereich ist innerhalb des Gesundheitsressorts, und darüber gibt es einen Herrn Minister Haupt, der eben von den Freiheitlichen kommt, vielleicht gibt es später einmal einen Gesundheitsminister aus der ÖVP, der steht dann drüber. Aber lassen Sie konkret die Landwirtschaft als Produzent aus diesem Bereich heraus!

Es geht nicht, dass der Produzent in die Kontrollrolle schlüpft, das ist auch EU-weit abgelehnt worden. Sie sagen ja immer wieder, auf europäischer Ebene gibt es die schöne Agentur. – Das stimmt ja! Solch eine Agentur, sagen Sie, wollen wir auch in Österreich haben. – Das stimmt


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nicht! Wieso geht das nicht? – Auf EU-Ebene ist die Agentur dem Direktorium unterstellt, das für Gesundheit zuständig ist. Sie ist nicht dem Landwirtschaftsdirektorium unterstellt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Frau Moser! In Deutschland sind Konsumentenschutz und Landwirtschaft in einem Ministerium!)

Diese EU-Agentur hat wissenschaftlichen Charakter, hat koordinierenden Charakter. In Österreich hat die Agentur auch Kontrollcharakter, es ist eine andere Qualität. Ich sehe es auch als durchaus sinnvoll an, wenn man die Landesagenden, die in der mittelbaren Bundesverwaltung schlechter mit den Bundesagenden korrelieren, zusammenfügt, allerdings nur unter den Auspizien der Kontrolle durch das Gesundheitsressort, vor allem zugunsten der KonsumentInnen, weg von der Kontrolle des Produzenten.

Ein ganz einfaches Rezept von checks and balances, das schon von Montesquieu stammt, das sich in der amerikanischen Verfassung widerspiegelt. Das sollte sich auch im Lebensmittelbereich widerspiegeln. Das käme – damit schließe ich – den Produzenten, den Bauern zugute, denn dann hätten sie – so wie es die AMA macht – eine externe Kontrolle. Die AMA legt Wert darauf, dass sie eine externe Kontrolle hat, Billa hat es nicht. Wir könnten einmal extra über die großen Handelsketten reden, da wäre ich durchaus auf Ihrer Seite. Folgen Sie zumindest dem Beispiel der AMA, die ja bei Ihnen angesiedelt ist, die sich rühmt, eine externe Kontrolle zu haben.

Bitte rühmen Sie sich auch einer externen Kontrolle, geben Sie das in das Gesundheitsressort! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.46

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. – Bitte.

13.46

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Mein Kollege Karl Schweitzer hat vorhin die Äußerungen von Kollegin Sima einleitend mit den Worten "immer dieselbe Leier" qualifiziert. Ich möchte ihn korrigieren: Frau Kollegin Sima hat sich offenbar seit der Sitzung des Ausschusses das Umweltbudget angeschaut, denn im Ausschuss hat sie noch kritisiert, dass das Umweltbudget gesunken sei. Heute hat sie das richtigerweise nicht mehr getan. Sie hat zwar nicht bestätigt, dass das nicht so ist, aber sich zumindest nur noch dem Thema zugewendet, dass das Budget in Summe nicht gesunken sei, aber in irgendeinem Detailbereich – ich glaube, sie hat es als operatives Budget bezeichnet – geringer geworden sei.

Ich korrigiere somit die Aussagen meines Kollegen Karl Schweitzer. Es ist nicht immer dieselbe Leier von Ihnen, Kollegin Sima, Sie haben sich seit dem Ausschuss das Budget angeschaut und festgestellt, was auch ich festgestellt und mit dem Herrn Bundesminister gemeinsam mit beeinflusst habe, dass das Umweltbudget sogar gestiegen ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ganz konkret haben wir insgesamt ein Umweltbudget, das mit 6,7 Milliarden Schilling für umweltpolitische Aufgaben immerhin schon bei einem halben Prozent des Gesamthaushaltes liegt. Das ist durchaus beachtenswert. Es ist um 400 Millionen Schilling besser dotiert als im vergangenen oder jetzt laufenden Jahr. Ich meine, das ist ein klares, ein deutliches Signal dieser Bundesregierung und dieser Regierungskoalition, in welche Richtung es mit der Umweltpolitik in Österreich geht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich kann mir aber schon vorstellen, woher bei den Oppositionsparteien, speziell bei den Sozialdemokraten, dieses Unverständnis kommt. Sie haben einen etwas anderen Zugang zur Umweltpolitik (Abg. Mag. Sima: Gott sei Dank!), als wir ihn haben. Ich glaube, dass wir in der Vergangenheit mit vielen ordnungspolitischen Maßnahmen – manche meinen: zu vielen, ich würde das nicht so unterstreichen, aber mit jedenfalls sehr vielen – in vielen umweltrelevanten Bereichen eine Situation haben schaffen können, die sich international sehen lassen kann, allerdings – das gebe ich zu – nicht in allen Bereichen, was durchaus attestiert werden soll. Aber wir sind in vielen Bereichen, ob das die Gewässerreinhaltung oder andere Bereiche anlangt, im internationalen Vergleich sogar Spitze. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Ich glaube aber auch – und da dürften wir uns unterscheiden –, dass wir im ordnungspolitischen Bereich, im Bereich der ordnungspolitischen Maßnahmen eine Grenze der Belastbarkeit der Normunterworfenen, aber auch eine Grenze der Belastbarkeit des eigenen Apparates in der öffentlichen Verwaltung erreicht haben. Wir diskutieren ja gerade im Augenblick die Belastung, auch die Kostenbelastung für unser öffentliches Budget durch Ordnungspolitik, Überregulierungen, Parallelitäten, Doppelgleisigkeiten und so weiter in der Verwaltung.

Das ist eine Diskussion, die man nicht leichtfertig führen darf, keine Frage. Aber diese Diskussion ist zu führen! Gott sei Dank stecken wir jetzt – endlich! – so tief in dieser Diskussion, wie das noch nie zuvor der Fall war. Endlich gibt es eine, und zwar ernsthafte, Auseinandersetzung darüber, wie viel der Staat quasi an sich reißen, wie viel an Aufgaben der Staat übernehmen soll beziehungsweise umgekehrt: wie viel wir dem einzelnen Bürger, wie viel wir Gruppierungen von Bürgern überantworten sollen – beziehungsweise ob wir ihnen nicht zu viel aus der Hand genommen haben.

Diese Diskussion läuft im Augenblick – Gott sei Dank! –, und sie läuft auch im umweltpolitischen Bereich. Und ich meine, wir nähern uns da im Umweltbereich einem durchaus vernünftigen "Mix", einem integrierten Ansatz von Umweltpolitik, nämlich einerseits aus ordnungspolitischen Maßnahmen, andererseits aus förderungspolitischen Anreizen, um sozusagen richtiges Verhalten zu initiieren. Drittens sind da auch anzuführen die freiwilligen Instrumente – Stichwort "EMAS-Zertifizierung von Betrieben", also freiwilliges Aufnehmen eines Umweltmanagements in das Managementsystem eines Unternehmens.

Im Zusammenwirken all dieser Maßnahmen können wir zu einem integrierten Ansatz kommen, der es uns sukzessive ermöglichen wird, die richtigen Schritte zu setzen: im ordnungspolitischen Bereich etwa, dort, wo wir vielleicht überzogen haben, wo entweder die Normunterworfenen darunter leiden oder auch die öffentliche Verwaltung, weil ja jede ordnungspolitische Maßnahme auch kontrolliert und überwacht werden muss. Ich nehme einmal an, dass die Kritik der Opposition auch darauf abgezielt hat, nur: Es kann doch, bitte, bei Budgets für Umweltpolitik, für Umweltschutz nicht das oberste Ziel sein, dieses Budget im internen Bereich der Verwaltung sozusagen zu verbraten, sondern dieses Budget ist, bitte, schon dafür zu verwenden, Anreize zu ökologischem Verhalten zu schaffen, und ebenso dafür, Maßnahmen zu setzen, die direkt greifen – nicht aber lediglich für Kontrolle und Verwaltung von Umweltschutz. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn Ihre Kritik, Frau Kollegin Sima, dort angesetzt hat, dann freue ich mich darüber. Dass es zu einer Umschichtung in diese Richtung gekommen ist – neben der Aufstockung des Budgets –, freut mich in doppelter Hinsicht: eben die Aufstockung des Budgets und die richtige Allokation der Budgetmittel, nämlich für umweltpolitische Maßnahmen – nicht aber nur für Kontrolle und Verwaltung.

Herr Bundesminister! Ich meine, wir von der Regierungskoalition von ÖVP und FPÖ sind mit diesem integrierten umweltpolitischen Ansatz auf dem richtigen Wege – und wir sollten daher auf diesem Wege auch bleiben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.53

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mag. Sima zu Wort gemeldet. – Bitte.

13.53

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Kopf hat in seinem Redebeitrag gesagt, ich hätte mir das Umweltbudget erst nach der Ausschusssitzung angesehen. – Das ist nicht richtig!

Selbstverständlich habe ich mir das Budget, und zwar ausführlich, bereits vor der Ausschusssitzung angesehen. (Abg. Kopf: Sie haben höchstens das Blattl umgedreht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Herr Abgeordneter Kopf hat weiters behauptet, ich hätte im Umweltausschuss gesagt, dass das Budget gesunken sei.

Tatsächlich habe ich gesagt – und das haben Sie offensichtlich leider nicht verstanden –, dass der Anteil am Umweltbudget, den der Bund bereitstellt, gesunken ist, weil dem ein höherer Beitrag aus dem Wasserwirtschafts- und Altlastensanierungsfonds gegenübersteht. Ich habe das aber deswegen hier nicht mehr genannt, weil ich mir eben gedacht habe, dass Sie das wiederum nicht verstehen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe bei der ÖVP: Das war keine tatsächliche Berichtigung!)

13.54

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster spricht Herr Bundesminister Mag. Molterer. – Bitte, Herr Minister.

13.54

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht, Frau Abgeordnete Moser, können wir uns darauf einigen, dass Sie den Kollegen Pirklhuber sozusagen auf den Kopf stellen; er hat ja auch vor Ihnen gesprochen.

Was den Umweltbereich anlangt, möchte ich klar festhalten, meine Damen und Herren, dass wir insgesamt über 6,6 Milliarden Schilling für dieses Budgetkapitel zur Verfügung haben. Das bedeutet also eine Aufstockung – und das, bitte, in einer Zeit, in der wir, wie Sie ja wissen, eine Reihe von Sparmaßnahmen durchzusetzen haben, eben auf Grund der neuen Budgetstrategie dieser Bundesregierung, keine neuen Schulden zu machen. Daran können Sie auch deutlich erkennen, welch große Bedeutung diese Bundesregierung dieser ganz, ganz zentralen politischen Strategie in Bezug auf Umweltorientierung beimisst. Logischerweise heißt das, Frau Abgeordnete Sima – und das ist meine Aufgabenstellung –: mit diesen Budgetmitteln effizient hauszuhalten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Da aber, meine Damen und Herren, kann es schon sein, dass die notwendige Schwerpunktbildung dazu führt, dass nicht jede Abteilung in meinem Haus dieselben oder gar mehr Mittel als früher zur Verfügung hat. Ja, ich verstehe Wünsche – es ist aber meine Aufgabe, politische Schwerpunkte zu setzen, und ich fühle mich einer solchen Schwerpunktsetzung inhaltlich voll verpflichtet.

Das bedeutet, dass wir mit diesem Budget Mittel für die Schaffung von Nationalparks selbstverständlich zur Verfügung stellen können, ja sogar gut dafür gerüstet sind, wenn beispielsweise in einem österreichischen Bundesland, konkret in der Steiermark, und zwar in Bezug auf eine Schaffung des Nationalparks Gesäuse, das eine positive Entwicklung nehmen sollte, wobei ich doch sehr hoffe, dass eine solche tatsächlich eintreten wird.

Mit diesem Budget haben wir auch eine Reihe wichtiger umweltpolitischer Maßnahmen, beispielsweise auch die gesamte internationale Arbeit, abgedeckt – eine wichtige Perspektive, wird doch gerade Umweltpolitik immer internationaler.

Weiters: Mit diesem Budget können wir aber auch in Bezug auf die Siedlungswasserwirtschaft die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen. Allerdings habe ich nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass wir in der Siedlungswasserwirtschaft die Förderbedingungen verändern werden, ja verändern müssen, weil eben auch da sowohl die Frage der ökonomischen als auch der ökologischen Effizienz zu stellen ist. Daher wurde auch eine diesbezügliche Studie in Auftrag gegeben, von der ja hier bereits gesprochen wurde. Diese Studie wird nicht zurückgehalten, wie Sie, Frau Abgeordnete Moser, hier sagten, sondern sie wird fertiggestellt werden. Ich nehme da doch an, dass Sie Interesse an dieser Studie haben, an einer Studie, an der – das darf ich Ihnen versichern – intensiv gearbeitet wird, sodass es dann eben zu einem Bericht an den Nationalrat kommen wird.


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Wir haben auch mehr Mittel im Bereich der Altlastensanierung zur Verfügung; wir können bei den Ersatzvornahmen sehr, sehr aktiv weiter voranschreiten. Sie wissen ja, wie wichtig das für viele betroffene Regionen ist.

Was den betrieblichen Umweltschutz anlangt, können wir uns schrittweise in jene Richtung entwickeln, die wir gemeinsam anstreben, nämlich die vom Kyoto-Forum vorgegebene Perspektive von 1,25 Milliarden Schilling. Für den Strahlenschutz haben wir gleichfalls die entsprechende finanzielle Basis – und dank eines Beschlusses dieses Hauses auch im heurigen Jahr zusätzliche Mittel. Das heißt: Von der budgetären Seite her ist das ein gutes Budget, das eben auch für den Umweltbereich die richtigen Schwerpunktsetzungen ermöglicht.

Weiters möchte ich zu vier Bereichen, die hier angesprochen wurden, Stellung nehmen.

Erstens: Ich halte es für ganz wichtig, dass wir im Bereich Nachhaltigkeitsstrategie auf europäischer und auf österreichischer Ebene voranschreiten. Herr Abgeordneter Schweitzer, ich nehme dieses Ihr Angebot dankbar an. Wir werden da sozusagen im Duett aufmarschieren und jene überzeugen, die vielleicht noch nicht so davon überzeugt sind, dass im Bereich der ökologischen Steuerpolitik eine Schlüsselfrage der langfristigen Nachhaltigkeitsstrategie liegt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was Kyoto betrifft: Ich bin genau so enttäuscht wie Sie, meine Damen und Herren, über das Verhalten der neuen Regierung der Vereinigten Staaten, insbesondere über die Entscheidung des Herrn Präsidenten Bush. Ich halte diese seine Entscheidung für schlecht, ist sie doch das absolut falsche Signal, denn das bedeutet doch letztendlich nichts anderes als eine Gefährdung unserer Zukunftsentwicklung!

Meine Damen und Herren! Wir müssen alles tun, um gegen den Klimawandel anzukämpfen, und zwar global: in den europäischen Institutionen, aber auch was nationale Anstrengungen betrifft. Wir haben uns daher vergangenes Wochenende im Kreise der EU-Umweltminister intensiv über eine diesbezügliche Strategie unterhalten. Derzeit ist eine EU-Delegation nach Washington unterwegs, ebenso eine nach Moskau und Peking. Mit der Gruppe G 77 wird es dazu auch Kontakte mit dem Iran geben. Und demnächst erwarten wir ein neues Diskussionspapier des niederländischen Ministers, der der Konferenzvorsitzende ist. Weiters haben wir festgehalten, dass die Europäische Union die ganz klare Absicht hat, das Kyoto-Protokoll zu ratifizieren.

Was Temelin betrifft: Frau Abgeordnete, ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie in dieser Diskussion von voriger Woche erklärt haben, dass das "Melker Abkommen" eine große Chance darstellt – und wir tun daher auch alles, um dieses "Melker Abkommen" zu erfüllen.

Aber wissen Sie, was uns vielleicht unterscheidet, Frau Abgeordnete Sima? – Nicht alles, was ich tue – das habe ich Ihnen schon mehrmals gesagt –, findet in der Öffentlichkeit statt, denn ich bin der Meinung, dass Pressedienste – egal, ob von der APA oder von Parteien – nicht das geeignete Instrument sind, ein politisches Ziel zu erreichen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist durchaus möglich, dass ich zum Thema Temelin in manchen Zeitungen etwas weniger mit Fotos vorkomme, aber der Unterschied zwischen uns beiden, Frau Abgeordnete, ist, dass ich beispielsweise in der vergangenen Woche mit dem tschechischen Außenminister Kavan intensiv die weitere Vorgangsweise bezüglich Temelin nicht nur erörtert, sondern fixiert habe. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese weitere Vorgangsweise für Sie wiederholt, Frau Abgeordnete: Am 10. April wird die Umweltverträglichkeitserklärung der tschechischen Behörden veröffentlicht werden. Danach gibt es zu dieser UVP-Erklärung 30 Tage lang die Möglichkeit zu Stellungnahmen der Öffentlichkeit, und es wird voraussichtlich am 8. oder am 9. Mai dieses Jahres, und zwar in Österreich, ein öffentliches Hearing zum Thema UVP geben; dazu bereiten wir gerade mit allen Beteiligten die Details vor. – Ich habe mich auch genau deshalb mit den NGOs in Verbindung gesetzt, um sie über diese Tatsachen zu informieren und sie einzuladen, weiterhin positiv an diesem Prozess


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teilzunehmen. Und wissen Sie, warum? – Weil wir doch Hardlinern in der Tschechischen Republik keinen größeren Gefallen täten, als den Melker Prozess in Frage zu stellen.

Die einzige wirkliche Chance aus meiner Sicht, die richtige Richtung zu gestalten, heißt aktive Arbeit in diesem Prozess. Von allen Beteiligten erwarte ich daher aktive Mitarbeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Letzter Satz zum Thema Temelin. Meine Damen und Herren, das ist kein Lippenbekenntnis, sondern meine tiefe Überzeugung: Eine Chance letztendlich im Interesse der Sicherheit der Menschen besteht darin, dass wir in Österreich die gemeinsame Strategie nicht verlassen.

Frau Abgeordnete Moser! In diesem Sinne möchte ich neuerlich erklären, dass dieses Umweltkapitel – entgegen manch öffentlichen Aussagen – nicht geschlossen ist.

Zur Ernährungsagentur: Da sind wir offensichtlich einer Meinung, dass es richtig ist, die Kette der Kontrolle vom Feld bis zur Ladentheke effizient zu gestalten. Wir sind aber auch einer Meinung, so hoffe ich, dass das letztendlich langfristig nur dann Sinn macht, wenn wir Qualität und Kontrolle durchgängig definieren. Und wenn dem so ist, dann ist es doch nur logisch, jene Kontrolleinrichtungen, die wir haben, in Richtung prozessorientierter Kontrolle zusammenzulegen.

Ablehnend stehe ich gegenüber – das sage ich Ihnen ganz offen – dieser zwiespältigen Argumentation, dass plötzlich nur die AMA eine gute Organisation ist, andere Organisationen hingegen, die auch dem Landwirtschaftsministerium unterstellt sind, schlechte. Das ist doch eine Herabwürdigung der Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in den vergangenen Jahrzehnten selbstverständlich ihre einzige Aufgabe darin sahen, Gesetze zu erfüllen. Sie können das auch daran sehen – das habe ich bereits mehrmals gesagt –, dass es Anzeigen, die von meinem Bereich aus gemacht wurden, eben gibt, dass diese zahlreich sind, und sie haben ja auch zu Verurteilungen geführt.

Daher lasse ich es ganz einfach nicht zu, dass lediglich auf Grund der Tatsache, dass Organisationseinheiten in meinem Verantwortungsbereich liegen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Ihnen abqualifiziert werden! Das haben diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht verdient, Frau Abgeordnete Moser! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sie werden in Bezug auf die Agentur für Ernährungssicherheit in Österreich, eben im Zuge der Begutachtung, die Möglichkeit haben, Einwände, Ideen und Anregungen vorzubringen. Deswegen sind wir ja auch in die Begutachtung gegangen, und ich bin selbstverständlich gerne bereit, Anregungen aufzunehmen. Aber ich lasse mir Einrichtungen, die dem Landwirtschaftsministerium unterstehen, nicht deshalb schlechtreden, weil sie dem Landwirtschaftsministerium unterstellt sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.05

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sophie Bauer. – Bitte.

14.05

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Bundesminister Molterer, Sie haben in Ihrer ersten Stellungnahme gemeint: Andere wären stolz, hätten sie diese Leistungen, die in Österreich in der Landwirtschaft erbracht werden. – Da gebe ich Ihnen teilweise Recht, aber nur, was Großbetriebe anlangt; und ich sage Ihnen auch, warum. (Ruf bei der ÖVP: Das ist falsch!)

Trotz der dramatischen Zustände in der Landwirtschaft gibt es für das Jahr 2002 ein Mogelbudget zugunsten von Groß- und Intensivbetrieben, so nach dem Motto: "Wachsen oder weichen!" Noch nie, Herr Bundesminister, war es so notwendig wie jetzt, eben gerade in dieser Situation, für den kleinbäuerlichen Betrieb, für den ländlichen Raum mehr Budgetmittel zur Verfügung zu stellen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Herr Bundesminister! Für die Einführung eines Sockelbetrages in diesem Bereich, den wir Sozialdemokraten in den vergangenen Budgets immer wieder eingefordert haben, wäre eine Milliarde Schilling erforderlich. – Bereits dreimal haben Sie, Herr Bundesminister Molterer, versprochen, einen Sockelbetrag einzuführen. Für 2001 sind jedoch hiefür keine finanziellen Mittel im Staatshaushalt vorgesehen.

Es gäbe jetzt zwei Möglichkeiten. Innerhalb der vorhandenen 2,8 Milliarden Schilling, die von der EU mit 578 Millionen Schilling mitfinanziert werden, könnte es zu Umschichtungen kommen (Abg. Auer: Ein Jahr zu spät!), und zwar mehr in Richtung benachteiligter Bauern, beziehungsweise könnten künftige Budgetmittel sozusagen ins heurige Jahr vorgezogen werden.

Es liegt an Ihnen, Herr Bundesminister, diesen Sockelbetrag jetzt einzuführen, denn wer schnell hilft, hilft doppelt – und das müssten doch auch Sie wissen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Sie brauchen nur dem Budget zuzustimmen! Da ist das drin!)

Herr Bundesminister! Eine Auswertung der Bundesanstalt für Bergbauernfragen hinsichtlich der Direktzahlungen des Jahres 1999 hat ergeben, dass 1 Prozent der Betriebe – und da eben gerade die größten – 10 Prozent der Förderungen kassieren, und zwar durchschnittlich 847 488 S pro Betrieb. 41,9 Prozent der Betriebe, die kleinsten, müssen sich 9,7 Prozent der Förderungen teilen! – Durchschnittlich sind das übrigens 22 345 S pro Betrieb.

Herr Bundesminister! Ein großer Marktfruchtbetrieb bekommt allein an Förderungen mehr, als das Gesamteinkommen eines Biobetriebes ausmacht. Die Agrarförderungen unterliegen einer perversen Logik: Je größer ein landwirtschaftlicher Betrieb in Österreich ist, desto mehr Förderungen erhält er – unabhängig jedoch von seinen Leistungen für Gesellschaft, Natur oder Umwelt, unabhängig davon, ob dort bei der Fütterung Gentechnik oder Antibiotika verwendet werden oder etwa das Grundwasser schwer belastet wird. (Rufe bei der ÖVP: Sie haben keine Ahnung!)

Die Folge ist, dass in Österreich, und zwar seit 1995, die Zahl land- und forstwirtschaftlicher Betriebe um insgesamt 9 Prozent zurückgegangen ist.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es ist wirklich unverständlich, dass gerade in einer Zeit, in der ein Fleischskandal dem anderen folgt, der Bereich Biobauern vernachlässigt wird! Unter 93 Förderungsmaßnahmen für die Landwirtschaft kommt das Thema Bio nur viermal vor; besondere Begünstigungen für die Biobauern sind nicht vorgesehen. Tatsache ist: Kürzung der Förderung von 14 auf 11 Millionen Schilling, und das trifft die Biobauern sehr.

Herr Bundesminister! Die jetzige katastrophale Situation, dass Hunderttausende Rinder, Schweine und Schafe vernichtet werden müssen, ist das Ergebnis falscher Beratungen für die Bauern, ist das Ergebnis mangelnder Kontrolle bei Futtermitteln, ist das Ergebnis des Fehlens einer erfolgreichen Tierhaltung sowie der ungerechten Verteilung von Fördermitteln.

Herr Bundesminister! Ändern Sie Ihr Budgetsystem im Bereich der Förderungen, damit dieses "Bauernsterben" nicht weitergeht! Unterstützen Sie die vielen wichtigen Bergbauern und Kleinbetriebe, die für den Bereich Tourismus sowie für die Landschaftspflege unverzichtbar sind! Fördern Sie die Arbeitskraft und setzen Sie Maßnahmen, damit eine artgerechte Zucht wieder möglich ist und gesunde Produkte für die Konsumentinnen und Konsumenten auf den Markt gebracht werden können! (Beifall bei der SPÖ.)

14.10

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir kommen jetzt zu zwei tatsächlichen Berichtigungen, und ich möchte vorweg darauf aufmerksam machen, dass Gegenstand von tatsächlichen Berichtigungen nicht das sein kann, wenn es sich um Meinungen, Auffassungen, politische Wertungen handelt, sondern dass es dabei lediglich um Tatsachenfeststellungen geht. – Ich bitte, das zu beachten!

Als Erste zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.


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14.11

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Ich möchte folgende Feststellung tatsächlich berichtigen: Herr Minister Mag. Molterer, Sie haben formuliert, ich würde Ihre Mitarbeiter und deren Arbeit deshalb schlecht qualifizieren, weil sie Ihnen als Landwirtschaftsminister unterstellt sind. – Das ist wirklich nicht der Fall!

Ich habe formuliert: Die MitarbeiterInnen in den Landwirtschaftlichen Bundesanstalten sind vergleichsweise schlecht organisiert – habe das jedoch in keinen Kontext damit gestellt (Abg. Schwarzenberger: Das ist aber jetzt ein Redebeitrag!), dass es sich dabei um Bundesanstalten des Landwirtschaftsministeriums handelt! Das ist eine interne Organisationsfrage; 38 Hofräte stehen dort 430 Mitarbeitern vor. (Ruf bei der ÖVP: Was hat der Herr Präsident gerade gesagt?)

14.12

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich werde das nächste Mal, glaube ich, nochmals vortragen müssen, was Gegenstand von tatsächlichen Berichtigungen ist.

Nächste tatsächliche Berichtigung: Herr Abgeordneter Schultes. – Bitte.

14.12

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ich berichtige die Behauptung von Frau Abgeordneter Bauer, dass Ausgleichszahlungen an landwirtschaftliche Betriebe leistungsunabhängig erfolgen würden.

Wahr ist, dass laut Umweltprogramm Ausgleichszahlungen nach Hektar und Größe und daher nach der tatsächlich erbrachten Leistung erfolgen und dass das überhaupt nichts damit zu tun hat, ob ein Betrieb groß oder klein ist, sondern nur damit, was er leistet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.12

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wenitsch. – Bitte.

14.12

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wimmer, Frau Kollegin Bauer: Es ist für mich geradezu erschreckend, wie wenig Ahnung Sie von der Agrarpolitik haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meinem Vorredner muss ich Recht geben: Gerade in Österreich ist es so – im Gegensatz zu anderen Ländern der Europäischen Union, im Gegensatz auch zu sehr vielen anderen Ländern, die ja auch Herr Kollege Pirklhuber hier immer wieder als Vorbild für Österreich darzustellen versucht –, dass Geld aus dem ÖPUL-Programm an Leistungen gebunden ist. Jeder Bauer, jeder Teilnehmer an diesem ÖPUL-Programm, der etwas leistet, hat Anspruch auf gewisse Prämien – und das soll bitte auch in Zukunft so sein. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Sie haben mich nicht verstanden! Das muss ich Ihnen leider sagen!)

Frau Kollegin Bauer! Nicht die österreichische Agrarpolitik, sondern die europäische Agrarpolitik ist gescheitert. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Kollege Pirklhuber, Sie haben hier wieder England und Frankreich genannt und mehr oder minder versucht, Minister Molterer beziehungsweise uns von der Regierungskoalition diese Länder als Beispiel hinzustellen. Wissen Sie überhaupt, was in England auf landwirtschaftlichem Gebiet los ist? Haben Sie überhaupt eine Ahnung, was sich zurzeit in England abspielt? Wissen Sie denn nicht, dass dort bereits der nationale Notstand ausgerufen wurde? Wissen Sie denn nicht, was es dort gibt? – Angefangen von Straßensperren, brennenden Scheiterhaufen, Warnschildern, Polizeikontrollen bis zu absolut verwaisten Viehmärkten: Das alles ist England! Und das wollen Sie hier in Österreich unseren Bauern als Beispiel hinstellen?! – Sie haben keine Ahnung, Herr Kollege Pirklhuber! Es tut mir Leid, aber das ist die Wahrheit! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. )


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Sehr geehrte Damen und Herren! Gerade in England sind die Höfe in Mittelgebirgslage 150 Hektar groß! In Mittelgebirgslage: 150 Hektar große Höfe! In den Ebenen dominieren zurzeit Farmen mit einer Größe von 1 500 Hektar! Das ist englische Agrarpolitik, das ist zurzeit europäische Agrarpolitik! – Da müssen wir doch den Hebel ansetzen!

Ich kann dazu nur sagen: Die europäische Agrarpolitik sollte sich eine Anleihe bei der österreichischen Agrarpolitik nehmen, dann könnte man auch da auf europäischer Ebene etwas weiterbringen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! In England und Frankreich, in der Europäischen Union dominieren zurzeit Agrarkonzerne, dominieren internationale Konzerne, während der Bauernstand dort mehr oder minder dahingerafft wird.

Noch einmal zu England: Allein in den letzten fünf Jahren sind die landwirtschaftlichen Nettoeinkommen in Großbritannien um bis zu 70 Prozent gesunken! Wissen Sie, was das bedeutet? – 70-prozentiger Einkommensverlust für die englischen Bauern!

Sehr geehrte Damen und Herren! Für die Zukunft müssen die Weichen in die Richtung gestellt werden, auf europäischer Ebene diesbezüglich einen Umdenkprozess herbeizuführen. Und deshalb, Herr Kollege Pirklhuber, sollten Sie in Zukunft die österreichische Agrarpolitik auf europäischer Ebene verteidigen – aber nicht angreifen! Verstehen Sie mich?! Das würde nämlich auch beispielhafte Wirkung nach sich ziehen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Hohes Haus! In Zeiten von Maul- und Klauenseuche, in Zeiten des Rinderwahns – die Hühnerpest lauert quasi auch bereits vor unserer Haustüre –, in Zeiten einer WTO und einer gemeinsamen Agrarpolitik steigt natürlich den kleinen österreichischen Bauern geradezu die Gänsehaut auf. Das darf einen angesichts der Tatsache, was sich da so alles rundherum abspielt, auch nicht wundern!

In einer Phase, Herr Kollege Pirklhuber, in der hier bei uns in Österreich eine Sanierung des Bundeshaushaltes stattfinden muss  – das ist doch keine freiwillige Sache, was unsere Regierung diesbezüglich macht, ja machen muss, das wissen wir doch alle –, ist es doch selbstverständlich, dass es für jedes einzelne Ressort hier in Österreich – egal, ob das die Landwirtschaft ist, die Umwelt, der Verkehr, Infrastruktur und so weiter – natürlich sehr schwierig ist, noch höhere Mittel aus dem Bundeshaushalt zu lukrieren; das ist schon klar.

Dass wir, Herr Minister Molterer, im Agrarbereich in nächster Zeit natürlich nicht mehr Mittel vom Bund erwarten können, ist uns klar. Diese Situation hat uns ja der damalige Finanzminister und jetzige Kollege Edlinger eingebrockt, eben durch seine Finanzpolitik der letzten Jahre, sodass es da alles andere als einen großen finanziellen Spielraum für uns gibt. (Abg. Edlinger: Na sapperlot!)

Österreich ist zwar seit sechs Jahren Mitglied der Europäischen Union, aber bei uns gibt es immer noch härtere Auflagen bezüglich der Produktion, und bei uns gibt es zum Teil noch immer höhere Betriebsmittelpreise. Ich meine daher: Da müssen wir den Hebel ansetzen, um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Bauern in Zukunft zu stärken. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Minister! Österreich ist Gott sei Dank – nicht zuletzt dank einer ökologisch orientierten Agrarpolitik – in den letzten Monaten beziehungsweise Jahren von den Seuchen verschont geblieben. Finanzielle Einbußen haben die österreichischen Bauern aber trotzdem. Man weiß ja mittlerweile: Der Absatzmarkt hat sich auch für österreichische Produkte verschlechtert. Daher würde ich Sie bitten, Herr Minister, in Zukunft danach zu trachten, Österreichs Bauern eine bessere Hilfestellung zu geben.

Sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Unseren Bauern würde es wirklich gut tun – da sind vor allem die Freunde von der Sozialdemokratie aufgefordert: Arbeiterkammer, Konsumentenberatung und so weiter –, wenn Sie mithelfen würden, auch beim Konsumenten


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ein Umdenken zu erwirken, und zwar dahin gehend, dass in Zukunft österreichische Qualitätsprodukte österreichischer Bauern besseren Absatz finden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Solange die Bauern so agieren, wird das nicht wirklich sein!)

Noch einmal, Herr Kollege Pirklhuber: Wenn der Konsument nicht mittut und der Absatz auch für Bio-Produkte nicht gegeben ist, dann werden die höchsten Förderungen der Welt die Bio-Bauern auch in Österreich auf Dauer nicht retten können. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.18

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte. (Abg. Dr. Pumberger  in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Lichtenberger –: Wie sieht das jetzt mit Ihrer Pension aus?)

14.19

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Herr Kollege, damit Ihre "arme Seele" Ruhe hat: Ich beziehe keine Landesratspension, sondern mir sind fünf Jahre aus meiner Zeit in der Tiroler Landesregierung im ASVG-Schema angerechnet worden. – Also bitte! (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach diesem kurzen "Ausflug" möchte ich auf einige ganz zentrale umweltpolitische Themen zu sprechen kommen, Themen, die mir sehr relevant für den Fortgang in Österreich zu sein scheinen. Zunächst einmal zur Klimaschutzstrategie. Ich möchte diese nochmals ansprechen, obwohl sie ja bereits einige Male hier erwähnt wurde.

Herr Minister! Es schmerzt jeden Umweltengagierten/jede Umweltengagierte, wenn nur die Hälfte des sogar von Ihrem Ressort als notwendig bezeichneten Geldes zur Verfügung steht, um die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung des Kyoto-Zieles setzen zu können.

Die Haltung der USA – das muss festgestellt werden, und das haben auch schon einige Vorredner, auch von den Regierungsparteien, betont – ist eine Katastrophe für das Weltklima! (Beifall bei den Grünen und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Diese Haltung aber kann und darf uns in Europa nicht davon abhalten, das Unsrige für den Klimaschutz zu tun. Wir tragen alle gemeinsam die Verantwortung für das Weltklima, und wir haben diese Verantwortung wahrzunehmen – ganz gleich, ob das jemand anderer tut oder nicht tut. (Beifall bei den Grünen.)

Deswegen, Herr Bundesminister, appelliere ich an Sie, diesen Bereich nicht kalt auszuhungern, sondern die Anstrengungen in diesem Bereich zu steigern und effiziente Maßnahmen umzusetzen!

Wenn es um effiziente Maßnahmen geht, Herr Bundesminister, dann sind wir beim Verkehrsbereich. In Maßnahmen im Verkehrsbereich – und das heißt nun einmal auch Verlagerung von Verkehr auf öffentliche Verkehrsträger – muss investiert werden. Das sind Investitionsprogramme, die sowohl ökologisch als auch ökonomisch interessant sind. Diese Verkehrsstrategie muss anlaufen!

Begleitend dazu wären klare Kyoto-Ziele in der Raumordnung zu verankern, um zum Beispiel den Einkaufszentren-Wahnsinn auf der grünen Wiese zu stoppen, der Natur- und Umweltschutz bedroht, parallel dazu aber die Innenstädte und die innerörtliche Versorgung aushungert. Da sind die Länder gefordert, und ich glaube, dass es wohl täte, wenn es auch auf Bundesebene eine koordinierte Arbeitsgruppe zu diesem Thema gäbe; auch Abgeordneter Schweitzer hat dies angesprochen. Wir finden in der Kyoto-Strategie auch Anhaltspunkte für wirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen zur Erhaltung von klein- und mittelstrukturierten Betrieben, und ich bitte Sie, diesbezüglich für eine entsprechende Koordination zu sorgen! (Beifall bei den Grünen.)


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Die Länder – dass wissen wir beide – tun da von selbst nichts. (Abg. Auer: Haben Sie als Landesrätin auch nichts getan?)  – Ich war nicht für Raumordnung zuständig, ich wäre es gerne gewesen! – Ich glaube, die warten ein bisschen darauf, weil sie sich ja selbst gegen die Großen, Mächtigen im eigenen Land viel leichter tun, wenn sie von Seiten des Bundes ein Back-up bekommen.

Wenn wir bei den Ländern sind, dann kommen wir zwangsläufig auch auf ein weiteres großes Defizit im Bereich des Naturschutzes zu sprechen, nämlich auf die mangelhafte Umsetzung von EU-Richtlinien, zum Beispiel der Natura 2000-Richtlinie, durch die Bundesländer. (Abg. Auer: Die Vorgangsweise ist teilweise eine Zumutung gewesen! Da ist man über die Köpfe hinweggegangen! Das ist eine kalte Enteignung gewesen!)

Sie sprechen das als kalte Enteignung an. (Abg. Auer: Besitzen Sie ein Grundstück in einem derartigen Gebiet? – Da reden die Blinden von der Farbe!) Ich glaube, Naturschutz ist eine moralische Verpflichtung. (Beifall bei den Grünen.) Die Verpflichtung, die in dem alten Satz zum Ausdruck kommt, dass wir die Welt, die wir benützen oder glauben benützen zu dürfen, auch wieder weitaus unbeschädigt an unsere Erbinnen und Erben weitergeben müssen, existiert und gilt nach wie vor! (Abg. Hornek: Da ist Österreich aber hervorragend! – Abg. Dr. Pumberger: "Macht euch die Erde untertan!") Und es gibt eben auch im Naturschutz kein freies Recht der Verfügung. Es gibt eine Verpflichtung des Eigentums, gerade auch im Naturschutzbereich. (Abg. Auer: Da kann jemand sehr leicht fordern, wenn er selbst nicht betroffen ist!) Wenn man eine wunderschöne Gegend zum Beispiel auch mit Besitzrechten versehen hat, dann gibt es eine Verpflichtung, deren Schutzwürdigkeit in seinen Nutzungen zu berücksichtigen. Es darf die Freiheit des Eigentums nicht definiert werden als die Freiheit, das, was man von seinen Müttern und Vätern übernommen hat, kaputt zu machen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hornek: Da wäre ja jeder Bauer verrückt, wenn er das tut! Das sind ja keine verrückten Bauern!)

Herr Bundesminister! Wir brauchen auch eine bundeseinheitliche Vorgangsweise in dem Sinn, als die Länder da in die Pflicht genommen werden müssen, denn wenn es zu Vertragsverletzungsverfahren kommt – und das wissen wir ja –, dann ist ja ohnehin der Bund als Handlungsträger aufgefordert. Hier wünsche ich mir daher konsequentes Vorgehen und auch konsequente Umsetzungen. Das halte ich für ökonomisch und vor allem ökologisch mehr als notwendig. Es gibt genügend Vertragsverletzungsverfahren, die derzeit schon im Laufen sind; für den gesamten Umweltbereich sind es acht Vorverfahren sowie sechs Verfahren in der ersten Verfahrensstufe und sieben in der zweiten. Das muss in einem Umweltmusterland nicht sein.

Lassen Sie mich auch noch auf die Alpenkonvention eingehen, Herr Bundesminister. Ich wäre sehr froh, wenn Sie mir sagen könnten, wo im Umweltbudget die Mittel für die Umsetzung der Alpenkonvention angesiedelt sind. Ich freue mich über den breiten Vier-Parteien-Konsens für die Ratifizierung und die Umsetzung der Alpenkonvention, und ich hätte gerne einen ersten Zwischenbericht darüber, wo diese Mittel angesiedelt sind und was genau an Aktivitäten für das heurige Jahr geplant ist. Ich glaube, das wäre für alle Mitglieder des Ausschusses, der diesen Antrag gemeinsam getragen hat, eine interessante Sache.

Die Alpenkonvention ist eines der chancenreichsten internationalen Instrumente im Umweltschutz, nur muss man dafür etwas tun. Umweltschutz geschieht nie von selbst! (Beifall bei den Grünen.)

Ein Punkt noch in aller Kürze: Was den Bereich der Donau betrifft – und damit sind wir bei einem weiteren Naturschutzthema –, habe ich einer Anfragebeantwortung Ihrer Ministerkollegin entnehmen können, dass es ernsthafte und milliardenteure Pläne gibt, eine weitere Eintiefung der Sohlrinne, und zwar weit über das ökologisch notwendige Ausmaß hinaus, im Osten von Wien vorzunehmen. Herr Bundesminister! Ich appelliere an Sie – im Namen vieler, die sich um den Naturschatz an der Donau auch Sorgen machen –: Nehmen Sie Abstand von diesem – und zwar konkret von diesem – flussbaulichen Projekt! Hier muss ein besseres entwickelt werden, das erstens einmal die Richtlinien auch erfüllt – dazu brauchen wir keine 3,20 Meter Fahrrinnentiefe über das ganze Jahr hinweg, das geht anders auch – und gleichzeitig den Naturraum Donau erhält. Das ist ein Schatz, denn die Flüsse, die Wasseradern in unserem Land sind in


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ihrer Bedeutung für Landschaft und Natur, aber auch für den Menschen nicht zu unterschätzen. (Beifall bei den Grünen.)

Zwei Sätze noch zum Abfallbereich: Nach dem In-Kraft-Treten der Verpackungsverordnung verstärkt sich der Trend zum Wegwerfen und das Verschwinden der Mehrweggebinde. Das ist eine traurige Bilanz. Dass der Altlastensanierungsbeitrag einseitig nur die Müllverbrennung begünstigt und damit ein Verfahrensmonopol schafft, halte ich für eine der negativsten Entwicklungen. Verfahrensmonopole bremsen Entwicklungen und haben sich noch immer negativ auf neue technische und ökologische Wege ausgewirkt.

Herr Bundesminister! Denken Sie da um, und bringen Sie eine neue Novelle ein! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.28

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

14.28

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich wollte mich eigentlich ausschließlich dem Kapitel Landwirtschaft widmen, aber die Ausführungen meiner Vorrednerin zum Thema Naturschutz kann ich so nicht stehen lassen.

Liebe Kollegin! Ich bin auch dafür, dass Naturschutz und das Natura 2000-Programm umgesetzt werden. (Abg. Dr. Lichtenberger: Ja?) Was aber die Art und Weise betrifft, wie bei dieser Umsetzung vorgegangen wurde, empfehle ich Ihnen, einmal mit jenen 230 Einfamilienhausbesitzern in meiner Gemeinde zu reden, die man nicht gefragt hat, als man ein Natura 2000-Gebiet darübergelegt hat. Oder reden Sie mit den 95 Prozent der Inhaber von Gewerbebetrieben, die man auch nicht gefragt hat, oder mit der Gemeindevertretung, die man belogen hat, weil man behauptet hat, es gäbe hier keine Unter-Schutz-Stellung. (Abg. Dr. Lichtenberger: Aber deshalb kann man es doch nicht abschaffen!) Wenn Naturschutz einen Sinn haben soll, meine Damen und Herren, dann muss er im Einvernehmen mit den Betroffenen umgesetzt werden, damit die damit verbundenen Maßnahmen auch getragen werden können! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. )

Das sollten auch Sie wissen: Wo wird denn ein Vogelschutzgebiet einen Sinn haben? – Dort, wo es schützenswerte Vögel gibt! Wer hat denn bisher in diesen Bereichen die Natur geschützt? – Die Beamten der Abteilung oder die Betroffenen? Wer hat denn dort bisher die Natur geschützt, sodass das Gebiet jetzt so wertvoll ist? – Ich stimme mit Ihnen überein, wenn es darum geht, die Natur dort zu schützen, wo es Sinn hat, aber nicht mit diktatorischen und an östliche Methoden erinnernden Vorgangsweisen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger. )

Zum Kapitel Landwirtschaft selbst: Meine Damen und Herren! Dieses Kapitel 60 des Bundesvoranschlages des kommenden Jahres, das wir heute diskutieren, ist – und das ist unbestritten – kein Grund für eine Jubelstimmung, aber auch kein Grund zur Resignation. Es ist ein seriöser Budgetansatz, der die immer wieder geforderte Umschichtung beim Sockelbetrag für Berggebiete und für benachteiligte Gebiete ermöglicht. Das ist ja auch von der Opposition positiv erwähnt worden. Er ermöglicht für dieses Jahr die Akontozahlung und für nächstes Jahr die tatsächliche Finanzierung. Dieser Budgetansatz ermöglicht auch einen verbesserten Ansatz im Rahmen des ÖPUL-2000-Programms. Ich sage jedoch als Veredler dazu, dass dieses Programm nicht sehr veredlerfreundlich ist.

Dieser Budgetansatz bietet auch die Möglichkeit, für Biobauern etwas mehr zu geben und für die Kontrolle der Verbände etwas weniger. Da ja sonst immer die Entbürokratisierung beschworen wird, nehme ich doch an, dass das auf ungeteilte Zustimmung stoßen wird, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dieser Budgetansatz 2002 ermöglicht die Fortführung einer von Nachhaltigkeit geprägten, ökologisch ausgerichteten Landwirtschaft. Und nochmals sei es wiederholt: In der EU werden 85 Prozent für Marktordnung und nur 15 Prozent für die ländliche Entwicklung aus Budgetmitteln


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zur Verfügung gestellt. Bei uns in Österreich werden demgegenüber – und dies ist als äußerst positiv hervorzuheben – 60 Prozent der Budgetmittel für die ländliche Entwicklung und 40 Prozent für die Marktordnung aufgewendet. Auch hier könnte sich die Europäische Union ein Beispiel an einer erfolgreichen Landwirtschaftspolitik eines Willi Molterer nehmen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage auch ganz offen: Ich sehe die große Sorge der Landwirtschaft, des ländlichen Raumes nicht im Budget, sondern in der Bewältigung von Problemen wie BSE und Maul- und Klauenseuche. Diese Fragen sind noch nicht gelöst. Die könnten bereits heuer zu einem Budgetproblem werden, nicht erst nächstes Jahr!

Eine wesentliche Frage für die Zukunft auch der österreichischen Landwirtschaft lautet: Wie werden denn die WTO-Verhandlungen bestritten und abgeschlossen? Wie werden denn in Zukunft die Tierhaltungsbedingungen ausschauen?

Alle reden vom Tierschutz. – Bravo, sage ich, aber hat angesichts dieser Vorschriften auch einmal jemand an die Bäuerinnen und Bauern gedacht? Gibt es hier vielleicht auch Menschenschutz? "Zurück zur Mistgabel", zur stärksten Arbeit, das ist mir ein bisschen zu wenig! Jeder redet von der Natur, und keiner will zu Fuß dorthin, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe auch kein Verständnis dafür, dass die Lösung der Betriebsmittelfrage immer noch offen ist. Die ist uns immer versprochen worden, aber sie ist noch nicht ganz umgesetzt. Was den Pflanzenschutz betrifft, so wurden – und das ist lobenswert – Anpassungen gemacht.

Die Frage des Tiergesundheitsdienstes, der Veterinärbestimmungen, der Arzneimittelbestimmungen, die ist noch immer offen. Was die Zulassungsbestimmungen für Maschinen betrifft, so ist dies auch eine Frage, die mit dem Wettbewerb zu tun hat. Die Bürokratie nimmt auch in der Landwirtschaft schön langsam ein bisschen überhand. Es wird immer mehr kontrolliert – nach den Wünschen von euch sollte ja noch wesentlich mehr kontrolliert werden! (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. )

Ich bekenne mich auch zu Kontrollen dort, wo sie Sinn machen, aber nicht, wenn nur um des Kontrollierens willen kontrolliert wird. Wissen Sie, wer dann die Draufzahlenden sind? – Die kleinbäuerlichen Betriebe! (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Geh!) Die werden sich in Zukunft diese Dinge nicht mehr antun! Die werden sich zum Teil diese Schikanen auf Dauer nicht gefallen lassen! Das bewirkt eher das Sterben der bäuerlichen Kleinbetriebe, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Auch im Fußball ist es zu wenig, wenn alle nur Schiedsrichter spielen und kein Spieler vorhanden ist! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Warum denn? Warum ...?) Das wird die Abwanderung höchstens verstärken!

Die Frage der Wirtschaftskraft im ländlichen Bereich ist auch eine Frage, die mit der Abwanderung der Landwirtschaft zu tun haben wird. Jeder Arbeitsplatz, der in der Landwirtschaft erhalten bleiben kann und gesichert ist, bewirkt drei zusätzliche Beschäftigte im vor- und nachgelagerten Bereich, meine Damen und Herren!

Wenn von der Landwirtschaft gefordert wird, dass sie Wasser, Boden und Luft schützt – ja, ich bekenne mich dazu, selbstverständlich! –, dann muss man aber auch bereit sein, für verschärfte Bedingungen Abgeltungen zu leisten. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Das tun wir ja dauernd!)

Frau Kollegin Sima hat in einer Anfrage betreffend Hormon- und Antibiotika-Belastung des österreichischen Grundwassers große Sorge geäußert. – Ja, die habe ich auch! Mich würde in diesem Zusammenhang aber eines interessieren: Wenn in Österreich 25 Milliarden Schilling für Medikamente im Humanbereich ausgegeben werden, wohin sollen denn dann die Ausscheidungen kommen? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Hornek: Wo gehen denn die hin?)


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Da wird immer davon gepredigt, dass den Klärschlamm die Bauern quasi als in die Länge gezogene Mülldeponie verkraften sollen! (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Das ist eh das Problem!) In diesem Zusammenhang wäre schon die Frage zu stellen, ob hier ganz genau so vorgegangen wird, wie man es von einer naturnahen Landwirtschaft immer wieder fordert. – So einfach sollte man sich die Dinge nicht machen.

Meine Damen und Herren! Wenn man sich heute die Ausführungen der Opposition angehört hat, dann wird eines klar: Auch wenn manches nicht gelöst ist, so ist es ein Segen für Österreichs Bauern, dass der Minister "Molterer" heißt und dass die Regierung, die die Landwirtschaftspolitik betreibt, aus diesen beiden Parteien besteht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Oberhaidinger. – Bitte.

14.36

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es wurde heute zwar schon einiges zu Temelin gesagt, aber als oberösterreichischer Abgeordneter komme ich dennoch nicht umhin, mich noch ein wenig kritisch mit Temelin und dem ganzen Umfeld auseinander zu setzen, noch dazu, wo in den "Oberösterreichischen Nachrichten" heute wieder einmal als Titel zu lesen ist: "Störfall Nummer 16".

Ich glaube, jeder, der einmal mit der Errichtung von Anlagen zu tun hatte, weiß, dass Probebetriebe erforderlich sind, um die Anlagen auszutesten und Schwachstellen auszuloten, um eben dann in weiterer Folge einen störungsfreien Normalbetrieb zu ermöglichen und zu gewährleisten.

Die tschechische Atomsicherheitsbehörde bezeichnet also all die aufgetretenen Probleme – wie gesagt: Störfall Nummer 16! – als normal. Ich glaube allerdings, dass die Sicherheitsbehörde übersieht, dass mit jedem dieser gemeldeten Störfälle die Ängste der Menschen, die ohnehin bereits in sehr hohem Ausmaß vorhanden sind, noch weiter verstärkt werden.

Herr Bundesminister! Sie haben in Ihrer Anfragebeantwortung vom 15. März an Frau Kollegin Dr. Glawischnig von den Grünen aufgezeigt, dass es im Zusammenhang mit dem Melker Abkommen zu drei konkreten Ergebnissen gekommen ist, von denen zwei auch mir selbst sehr konkret zu sein scheinen.

Es hat laut Ihrer Beantwortung die Tschechische Republik Österreich die Möglichkeit eingeräumt, eine Messstation in unmittelbarer Nähe des Kernkraftwerkes Temelin zu errichten. Das halte ich für eine gute und sehr konkrete Maßnahme.

Als zweites Ergebnis, das ich auch für relativ konkret halte, ist eine Vereinbarung zur frühzeitigen und umfassenden Information über alle relevanten Ereignisse erzielt worden. Die Frage ist nur, inwieweit diese Vereinbarung auch tatsächlich eingehalten wird.

Zum dritten und eigentlich wesentlichsten Punkt, der Umweltverträglichkeitsprüfung, kommen mir immer mehr Bedenken. In Ihrer Anfragebeantwortung vom 15. März haben Sie zwar auf eine gemeinsame Erklärung mit Außenminister Kavan hingewiesen, die Sie am 13. Februar abgegeben haben. Ich selbst habe sehr wenig darüber nachlesen können, und ich frage mich, warum diese gemeinsame Erklärung nicht auch in dieser Anfragebeantwortung abgedruckt worden ist. (Bundesminister Mag. Molterer: ... in der APA!)

Über die APA war da nicht sehr viel zu erfahren. Auf alle Fälle hätte man diese Anfragebeantwortung als ziemlich offizielles Papier gleich einmal an die NGOs weiterleiten und damit wahrscheinlich eine Menge offener Fragen beantworten können.

Meine konkreten Fragen an Sie sind nun: Es wird immer wieder gemunkelt, auch aus diplomatischen Kreisen, dass die Bundesregierung dem Kapitel Energie auch im Zusammenhang mit


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dem Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union bereits zugestimmt hätte, was bedeuten würde, dass man das Energiekapitel Tschechien als abgehakt betrachten kann.

Zum Zweiten: Was geschieht jetzt eigentlich mit den Atomstromimporten aus so genannten Drittländern? Ich darf daran erinnern, dass wir im November über Ersuchen von Bundesminister Bartenstein einen entsprechenden Antrag, sogar einen Vier-Parteien-Antrag, hier im Haus verabschiedet haben, damit er das so schnell wie möglich umsetzen kann. Ich habe bis heute noch keine Zeile darüber gefunden.

Zum Dritten: Herr Bundesminister! Was passiert jetzt mit den Gesprächen mit Deutschland? Ich habe einmal angeregt, eventuell mit deutschen Regierungsmitgliedern darüber zu reden, dass zumindest die E.ON in Zukunft kein Abnehmer von Strom aus Temelin sein sollte. Damit würde diesem Kraftwerk die wirtschaftliche Grundlage entzogen werden.

Was die Brüsseler Ebene betrifft, so lautet meine konkrete Frage an Sie: Was ist nun wirklich los mit dem Betreiben einer Umwelthaftpflichtversicherung, gerade für Kernkraftwerke? Wenn eine solche eingeführt würde, so wäre dies auch ein wesentlicher Beitrag zur Kostenwahrheit. Es würden sich dann, unter solchen Gegebenheiten, wahrscheinlich viele Kernkraftwerke nicht mehr rechnen.

Ich glaube, hier besteht wirklich noch dringender Handlungsbedarf – nicht nur was die Umsetzung betrifft, sondern auch im Bereich der Information. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.41

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hornegger. – Bitte.

14.41

Abgeordneter Franz Hornegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zum Agrarbudget eine kurze Anmerkung in Richtung Opposition – und ich beziehe mich dabei auf den Erstredner zu diesem Budgetkapitel, Herrn Kollegen Wimmer –: Es ist ja, wie Herr Kollege Schwarzenberger schon gesagt hat, irgendwie verständlich, dass er, wenn er die Unterlagen so spät bekommt und noch nicht durchgelesen hat, dann hier am Rednerpult solche Fehler macht und nur das Negative aufzeigt. In einer Zeit, in der die Agrarpolitik auf Grund von BSE, Maul- und Klauenseuche, Hormonskandal in der Schweinehaltung und zuletzt noch durch die Hühnerpest in einer derartigen Krise steckt, da könnte man, wie mein Kollege Wenitsch schon richtig gesagt hat, dazu auch noch die Gänsehaut bekommen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber nichtsdestotrotz muss das System der europäischen Agrarpolitik in Anbetracht der enormen Steuermittel, die dafür aufgewendet werden, weiterentwickelt und dringend reformiert werden. Da bin ich der Meinung von Herrn Pirklhuber, wenn er aufzeigt, dass es falsch ist – und diesbezüglich werden wir uns alle gemeinsam ein Konzept erarbeiten müssen – und nicht weiterhin so sein darf, dass 20 Prozent der industriellen Landwirtschaft 80 Prozent der Förderungen beziehen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Herr Minister hat heute die Superabgabe angesprochen. Ich möchte ganz kurz darauf eingehen und den Herrn Minister darauf aufmerksam machen, dass, wenn die Superabgabe schon eingehoben werden muss, es doch sinnvoll wäre, sie wenigstens nicht an die EU abzuliefern, sondern zur Krisenbewältigung im eigenen Land zu verwenden. Herr Minister! Ich fordere Sie auf, im Sinne der österreichischen Bauern diesbezüglich Verhandlungen aufzunehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass der große Topf der Agrarförderungen im Interesse unserer Bauern, der Steuerzahler und der Konsumenten gerechter verteilt wird. Es ist heute schon angesprochen worden: Die EU-Agrarpolitik ist am Ende. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: In England befasst man sich mittlerweile mit dem Klonen von Schafen, und es gelingt. Es gelingt aber nicht, die Maul- und Klauenseuche unter Kontrolle zu bringen!


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Herr Kommissar Fischler ist laut gestriger Presseaussendung – das ist heute an diesem Rednerpult auch schon gesagt worden – mit seinem Latein am Ende. Ich würde Herrn Fischler zu bedenken geben, dass er sich doch auf seine Wurzeln besinnen und wieder mehr österreichische Agrarpolitik umsetzen sollte. Wir in dieser Koalition geben ja mittlerweile vor, wie man es besser machen kann! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Zweytick. )

Herr Kollege Schwarzenberger, ich mache nur auf eines aufmerksam: Mit Fürbitten in der Kirche und mit Bauernbund-Fleischaktionen – die keine sind – werden wir diese Krise sicher nicht bewältigen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir müssen gemeinsam weiterhin das Konzept einer alternativen Landwirtschaft umsetzen, die auf ökologische Bewirtschaftung, kleinstrukturierte Betriebe und Qualität statt auf Massenproduktion und Gentechnik ausgerichtet ist.

Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei den Direktbeihilfen sollten neben einer Staffelung nach der Betriebsgröße auch mehr ökologische Kriterien angewandt werden. (Rufe bei der SPÖ: Jawohl!) Wir müssen mit unserer Agrarpolitik in Österreich Vorbild für die gesamte EU und die Beitrittskandidaten sein! (Abg. Edlinger: Macht einen Antrag! Wir stimmen zu!) Herr Schröder hat uns seinerzeit ausrichten lassen (Abg. Edlinger: Antrag stellen! Wir stimmen zu! – Abg. Parnigoni: ... Landesrat Achatz durchsetzen!), Österreich müsse von seiner Schrebergartenlandwirtschaft abgehen. – Auch Herr Schröder wird umdenken müssen mit seiner grünen Ministerin!

Meine Damen und Herren! All Ihren negativen Aussagen zum Trotz: Für uns zählt nicht die Vergangenheit, sondern die Gegenwart. (Abg. Edlinger: Antrag stellen!) Vor allem aber der aktiven Gestaltung der Zukunft gilt unser Bemühen. (Abg. Parnigoni: Stellt einen Antrag! Wir unterstützen ihn!) Herr Minister! Gemeinsam werden wir die österreichische Agrarpolitik so gestalten, dass wir zum Vorbild in Europa werden! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Zweytick.  – Abg. Edlinger: Was ist los, Herr Kollege? Nicht nur reden, Antrag stellen!)

14.46

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brix. – Bitte.

14.47

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Momentan war ich jetzt ein bisschen irritiert, als ich meinen Vorredner, Abgeordneten Hornegger, hörte. Ich sehe in diesem Budget keine allzu wesentlichen finanziellen Veränderungen, denn das Agrarbudget ist für das Jahr 2002 im Großen und Ganzen gleich geblieben.

Änderungen sehe ich nur in der Art und Weise, wie man mit diesem Budget umgeht. Doch darüber hat sich die verantwortliche Seite, nämlich die ÖVP-Fraktion mit ihrem Minister, noch nie allzu viele Gedanken gemacht, wie der Landwirt, der nicht einer besonderen Größenordnung angehört (Abg. Hornek: Was ist "groß", und was ist "klein"?)  – damit du nicht wieder fragst: Was meinst du mit "groß"? –, mit seinem Geld auskommt, denn die Förderungen für die besonders großen Bauern sind ja nach wie vor in diesem Budget enthalten. (Abg. Hornek: Der Häupl ist ein großer Bauer! Der Häupl nimmt die meisten Fördermittel!)

Hohes Haus! Das wird ja wahrscheinlich heute meine letzte Rede hier sein, bevor ich als Bezirksvorsteher in meinen Heimatbezirk zurückkehre, denn zum Unterschied von den Freiheitlichen stehen wir auch für das, wofür wir kandidieren, denn wir halten unsere Versprechen den Wählerinnen und Wählern gegenüber. (Beifall und Bravo-Ruf bei der SPÖ. – Abg. Edlinger: Sehr richtig!)

Wenn ich daran denke, dass bei den Freiheitlichen Frau – wie heißt sie: Haider?, nein: Partik-Pablé; nach den Plakaten weiß man es nicht so genau – "Haider-Partik-Pablé" für den Wiener Gemeinderat kandidiert hat und jetzt sagt, sie bleibt trotzdem hier (Abg. Mag. Mainoni: Wir brauchen sie hier!), oder dass Herr Bezirksvorsteher-Kandidat Graf in der Donaustadt kandidiert hat und jetzt trotzdem hier bleibt (Abg. Neudeck: Die haben die Mindestgröße für das Parlament! Die können da bleiben! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie passen eh gut dorthin! Ihre Töne, Ihre Sprache!) oder dass der Offizier, Herr Abgeordneter Jung, als Spitzenkandidat für den 23. Bezirk kandidiert hat und jetzt trotzdem hier bleibt, dann freue ich mich, Frau Partik-Pablé,


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dass ich wieder für die Simmeringer Frauen und Männer, aber vor allem auch für die Simmeringer Gemüsebauern tätig sein kann! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Bei aller Kritik hat es mich immer besonders gefreut, dass Sie zu Ihrem Berufsstand gestanden sind und dass Ihr ehrliches Bemühen vorhanden war, für Ihren Berufsstand einzutreten. Das rechne ich Ihnen persönlich sehr hoch an, weil ich weiß, was Sie auch umzusetzen vermögen. (Abg. Hornek: Das war nicht schlecht!) Daher bitte ich Sie jetzt einmal, von den großen Förderungen, die es nicht nur im Marchfeld und im Hausruckviertel oder sonst wo gibt, wegzuschauen und auch einmal die Anliegen der Simmeringer und Wiener Gemüsebauern wirklich ernst zu nehmen. Uns fehlt zum Beispiel die Förderung der Heizkosten. (Abg. Neudeck: Das sagen gerade Sie? – Abg. Hornek: Das stimmt aber mit Kyoto nicht zusammen!) Sie wissen ganz genau, welche Probleme die Erwerbsgärtner haben.

Die Erwerbsgärtner haben das Problem, dass die Zuwendung für Arbeitskräfte eine andere Zeitterminologie erfährt als jene in der Landwirtschaft. Auch hier bitte ich Sie, sich da einzusetzen, um diesen Bauern zu helfen. Gerade in der heutigen Zeit, in der die Landwirtschaft durch verschiedene Umweltkrisen geschüttelt ist – sei es BSE, sei es die Maul- und Klauenseuche und vieles andere –, ist es sehr, sehr wertvoll, dass wir ökologisches, ordentliches und reines Gemüse nicht nur anbauen, sondern dass wir eine Großstadt wie Wien haben, die Österreich zu mehr als 50 Prozent mit Frischgemüse versorgt. Das ist die Leistung jener Frauen und Männer in Kagran, in Simmering, in Kaiserebersdorf, in Albern und wie alle diese bäuerlichen Bezirke und ihre Katastralgemeinden heißen. Daher brauchen diese auch Ihre Unterstützung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hornek  – auf die Bank klopfend –: Sehr gut! Das ist in Ordnung!)

Hohes Haus! Herr Bundesminister! Ich hoffe nicht, dass ich mit meinen Simmeringer Bauern bald bei Ihnen sein muss, weil sie mehr Unterstützung brauchen, sondern ich rechne mit Ihnen, damit, dass Sie diese Gemüsegärtner und -gärtnerinnen nicht im Stich lassen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Das hoffe ich auch! – Abg. Ing. Westenthaler: Haben Sie die gekauft, die Simmeringer Bauern? – Abg. Achatz: Deine Simmeringer Bauern? Die werden sich schön bedanken!)

14.51

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ellmauer. – Bitte.

14.51

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geschätzter Herr Vorredner und auch lieber Kollege Wimmer, es ist schon fast abenteuerlich, festzustellen, dass dieser Minister für die Bergbauern und für die ländlichen Gebiete nichts übrig hat. Wenn man sich das Budget anschaut, sieht man, dass heuer um eine Milliarde Schilling mehr für Bergbauern und ländliche Gebiete vorgesehen ist, und die Einführung des Sockelbetrages, lieber Kollege Wimmer, ist an dir anscheinend auch vorbeigegangen. (Abg. Wimmer: Was kriegt so ein Bauer? Was kriegen deine Bauern in Oberösterreich?) Ich werde dir das in einem privaten Gespräch ganz genau sagen, denn ich kenne meine Bauern, ich habe mit ihnen zu tun, und ich weiß auch, was sie an Förderung bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun aber zum Kapitel Umwelt. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vollbeschäftigung und keine neuen Schulden, das ist das klare Ziel unserer Politik. Das Kapitel Umwelt im Bundesvoranschlag 2002 wird diesem Ziel mit besonderer Gewichtung auf nachhaltiger Verbesserung der Umweltsituation in Österreich gerecht. Die Ausgaben im Umweltbereich erfahren für das Jahr 2002 eine Steigerung um 8 Prozent gegenüber dem vergangenen Jahr. Das sind 482,1 Millionen j . Besonders erfreulich sind die Verbesserungen im Bereich der umweltpolitischen Maßnahmen. In diesem Bereich haben wir mehr als 24 Millionen j zur Verfügung. Dadurch werden Arbeitsplätze gesichert und neue geschaffen. Damit wird wiederum ein Beitrag zur Vollbeschäftigung geleistet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Umweltschutz gehört zur Zukunftssicherung unserer Familien und unserer Kinder. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Ofner. ) In diesem Zusam


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menhang sind auch die Schwerpunkte bei der betrieblichen Umweltförderung zu sehen: Klimaschutz im Sinne des Übereinkommens von Kyoto und Steigerung der Energieeffizienz.

Herr Bundesminister, hier eine Bitte: Wir haben der Presse entnommen, dass Amerika aus dem Kyoto-Prozess aussteigen will. Bitte, wirke darauf hin, vor allem in der Europäischen Union, dass Amerika im Kyoto-Prozess verbleibt.

Auch im Bereich der Nationalparks gibt es eine erfreuliche Entwicklung. So ist beispielsweise der Nationalpark Kalkalpen seit dem 1. Jänner 2001 auf nunmehr 18 000 Hektar erweitert worden. Bei einer Bundesfinanzierung von 50 Prozent ist damit annähernd eine Größe erreicht, bei der eine harmonische Beziehung zwischen aktiver Naturschutzpolitik und Wahrung von Landbewirtschaftung, Landeskultur und wirtschaftlicher Sicherung dieser ländlichen Region gewährleistet ist. Die Anerkennung des Nationalparks Kalkalpen durch die Weltnaturschutzunion ist die wohlverdiente Würdigung unseres konsequenten Einsatzes für diesen kostbaren Lebensraum. Von Seiten des Bundes werden 2,32 Millionen j hiefür bereitgestellt.

Herr Bundesminister! In diesem Zusammenhang ist es mir ein besonderes Anliegen, dass auf die entsprechende Förderung der aktiv bewirtschafteten Almen nicht vergessen wird.

Für den Bereich der Siedlungswasserwirtschaft ergibt sich auf Grund der akkumulierten Annuitätenzuschüsse ein Finanzierungsrahmen von 3,7 Milliarden Schilling. Damit werden wichtige Investitionen getätigt, wirtschaftliche Impulse gesetzt und Arbeitsplätze gesichert. Neben dem umfassenden Anschluss der urbanen Gebiete an das Kanalnetz ist auch in ländlichen Gebieten der Ausbau des Kanalnetzes so weit fortgeschritten, dass in Österreich insgesamt mehr als 80 Prozent der Haushalte ihre Abwässer an das öffentliche Kanalnetz entsorgen.

Hinsichtlich der österreichischen Aktivitäten im Zuge des Naturschutzprogramms LIFE der Europäischen Union ist die Genehmigung von vier neuen Projekten an Lech, Mur, Bodensee und Dobratsch besonders erfreulich, ebenso die Realisierung der gemeinsamen Projekte Unterer Inn mit Auen zwischen Oberösterreich und Bayern.

Im Gegensatz zu diesen Beiträgen zum Schutz der Lebensräume stellt sich jedoch die Situation bei dem äußerst sensiblen Thema Atomkraft, insbesondere Temelin, bedrohlich dar. Erfreulich war die Vier-Parteien-Einigung in diesem Hohen Haus. Österreich steht zu den Vereinbarungen, die im Rahmen des Melker Abkommens getroffen worden sind, aber die erschreckend hohe Zahl an Störfällen seit Beginn des Probebetriebes – mittlerweile sind es bereits 16 Störfälle im AKW Temelin – sind Warnung genug. Hier können wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Nur allerhöchste Standards können akzeptiert werden. Temelin darf kein zweites Tschernobyl an unserer Grenze werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Erklärung seitens der tschechischen Regierung zur Umweltverträglichkeit und Sicherheit, die am 10. April vorliegen soll, wird daher von uns mit besonderer Wachsamkeit verfolgt werden. Im Interesse unserer Familien und Kinder steht die Sicherheit an oberster und unverrückbarer Stelle. Eine Gesamtumweltverträglichkeitsprüfung muss nach den Richtlinien der Europäischen Union durchgeführt werden. Das bedeutet auch die Einbindung der Öffentlichkeit und der Bürger der angrenzenden Regionen, insbesondere Ober- und Niederösterreichs, in dieses Verfahren. Hiebei ist auch die Wahrung eines gemeinsamen österreichischen Standpunktes wichtig. Alle beteiligten Partner müssen konstruktiv zusammenarbeiten und dürfen nicht durch einzelne übereilte Aktionen die bisherige Arbeit gefährden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.57

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Pfeffer. Frau Abgeordnete, ich mache nur darauf aufmerksam, dass wir um 15 Uhr unterbrechen müssen. – Bitte.

14.57

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Angesichts des weltweit steigenden Energiebedarfs fossiler Energie


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träger und der bestehenden Klimaproblematik sind alternative Handlungskonzepte gefragt – und das mehr denn je. Auch die wiederholten Aufregungen im Zusammenhang mit steigenden Benzin- und Ölpreisen geben einen Vorgeschmack auf die Zeit, da fossile Energieträger knapp werden. Deshalb ist es nicht nur die Aufgabe der nationalen Politik, sondern auch jener auf Ebene der EU und schließlich der globalen Politik, vorausschauend und präventiv den Übergang vom Ölzeitalter zum Zeitalter der erneuerbaren Energien einzuleiten.

Die Nutzung erneuerbarer Energien hat große Zukunft, und die Natur hat uns dabei große Ressourcen zur Verfügung gestellt, so zum Beispiel in meiner Wohngegend den Wind. In der Folge wird natürlich der Windenergie, den Windparks große Zukunft vorausgesagt. Eine Studie besagt, dass Windparks schon bald einen großen Teil der Stromversorgung garantieren könnten. Könnten! Es muss uns daher, Herr Bundesminister, ein Anliegen sein, hier verstärkt zu investieren. (Abg. Mag. Schweitzer: Die Zurndorfer haben sich zuerst gewehrt!) – Du hast Recht, aber sie haben es trotzdem anerkannt.

Gemessen am enormen Zukunftspotential dieses Energieträgers kann aber auch dieser Beitrag nur ein erster Schritt sein und nicht mehr. Das gilt umso mehr, als Sie bedenken müssen, dass der Bereich Umwelt auch einen potentiellen künftigen Arbeitsmarkt bedeuten kann, allerdings nur bei entsprechender Förderung. Investitionen in die Umwelt sind daher nicht nur deshalb besonders ertragreich, weil sie die Lebensqualität der Bevölkerung heben, sondern auch deshalb, weil sie unserer Jugend neue Möglichkeiten und Chancen auf sinnvolle Arbeitsplätze eröffnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein diesbezüglich besonders ermutigendes Beispiel für die außerordentliche Bedeutung erneuerbarer Energien ist, dass 1999 etwas gelungen ist, was keiner für möglich gehalten hätte: Es wurde weltweit mehr Windkraftleistung installiert, als neue Atomwerke ans Netz gingen. Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig Alternativenergien sind, und das soll in Zukunft noch verstärkt werden. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Auch die Entwicklung in Österreich ist nicht stehen geblieben. Ich kann Ihnen mitteilen, dass österreichweit bereits mehr Windenergieprojekte eingereicht wurden, als man erwartet hat. Im September 2000 ging bereits das hundertste Windkraftwerk ans Netz. Interessant dabei ist, dass es meist private Betreiber und kleinere Gemeinden sind, die Interesse an der Windenergie zeigen. Sie haben es in ihrem Engagement jedoch nicht leicht, hat doch etwa die Realisierung des Windparks Zurndorf in meinem Bezirk jahrelange Überzeugungsarbeit gekostet. Ich persönlich weiß, wie der Zurndorfer Bürgermeister Suchy gekämpft hat, bis dieser Windpark endlich realisiert wurde.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Liebe Frau Kollegin, es ist 15 Uhr. Wollen Sie die Rede unterbrechen und nachher fortsetzen, oder wollen Sie sie jetzt abschließen? (Abg. Pfeffer: Einen Satz noch!) Einen Satz und Schluss machen. (Abg. Pfeffer: Ja!)  – Bitte.

Abgeordnete Katharina Pfeffer (fortsetzend): Herr Bundesminister! Sie sind gefordert, hier mehr zu tun. Die SPÖ wird sich aktiv und offensiv dafür einsetzen und Sie, wo es möglich ist, unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich unterbreche jetzt die Verhandlungen über die Budgetgruppe Landwirtschaft, Beratungsgruppe VIII, zum Zwecke der Durchführung einer Kurzdebatte.

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Kurzdebatte betrifft den Antrag der Abgeordneten Mag. Lunacek, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 10/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird, eine Frist bis zum 9. Mai 2001 zu setzen.

Wir führen darüber eine Debatte und werden dann über den Antrag abstimmen.


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Ich gehe in die Debatte ein und mache darauf aufmerksam, dass dem Antragsteller eine Redezeit von 10 Minuten zur Verfügung steht und kein anderer Redner länger als 5 Minuten sprechen kann.

In diesem Sinne erhält Frau Abgeordnete Lunacek mit einer Redezeit von 10 Minuten das Wort. – Bitte.

15.02

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einer der wichtigsten Begriffe der blau-schwarzen Regierung im letzten Jahr war "Speed kills", den uns Herr Klubobmann Khol immer wieder genannt hat. Wir haben in den letzten Tagen festgestellt, dass das leider oft danebengegangen ist – siehe Ambulanzgebühren, siehe Unfallrenten –, also dass Sie nicht überall so schnell hätten handeln sollen.

Es gibt aber auch einige Bereiche – einen davon behandeln wir jetzt –, wo es Ihnen unangenehm wäre, wenn da etwas weiterginge, obwohl Österreich diesbezüglich international ein Schlusslicht ist. Es geht konkret um eine Menschenrechtsfrage, bei der Sie wissen, dass es, wenn Sie unseren Antrag vom Beginn der Legislaturperiode ablehnen, dann auch international einen ziemlichen Aufruhr gäbe. Deswegen tun Sie lieber gar nichts, deswegen versuchen Sie in diesem Bereich nicht so schnell wie möglich, sondern so langsam wie möglich zu sein. Ich habe den Eindruck, die Regierung versucht hier, Meisterin im Langsamgehen zu werden. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Prammer. ) Das trifft für diesen Antrag zu, den es auch in dieser Legislaturperiode schon gibt, den es auch schon in der letzten und in der vorletzten gab, nämlich unseren Antrag auf ersatzlose Streichung des Strafrechtsparagraphen 209.

Ich glaube, ich brauche in diesem Haus nicht mehr zu erklären, worum es dabei geht. Sie wissen das ganz genau. (Rufe und Gegenrufe zwischen allen Fraktionen.) Was Sie da tun – vor allem sind hier die Kolleginnen und Kollegen der ÖVP angesprochen –, ist, zu verschleppen. Sie treten am Platz, Sie machen nicht weiter. Sie wollen anscheinend wirklich als Letzte ins EU-Ziel kommen oder am besten gar nicht, was diesen Bereich betrifft.

Frau Kollegin Fekter – da spreche ich Sie ganz persönlich an –, Sie wissen, am 29. Oktober 1999, als diese Legislaturperiode begann, haben wir den Antrag auf Abschaffung eingebracht. Im Mai letzten Jahres wurde ein Unterausschuss des Justizausschusses eingerichtet. Im September des letzten Jahres wurde dieser dann konstituiert – und seitdem warten wir, warten wir darauf, dass Sie sich endlich ein Herz nehmen – "Politik mit Herz" ist ja ein neues Motto Ihrer Regierung –, diesen Unterausschuss einzuberufen. Aber es passiert nicht, es passiert nicht, es passiert nicht. Seit der Einrichtung dieses Unterausschusses ist mittlerweile fast ein Jahr vergangen, und er tagt noch immer nicht.

Sie, Frau Dr. Fekter, haben mir vor Weihnachten gesagt, vor Weihnachten machen wir es noch. Dann haben Sie mir gesagt: Vielleicht nach Ostern!, aber es gibt noch immer keinen Termin. Machen Sie es vielleicht deswegen nicht, weil Sie wissen, dass dann, wenn es hier zu einer Veränderung, nämlich zu einer ersatzlosen Streichung, käme, endlich die Themen auf der Tagesordnung wären, um die es auch geht: um Themen der Gleichstellung von lesbischen und schwulen Lebensgemeinschaften mit heterosexuellen Lebensgemeinschaften? (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Machen Sie es auch deswegen nicht? (Beifall bei den Grünen.)

Das ist eine meiner Vermutungen: Sie wollen hier so lange behindern und nichts entscheiden, sondern das auf die lange Bank schieben, bis die Legislaturperiode vielleicht wieder vorbei ist und wieder nichts passiert ist. (Abg. Großruck: Gehen Sie nach Amsterdam!)

Ja, Amsterdam wäre ein gutes Beispiel. Dort können Lesben und Schwule mittlerweile sogar heiraten. Davon sind wir bei uns ja noch weit entfernt. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Aber das gilt nicht nur für die Niederlande. Wissen Sie, dass sogar im katholischen Portugal mittlerweile Lesben und Schwule ihre Lebensgemeinschaften deklarieren können und dieselben Rechte haben wie Heterosexuelle? Wissen Sie das? Vielleicht verhandeln und reden


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Sie einmal mit den katholischen Kollegen in Portugal, um zu erfahren, wie es dort ist! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich glaube, es gibt größere Probleme in Österreich!)

Aber nicht nur das. Es gibt auch in Österreich fortschrittliche Leute innerhalb der ÖVP, wie das Beispiel vor zwei Wochen im steirischen Landtag zeigt. Ich habe das schon letzte Woche erwähnt. Frau Ridi Steibl hat dann gemeint, sie lässt sich von den Steirern nichts anschaffen. Schade! (Abg. Steibl: Ich habe gesagt, von den Grünen!) Von den Grünen nicht! Aber Ihre Kollegen von der ÖVP haben im steirischen Landtag einem Antrag zur Gleichstellung von lesbischen und schwulen Lebensgemeinschaften zugestimmt, vor allem im Miet- und Arbeitsrecht (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ), und ich habe Sie gefragt, ob Sie denn jetzt dem, was Ihre steirischen Kolleginnen und Kollegen wollen, endlich folgen werden und auch hier einen Antrag einbringen. Leider haben wir den noch nicht gesehen. Vielleicht tun Sie das noch einmal.

Auch im Salzburger Landtag wird derzeit über eine Gleichstellung verhandelt. (Demonstrativer Beifall des Abg. Schwemlein. ) Die ÖVP meint da immer noch, ein Schwerpunkt ist die Familienpolitik, in der Wohnbauförderung zum Beispiel. Aber letzte Woche haben auch Sie dem Familienbericht zugestimmt, und da steht drinnen, dass es auch lesbische und schwule Lebensgemeinschaften mit Kindern gibt, die auch als Familien gelten. Warum tun Sie nicht endlich das, dem Sie selbst zustimmen, und gehen hier auf eine Gleichstellung ein? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Anhaltende Unruhe im Saal.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Eine Sekunde, Frau Abgeordnete! – Erstens bitte ich den Kollegen Kummerer, kein Handy im Sitzungssaal zu verwenden. Zweitens herrscht ein zu hoher Hintergrundgeräuschpegel, den sollte man ein bisschen leiser halten. Es kommen alle vier Fraktionen dran. Jeder Redner wird zufrieden sein, wenn er sich verständlich machen kann.

Bitte, setzen Sie fort, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. – Ich behaupte, die noch nicht erfolgte ersatzlose Streichung des § 209 StGB ist ein großes Hindernis dafür, dass wir endlich auf die anderen Themen eingehen können, dass wir endlich in Österreich auf Themen eingehen, die insgesamt zu einer Gleichstellung von Lesben und Schwulen führen. Aber Sie sind noch nicht so weit.

Liebe Kollegen und Kolleginnen von den Regierungsfraktionen! Was werden Sie denn dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte antworten? Dort gibt es nämlich seit 1998 und 1999 drei Beschwerdefälle von in Österreich nach § 209 Verurteilten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die österreichische Regierung jetzt aufgefordert, bis Ende April – das ist in knapp einem Monat – kundzutun, warum denn in Österreich 14- bis 18-jährige männliche Jugendliche für gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen mit bis zu fünf Jahren bestraft werden können, während heterosexuelle und lesbische Kontakte mit derselben Altersgruppe völlig straffrei sind.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte will das von Österreich wissen. Bisher gibt es noch keine Antwort darauf, und ich bin neugierig, welche Antwort Sie geben werden. Werden Sie sagen, das ist in Österreich immer schon so gewesen, deswegen machen wir es weiter so? Werden Sie alle diese Theorien, die widerlegt sind, vertreten, dass da eine Prägung stattfindet oder dass das eben nicht normal ist und so weiter? Werden Sie das vielleicht behaupten? Oder was werden Sie sagen? Darauf bin ich sehr neugierig.

Neugierig bin ich vor allem auch im Hinblick darauf, was zum Beispiel einer Ihrer Kollegen von den Regierungsfraktionen, Herr Abgeordneter Mainoni, heute hier und auch bei einer Diskussion im Wiener Wahlkampf, eingeladen von der Homosexuellen Initiative Wien, gesagt hat. Er hat sinngemäß gemeint – ich habe es nicht mehr genau im Ohr –, dass dieser § 209 StGB wirklich ersatzlos gestrichen gehört, dass das eine wahnwitzige Vorstellung ist, Männer für schwule Kontakte mit zwischen 14- und 18-Jährigen stärker zu bestrafen oder überhaupt zu bestrafen, während das andere nicht betrifft. – Ich hoffe sehr, dass Sie sich hier gegenüber den Kollegen und Kolleginnen der ÖVP durchsetzen.


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Wenn Sie in der ÖVP nun sagen, Sie brauchen noch Zeit, Sie müssen hier noch länger verhandeln und besprechen und vielleicht noch einige überzeugen und ich weiß nicht, was noch alles, dann muss ich Ihnen sagen, Sie haben schon sehr lange Zeit dazu gehabt!

Sie sagen, Sie planen, etwa das Alter von 18 auf 16 Jahre zu senken, aber vielleicht wollen Sie das Alter für die Lesben und die Heterosexuellen von 14 auf 16 hinaufsetzen, damit alle gleich sind, damit es hier keine Diskriminierungen mehr gibt. Da frage ich Sie wirklich: Ist das Menschenrechtspolitik im Jahr 2001? – Das kann es doch nicht sein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sogar "amnesty international" sagt mittlerweile, dass die Verurteilten nach § 209 StGB Gewissensgefangene sind und "amnesty" sie betreut. – Das ist menschenrechtswidrig, was hier in Österreich passiert!

Und wenn Sie schon sagen, dass Österreich so toll ist, was Menschenrechte betrifft – immer wieder hören wir das –, und was Sie nicht alles getan haben im letzten Jahr, dann stimmen Sie jetzt endlich auch unserem Antrag zu! Frau Kollegin Fekter, berufen Sie den Unterausschuss ein, damit noch im Mai-Plenum hier ein Beschluss gefasst werden kann, damit dieser Schandparagraph im österreichischen Strafrecht endlich und ersatzlos gestrichen wird! Nehmen Sie sich ein Herz! Stimmen Sie zu und schaffen Sie diesen Paragraphen endgültig und ersatzlos ab! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

15.12

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie viele Debatten über den § 209 StGB ich hier in diesem Haus schon erlebt habe, aber leider haben wir immer wieder dieselbe Stellung: Große Teile der ÖVP und auch sehr viele in der FPÖ versuchen, zu verhindern, was eigentlich in fast ganz Europa heute eine Selbstverständlichkeit ist, nämlich die Gleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen und heterosexuellen Beziehungen.

Es ist ja auch durchaus bezeichnend, dass zum Beispiel Liechtenstein, das das österreichische Strafgesetzbuch übernommen hat, erst vor kurzem den § 209 StGB für seinen Geltungsbereich gestrichen hat, weil es anscheinend überall außerhalb von Österreich klar geworden ist, dass dieser Paragraph unsinnig ist, dass er ungerecht ist, dass er große Probleme schafft und endlich abgeschafft gehört. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es wird immer wieder mit dem Schutzbedürfnis Jugendlicher argumentiert, und das ist natürlich ein Thema, das man sehr ernst nehmen muss. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass es im Strafgesetzbuch eine ganze Reihe von Schutzbestimmungen gibt, die verhindern, dass Jugendliche sexuell ausgebeutet werden. Ich verweise zum Beispiel auf die Bestimmung über die Ausnützung eines Abhängigkeitsverhältnisses, die sich sehr gezielt gegen Lehrer, gegen Erzieher richtet, die vielleicht ihre Schützlinge missbrauchen. Es gibt Bestimmungen über die Nötigung und verschiedene andere Bestimmungen über den sexuellen Missbrauch.

Das heißt also, Jugendliche sind geschützt. Es geht hier ja auch nicht um ein Schutzalter, es geht in Wirklichkeit um ein Mindestalter, denn dieser Paragraph schützt eindeutig keinen einzigen Jugendlichen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich möchte es aber nicht so pessimistisch sehen, wie ich vielleicht am Anfang geklungen habe. Es gibt ja Stimmen – in der FPÖ vor allem –, die dafür eintreten, dass sich hier etwas ändert. Kollegin Lunacek hat Herrn Abgeordneten Mainoni erwähnt. Im Zusammenhang mit dem Entzug des Führerscheins eines wegen des § 209 Verurteilten hat er gesagt, dass dieser Bescheid ein Auswuchs eines hinterwäldlerischen Systems ist. Auch er würde den § 209 abschaffen, der Koalitionspartner ÖVP stehe aber auf der Bremse.


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Kollege Ofner wird noch zu diesem Thema sprechen, und auch aus dieser Richtung habe ich eigentlich positive Signale gehört. Und die Frau Vizekanzlerin höchstpersönlich ist ja Mitglied des Rechtskomitees LAMBDA, das sich die Abschaffung des § 209 StGB zur Aufgabe gesetzt hat. – Also ich denke, wenn die Frau Vizekanzlerin dafür ist und auch der jetzige Bundeskanzler, Herr Dr. Schüssel, bei den Verhandlungen in Amsterdam an der Formulierung des Artikels 13 des Amsterdamer Vertrages mitgewirkt hat, kann es nur mehr eine Frage der Zeit sein, dass sich hier etwas ändert.

Man sagt zwar immer, gut Ding braucht Weile, aber in diesem Fall dauert es eindeutig schon zu lange. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Der Unterausschuss tritt nie zusammen. Er wurde im Mai, glaube ich, eingerichtet, im Herbst konstituiert – und sonst: Stillschweigen. Aber andererseits denke ich mir, es ist ja eigentlich alles ausdiskutiert. Die Experten haben sich geäußert. Es ist eindeutig: Dieser § 209 ist nicht zeitgemäß. Wir sollten daher möglichst schnell zu einer Lösung kommen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Er hat das Wort.

15.16

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe zu diesem Thema hier im Haus vor etlichen Jahren schon eine Abstimmung, die danebengegangen ist, erlebt. Die hat in zwei Raten stattgefunden. Zunächst ist es um die gänzliche Aufhebung der so genannten Schutzaltersgrenze gegangen. Ich habe damals ein etwas abgesetztes Stimmverhalten zu meiner Umgebung an den Tag gelegt – der eine oder andere wird sich noch daran erinnern –, ich bin also nicht geschreckt auf diesem Sektor. Es hat dann einen zweiten Aufguss mit 16 Jahren gegeben. Da waren viele dagegen, die das später bereut haben, denn die Repräsentanten der entsprechenden Organisationen haben erklärt: Hätten wir nur das bekommen, dann wäre es uns besser gegangen, als es uns jetzt geht!

Das Präludium in dieser Richtung hat seinen Sinn. Ich habe den Eindruck, dass wir, nämlich Österreich, auf verschiedenen Ebenen unter zunehmendem Druck aus dem Ausland stehen. Es fällt einem auch tatsächlich schwer, zur Verteidigung der Bestimmung des § 209 StGB zu argumentieren.

Aber ich bin ein Optimist auf diesem Sektor, und ich kann mich erinnern, dass ich irgendwann vor einem Jahrzehnt bei einer "HOSI"-Veranstaltung im Auditorium Maximum des Neuen Institutsgebäudes erklärt habe: Verlassen Sie sich darauf, heuer wird die Bestimmung noch weg sein! – Sie ist noch immer da. Dieser mein Ausspruch ist dann bei der nächsten "HOSI"-Veranstaltung plakatiert worden. Ich war eben ein Optimist, ich konnte nichts dafür.

Aber ich bin wirklich der Überzeugung, dass sich – vielleicht nicht mehr in dieser Legislaturperiode, aber wenn nicht, dann Anfang der nächsten, denn nach Wahlen macht man so etwas immer leichter als vor Wahlen – etwas bewegen wird. Ich glaube, dass die, die hier etwas verteidigen, was man kaum mehr verteidigen kann, der Zahl nach im Abnehmen begriffen sind und dass diejenigen, die der Ansicht sind, es muss sich da etwas rühren, die Mehrzahl darstellen oder bald darstellen werden.

Ich warne aber davor, dass die Betroffenen glauben, dass in einem Aufwaschen sozusagen auch die zivil- und sonstigen rechtlichen Umstände in ihrem Sinne gelöst werden könnten. Wenn auch ein guter Teil der Bevölkerung und viele Abgeordnete der Ansicht sein mögen – und nach meiner Meinung auch sind –, dass der 209er nicht mehr zu halten ist, dann halte ich doch dafür, dass es hieße, an der weitaus überwiegenden Zahl der Normadressaten vorbeizubeschließen, wenn man alles, was man sich wünscht, etwa auf dem Sektor des Adoptionsrechts, des Wohnrechts, des Sozialrechts, des Erbrechts, des Pflichtteilsrechts – mir ist nicht alles eingefallen, aber es ist noch anderes mehr –, gleich mit erledigt. Da ist der Widerstand zweifellos


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so groß, dass sich kaum jemand – jedenfalls nicht eine entsprechende Mehrheit – trauen wird, das auch über die legislative Bühne zu bringen.

Wie gesagt: Ich bin optimistisch, was den § 209 StGB anlangt. Ich bin aber nicht der Ansicht, dass dieser Optimismus – im Sinne der Betroffenen – auch für die übrigen rechtlichen Problemkreise angebracht wäre. Ich halte aber dafür, dass eine Fristsetzung zu diesem heiklen Thema eher Widerstände erwecken würde, als dass sie förderlich sein könnte.

Persönlich werde ich daher – und ich gehe davon aus, dass auch meine Fraktion dies tun wird – gegen den Fristsetzungsantrag stimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Es gilt die gleiche Redezeit. – Bitte.

15.20

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Seit der Herabsetzung der Großjährigkeit auf 18 Jahre im Kindschaftsrecht und im Jugendgerichtsgesetz ist es für mich gerechtfertigt, auch über den § 209 StGB zu diskutieren, weil dort noch "19 Jahre" drinsteht.

Einer ersatzlosen Streichung, welche Frau Kollegin Lunacek fordert und welche die sexuellen Kontakte von erwachsenen Männern auch mit 14-jährigen Buben erlauben würde, kann meine Fraktion nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Der Schutz der Jugendlichen, insbesondere der jungen Buben, steht bei unseren Überlegungen im Vordergrund. (Abg. Dr. Moser: Und die Mädchen?)

Die Meinungsbildung über eine eventuelle Reform des § 209 StGB ist aber in unserer Fraktion noch nicht abgeschlossen. (Abg. Mag. Posch: Es wird aber Zeit!) Daher können wir Ihrem Fristsetzungsantrag nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Posch: So schwer ist das doch nicht!)

15.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stoisits. Sie hat das Wort.

15.21

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Ofner hat gesagt: Frist erzeugt Widerstände, deshalb geht es nicht. Frau Kollegin Fekter hat eine sanfte Andeutung dahin gehend gemacht, dass es vielleicht eine Lösungsperspektive gibt, nämlich die der Herabsetzung der Volljährigkeit auf 14 Jahre; damit würde sich das Problem sozusagen von selbst lösen.

Ich meine das gar nicht scherzhaft, sondern möchte Ihnen damit nur zeigen, wie wenig an Willen es hier gibt, sich dem Problem, das tatsächlich besteht, nämlich mit der Diskriminierung – was heißt Diskriminierung? –, der permanenten, tagtäglichen Verletzung von Menschenrechten, die in Österreich passiert, seriös zu widmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich ähnlich wie Herr Dr. Ofner noch sehr gut an diese Abstimmung erinnern, die er als "danebengegangen" bezeichnet hat. Damals war ich nämlich hochschwanger, das war im November 1996. Inzwischen ist mein Sohn ein flottes Kindergartenkind. So lange ist das schon her.

Ich teile seine Auffassung, dass die Abstimmung damals danebengegangen ist. Er hat sich persönlich redlich bemüht, Einfluss geltend zu machen, nur hat er damals in der Oppositionspartei der Freiheitlichen überhaupt keinen Einfluss gehabt. (Abg. Dr. Fekter: Ihr habt nicht zugestimmt!) Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb ist diese Abstimmung damals so ausgegangen, wie sie ausgegangen ist.


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Heute ist derselbe Dr. Ofner ein offenkundig ähnlich einflussloser Abgeordneter in seiner Fraktion, wiewohl diese Fraktion jetzt in Regierungsverantwortung ist. (Abg. Dr. Fekter: Hätten Sie damals zugestimmt! Warum haben Sie damals nicht zugestimmt?) Heute stellt er uns in Aussicht, dass es eventuell in einer nächsten Legislaturperiode eine Änderung geben könnte. Ich sage Ihnen, das ist eine Skurrilität sondergleichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt Fakten, die – unabhängig von der Menschenrechtsverletzung – darauf hinweisen, wie wichtig und wesentlich es jetzt wäre, zu handeln. Nicht um die drohenden Verurteilungen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geht es dabei, sondern um die wirklich jedem einzelnen Abgeordneten zumutbare Verantwortung für das Handhaben von Menschenrechten in Österreich. Es liegt ausschließlich in Ihren Händen, ob dieser Unrechtstatbestand, den das Strafgesetzbuch normiert, weiterbesteht oder nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Niemand anderer als Sie verfügt momentan, in dieser Zusammensetzung, darüber, ob weiter Unrecht judiziert werden muss. Erst diese Woche hat ein Richter in einem Verfahren bezüglich § 209 StGB Folgendes getan. Es gab dort schließlich eine Lösung, weil sich der Mann, den man wegen dieser strafbaren Handlung angeklagt hatte, für den Richter glaubwürdig und vom so genannten – unter Anführungszeichen – "Opfer" bestätigt damit verteidigte, dass er sagte, er habe nicht gewusst, dass das Alter des anderen unter der so genannten Mindestaltersgrenze lag.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es kam zu einem Freispruch, aber der Richter hat in dieser Verhandlung den wirklich bemerkenswerten, auch nicht allein und einzig dastehenden Satz gesagt, dass er das Verfahren, auch wenn der Beschuldigte sich hinsichtlich des Alters des jungen Mannes nicht geirrt hätte, jedenfalls gegen Erteilung einer Probezeit eingestellt hätte. Etwas anderes kann er nicht tun. Das ist für mich eines der wesentlichsten Argumente, die die Zeit im 21. Jahrhundert kennzeichnen. Das hat es 1996 noch nicht gegeben, sage ich Ihnen, dass die Richter diesen öffentlichen Hilfeschrei ans Parlament richten und sagen: Bitte lasst uns nicht ständig Unrecht setzen müssen!

Sie können ja nicht anders. Es ist Bestand der österreichischen Rechtsordnung, dass das ein strafrechtlich relevanter Tatbestand ist, sofern er gesetzt wird, und ein Richter darf nicht freisprechen, weil sonst er das Gesetz brechen würde. Deshalb gibt es permanent – Sie können diese Korrespondenzen, die vor allem auch von den Organisationen kommen, nachlesen – die Hilferufe der Richter: Schluss mit dieser Unrechts-Judikatur! Weg mit dem § 209 StGB!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frist ist auch deshalb so bedeutungsvoll – das hat Frau Kollegin Lunacek hier schon sehr deutlich gesagt –, weil Sie so unernsthaft, so wenig ernsthaft an die Sache herangehen. Da bringt die Opposition einen Antrag ein – aber nicht, dass man sagen würde, wir lehnen ab, sondern man fordert einen Unterausschuss: Machen wir einen Unterausschuss!

Das war zu Beginn des letzten Jahres. (Abg. Dr. Khol: Redezeit!) Dann wird der Unterausschuss beschlossen, er konstituiert sich im September. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Jetzt haben wir April 2001, und es hat noch keine Sitzung gegeben. (Abg. Dr. Khol: Herr Präsident! Sie lassen immer länger reden!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Das spricht Bände über die Unernsthaftigkeit, mit der Menschenrechte in Österreich behandelt werden. (Beifall bei den Grünen.)

15.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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Wir kommen daher zur Abstimmung, und zwar stimmen wir ab über den Antrag, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 10/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird, eine Frist bis zum 9. Mai 2001 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die Verhandlungen über die Beratungsgruppe VIII wieder auf.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pistotnig. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

15.28

Abgeordneter Jakob Pistotnig (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Präambel zum Budget 2002 ist zu lesen: Die Förderung in der Forstwirtschaft umfasst jene Maßnahmen, welche die Forstwirtschaft hinsichtlich ihrer im öffentlichen Interesse liegenden Wirkung fördert.

Die Förderungssumme beträgt 280 Millionen Schilling. Dieses Geld dient in erster Linie zur Hochlagen-Aufforstung und zur Schutzwaldsanierung, um, mit einem Wort gesagt, die Bevölkerung vor Hochwasser, vor Naturkatastrophen und so weiter zu schützen. Dasselbe gilt auch für Wildbach- und Lawinenverbauungen, die mit 960 Millionen Schilling dotiert sind. Diese dienen ebenfalls vorbeugenden Maßnahmen gegen Naturkatastrophen.

Meine Damen und Herren! Das war nicht immer so, wie sich zeigt, wenn Sie das nachlesen. Im Jahre 1996 gab es ein Riesenproblem, nachdem der damalige Finanzminister Viktor Klima den Topf der Zentralreserve für diese Katastrophenfälle in der Höhe von 1,3 Milliarden Schilling einfach abgezogen, in das Budget integriert und damit Löcher gestopft hatte.

Da muss ich Herrn Kollegen Edlinger heute ausnahmsweise einmal ein Kompliment machen. Herr Kollege Edlinger, Sie waren als Finanzminister nicht schlechter als Ihr Vorgänger Klima! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn es damals nicht einen umsichtigen Landwirtschaftsminister in der Person von Wilhelm Molterer gegeben hätte, der mit Hilfe aller Landeshauptleute und vor allem der Länder durchgesetzt hat, dass diese Zentralreserve innerhalb von vier Tagen wieder auf 400 Millionen aufgestockt werden durfte, sodass dafür nun endlich 400 Millionen zur Verfügung stehen, dann hätten wir zum Beispiel bei den großen Katastrophen in Tirol schlecht ausgesehen. Heuer wiederum brauchen wir dieses Geld auch zur Abdeckung der Folgen von BSE.

Aber so wichtig Wildbach- und Lawinenverbauung auch sind, Herr Bundesminister, muss ich doch dazusagen, dass es an der Zeit ist, die Wildbach- und Lawinenverbauung umzustrukturieren. Die Veränderung im Aufgabenbereich, dort die Schutzwaldsanierung einzubeziehen und das Geld für die Aufforstung in Gefahrengebieten aus diesem Budget zu nehmen, ist bereits passiert. Trotzdem ist darauf Bedacht zu nehmen, dass bei Bauarbeiten – um das gleiche Geld, sage ich jetzt einmal – ein Drittel mehr geleistet werden könnte; und dieses Drittel mehr müssen wir leisten. Wir haben nicht mehr Geld, aber wir können durch schnellere Baumaßnahmen und dadurch, dass wir das besser durchdenken, um ein Drittel mehr leisten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ganz kurz noch zu den Bundesforsten; auch das betrifft ja die Forstgebiete. Es gab eine Pressekonferenz, da wurde erklärt, 27 000 Hektar der Fläche der Bundesforste sollen nun doch verkauft werden. Und der Vorsitzende der Naturfreunde Österreichs, Herr Nationalratspräsident Heinz Fischer, und sein Generalsekretär sagten Folgendes: Der Finanzminister soll das Ver


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steckspiel beenden und der Öffentlichkeit endlich sagen, welcher Betrag nun tatsächlich von den Bundesforsten an das Budget abgeführt werden soll.

Bitte, das ist seit über einem Jahr bekannt! Es sind dies 3 Milliarden Schilling. (Abg. Dr. Kostelka: Die aber nie zustande kommen!) Diese werden dort durch Verkäufe hereinkommen. (Abg. Dr. Kostelka: Maximal 1 Milliarde werden die kriegen! Maximal! – Abg. Ing. Westenthaler: Ist ja nicht wahr! – Abg. Dr. Kostelka: Sicher!) Damit werden wir das Budget stützen und den Bauern die Möglichkeit geben, Land dazuzukaufen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

"Wehret den Anfängen!", hieß es, und dass die 27 000 Hektar nur der Beginn seien und dass es nach der Salamitaktik im scheibchenweisen Verkauf der gesamten Grundfläche der Österreichischen Bundesforste enden werde. (Abg. Gradwohl: ... für bare Münze nehmen!)

Herr Generalsekretär Dayer hat auch gesagt, es gebe ohnehin einen zu geringen Anteil an Staatswald, dieser sei ja wunderschön. – Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Bitte fahren Sie einmal nach Tschechien oder fahren Sie in die Slowakei – dort hat es nur Staatswälder gegeben – und sehen Sie sich an, wie die ausschauen! Da bin ich auf die Bundesforste und die 80 Prozent an Privatwäldern in Österreich bei Gott sehr stolz! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Und wenn man glaubt, dass die kleinen Bauern das Geld nicht haben werden, um die Flächen der ÖBf kaufen zu können, dann rate ich: Warten wir ab, wer die Grundstücke bekommt! Ich darf Ihnen sagen, es sind, soweit ich weiß, hauptsächlich kleinere Grundstücke, die sich jeder angrenzende Bauer wird leisten können.

Bitte nehmen Sie endlich einmal zur Kenntnis, dass diese Regierung – im Gegensatz zu vorangegangenen Regierungen – nicht nur verspricht, sondern auch hält und umsetzt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. Er hat das Wort.

15.34

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal kurz darauf replizieren, dass während der Rede meines Kollegen Otmar Brix Frau Dr. Helene Partik-Pablé in einem Zwischenruf hereingerufen hat: Sie passen gut nach Wien mit Ihrer Sprache und mit Ihrem Auftreten!

Heißt das, dass sie zu gut für Wien ist? Oder was heißt das? – Die Wienerinnen und Wiener haben auf jeden Fall genau gesagt, dass sie nicht nach Wien passt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: 30 Prozent Häupl!)

Frau Kollegin Achatz! Sie haben unserem Erstredner, Herrn Abgeordnetem Wimmer, vorgeworfen, dass wir bei den Budgets Landwirtschaft, als wir noch in der Regierung waren, mitgestimmt hätten, und Sie meinten, heute steht er da und kritisiert. Ich glaube, ich erinnere mich richtig. Daraufhin haben Sie dieses Budget auch sehr deutlich kritisiert. Jetzt bin ich gespannt ... (Abg. Achatz: Ich habe aber auch genau gesagt, warum ich zustimme!) Ah, Sie haben schon gesagt, dass Sie zustimmen! – Ich denke, es geht Ihnen jetzt genauso wie damals uns: Die ÖVP lässt Sie nicht aus ihren Fängen, Sie müssen zustimmen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Achatz: Nein, nein! – Abg. Dr. Mertel: Wollen Sie wirklich krank werden?)

Zurück zum Landwirtschaftsbudget. – Eines ist sicherlich konsequent gelungen und sehr kontinuierlich festzustellen: Im Landwirtschaftsbudget hat sich nichts geändert, die Großen werden weiter gefördert, die Kleinen gehen unter.

Herr Landwirtschaftsminister! Ich finde dort, wo es um die Ansätze geht, nichts im Hinblick darauf, für die Kosten aus der BSE-Krise und aus dem Arzneimittelmissbrauch aufzukommen. Den hat es bei uns gegeben, BSE Gott sei Dank nicht. Die Maul- und Klauenseuche gibt es bei uns


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Gott sei Dank auch nicht. (Abg. Schwarzenberger: Dafür ist ja das Gesundheitsministerium zuständig!)

Aber wissen Sie, was sehr viele Konsumentinnen und Konsumenten, aber auch sehr viele Bauern sagen? – Jetzt gäbe es analog zum Weinskandal die Chance, den Begriff des "Feinkostladens Österreich" wirklich zu realisieren. Jetzt wäre tatsächlich die Chance dazu vorhanden!

Herr Bundesminister! Wenn wir Ihnen vorwerfen, dass Sie für die Biobauern eher weniger denn mehr geben, dann heißt es immer: Stimmt nicht, für die Biobauern gibt es mehr! – Ich bitte Sie wirklich um ein Privatissimum, in dem Sie uns einmal vorrechnen, wo es für die Biobauern mehr gibt. (Abg. Hornek: Richtig! Für die Kontrollverbände weniger!) Ich kann das nicht finden. (Zwischenruf des Abg. Auer. )

Was ich allerdings gefunden habe – und das ist schon sehr interessant –, war eine Presseaussendung von Herrn Schwarzenberger, in der er zur immer wiederkehrenden Forderung nach mehr Biobauern festgestellt hat: Wir werden diese sehr schnell haben, wenn der Markt es verlangt. (Abg. Hornek: Wir haben momentan schon mehr!) Dann sagt er auch noch, dass da so viel Milch weggeschüttet wird, und so weiter. (Abg. Auer: Wenn du es nicht verstehst!)  – Ich habe leider nicht so viel Zeit, die Lampe blinkt schon wieder.

Er meint also: "wenn der Markt es verlangt". – Das ist eine interessante Feststellung. (Abg. Hornek: Wenn es die Konsumenten wollen!) Er weiß offensichtlich nicht, dass die Biobauern schon heute ausverkauft sind. Die können gar nicht mehr so viel produzieren, wie sie verkaufen könnten. (Abg. Hornek: Das stimmt leider nicht! Das wäre schön!)

Das Zweite ist: Die Biobauern überlassen Sie dem freien Markt, die Großbauern nicht. Die werden mit Millionen gefördert, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ein Wort noch zur ländlichen Entwicklung oder zur Entwicklung des ländlichen Raumes. – Herr Bundesminister! Sie haben gemeint, dass es in Zukunft notwendig sein wird, nicht mehr nur die Landwirtschaft zu fördern, sondern den ländlichen Raum weiter zu definieren. Darauf freue ich mich schon sehr, wenn die Gelder für den ländlichen Raum nicht mehr nur in die rein landwirtschaftliche Förderung, sondern auch in Strukturförderungen gehen werden.

Ich verweise nur – leider ist meine Redezeit schon aus – auf das Beispiel der Molkerei in Königswiesen. Dieser kleine Ort im Mühlviertel hat die Molkerei verloren; dort wurde niemandem geholfen, 80 Leute waren ohne Arbeit. Beim nächsten Schritt der "Entwicklung des ländlichen Raumes" ist der Gendarmerieposten weg. Und so geht es scheibchenweise weiter! (Abg. Großruck: Das war Schlögl, der den gesperrt hat!) Der ländliche Raum trocknet mit Ihrer Politik aus, meine Damen und Herren, und dafür sind wir nicht zu haben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hornek: Für die Gendarmerie ist nicht der Landwirtschaftsminister zuständig! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

15.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: So, jetzt ist auch das Postskriptum erledigt!

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Hornek zu Wort. – Bitte.

15.39

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Österreich ist in Sachen Umweltschutz international ein Vorbild und hat diese Position auch im Bereich Klimaschutz inne. Bei den CO2-Emissionen pro Einwohner liegt Österreich weit unterhalb des EU-Durchschnitts und somit im positiven Spitzenfeld. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Österreich liegt auch im Bereich Umweltförderung an der Spitze. Die gesamten Fördermittel für Umweltbeihilfen betrugen EU-weit im Durchschnitt der Jahre 1994 bis 1997 rund 1 Prozent. Der österreichische Durchschnitt für 1995 bis 1997 belief sich auf 9 Prozent, das war nach Dänemark der höchste Wert innerhalb der EU.


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67. Sitzung / Seite 102

Eine der größten globalen Herausforderungen für die nächsten Jahrzehnte auf dem Gebiet des Umweltschutzes ist zweifellos die Reduktion des vom Menschen verursachten Treibhauseffekts. Deshalb wird das umweltpolitische Hauptaugenmerk im Jahr 2002 auf dem Kyoto-Ziel liegen. Diesem Erfordernis trägt die Erhöhung der betrieblichen Umweltförderung von 475 Millionen Schilling im Jahre 2000 auf 650 Millionen Schilling im Budget 2002 Rechnung. "Vorbeugen ist besser als Heilen." – Diese alte Volksweisheit müssen wir uns bei dieser Thematik vor Augen halten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Kyoto-Optionenanalyse der Österreichischen Kommunalkredit AG prognostiziert bei Umsetzung der in Österreich zur Erreichung des Kyoto-Ziels notwendigen Maßnahmen einen Beschäftigungseffekt von mindestens 14 000 Arbeitnehmern für den Zeitraum von 10 Jahren. Somit führt eine ehrgeizige Umweltpolitik nicht nur zu einer besseren Lebensqualität, sondern hat auch einen positiven Effekt für den Arbeitsmarkt.

Die thermische Gebäudesanierung und optimale Nutzung der Raumwärme stellt in der Strategie Österreichs zur Erreichung des Kyoto-Ziels mit 5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent das größte Einsparpotential dar. Hierbei sind die thermische Althaussanierung, der verstärkte Einsatz erneuerbarer Energieträger und der Ausbau der Fernwärme die erfolgversprechendsten Maßnahmen.

In diesem Punkt muss die Umgestaltung der Wohnbauförderung nach ökologischen und energetischen Kriterien sowie eine Umschichtung von Wohnbauförderungsmitteln von der Neubauförderung zur Althaussanierung erfolgen. Als praktisches Beispiel möchte ich hier die "Energieagentur Waldviertel" anführen. Über 30 Waldviertler Gemeinden haben sich zusammengeschlossen, um energietechnische Optimierungen im kommunalen Bereich durchzuführen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Besonders lobend erwähnen möchte ich das enorme Engagement unseres Bezirkshauptmannes, der ehrenamtlich und ohne finanzielle Abgeltung die Funktion des Obmannes innehat. Mittlerweile wurden von dieser Energieagentur elf Energiekonzepte für Gemeinden erstellt und diese teilweise bereits in die Praxis umgesetzt.

Die produktunabhängigen Berater der Agentur erstellen zum Beispiel für öffentliche Gebäude wie Schulen, Gemeindegebäude und so weiter energietechnische Sanierungsvorschläge und beraten bei Ausschreibungen und Umsetzungen. Hauptaugenmerk wird dabei darauf gelegt, dass die Wertschöpfung langfristig in der Region verbleibt.

Von der Finanzierung bis zur Ausführung der Arbeiten werden vorwiegend regionale Firmen eingesetzt. Die Einsparpotentiale für die Energiekosten belaufen sich manchmal auf bis zu 50 Prozent. Die Investitionen amortisieren sich daher großteils von selbst. Somit handelt es sich hierbei nicht nur um einen umweltpolitischen, sondern auch um einen für die Region bedeutsamen wirtschaftlichen Impuls.

Als bedauerlich in Bezug auf die Realisierung des Kyoto-Ziels empfinde ich, dass der amerikanische Präsident Bush laut seinen Aussagen in Zukunft verantwortungslos mit unseren Lebensgrundlagen, der Umwelt umgehen will. Umso bedeutsamer ist es, den österreichischen Weg massiv in der gewohnten Form weiterzugehen, nämlich den Weg der ökosozialen Marktwirtschaft. Und wir werden dabei unseren souveränen Minister Molterer nach Leibeskräften unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Heinzl. Er hat das Wort.

15.44

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundesminister, Sie geben in der Budgetierung der Ausgaben im Umweltbereich nicht einmal die höheren Einnahmen durch das Ausräumen des Wasserwirtschaftsfonds und die höheren Einnahmen aus den Altlastensanierungsbeiträgen weiter.


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67. Sitzung / Seite 103

Gerade in der Wasserwirtschaft besteht aber ein sehr hoher Investitionsbedarf. Im Gegensatz dazu lassen Sie zu, dass der zugesagte Förderwert des Wasserwirtschaftsfonds von bisher 3,9 Milliarden Schilling im Jahre 2000 auf nur mehr 3 Milliarden in den Jahren 2002 bis 2004 absinkt. Dieser Rückgang hat natürlich auch unmittelbare Folgen in der Tiefbaubranche, in der bereits im Jahre 2001 um 1 200 Jahresarbeitsplätze weniger vorhanden sind. Im Jahre 2002 werden es bereits um etwa 2 500 Jahresarbeitsplätze weniger sein.

Herr Minister, Sie hungern den Wasserwirtschaftsfonds aus! Es ist ganz klar, in welche Richtung diese Politik führen soll, nämlich in Richtung eines Ausverkaufs der heimischen Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsbetriebe an private Konzessionäre, die sich dann sicher keine soziale Ausgewogenheit mehr leisten und diese daher auch nicht bieten werden.

Es zeigt sich auch bereits, wer am meisten an einer solchen Lösung interessiert ist, nämlich die Industriebetriebe, die selbst große Abwassermengen entsorgen müssen und sich auf diesem Umweg ihre Investitionen in die benötigten Anlagen vergolden lassen wollen – allen voran die liebe Papierindustrie. Die Industriemagnaten in diesem Haus lassen sich hier offensichtlich jene Gesetze machen, die sie brauchen, um ihre Bilanzen, ihre Privatbetriebe einfach kräftig aufzufetten.

Es wird dabei immer deutlicher, dass auch bei der Vergabe der Zuschüsse für den Siedlungswasserwirtschaftsfonds der ländliche Raum gegenüber den Städten bevorzugt wird, und dies, obwohl kleinere Gemeinden gegenüber den Städten bis jetzt ohnehin schon eine bis zu dreimal höhere Förderung haben. Deshalb hat auch der Gemeinderat der niederösterreichischen Landeshauptstadt St. Pölten erst kürzlich, am 26. März, einstimmig eine Resolution gegen die Zuschusskürzung für die Siedlungswasserwirtschaft beschlossen, das heißt auch mit den Stimmen der ÖVP und der FPÖ im Gemeinderat der niederösterreichischen Landeshauptstadt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist nämlich nicht wahr, dass durch den hohen Anschlussgrad der Städte im Bereich der Abwasserentsorgung kein Investitionsbedarf mehr besteht. Genau das Gegenteil ist der Fall. Gerade jetzt stellt die Erneuerung beziehungsweise die Regenerierung der alten Systeme vor allem in den Städten einen Schwerpunkt der Investitionstätigkeit dar. Zusätzlich gilt es aber auch, neue notwendige Projekte zu finanzieren.

Bereits jetzt sind österreichweit 3 Milliarden Schilling an Förderungsmitteln ausständig, und die von der Regierung vorgenommenen Kürzungen lassen für die Zukunft noch weit Schlimmeres befürchten.

Herr Minister! Durch die Kürzung der Förderungsmittel müssen dringend benötigte Projekte aufgeschoben werden, und dies alles nur, damit Sie, Herr Umweltminister, sich Ihren Traum von der Privatisierung der österreichischen Wasserwirtschaft erfüllen können und damit der Herr Wirtschaftsminister sich seinen Traum von der vollständigen Privatisierung Österreichs erfüllen kann. Diesen Bestrebungen können wir Sozialdemokraten nichts abgewinnen. Mit Ihrer Haltung schaden Sie, Herr Minister und meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, dem hohen Standard Österreichs in der Wasserwirtschaft und bei der Trinkwasserqualität. (Beifall bei der SPÖ.)

15.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Fallent. Er hat das Wort.

15.49

Abgeordneter Ing. Gerhard Fallent (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die letzten 100 Jahre, und darin bin ich mir sehr sicher, stellen beim Ressourcen- und Energieverbrauch mit Sicherheit einen der großen Irrtümer der Menschheit dar.

Die globale Situation ist bedrohlich: 20 Prozent der Menschheit verbrauchen 80 Prozent der gesamten Ressourcen dieser Welt. Spürbare Klimaveränderungen sind eingetreten. Die Abholzung der Regenwälder schreitet dramatisch voran. Es gibt enormen Bodenverbrauch auf Grund


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intensiver Landbewirtschaftung. 800 Millionen Menschen leiden auf unserem Planeten Hunger. Der Trinkwasservorrat geht zur Neige, und der Trinkwasserverbrauch steigt dramatisch. Boden und Trinkwasser werden gleichzeitig immer stärker verschmutzt.

Weltweit – und wir spüren das zurzeit gerade in Europa – nehmen Seuchen und schwerste Krankheiten zu. Das Ölzeitalter neigt sich seinem Ende zu; wir ersehen dies am steigenden Ölpreis, der uns zusetzt. Es gibt tatsächlich einen Engpass an so genanntem billig verfügbaren Öl. Atomkraftwerke bedrohen die Menschheit, und eines davon steht ganz nahe an unserer Grenze. Ländliche Gebiete leiden unter Abwanderung und Infrastrukturverlusten, und Ballungsgebiete beginnen sich selbst zu lähmen.

All das, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat mit unserem Lebensstil zu tun. Wir tun so, als hätten wir einen zweiten Planeten in Reserve. Unsere Kinder werden das nicht verstehen. Sie werden nicht damit einverstanden sein, dass wir heute nicht in ausreichendem Maße in der Lage sind, die nötigen Weichenstellungen hin zu einer nachhaltigen Entwicklung vorzunehmen.

Ich selbst beschäftige mich mit erneuerbarer Energie und einer nachhaltigen Entwicklung von Lebensräumen. (Abg. Auer: Mit Erfolg!) Bitte? (Abg. Auer: Erfolgreich!) Mit der erfolgreichen, ganz genau! Dabei orientiere ich mich an den Prinzipien der Nachhaltigkeit. Um Lebensräume mit Zukunft zu schaffen, muss man sich eben an diesen Prinzipien der Langfristigkeit, der lokalen Identität, der Vielfalt, der Nähe, der Qualität und der Partnerschaft orientieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesen Lebensräumen gibt es keinen Platz für Atomenergie, für Ressourcenverschwendung, für fossile Energieträger und einen Lebensstil, der maximalen Konsum vor Lebensqualität stellt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben uns eine entscheidende Frage zu stellen, und ich bin der Überzeugung, dass es oberstes Ziel jeder Politik sein muss, Lebensqualität für gegenwärtige und kommende Generationen zu sichern. Österreich und Europa stehen vor einer der ganz großen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Umweltschutz, nämlich dem gänzlichen Umstieg auf erneuerbare Energieträger. Das heißt nein zu Öl, das heißt nein zu Gas und Kohle, und das heißt nein zu Atomenergie. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie der Abgeordneten Auer und Hornek. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Temelin ist daher nicht der Weg in eine nachhaltige Zukunft und für Tschechien mit Sicherheit nicht der Weg in eine europäische Wertegemeinschaft! In der gegenwärtigen Situation ist mit Sicherheit nicht anzunehmen, dass eine UVP positiv abläuft, dass es zur gänzlichen Umsetzung der "Melker Vereinbarung" kommen wird und dass die Ergebnisse eine Weiterführung des Atomkraftwerks Temelin ermöglichen.

Ich bin mir ganz sicher: Sollte Tschechien die "Melker Vereinbarung" nicht vollinhaltlich umsetzen oder sollte das Ergebnis der UVP tatsächlich negativ sein und die dann notwendigen bilateralen Bemühungen nicht zur Stilllegung des Kraftwerkes führen, dann ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil wir die Verantwortung auch für die kommenden Generationen tragen, eine Junktimierung mit den EU-Beitrittsverhandlungen vorzunehmen.

Ich ersuche Bundesminister Molterer außerdem, zu überprüfen, ob es tatsächlich das Ersuchen von EURATOM gibt, eine Erhöhung des Kreditrahmens um 2 Milliarden j vorzunehmen, um Nuklearanlagen zu finanzieren und zu bauen. Ich bitte Sie, einer solchen Entwicklung Einhalt zu gebieten und jene 2 Milliarden j , die für diese Aufstockung beantragt wurden, der Energiewende zukommen zu lassen. Wir brauchen die Entlastung der Arbeitskraft, wir brauchen eine Belastung fossiler und atomarer Energieträger und nicht nachwachsender Rohstoffe. Wir brauchen Öko-Bonussysteme, wir brauchen die Kostenwahrheit bei Energieträgern sowie Einspeisegesetze für erneuerbare Energie.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenden wir unser Gesicht der Sonne zu, und wir lassen die Schatten hinter uns! – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.55


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67. Sitzung / Seite 105

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. Er hat das Wort.

15.55

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien! Wir haben in den letzten Stunden der Agrardiskussion versucht, oder zumindest Sie haben es versucht, die Fortschritte herauszuarbeiten. Viel haben wir nicht gesehen, auch wenn wir uns die offiziellen Aufgaben der Bundesregierung ansehen, etwa die "Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2001", enderledigt im Ausschuss, damit es nicht an die Öffentlichkeit gelangt.

Was finden wir hier auf Seite 10, diskutiert mitten in Zeiten der BSE-Krise? "Qualitätsverbesserung in der Tierhaltung: Die Maßnahmen zur Verbesserung der Produktionshygiene" – darauf komme ich später noch zurück, Herr Bundesminister – "sowie zur Steigerung der Produktivität in der Viehwirtschaft sollen auch im Jahr 2000 einen Förderungsschwerpunkt bilden." – "2000" ist kein Versprecher, sondern dieser Absatz wurde von der neuen Bundesregierung aus vorherigen Berichten kopiert. Es wurde nicht einmal für notwendig befunden, das Datum zu ändern. – "Steigerung der Produktivität", das findet sich nach wie vor im offiziellen Bericht der Bundesregierung für das Jahr 2001, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben in den letzten Stunden sehr viel über Förderungen, über Subventionen gesprochen. Jeder rechnet sich die Zahlen, auf Neudeutsch die Benchmarks, so wie er es braucht. Recht interessante Zahlen finden sich im "Grünen Bericht 1999", der, wie wir immer zugegeben und festgestellt haben, ein guter Bericht ist. Wenn wir uns hier ansehen, dass es 394 Subventionsmillionäre gibt – 394 Betriebe bekommen mehr als 1 Million Schilling an Subventionen –, dann stellt man fest, das schlägt sich auf die Durchschnittszahlen durch, denn die Selbständigen haben im Durchschnitt, im schlichten Mittel ein Einkommen von 221 482 S.

Meine Damen und Herren der Regierungsparteien! Ich kann Ihnen nur sagen: Die kleinen Bauern des Weinviertels können von einem solchen Einkommen nur träumen, denn sie haben es beileibe nicht. Sie haben es genauso wenig wie 1 Million unselbständig Beschäftigte in Österreich, die auch an dieses Durchschnittseinkommen nicht herankommen. Sie sehen also, wie Ihre Förderungsmillionäre die Statistik verfälschen. (Beifall bei der SPÖ.)

Man mag einwenden: Vielleicht kommt es wenigstens über die Umwegrentabilität, über die Steuern wieder zurück! – Dem ist aber nicht so! Was zahlen denn die Förderungsmillionäre und die kleinen Betriebe an Steuern an die Republik? 8 526 S – nicht im Monat, sondern im Jahr  – fließen aus diesem Bereich zurück. Die Arbeitnehmer zahlen im Durchschnitt 65 355 S im Jahr. Diese Zahlen sind aus 1999. Und Sie, Herr Bundeskanzler, haben es dann noch für notwendig erachtet, ihnen 111 Milliarden Schilling mehr Steuern aufzubrummen, Sie haben es noch für notwendig erachtet, im Budget bis 2002 den Betrag der Lohnsteuer auf den höchsten bisher da gewesenen Wert zu bringen. Meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass es die Bevölkerung dieser Regierung danken wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Produktionshygiene: Herr Bundesminister! Wir haben uns bis jetzt immer über Nitrat, Nitrit, Pestizide und Atrazin im Grundwasser der Ostregion unterhalten. Nunmehr liegt eine neue Studie vor, die sich mit den hygienischen Bestimmungen, mit dem hygienischen Zustand beschäftigt. Ich nehme an, Sie kennen diese Studie, da Sie in Ihrem Haus entstanden ist.

Wir kommen zur Erkenntnis, dass im Osten nur 15 Prozent der Wasserversorgungsanlagen über einwandfreies Wasser verfügen. 44 Prozent der untersuchten Brunnen sind so stark kontaminiert, dass das Wasser nicht genusstauglich ist. Die Schadstoffe dieser Wässer gelangen aber leider, da sie in der Landwirtschaft genutzt werden, in die Nahrungsmittelkette.

Wir haben daher für diesen Fall, der für uns ein vordringlicher ist, bei dem fast Gefahr im Verzug ist, einen


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Entschließungsantrag vorbereitet, den ich hiermit einbringe:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Maier, Gradwohl, Dipl.-Ing. Kummerer, Mag. Gaßner und GenossInnen betreffend des Zustandes der Wasserversorgung – bäuerlicher – Betriebe in Österreich

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung:

Der Nationalrat hat beschlossen:

"Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert,

1. aufgrund der vorliegenden Untersuchungsergebnisse sofort eine flächendeckende Überprüfung aller privaten hauseigenen Wasserversorgungsanlagen (zum Beispiel Hausbrunnen), die dem notwendigen Haus- und Wirtschaftsbedarf dienen, durchzuführen,

2. ein Sanierungsprogramm für mangelhafte private hauseigene Wasserversorgungsanlagen zur Hebung der (Trink)Wasserqualität unter anderem unter Berücksichtigung der entsprechenden Maßnahmen nach dem WRG zu erarbeiten sowie

3. ein Förderungsprogramm zur Erhaltung und Sanierung privater hauseigener Wasserversorgungsanlagen vorzulegen."

*****

Herr Bundesminister! Wir haben ein Problem, das einer Lösung bedarf. Ich bitte Sie, uns zu unterstützen! (Beifall bei der SPÖ.)

16.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag, den der Herr Abgeordnete soeben eingebracht hat, entspricht der Geschäftsordnung und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Johann Loos. Ich erteile ihm das Wort.

16.02

Abgeordneter Johann Loos (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! So wie viele andere habe auch ich heute sehr aufmerksam den Rednern der Opposition zugehört und mir dabei gedacht: Wie würde wohl ein potentieller Österreich-Urlauber auf das, was hier gesagt wurde, reagieren?

Sie haben Österreich nicht gerade als schön dargestellt, Sie sagten, bei uns gehe es drunter und drüber, Grundwasser-Probleme, Altlasten-Probleme und so weiter. Aber gerade das Gegenteil, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist der Fall! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Bezüglich der Grundwasserproblematik – dabei denke ich auch an die Abfallwirtschaft oder die Abwasserbeseitigung – kann ich an einem kleinen Beispiel zeigen, was in Österreich eigentlich geleistet wird. Bei uns hat ein Verband aus vier Ortschaften – nicht einmal 10 000 Einwohner! – allein in den letzten paar Jahren eine halbe Milliarde Schilling dafür aufgewendet, um das Abwasser entsprechend zu reinigen. Die Bevölkerung wirkt dabei mit, und es gibt auch gute Förderungen dafür.

Meine Damen und Herren! In Österreich ist das Grundwasser großteils in Ordnung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte aber besonders zu einem Punkt sprechen, nämlich zu den Nationalparks in Österreich. Wir haben in Österreich bekanntlich fünf Nationalparks, deren Einrichtung sich bestens


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bewährt hat. Jahr für Jahr entdecken mehr und mehr Besucher diese Nationalparks und machen von den vielfältigen Programmen Gebrauch. Damit sind die Nationalparks eindeutig zu einem Wertschöpfungsfaktor für die regionale Wirtschaft geworden, der in einmaliger Weise Naturschutz mit Erholung, Bildung und Forschung verbindet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt Umfragen, die uns diesbezüglich besonders Gutes nachsagen. Im Sommer 2000 hat das Fessel-Institut eine solche Telefonumfrage durchgeführt mit dem Ergebnis: Nur 4 Prozent der Befragten haben noch nie von einem Nationalpark gehört. Was aber noch wichtiger ist: Der Grad der Befürwortung entspricht einem der höchsten Zustimmungswerte der letzten Zeit für eine staatliche Einrichtung.

Bei den Jugendlichen liegt die Zustimmung mit 95 Prozent noch höher als die allgemeine Zustimmung. Was mich persönlich besonders freut, ist: Am bekanntesten sind der Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel – kein Wunder, ich bin dort seit Jahren im Vorstand tätig! – und der Nationalpark Hohe Tauern. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Betreffend Nationalpark Neusiedler See möchte ich vielleicht noch anmerken: Es gibt dort auch eine ganz besonders gute Zusammenarbeit mit dem WWF. Der jetzige Präsident des WWF, Herr Dr. Pechlaner – er ist der Direktor des Tiergartens Schönbrunn –, ist ebenfalls Mitglied des Vorstandes, daher funktioniert das bestens.

Heuer – und das ist in Bezug auf das Budget interessant – werden die Nationalparks vom Bund mit 130 Millionen Schilling kofinanziert. Mit diesem Geld werden nicht nur die Ansprüche der Grundbesitzer im Sinne des Vertragsnaturschutzes befriedigt, sondern auch zahlreiche Investitionen getätigt. Die Investitionen betreffen besonders die Bereiche Infrastruktur und Dienstleistungen. Neben den direkten Investitionen entstehen durch den Betrieb des Nationalparks aber auch und vor allem viele Impulse, die, wie ich schon betont habe, Auswirkungen auf die Regionalwirtschaft haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das mittlerweile sehr reichhaltige Bildungs- und Erholungsangebot der Nationalparks zieht von Jahr zu Jahr mehr Leute an, vor allem auch Schulklassen. Eine Auswertung des Vorjahres zeigt, dass im letzten Jahr 50 000 Kinder und Jugendliche die fünf österreichischen Nationalparks besucht haben.

In diesem Zusammenhang ebenfalls sehr wichtig ist der Tourismus. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ökotourismus wird immer bedeutender. Die WTO veranstaltet heuer in Salzburg eine internationale Konferenz zu diesem Thema, eine weitere mehrtägige Veranstaltung des EUROPARC findet ebenfalls in Österreich statt. Damit haben die österreichischen Nationalparks die Möglichkeit, sich international bekannt zu machen. Wir haben das bereits vor zwei Jahren anlässlich der Weltausstellung in Lissabon hervorragend gemacht und dort eine besonders gute Aufnahme dieser Nationalparks bei der gesamten Weltbevölkerung verzeichnen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Besonders gerne – das möchte ich abschließend betonen – erinnere ich mich daran, dass diese Nationalparks auch im Bereich der Diplomatie sehr wichtig sind. Der damalige Wirtschaftsminister Dr. Schüssel, der heute als Bundeskanzler – Gott sei Dank! – hinter mir sitzt (Heiterkeit, Beifall und Bravo-Rufe bei der ÖVP), war seinerzeit mit den EFTA-Ministern bei uns und hat damit, was Österreich betrifft, sicherlich einen guten Eindruck hinterlassen. Er hinterlässt übrigens immer einen guten Eindruck, nicht nur in Apetlon, sondern auch hier in Wien, wofür ich als Abgeordneter sehr dankbar bin. (Neuerliche Heiterkeit, Beifall und Bravo-Rufe bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dank gebührt allen, die sich freiwillig im Naturschutz betätigen! Dank gebührt allen, die in einem Nationalpark tätig sind! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Super! – Abg. Dr. Rasinger: Und die sich nicht im Schilf verstecken!)


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16.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Hannes Bauer. Ich erteile ihm das Wort.

16.07

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Zunächst einmal, lieber Kollege: Auch in Niederösterreich gibt es sehr bekannte Nationalparks (Abg. Kiss: Welche, Hannes?), nämlich die Donauauen und das Thayatal. Wir sind, um das klar zu sagen, auf alle stolz! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ und der ÖVP.)

Betreffend den Fristsetzungsantrag, der vor kurzem behandelt wurde, ist mir eine sehr bemerkenswerte Äußerung des Herrn Abgeordneten Ofner aufgefallen. Er hat nämlich gesagt, dass etwas nach den Wahlen leichter zu regeln ist als vor den Wahlen. – Da wir uns gerade nach Wahlen befinden – die Wahlen sind gerade ein Jahr her –, lässt sich natürlich daraus schließen, dass es vielleicht in den Klubs der beiden Regierungsparteien Schwierigkeiten gibt, denn sonst könnte so eine Aussage, dass wir uns praktisch vor Wahlen befänden, nicht getroffen werden! (Abg. Schwarzenberger: Kollege Bauer, wir sind zweieinhalb Jahre vor den Wahlen!)

Das wiederum könnte auch erklären, warum Herr Abgeordneter Hornegger in Fragen der Landwirtschaft so völlig andere Positionen als die Österreichische Volkspartei eingenommen hat. Sie sind im Übrigen sehr ähnlich jener Position, die von uns als Staffelung mit größerer sozialer Ausgewogenheit bezeichnet wird. Es könnte außerdem erklären, warum Herr Abgeordneter Gaugg auch heute nicht anwesend ist. Ich möchte da zwar nichts weiter hineininterpretieren, aber jedenfalls ist es bemerkenswert.

Herrn Abgeordnetem Auer, der sich so furchtbar über das Programm "Natura 2000" aufgeregt hat, möchte ich als jemand, der in Niederösterreich dafür zuständig war, sagen: Es lagen diesbezüglich einstimmige Beschlüsse der niederösterreichischen Landesregierung – leider aus der Zeit vor meinem Eintritt in die Regierung – vor, die man dann korrigieren musste. Tatsache ist, dass auch in Oberösterreich die diesbezüglichen Beschlüsse einstimmig erfolgt sind, daher hätte er diese Klage gegenüber seinem eigenen Bundesland beziehungsweise seinem Landeshauptmann Pühringer vorbringen müssen.

Bundesminister Molterer hat heute sehr klar von einer offensiven Politik für den ländlichen Raum gesprochen. Ich halte das für eine wirkliche Herausforderung, weil dabei der ländliche Raum natürlich in seiner Gesamtheit zu verstehen ist. Außerdem ist der ländliche Raum etwas, was uns letztlich sehr, sehr viel bedeutet, nicht nur als Produktionsstätte, sondern auch als Lebensraum. Das bedeutet aber auch, dass sich die Landwirtschaft nicht nur auf die Produktionssphäre hin orientieren soll, sondern – ich halte das ebenfalls für sehr wichtig – dass sie letztlich auch Landschaften und Umwelten schafft, in denen jeder von uns gerne lebt.

Die Frage des Umweltschutzes ist für mich ja gleichsam eine Überlebensstrategie, denn wir alle leben in einer Umwelt und haben in dieser letztlich die einzige Chance auf eine langfristige Sicherung der Lebensgrundlagen.

Daher muss ich, wie ich glaube, einmal darlegen, warum wir den heutigen Vorlagen sehr kritisch gegenüberstehen: nicht etwa, weil nichts geschieht. In Österreich ist in Sachen Umweltschutz sehr viel geschehen, das ist völlig unbestritten. Wir haben sicher – ob im Abwasserbereich oder in anderen Aspekten – in weiten Bereichen ein Umweltmusterland geschaffen, weil wir bereits seit vielen Jahrzehnten massiv in diesem Bereich investieren, und ohne Investitionen geht es nicht!

Aber, meine sehr geschätzten Damen und Herren, in den siebziger Jahren haben wir den Mut gehabt – das muss man schon erkennen –, mit Umweltpolitik zu beginnen und diese auch als ein Markenzeichen zu etablieren. Das bedeutet, dass unsere Umweltpolitik jener der europäischen Nachbarn mit deren Grenzwerten immer einen Schritt voraus war. Heute erleben wir eine Umweltschutzpolitik, in der immer mit dem Hinweis gearbeitet wird: In anderen Staaten haben sie ein bisschen weniger strenge Regelungen, daher lassen wir auch nach. – Das ist aber die falsche Strategie!


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Ich glaube, dass sich Österreich weiterhin bemühen sollte, innerhalb Europas an vorderster Stelle in Sachen Umweltschutz zu stehen und diesen Weg auch im Hinblick auf unseren Fremdenverkehr und unsere Lebensqualität vorbildhaft fortzusetzen.

Wenn nun zum Beispiel die Wasserwirtschaft, wo, wie wir wissen, bis zum Jahre 2012 rund 160 Milliarden Schilling erforderlich sind, geringer dotiert wird, obwohl wir wissen, dass wir nach 2004 4 Milliarden Schilling mehr brauchen würden, dann bedeutet das, dass unser Ziel nicht erreicht wird. Genau darum geht es uns, nämlich dass diese überaus wichtigen Ziele auch erreicht werden.

Wir sehen Umweltschutz so, dass wir ihn in Österreich vorzeigbar betreiben und eine derartige Offensive auch in den Nachbarländern einleiten, denn ein Großteil unseres künftigen Umweltschutzes besteht meiner Überzeugung nach auch darin, dass wir den Anrainerstaaten dafür Beiträge zahlen, um nicht stärker von deren Umweltverschmutzung betroffen zu werden. Das bezieht sich sowohl auf Wasser- als auch auf Luftverunreinigungen.

Das bedeutet also, die Natur beiderseits der Grenzen in Ordnung zu halten. Daher könnte man durchaus ein ambitioniertes, offensives Programm für Anrainerstaaten entwickeln, weil sich Umweltpolitik, wie schon gesagt, letztlich sehr positiv in Form von Arbeitsplätzen niederschlägt und die hohen Investitionserfordernisse wichtige Nachfrageimpulse für die heimische Wirtschaft bedeuten.

Daher glaube ich, dass Umweltpolitik schon längst nicht mehr nur aus dem Blickwinkel der Kosten zu sehen ist und eher in Richtung wirklich umfassender Lebensqualität geht – mit dem Aspekt, dass es sich auch wirtschaftlich lohnt, Umweltpolitik bewusst zu betreiben. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Rosemarie Bauer. )

16.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zellot. Ich erteile ihm das Wort.

16.14

Abgeordneter Roland Zellot (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Meine geschätzten Damen und Herren! Auch wenn das Budget für die Land- und Forstwirtschaft sowie für den Umweltschutz nicht so ausgefallen ist, wie sich das so manche wünschen – es gibt eigentlich kein Wunschbudget –, so sind die Rahmenbedingungen für die österreichische Landwirtschaft und für die Durchführung der einzelnen Umweltmaßnahmen trotzdem gegeben.

Meine geschätzten Damen und Herren! Viele Redner vor mir haben vom Umweltschutz gesprochen, aber eines ist jedenfalls ganz klar: Im Umweltschutz in der Landwirtschaft – ob für Luft, für Wasser oder jetzt vor allem im Bereich der erneuerbaren Energie – ist Österreich innerhalb der Europäischen Union das Umweltland Nummer 1. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Trotzdem sind noch weitere Verbesserungen in der landwirtschaftlichen Produktion – vor allem in der biologischen Produktion – möglich.

Einige meiner Vorredner haben gemeint, dass es im biologischen Landbau nur kleinere Betriebe gibt. – Meine geschätzten Damen und Herren! Es gibt heute bereits Betriebe mit 50 Melkkühen, die biologisch wirtschaften! Man sollte hier keinen Streit zwischen Groß und Klein entfachen; wichtig ist, wie gesund, wie umweltfreundlich sie produzieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Weiters sind meine Vorredner vor allem auf die Hygienebestimmungen, das Veterinärwesen und die allgemeine Hygienekontrolle in der Landwirtschaft eingegangen. – Meine geschätzten Damen und Herren! Solch strenge Hygienebestimmungen, wie sie die österreichische Landwirtschaft hat, solch strenge Milchhygienekontrollen, wie sie die österreichische Landwirtschaft hat, hat kein anderes Land der Europäischen Union! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Ich möchte noch hinzufügen: Vielleicht haben Sie einmal einen Betrieb besucht, in den Millionen für die biologische Produktionsweise investiert wurden und in dem zum Beispiel Käse produziert wird. Fragen Sie die Bäuerin oder den Bauern, wie viel Zeit ihnen noch bleibt und wie genau sie gemäß den strengsten Bestimmungen der Agrarmarkt Austria kontrolliert werden! 90 000 Mal wurden die österreichischen Bauern in einem Jahr kontrolliert. Mehr Kontrollen sind hier nicht mehr möglich.

Die österreichische Landwirtschaft wird meiner Ansicht nach zum Vorteil des Konsumenten genau kontrolliert und kann daher auch die besten Lebensmittel liefern. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Österreich ist schon der Feinkostladen der Europäischen Union! Andere Mitgliedstaaten hinken noch weit nach.

Das Problem, das wir in der österreichischen, aber auch in der gesamteuropäischen Landwirtschaft haben, ist der Fluch der Menge. Die Orientierungslosigkeit der europäischen Agrarpolitik hat sich vor allem in den jetzt noch bestehenden Krisen wie der BSE-Krise gezeigt. Skandalös ist natürlich die Art und Weise, wie die EU die BSE-Krise bewältigt und wie die österreichischen Rinderbauern im Stich gelassen worden sind.

Meine geschätzten Damen und Herren! Derart genaue Kontrollen wie jetzt auf dem Rindfleischsektor, derart genau kontrollierte Lebensmittel hat es noch nicht gegeben! Und obwohl Österreich keinen BSE-Fall hat, obwohl Österreich Gott sei Dank noch keinen MKS-Fall hat, obwohl Österreich auch kein Tiermehl verfüttert, obwohl wir die strengsten Hygienebestimmungen haben, musste die österreichische Agrarpolitik auf dem Rindersektor 30 Prozent an Preiseinbußen verzeichnen.

Dass nicht alle österreichischen EU-Abgeordneten einer Entschädigung der österreichischen Rinderbauern zustimmen, ist für mich natürlich ein Warnsignal. Wenn es darum geht, dass für Mitgliedstaaten, die keinen BSE-Fall haben, Förderungen und Ausgleichszahlungen und Entschädigungen verlangt werden, dann erwarte ich mir von den Vertretern aller politischen Parteien Österreichs im EU-Parlament, dass sie dem zustimmen und gemeinsam dafür kämpfen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das Europaparlament beschloss nun die Aufstockung der BSE-Mittel – natürlich wieder zugunsten von Betrieben mit Massentierhaltung, also jenen, die die Massentierhaltung forcieren und vor allem für die Krise verantwortlich sind. Ich möchte weiters noch darauf hinweisen, dass Agrarkommissar Fischler wieder nur die Interessen der großen Mitgliedstaaten berücksichtigt hat und wieder den Lobbyisten freie Bahn gelassen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es besteht für uns in Zukunft natürlich die Aufgabe, nicht zu verzweifeln; wir müssen neue Märkte erobern. Es kommt darauf an, die Landwirtschaft mit entsprechender Organisationsstruktur und mit Schlagkraft auszustatten und für die Handelsketten als Partner fit zu machen und andererseits die Handelsketten nicht nur als Feind zu sehen, sondern vielmehr als Partner.

Die Landwirtschaft muss der Vertragspartner für die Ernährungswirtschaft werden. Mit unseren besten und hochwertigen Produkten haben wir kein Problem. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Parfuss. – Bitte.

16.21

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der Herr Bundeskanzler ist schon weg. Geschätzte Damen und Herren! – Herr Bundesminister! Sie haben es heute ohnehin schon sehr oft gehört, Sie wissen es auch, und wir alle wissen es: Die Landwirtschaft hat ein ganz schwieriges Jahr hinter sich, und ich glaube, sie ist noch lange nicht über den Berg.

Herr Bundesminister! Es wäre die Politik jetzt wirklich gefordert. Wenn ich das Budget 2002 anschaue, dann muss ich leider konstatieren, dass Sie aus dieser Krise nichts gelernt haben,


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denn im Großen und Ganzen ist dieses Budget eine reine Fortschreibung von 2001. Von einer Schwerpunktsetzung und einer ökologischen Zielsetzung ist leider nichts zu erkennen. Meine Kollegen haben das in ihren Ausführungen schon wiederholt dargelegt.

Ich möchte aber ganz konkret einen Bereich ansprechen, nämlich die ländliche Entwicklung. Sie werden sich an meine Rede erinnern, die ich vor einiger Zeit hier gehalten habe und in der ich von diesem Rednerpult aus festgestellt habe, dass die jungen Bauern heute keine Partnerinnen mehr bekommen. Das ist sozusagen die Analyse. Was wäre die Diagnose? Und was wäre nötig? 

Ich glaube, die ländliche Entwicklung müsste dahin gehend unterstützt werden, dass der ländliche Raum zu einem attraktiven Lebensraum wird, und dazu gehören eine funktionierende Nahversorgung, Kinderbetreuungseinrichtungen mit flexiblen Öffnungszeiten – man bedenke, dass die Frauen im Sommer auf dem Feld arbeiten –, Kulturzentren, Schulen, ein Netz von sozialen Einrichtungen, vor allem auch gut erreichbare Behörden, ein öffentliches Verkehrsnetz und vieles andere mehr.

Ich weiß schon, Sie sind nicht dafür zuständig, dies wäre an die Adresse des Bundeskanzlers zu richten, aber Sie sind letztendlich auch in dieser Regierung. Welche Entwicklung haben wir? – Wohin man schaut, wird der ländliche Raum negiert. Versprochene Verkehrswege werden nicht gebaut, Bezirksgerichte sollen zugesperrt werden, Finanzämter werden zugesperrt. Das heißt also, in letzter Konsequenz wird der ländliche Raum noch unattraktiver gemacht. 1980 – Sie werden es genau wissen – war noch jeder Zehnte in der Land- und Forstwirtschaft beschäftigt; heute sind es nur mehr 5,8 Prozent der Erwerbstätigen. Schuld daran sind nicht nur die Agrarpreise, Herr Bundesminister! Schuld daran sind ebendiese Versäumnisse, die ich vorhin genannt habe. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich habe lange gesucht, um in diesem Budget auch etwas Positives zu finden. Schließlich kann ich wenigstens darauf hoffen, dass der Sockelbetrag für die Bergbauern doch noch kommt, falls nicht wieder etwas dazwischenkommt. Wir fordern diesen wiederum ein. (Ruf bei der ÖVP: Ist schon beschlossen! – Abg. Schwarzenberger: Sie brauchen nur dem Budget zuzustimmen!)

Herr Bundesminister! Politische Reife ist die Fähigkeit, das Richtige zu tun, auch wenn es die Opposition vorschlägt. Beherzigen Sie endlich unsere Bündel von Vorschlägen! Die Bauern und Konsumenten werden es Ihnen sicher danken. (Beifall bei der SPÖ.)

16.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zweytick. Ich erteile ihm das Wort.

16.25

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Parnigoni: Für oder gegen Welschriesling?) Meine Kollegin Ludmilla Parfuss aus meinem Wahlkreis möchte ich nur daran erinnern: Wenn du das Budget durchgelesen und durchgeschaut und auch die heutige Debatte verfolgt hast, dann muss dir doch aufgefallen sein, dass 1,3 Milliarden Schilling mehr für die Einführung des Sockelbetrages für Bergbauern und benachteiligte Gebiete darin vorgesehen sind. Das kannst du heute anschließend mit dem Budget selbst mitbeschließen, ich lade dich gerne dazu ein. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen. – Abg. Auer: Wenn einem so viel daran liegen würde!)

Man muss an dieser Stelle auch den Bäuerinnen und Bauern in Österreich einmal danke sagen für diese letzten Monate, in denen sie doch einiges mitgemacht haben – in verschiedenen Branchen mehr, in manchen ein bisschen weniger. Das Gefühl, das man durchlebt hat, wenn man hauptberuflicher Unternehmer ist und den Familienbetrieb aufrechterhalten will, war sicher nicht lustig. In dieser Talsohle brauchen unsere Bauern auch die Unterstützung aller Abgeordneten in diesem Haus. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Wenn man nun aber natürlich nicht mit beiden Händen ausgeben kann, wie das in der Vergangenheit in manchen Branchen gerne gemacht wurde – unter anderer Federführung, unter anderem Finanzminister und Kanzler –, so kommt das daher, dass natürlich 2 300 Milliarden Schilling an Schulden abzubauen sind. Und wir wollen keine neuen Schulden mehr machen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Heute wird deshalb auch das dritte Mal innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr das Budget behandelt. Dieses Tempo ist notwendig, damit das Unternehmen Österreich und die Bevölkerung unseres Heimatlandes auch weiterhin mit diesem hohen Niveau leben können. Dieses hohe Niveau ist von verschiedenen Vorrednern schon mehrere Male angesprochen worden. Ich komme aus der Südsteiermark – Ihnen ist diese Gegend nicht unbekannt. Mein Vorredner kommt aus dem Raum Villach Umgebung, eine wunderschöne Gegend. Ich habe sogar unterwegs noch einen Prospekt aus dem Waldviertel gefunden – ein Traumland! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Es gibt rundum in Österreich eine Kulturlandschaft, die sehenswert ist, die einzigartig ist, und darum geht es uns auch in weiterer Folge. Dieser ländliche Raum wird wohl immer wieder angesprochen, aber es sind fast immer nur Lippenbekenntnisse. Tatsächliche Ansätze dafür haben wir heute schon von unserem Minister gehört. Ich werde sie noch einmal zu erklären versuchen.

Der ländliche Raum zählt in Österreich wohl zu den reizvollsten Sehenswürdigkeiten, aber auch zu den zukunftsträchtigsten Herausforderungen für die Menschen nicht nur in unserem Land. (Beifall bei der ÖVP.)

Entscheidend dabei wird möglicherweise die Synergie aus ländlicher Entwicklung und Kulturlandschaft sein. Unter Rücksichtnahme auf die Umweltkriterien werden die Leistungen künftig unter mehreren Gesichtspunkten Bedeutung erlangen müssen. Ökologische Rahmenbedingungen sind gesellschaftspolitische Überlebensstrategien, um unsere Ressourcen und Grundbedürfnisse zu sichern. Es darf keine Nachteile geben, die auf dem freien Markt gegenüber ausbeuterischer Marktpolitik zum Schaden, ja sogar zur Existenzbedrohung bis hin zum Verlust der Eigenversorgung und dem Ausliefern an und der Abhängigkeit von fremden Ländern und Märkten führen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ganzheitliche Ansätze brauchen einheitliche Standards. Regionale bewusstseinsbildende Projekte müssen dynamisiert wreden und nach eigenständigen Möglichkeiten Rahmen für Förderbarometer gemeinnützig und nachhaltig geltend machen. Mit Minister Molterer hat unsere Landwirtschaft in Zukunft diesen ganzheitlichen Ansatz. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wenn in diesem Land so oft alles bis ins kleinste Detail zerpflückt und dann immer genau das herausgeholt wird, was einem gerade nicht passt, und wenn immer Große gegen Kleine in der Landwirtschaft ausgespielt werden, wie dies heute in Redebeiträgen gerade von der linken Reichshälfte wieder mehrmals deutlich geworden ist, so sage ich: Es ist schade darum! Es ist wirklich schade darum – gerade jetzt, in einer Zeit, in der die Natur ein gewaltiges Lebenszeichen setzt, nämlich Leben. Wir alle sehen es, wenn wir ins Freie kommen, und wir alle staunen.

Die Produkte unserer Landwirtschaft brauchen uns alle als Lobby. Reden wir positiv darüber, und vermeiden Sie die Kritik an unserer heimischen Landwirtschaft! (Abg. Sophie Bauer: Nicht an der Landwirtschaft, sondern am Minister!) Darum bitte ich Sie, auch wenn Sie dem Budget dazu nicht zustimmen werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Keppelmüller. – Bitte. (Abg. Dr. Rasinger: Gelegenheits-Landwirt!)

16.29

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Zweytick hat natürlich Recht:


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Der ländliche Raum ist überall besonders schön. Ich kann bestätigen, dass gerade die Gegend, in der er wohnt, eine ganz reizvolle und auch nahrhafte Landschaft ist.

Mir fällt in dieser Debatte – Sie wissen, ich bin immer für eine faire Diskussion – schon eine gewisse Verzerrung auf. Die Koalition – vor allem die ÖVP; die FPÖ weniger, die versucht immer noch, ein bisschen zu nagen – findet alles besonders rosig. Kollege Zellot hat gesagt – ich habe mir das aufgeschrieben –, dass die Umwelt bei uns hervorragend ist, das Grundwasser großteils in Ordnung ist, dass die Hygienevorschriften die strengsten sind. – Vielleicht überzieht die Opposition auch manchmal in ihrer Kritik, aber in Wirklichkeit sollten wir uns einmal finden bei der Feststellung, dass es schwarze Schafe gibt – einmal mehr und einmal weniger. Beispiele hiefür gibt es.

Kollege Kummerer hat heute eine Studie zitiert, Herr Bundesminister, die interessant ist und zu denken gibt, da es bei gewissen Wasserversorgungsanlagen im ländlichen Raum, und zwar genau wieder im Osten, wo wir – ich sage es immer – die höchsten Förderungen und die höchsten Nitratwerte haben, Probleme mit dem Wasser gibt, mit dem offensichtlich auch die Kannen ausgewaschen werden. Das muss man sehen.

Aufgefallen ist mir Folgendes – eine kleine boshafte Bemerkung sei mir hoffentlich erlaubt –: In der Budgetdebatte wird von den Rednern der Koalitionsregierung, insbesondere von den Freiheitlichen, immer wieder das "schwere Erbe" angesprochen, das übernommen wurde und das auf sozialdemokratische Kanzler, Finanzminister und überwiegend auch auf Kollegen Einem zurückzuführen sei. Offensichtlich hat es, wie ich gestern schon bemerkt habe, im Verkehrsbereich nie einen Wirtschaftsminister Schüssel, nie einen Wirtschaftsminister Farnleitner, nie einen Kollegen Ditz und nie eine Frau Fekter gegeben, diese haben mit Straßen "nie" etwas zu tun gehabt! – Genau in dem Bereich der Landwirtschaft ist aber offensichtlich eine gute Politik betrieben worden, wenn ich so in die Debatte hineinhöre. Offensichtlich waren also doch Teile der ÖVP in den letzten Jahren mit dabei!

Herr Bundesminister! Es blinkt schon wieder das Licht, ich muss mich kurz fassen. Ich möchte Sie nur warnen im Zusammenhang mit dem Wald, mit den Bundesforsten. Das ist ein heikles Thema! Ich lese da in einer wesentlichen Zeitung, dass Herr Prinzhorn, unser Präsident, meint – und er ist einflussreich –: Die ÖIAG könnte sich dann auch Flächen, auf denen der Landwirtschaftsminister sitzt, einmal näher anschauen. (Bundesminister Mag. Molterer steht auf und betrachtet die Sitzfläche seines Sessels.) – Er wird nicht Ihren Sitz hier meinen. – Oder warum muss der Landwirtschaftskammer eine Brandschadenversicherung gehören? – Also es beginnt auch eine gewisse Privatisierung in euren ureigensten Bereichen. Kollege Schwarzenberger, da müsst ihr aufpassen!

Herr Minister! Abschließend möchte ich Sie ganz dringend, weil ich gerade die Beantwortung von Ihnen bekommen habe, auf die Fischer-Deponie und die Berger-Deponie hinweisen. Das ist ein problematischer Fall. Ich habe Ihnen ergänzend ein paar Zeitungsartikel zusammengestellt, weil maßgebliche Planer plötzlich der Meinung sind, die Berger-Deponie hätten wir ohnehin nicht sanieren müssen, und für die Fischer-Deponie wäre es auch nicht notwendig.

Da ist viel Geld im Spiel. Ich bitte Sie, Herr Minister, nehmen Sie sich persönlich um diese Deponien an! Sie sparen sich und dem Steuerzahler eine Menge Geld! (Beifall bei der SPÖ.)

16.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Ing. Graf. – Bitte.

16.33

Abgeordneter Ing. Herbert L. Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Österreich neu zu regieren heißt, dass es den Menschen in unserem Land besser geht. (Abg. Parnigoni: Das ist ein schöner Schmäh! Das ist ein schöner Schmäh!)

Wenn Sie jetzt lachen, dann kann ich Ihnen nur sagen, vielleicht lächeln Sie über das geringe Umweltbudget der letzten Jahre (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger ), das auf Grund der


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neuen Bundesregierung jetzt einmal endgültig erhöht worden ist. Ich glaube, dass das ein ganz wichtiger Beitrag ist. Der Herr Bundesminister hat es ja erwähnt: Insgesamt stehen 6,6 Milliarden Schilling zur Verfügung. – Noch nie war das der Fall!

Wenn Sie jetzt, wie zum Beispiel heute im "Kurier" berichtet wird, von dem Appell, den internationale Experten, ehemalige Präsidenten wie Jimmy Carter oder Gorbatschow und der Wissenschafter Stephen Hawking, an den Präsidenten George Bush richten, hören (Abg. Dr. Mertel: Falscher Pfad! – Abg. Edlinger: Lauter "subversive Elemente"! – Abg. Parnigoni: Auf dem falschen Pfad! – Abg. Dr. Cap: Alles Pfusch!): Keine Herausforderung, der wir uns derzeit stellen müssen, ist von größerer Tragweite als die Bedrohung eines weltweiten Klimawandels!, dann wissen wir, was wir zu tun haben. Ich bin sehr froh, dass die neue Bundesregierung und Sie, Herr Bundesminister, in wesentlichen Punkten reagiert haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Im Budget wird eine klare Priorität für die Umwelt gesetzt. Ich möchte mich von dieser Stelle aus schon einmal bei allen Beamten des Ministeriums bedanken, die phantastische Vorarbeit geliefert haben, ebenso wie beim Vorstand und bei den Mitarbeitern der Österreichischen Kommunalkredit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir hatten im Jahre 1999 475 Millionen Schilling an Budget. Diejenigen Damen und Herren, die bei der Kommunalkredit dabei waren, wissen noch von dem Eklat im Dezember 1999, als sich herausstellte, dass nicht einmal dieses Geld verfügbar war. Dementsprechend haben wir in diesem Jahr 550 Millionen Schilling, und für das nächste Jahr existiert bereits ein Zusagerahmen in der Höhe von insgesamt 650 Millionen Schilling. Das ist ein bedeutender Beitrag, der damit geleistet worden ist – gerade zu jenem Thema, das, wie wir gehört haben, derzeit eines der wichtigsten in der gesamten Welt ist.

Die betriebliche Umweltförderung hat auch den Schwerpunkt Klimaschutz. Es konnten Hunderte Kleinbetriebe gefördert werden, es konnten Infrastrukturmaßnahmen gefördert werden, sodass hier ein Schritt vorangegangen werden konnte.

Meine Damen und Herren! Ich möchte schon erwähnen, dass all das im Zusammenhang mit dem Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz steht, das mit Ihren Stimmen mitbeschlossen worden ist. Gott sei Dank ist es mit Ihren Stimmen beschlossen worden, denn ich finde, dass gerade die erneuerbare Energie einer größtmöglichen Förderung bedarf. Gerade das ElWOG, das gemeinsam mit Ihnen beschlossen worden ist, gibt die rechtliche Möglichkeit dazu, das auch flächendeckend durchzuführen. Dafür danke ich Ihnen, und daran sieht man, dass konstruktive Gesetze immer, auch wenn sie mit Ihnen gemeinsam hart diskutiert werden, Ihre Zustimmung finden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Jawohl, ich danke Ihnen dafür. Das habe ich schon ein paar Mal gesagt.

Anders ist es natürlich bei Abgeordneten der Grünen. Frau Glawischnig ist jetzt leider nicht anwesend. (Abg. Brosz: Krank! – Abg. Haidlmayr: Krank!) – Entschuldigen Sie bitte, sie ist krank. – Wir konnten sie mehrfach im Fernsehen bewundern, wie sie Windräder zeigt und über die großen Zukunftsaussichten der erneuerbaren Energien spricht. Allerdings vergisst sie, dabei zu erwähnen, dass gerade die Grünen es waren, die bei unserem Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz, das auch mit den Stimmen der SPÖ beschlossen worden ist, leider dagegen gestimmt haben.

Ich bitte Sie daher, sich nicht fremde Federn an den Hut zu stecken, sondern auch den Ursprung zu nennen, sonst wird noch einmal ein Windrad kommen, das diese Federn davonträgt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Alles in allem möchte ich mit dem sehr einprägsamen Satz schließen, den Herr Abgeordneter Gaál auch im Zusammenhang mit dem Landesverteidigungsbudget gesagt hat: Es gibt Bereiche, die aus jeglichem parteipolitischen Hickhack herausgehalten werden sollten. Es wird sich immer eine Basis dafür finden, dass wir diese gemeinsam nicht nur diskutieren, sondern auch beschließen können.


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Ich fordere Sie daher auf und bitte Sie, diesem Kapitel des Budgets für die Umweltförderung beizutreten. – Dafür danke ich Ihnen allen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwemlein. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

16.38

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich denke mir, dass wir einer Meinung sein sollten. Es ist sehr oft der Begriff "ländlicher Raum" gefallen. Meine Damen und Herren! 30 Prozent der österreichischen Bevölkerung leben im ländlichen Raum. (Abg. Neudeck: Die Glücklichen!) Daher ist der ländliche Raum nicht nur Landwirtschaft, sondern der ländliche Raum ist genauso Handwerk, Gewerbe, Industrie, Tourismuswirtschaft, und ich bitte Sie, diesen ländlichen Raum auch in seiner Vielfalt zu beachten.

Ich verstehe, dass der Herr Bundesminister klarerweise jenen Bereich, den er auch politisch abzudecken hat, zu forcieren versucht. Aber es ist genauso verständlich, wenn die anderen Abgeordneten des Hauses eben darum bemüht sind, die anderen Säulen im ländlichen Bereich bestmöglich zu unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! In der gebotenen Kürze zwei Dinge:

Erstens: Als Tourismussprecher der SPÖ-Fraktion bitte ich Sie, besonderes Augenmerk auf die rückläufige Entwicklung der Nächtigungszahlen bei den Urlauben am Bauernhof zu richten. Ich denke mir, dass es wichtig sein wird, durch Kooperationen und neue Projekte sicherzustellen, dass dieses, wie es von Ihnen auch bezeichnet wurde, wichtige Standbein für die Landwirte eine Zukunftschance hat. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt.

Das Zweite, das mich beschäftigt und das ich unbedingt erwähnen möchte, war heute ein Artikel in den "Salzburger Nachrichten" – bestimmt keine Zeitung, die man als sozialdemokratische Zeitung bezeichnen kann – mit der Überschrift: "Großer Ausverkauf im Staatsforst".

Da wird darauf Bezug genommen, wie viel an Flächen verkauft werden soll, und ich finde es überaus interessant, wenn gerade Landwirtschafts- und ÖVP-Politiker und höchstrangige Funktionäre warnend den Zeigefinger erheben und der Meinung sind, da müsse man schauen, da müsse man aufpassen und so weiter. – Sie, Herr Bundesminister, tragen die Verantwortung!

Nur ein Zitat aus diesem Artikel: "Die kleinen Flächen sollen über die Forstbetriebe, die Bauernkammern und die Gemeinden angeboten werden. Bei den großen Flächen setzen die Manager auf Zeitungsinserate und das Internet."

Herr Bundesminister! Das heißt unterm Strich: Wir haben allein im Lungau eine sehr große Fläche mit 110 Hektar. Bekanntlich – erfreulich für ihn – ist ja einer der größten Grundbesitzer im Lungau der Zweite Präsident des Parlaments. Es würde mich nicht überraschen, wenn er seinen Grundbesitz im Lungau dramatisch vergrößern würde.

Ich glaube, dass nämlich eines, was von vielen hier behauptet worden ist, nicht eintreten wird: dass die kleinen Bauern die Waldflächen erwerben werden können, sondern es wird, wie auch in diesem Artikel dargestellt, das Gegenteil herauskommen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Sollen sie es der Gewerkschaft schenken, oder wie stellt ihr euch das vor?)

16.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schweisgut. Ich erteile ihm das Wort.

16.42

Abgeordneter Johannes Schweisgut (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich begrüße die Tatsache, dass die österreichische Landwirtschaft – und vor allem auch die österreichische Landwirtschaftspolitik –


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bereits in den letzten Jahren den richtigen Weg eingeschlagen hat, nämlich die Förderung des Biolandbaus wie auch der kleinstrukturierten Landwirtschaft, auch wenn unsere Freunde von der Opposition immer wieder das Gegenteil behaupten.

Die EU-weiten Förderungen der Massentierhaltung und großer Landwirtschaften haben sich in den letzten Monaten als ein fataler Irrtum herausgestellt. Österreich hat aber bereits seit Anfang der neunziger Jahre einen völlig anderen Weg eingeschlagen. Allein die Tatsache, dass Österreich bisher keinen einzigen BSE-Fall aufzuweisen hat, beweist, dass die österreichische Agrarpolitik in den letzten Jahren richtig war. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber auch auf der EU-Ebene hat inzwischen ein Umdenken begonnen, und es wird nun auch dort versucht, den österreichischen Weg von Förderungen einer überschaubaren und kleinstrukturierten Landwirtschaft nachzuvollziehen.

Ich begrüße die im Budgetansatz klar erkennbaren Förderungen für den ländlichen Raum, besonders für die bäuerlichen Kleinbetriebe. Ebenso werden auch Biobetriebe weiterhin umfassend gefördert. Erfreulich ist auch die Tatsache, dass allein 8,2 Milliarden Schilling für das ÖPUL-Programm zur Verfügung stehen, sowie die Einführung eines Sockelbetrages für Bergbauern. Dies ist vor allem für das Bundesland Tirol von besonderer Bedeutung.

Zum Budgetvoranschlag möchte ich aber anmerken, dass etwa für auftretende BSE-Folgekosten noch keine Budgetmittel vorgesehen sind. Diese müssen in Zukunft durch Umstrukturierungen auch den Kleinbauern zur Verfügung gestellt werden.

Das vorliegende Budget sieht erstmals auch eine nachhaltige Reduktion der Zuwendungen für die Spanische Hofreitschule vor. Wie Sie wissen, haben wir im Vorjahr mit der Ausgliederung der Spanischen Hofreitschule ein Gesetz beschlossen, in dem sich der Bund weiterhin zur Verpflichtung der Bewahrung dieser Institution bekannt hat. Die Förderung durch den Bund bleibt bis zum Jahr 2004 jedenfalls bestehen, das Ziel ist aber eine sinnvolle, wirtschaftlich ausgeglichene Gebarung. Von einer weltbekannten, traditionsbewussten Institution wie der Spanischen Hofreitschule, die Touristen aus der ganzen Welt anzieht, kann auch eine moderne marktwirtschaftliche, auf Kostendeckung beziehungsweise Gewinn ausgerichtete Finanzgebarung erwartet und verlangt werden.

Diesem wirtschaftlichen Ziel diente auch die Neubestellung der Geschäftsführung. Der Spanischen Hofreitschule wird der Wandel von einer immer nur vom Bund finanziell abhängigen Institution zu einer sich selbst finanzierenden Gesellschaft öffentlichen Rechts sicherlich gelingen. (Ironische Heiterkeit der Abg. Dr. Lichtenberger. )

Hohes Haus! Auch wenn das Lachen von einer Kollegin kommt, die wahrscheinlich von Pferden nicht so viel Ahnung hat, nehme ich es trotzdem zur Kenntnis. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Lichtenberger: Das ist eine unzulässige Vermutung, Herr Kollege!)

Hohes Haus! Ich möchte aber trotzdem noch auf ein lokales Anliegen eingehen. Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich möchte Sie ersuchen, Teile des Budgetansatzes für den ländlichen Wegebau, der mit 140 Millionen Schilling nach wie vor im Budget steht, für eine dringend notwendige Erschließung des Kaisertales zwischen Wildem und Zahmem Kaiser bei Ebbs bereitzustellen.

Das Kaisertal ist ein Hochtal, in dem zirka 40 Personen leben, ein Großteil davon sind Vollerwerbsbauern mit ihren Familien. Das Erreichen der Höfe und der landwirtschaftlichen Weideflächen ist derzeit nur durch eine Begehung über 350 Stufen möglich. Einen Talanschluss an eine Straße gibt es nicht. Es handelt sich dabei um eine unerträgliche Situation für über 40 betroffene Bürger.

In unserer heutigen volltechnisierten und infrastrukturell erschlossenen Zeit ist es schwer vorstellbar, unter welchen Strapazen die Bewohner des Kaisertales ihre Höfe und Almen bewirtschaften. Jahrzehntelang bemühen sich die Einwohner bereits um den Bau einer Straße, aber dies ist bis heute nicht geschehen. Gleichzeitig ist das Kaisertal ein Naturschutzgebiet, das


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erhalten werden muss. Daher ist eine Erschließung durch einen Tunnel zu favorisieren. Ich darf Sie ersuchen, zu helfen, dieses Tunnel-Projekt in den nächsten Jahren zu verwirklichen.

Vor zehn Jahren gab es im Kaisertal noch um 25 Prozent mehr Einwohner. Wenn es jedoch immer weniger Bauern in diesem Tal gibt, wird es auch keine Bewirtschaftung und Landschaftspflege mehr geben. Wenn die Almen in diesem Gebiet immer weniger bewirtschaftet werden, so wird dies auch nachhaltige Folgen für das Naherholungsgebiet haben.

Auch die Waldbewirtschaftung und die Erhaltung dieses Naturjuwels ist ohne eine Erschließung kaum wahrzunehmen. Die Bauern im Kaisertal sind existentiell bedroht, und das schöne Kaisertal steht durch die drohende Nichtbewirtschaftung vor einer Verwilderung. Eine Erschließung ermöglicht auch einen aktiven Naturschutz, und unter "aktivem Naturschutz" verstehe ich eine Lösung des Abfallproblems und die Beseitigung des Abwassers.

Auch ein mehrmaliger Versuch der Bevölkerung, die Problematik in der Öffentlichkeit bekannt zu machen, hat bisher nichts genützt. Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich darf Sie dringend ersuchen, in einer humanitären Geste der Bevölkerung dieses Tales zu helfen und mit einer solchen Investition gleichzeitig auch ein Zeichen für den Naturschutz und für eine aktive Landwirtschaft zu setzen. Wir müssen alles tun, um gerade in solchen Bereichen für unser touristisches Angebot die kleinbäuerliche Struktur zu erhalten und damit auch Werbung für österreichische Bioprodukte und für unser Land zu machen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte.

16.47

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Sie haben in Ihren Beantwortungen zur ersten Runde der Agrardebatte ausgeführt, dass 60 Prozent der Förderungen aus dem Programm der ländlichen Entwicklung kommen. Das ist grundsätzlich richtig. Was mir aber dabei abgegangen ist, ist die Differenzierung, dass diese 60 Prozent, von denen Sie gesprochen haben, Teil der Agrarförderungen sind und 40 Prozent aus den Marktordnungsprämien kommen.

In einer schriftlichen Anfragebeantwortung aus dem Budgetausschuss haben Sie uns mitgeteilt, dass aus dem Programm der ländlichen Entwicklung für nicht landwirtschaftliche Betriebe oder Bereiche nur drei Prozent zur Verfügung stünden, und das, Herr Bundesminister, scheint uns viel zu wenig zu sein, weil der ländliche Raum – Kollege Schwemlein hat es vorhin ausgeführt – umfassender zu sehen ist als nur auf den Bauernhof bezogen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Sie haben zurückgewiesen, dass die Bergbauern derzeit – wie ein Debattenredner es ausgedrückt hat – "im Regen stehen gelassen" würden. Herr Kollege Schwarzenberger ist in seinem Redebeitrag besonders darauf eingegangen. Nur, Herr Kollege Schwarzenberger, ganz kenne ich mich nicht aus bei Ihrem Redebeitrag. Ich möchte festhalten, dass diese Bergbauernförderung in Wirklichkeit eine Fortsetzung der 1970 beschlossenen Bergbauernprogramme war, die jetzt wieder auf den eigentlichen Zweck zurückgeführt werden, nämlich die Unterstützung der bäuerlichen Betriebe in den Bergregionen.

Herr Kollege Schwarzenberger! Sie haben als Beispiel für die soziale Staffelung gerade den Bergbauernbereich angeführt. Sie selbst sind Bergbauer, kein großer Bergbauer, und jetzt frage ich mich: Wie kommen Sie als Vertreter der kleinen Bergbauern dazu, hier zu sagen, die "tolle" Sache der sozialen Staffelung spiele sich im Bergbauernbereich ab? Wo sind denn die Marktfruchtbetriebe? Wo ist die soziale Staffelung im Marktfruchtbereich? Wo ist da die soziale Gerechtigkeit, Herr Kollege Schwarzenberger? (Beifall bei der SPÖ.)

Und noch etwas, Herr Kollege Schwarzenberger: Sie haben angeführt, die Degression würde bei 80 Hektar beginnen. Ich habe hier die "Agrar Post" vom 14. März 2001 in Händen. "Im Blickfeld" heißt da eine Kolumne, unter der vom Autor Georg Schwarzenberger zu lesen ist – ich zitiere –,


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ein Bauer mit sechs Hektar Grund bekomme genau denselben Sockelbetrag wie ein Bauer mit 100 Hektar.

Was stimmt jetzt? Die Degression ab 80 Hektar oder von sechs bis 100 Hektar alles gleich? Herr Kollege Schwarzenberger! Das ist eine Art und Weise der Diskussion, wie ich sie mir nicht vorstelle, weil sie nicht offen, weil sie nicht aufgeschlossen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu diesem Thema soziale Staffelung haben wir ja schon sehr viele Redebeiträge, Entschließungsanträge und Weiteres eingebracht, und ich nütze die Gelegenheit, im Rahmen dieser Budgetdebatte zum Kapitel Land- und Forstwirtschaft folgenden Antrag einzubringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gradwohl, Sophie Bauer, Brix, Mag. Gaßner, Dipl.-Ing. Kummerer, Ludmilla Parfuss, Schwemlein, Mag. Ulli Sima, Wimmer und GenossInnen

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, eine soziale Staffelung von Agrarfördermitteln, insbesondere der Marktordnungsprämien, zur gerechten Verteilung im Sinne einer inneragrarischen Solidarität einzuführen. Dazu ist dem Nationalrat bis 2. Mai 2001 ein entsprechender schriftlicher Vorschlag zur Beratung vorzulegen.

*****

Für die Kolleginnen und Kollegen der Freiheitlichen Partei, speziell Frau Kollegin Achatz, ist das heute die Nagelprobe: Sie können diesem Antrag zustimmen. Ich erinnere nur an den Zuruf Ihres Alt-Parteivorsitzenden betreffend "Marchfeld-Fürsten" und Ähnliches mehr. (Abg. Dr. Ofner: Der Friedrich Peter?) Nein! Haider, glaube ich, heißt euer aktueller Alt-Parteiobmann.

Ein weiterer Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren, wurde in der Diskussion hier bereits thematisiert: der biologische Landbau. In dieser "Agrar Post" wurde, nachdem das Bio-Programm des Landwirtschaftsministers vorgestellt wurde, geschrieben, auch der biologische Landbau müsse sich am Markt orientieren. – In Wirklichkeit sind das die Einzigen, die sich bisher immer am Markt, an den Kundeninteressen und an den Bedürfnissen der Konsumentinnen und Konsumenten orientiert haben.

Damit sie es in Zukunft leichter haben, darf ich einen weiteren Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gradwohl, Mag. Maier, Mag. Ulli Sima, Lackner, Huber und GenossInnen betreffend Forcierung des Biolandbaues in Österreich durch die Aufstockung der Förderungsmittel aus dem Landwirtschaftsbudget

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, dem Biolandbau in Österreich nicht nur bei Sonntagsreden seine Unterstützung zu versichern, sondern durch konkrete Aufstockung der Förderungsmittel für einen weiteren Ausbau dieser besonders ökologisch und tierfreundlich geführten Wirtschaftsweise stärker zum Durchbruch zu verhelfen."

*****

Sie haben die Möglichkeit, Herr Kollege Schwarzenberger, auch diesem Antrag zuzustimmen, aber ich befürchte, Sie werden es nicht tun. Eine Frage, Herr Kollege Schwarzenberger, drängt sich mir schon auf im Zusammenhang mit Tierschutz, mit Tiertransporten. Ich habe hier einen


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Bericht aus der "Ganzen Woche", Nr. 11/2001, in Händen. Da ist es um Tiertransporte und Schutz der Tiere bei diesen Transporten gegangen, und unter anderem wurde auch der VP-Bauernbund-Präsident Georg Schwarzenberger befragt.

Da ist zu lesen, Herr Kollege Schwarzenberger – und das ist meine Frage an Sie, die Sie mir oder uns allen vielleicht beantworten können –: Ein Verbot der Tiertransporte wäre ähnlich, wie wenn man schwangeren Frauen vorschreiben würde, dass sie in Österreich bleiben müssen. (Rufe bei der SPÖ: Ungeheuerlich! – Abg. Schwemlein: Das ist eine unglückliche Wortwahl!)

Herr Abgeordneter Schwarzenberger! Ich denke mir, das ist nicht unbedingt vergleichbar, und ich würde Sie bitten, sich davon zu distanzieren. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. )

16.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die beiden Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Schwarzenberger zu Wort gemeldet. – Bitte.

16.54

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gradwohl hat hier behauptet, ich hätte unterschiedliche Aussagen gemacht, was die Degression der Förderungen in der ländlichen Entwicklung betrifft. (Abg. Dr. Cap: Atmen nicht vergessen!)

Das stimmt nicht, denn ein Sockelbetrag heißt, dass diesen Sockelbetrag alle Bauern bekommen. Das heißt, die Aussage in der "Agrar Post" ist richtig.

Und es gibt darüber hinaus noch eine Degression in den Flächenbeträgen, und zwar je nach Punktezahl: Wenn ein Bauer 20 Hektar Steilflächen bewirtschaftet, so wird er dort eine höhere Abgeltung bekommen, als wenn ein Bauer 2 Hektar Steilflächen bewirtschaftet. (Abg. Dr. Cap: Atmen nicht vergessen!) Hier ist noch eine degressive Förderung vorhanden, aber der Sockelbetrag ist ab 6 Hektar für alle Bauern gleich (das rote Lämpchen auf dem Rednerpult blinkt – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), ob nun 100 Hektar oder 6 Hektar vorhanden sind. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schwarzenberger ist im Begriffe, zu seinem Sitzplatz zurückzukehren. – Abg. Dr. Mertel: Und was ist mit Tiertransport und Frauen? – Abg. Schwarzenberger: Wenn mich der Herr Präsident lässt, darf ich zu weiteren Vorwürfen auch noch Stellung nehmen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu solchen, die vorher gemacht wurden oder jetzt im Rahmen von Zwischenrufen? (Abg. Schwarzenberger: Nein, vorher, bei einer Rede!)

Also bitte, Herr Kollege Schwarzenberger, ganz kurz der zu berichtigende und der tatsächliche Sachverhalt – nur habe ich jetzt die Uhr schon auf null gestellt. Also fassen Sie sich kurz, bitte.

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (fortsetzend): Kollege Gradwohl hat aus der "Ganzen Woche" einen Ausschnitt aus dem Zusammenhang gerissen. Ich bin gefragt worden, ob ich zustimmen könnte, dass trächtige Tiere nicht mehr transportiert werden, und ich habe gesagt: Die trächtigen Tiere werden vom Bauernhof auf die Alm transportiert und wieder zurück, und es geht in erster Linie darum, dass sie schonend transportiert werden. (Ruf bei der SPÖ: Wie kommen Sie da auf die schwangeren Frauen?) Und in diesem Zusammenhang – in diesem Zusammenhang! – habe ich gesagt, wir verbieten ja auch schwangeren Frauen nicht, mit dem Auto zu fahren. (Rufe bei der SPÖ: Schlimm! Skandalös!)

16.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Schwarzenberger! Ich war nicht so streng, wie Kollege Khol es bei den tatsächlichen Berichtigungen immer wünscht. (Weitere Rufe bei der SPÖ in Richtung des Abg. Schwarzenberger.)


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67. Sitzung / Seite 120

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

16.56

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Umweltbudget mit 6,7 Milliarden Schilling ist sicherlich ein Signal für eine, wie ich meine, positive Umweltpolitik, und zwar insbesondere dann, wenn man darauf achtet, dass nicht nur die Höhe entscheidend ist, sondern tatsächlich auch – wie es der Herr Bundesminister gesagt hat – der effiziente Einsatz der Mittel zum Tragen kommt.

Ich finde es durchaus positiv, dass in diesem Umweltbudget auch entsprechende Ansätze zu finden sind, die die erneuerbare Energie betreffen – Fördermittel für Biomasse, für Windenergie, für Solarenergie und auch für Kleinwasserkraft. Schließlich ist auch im ElWOG 2000 – also in der neuen Fassung des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes – die Entwicklung des Anteils der erneuerbaren Energie in Bezug auf das Gesamt-Energieaufkommen festgeschrieben. Ich meine, dass gerade der Bereich der erneuerbaren Energie von sehr wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung ist. Es handelt sich hiebei um eine heimische erneuerbare Energie, und der technologische Stand in Österreich ist diesbezüglich vorzüglich.

Studien namhafter Experten weisen immer wieder darauf hin, dass beim verstärkten Einsatz erneuerbarer Energie durchaus auch eine positive Entwicklung im Bereich des Arbeitsmarktes, das heißt eine Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze, zu verzeichnen sein wird.

Wenn nun alles so positiv ist, stellt sich natürlich die Frage: Warum boomt die erneuerbare Energie, der Sektor der erneuerbaren Energie nicht? – Das Problem, sehr geehrte Damen und Herren, liegt sicherlich darin, dass es im Energiebereich bis zum heutigen Tage leider keine Kostenwahrheit gibt. Ich nenne hier beispielsweise den Strom aus Kernkraftwerken: ein Problem mit sicherlich nationalen Auswirkungen, das aber nicht auf nationaler Ebene gelöst werden kann, sondern auf der Ebene der Europäischen Union. Manche meinen, es wäre der Kampf gegen Windmühlen, der hier zu führen wäre. Ich glaube trotzdem, dass die österreichische Position in diesem Zusammenhang immer wieder klar darzustellen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich erlaube mir, das heute bereits einmal erwähnte Melker Abkommen nochmals anzusprechen. – Herr Bundesminister! Sie haben uns die weitere Vorgangsweise, die weiteren Schritte mitgeteilt, und ich bin froh darüber, dass dieses Gespräch mit Kavan stattgefunden hat, eine UVP-Erklärung der Tschechen in absehbarer Zeit zu erwarten ist und im Anschluss daran das öffentliche Hearing stattfinden wird. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt wieder den Vorsitz.)

Der Eindruck der Bevölkerung, Herr Bundesminister, das Kernkraftwerk Temelin betreffend ist natürlich ein denkbar schlechter. Ich erlaube mir, von den bisher 16 bekannten Störfällen Temelins einen herauszupicken, der leider Gottes wiederholt aufgetreten ist, nämlich der Störfall im Zusammenhang mit der Turbine – ein sich wiederholendes Problem.

Der Eindruck des besorgten Bürgers ist jener, dass bei einer derartigen Anlage so lange ein Basteln stattfindet, bis die Funktionstüchtigkeit gegeben ist. Seitens Tschechiens ist man bemüht, diese Problematik herunterzuspielen und darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei nur um den Sekundärkreislauf handelt. Richtig ist, dass es zwar der Sekundärkreislauf ist, aber die Betroffenheit der Bürger führt letztlich auch dazu, den Schluss zu ziehen, wie arg und wie schlimm es erst im Primärkreislauf des Kernkraftwerks oder im Kernstück der Anlage, beispielsweise im Bereich des Reaktors, mit Problemen sein muss, die möglicherweise erst zeitverzögert auftreten und heute noch nicht sichtbar sind.

Herr Bundesminister! Ich weiß, dass Sie um dieses schwierige Thema bemüht sind, und es ist auch wesentlich und wichtig, dass alles, was im Zusammenhang mit dem Kernkraftwerk Temelin steht, entsprechend transparent gemacht wird. Eine Offenlegung aller Konstruktionsmerkmale, aller Berechnungen und eine Gesamt-UVP sind durchzuführen.


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67. Sitzung / Seite 121

Herr Bundesminister! Ihre Aufgabe ist keine einfache, sie ist eine schwierige. Wir anerkennen Ihre Bemühungen und wir werden Sie nach bestem Wissen und mit bester Tatkraft bei Ihren Bemühungen unterstützen, hier sozusagen Licht ins Dunkel zu bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.01

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Zernatto. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.02

Abgeordneter Dr. Christof Zernatto (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Wenn man der heutigen Debatte in erster Linie zum Kapitel Landwirtschaft zugehört hat, dann fällt einem auf, dass diese Diskussion in einer etwas anderen, differenzierten Stimmung stattgefunden hat als die Diskussionen zu manch anderem Budgetkapitel.

Sie war gekennzeichnet von einer, wie ich meine – in den meisten Fällen zumindest –, hohen Kompetenz und von einem echten Engagement der Debattenredner. Ich meine, dass die differenzierte Haltung zu diesem Budgetkapitel und zu diesem Bundesminister einen für mich sehr leicht erklärbaren Grund hat. Es gibt, was die Zielsetzungen der Agrarpolitik anlangt, offensichtlich einen weniger deutlichen Zielkonflikt, als das bei anderen Kapiteln der Fall ist. Das spricht für diese Bundesregierung und das spricht vor allem für diesen Bundesminister, der Agrarpolitik tatsächlich anders definiert, als es manche vielleicht sehen wollen, nämlich tatsächlich ganzheitlich, indem er eine Agrarpolitik zu verwirklichen sucht, die selbstverständlich auch, aber nicht nur bäuerliche Interessenpolitik ist.

Das ist deshalb möglich, weil hier, wie ich meine, vor allem auch klare Zielsetzungen der Politik definiert sind. Das macht es leicht, auch sachlich über das eine oder andere, was die Schwerpunktfindung anlangt, zu diskutieren.

Im Mittelpunkt steht mit Sicherheit die Erhaltung und Sicherung des leistungsfähigen, vor allem aber wettbewerbsfähigen bäuerlichen Familienbetriebes. Das hängt ganz eng damit zusammen, dass dieses Bekenntnis zum bäuerlichen Familienbetrieb gleichzeitig auch das zweite Ziel erreichbar erscheinen lässt, nämlich die Struktursicherung und die Strukturverbesserung im Bereich des ländlichen Raumes. Es sind nicht Abfallprodukte, aber nahezu notwendige Begleiterscheinungen, dass damit auch die Sicherung der ökologischen Grundlagen eine ganz wesentliche Zielsetzung dieser Politik darstellt und dass die Erhaltung der Kulturlandschaft nicht nur als Erholungsgebiet für alle in diesem Land, sondern auch für unseren Tourismus eine weitere Unterzielsetzung ist.

Selbstverständlich spielen aber auch die Qualitätssicherung und Erhaltung der Lebensmittel aus bäuerlicher Produktion eine bedeutende Rolle. Damit komme ich zu einem zweiten Punkt, der mir wichtig erscheint: Diese Agrarpolitik gibt den bäuerlichen Unternehmen durchaus auch jenes Selbstverständnis, dass sie, wie ich meine, zu Recht für sich einfordern, nämlich nicht nur, aber auch Kulturlandschaftserhalter zu sein, in erster Linie jedoch nach wie vor Produzent zu sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das ist jener Punkt, den wir alle, die wir nicht im bäuerlichen Bereich tätig sind, uns, wie ich meine, immer wieder vor Augen führen müssen, nämlich dass bäuerliche Unternehmer nicht in erster Linie Bezieher von Transferleistungen – Förderungen, wie es gemeinhin heißt – sind, wie das sehr häufig dargestellt wird, sondern dass über die Produktion von Lebensmitteln hinaus von diesen Betrieben auch noch immaterielle Leistungen erbracht werden, die logischerweise in einem weltweiten Wettbewerb, in dem diese Unternehmen stehen, auch abgegolten werden müssen.

Herr Bundesminister! Deshalb möchte ich Sie ermuntern, Ihre Politik fortzusetzen, jene wichtigen Zielsetzungen weiterhin im Auge zu behalten und damit den bäuerlichen Familienbetrieben in unserem Land jene Grundlagen zu schaffen, die es ihnen auch in Zukunft ermöglichen werden, im Wettbewerb mit Agrarfabriken – wie sie anderswo zu unserer nicht immer großen


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Freude vorhanden sind – erfolgreich zu bleiben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.06

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Weinmeier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.07

Abgeordneter Ing. Wilhelm Weinmeier (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zunächst zwei Dinge feststellen: Es ist wirklich erfreulich, dass es trotz angespannter Budgetsituation gelungen ist, die Ausgaben im Umweltbereich für 2002 gegenüber 2001 zu erhöhen, nämlich um 38,5 Millionen j beziehungsweise um 530 Millionen Schilling.

Erfreulich ist auch für die Kommunen und für den ländlichen Raum, dass es trotz dieser angespannten Budgetsituation gelungen ist, auch die Ausgaben für die Siedlungswasserwirtschaft zu erhöhen, nämlich um 18,5 Millionen j beziehungsweise um 254 Millionen Schilling. Man sieht auch, dass diese Bundesregierung ihre Ankündigung bezüglich Verwaltungsreform sehr ernst nimmt und bei sich selbst zu sparen beginnt, weil nämlich die Ausgaben für die Verwaltung im Vergleich dazu prozentuell gesunken sind.

Nun noch ein paar Worte zur Abfallwirtschaft, und zwar zur Problematik bei den Einwegverpackungen, die heute schon mehrmals angesprochen wurde. Wir hören immer öfter Hilferufe von den Abfallwirtschaftsverbänden über die explodierenden Mengen im Bereich der Einwegverpackungen. Ich zeige hier ein Mitteilungsblatt aus unserem regionalen Abfallwirtschaftsverband: "Alarm: Getränkeverpackungen" heißt es in diesem Mitteilungsblatt. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Dazu auch einige Zahlen: Seit 1997 bis Ende 2000 hat sich die Menge der Einweg-Getränkeverpackungen verdoppelt; eine Zahl aus Niederösterreich dazu: von 9 300 Tonnen im Jahre 1997 auf 18 500 Tonnen Ende 2000. Das ist eine Steigerung um 450 000 Kubikmeter. Meine Damen und Herren! Das ist eine sinnlose Ressourcenverschleuderung!

Die neue Verpackungszielverordnung, die mit 29. Dezember des vorigen Jahres in Kraft getreten ist, ist sicherlich ein erster Schritt zur Verbesserung der Rücklaufquoten und zur Stabilisierung der Situation. Mit dieser Novelle wurde erstens eine EU-Richtlinie umgesetzt und es wurden zweitens gegenüber vorher generelle Rücklaufquoten für alle Einwegverpackungen mit 80 Prozent festgelegt. Ich halte das für sinnvoll, denn eine Festlegung von Rücklaufquoten für jede einzelne Getränkeart ist sicherlich nur schwer überprüfbar.

Die Mengenfeststellung erfolgt nach dieser Verordnung erstmals Ende 2001 und dann nach einem Beobachtungszeitraum wieder 2004. Man wird daher nach diesem Beobachtungszeitraum sehr genau prüfen müssen, wie der Erfolg war. Ich sage auch ganz deutlich, meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Bundesminister: Wenn diese Ziele nicht erreicht werden, dann muss man sehr wohl auch in Österreich über ein Pfand nachdenken, so wie es derzeit schon in Deutschland der Fall ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Nun noch ein paar Worte zur Umweltfrage betreffend EU-Osterweiterung. Die Umweltsituation in den Beitrittsländern ist zwar jeweils sehr unterschiedlich, sie ist aber durchwegs sehr schlecht. Die Verbesserungen, die es in diesen Ländern bisher im Umweltbereich gegeben hat, sind nicht durch Maßnahmen und durch Sanierungen entstanden, sondern hauptsächlich nur dadurch, dass einige so genannte große Dreckschleudern, wie ich diese großen Schwerindustriebetriebe bezeichnen möchte, geschlossen wurden. Es hat sich also dort in der Struktur bisher noch nichts geändert!

Ich glaube daher, dass sich sehr viele Erweiterungseuphoriker noch nicht ganz dessen bewusst sind, welche hohen Summen für die Sanierung erforderlich sein werden. Ich weiß zum Beispiel aus Polen, dass dort schon jetzt überhaupt keine Umweltinvestitionen mehr im Bereich der Abfallwirtschaft und im Bereich der Abwasserentsorgung getätigt werden, weil die Kommunen und die regionalen Verbände schon alle auf dieses große Füllhorn mit Geld aus der EU warten.


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Das alleine zeigt, welch große Erwartungshaltung hier bei den Beitrittsländern bezüglich Geldmittel aus der EU vorhanden ist und wie wenig bei der Vorbereitung für die EU-Osterweiterung diesbezüglich geklärt wurde.

Meine Damen und Herren! Bei einer Nichterfüllung des Umwelt-Acquis durch die Beitrittsländer wird das sicher negative Auswirkungen auf die Umweltsituation in Europa haben. Man wird daher auch da ganz ernsthaft über Übergangsfristen nachdenken müssen, so wie das – wie ich heute einer Pressemeldung entnommen habe – der deutsche Bundeskanzler Schröder schon getan hat.

Eines sage ich aber ganz klar: Am Ende müssen diese Standards dann auch erfüllt sein. Es kann nicht so sein, dass man die Übergangsfristen nur durch Zeitablauf über sich ergehen lässt und dass sich am Ende nichts verändert hat. Wir verlangen auch in dieser Hinsicht, dass es keine Wettbewerbsverzerrung bei den neuen Beitrittsländern gibt.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich ersuche Sie wirklich, das bei all Ihren Besprechungen in der EU, auch bezüglich EU-Osterweiterung, nicht zu vergessen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Prinz. Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

17.13

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die letzten Monate brachten für Österreichs Rinderbauern, bedingt durch BSE und den Ausbruch von MKS in Europa, die schwerste Krise der letzten Jahrzehnte, sowohl den Preis als auch den Absatz betreffend. Österreich hat sehr viele Vorsorgemaßnahmen zum Schutz von Landwirtschaft und Konsumenten gesetzt. Im heurigen Jahr wurden bereits über 48 000 BSE-Tests durchgeführt – alle waren negativ. Dass wir in Österreich keinen BSE-Fall haben, spricht für die Arbeit der österreichischen Bauern und für die Arbeit unseres Landwirtschaftsministers Wilhelm Molterer.

Durch die Verunsicherung der Konsumenten und den damit verbundenen Konsumrückgang bei Rindfleisch haben die österreichischen Rinderbauern in der Zeit von November 2000 bis März 2001 über 700 Millionen Schilling Erlösverlust in Kauf nehmen müssen. Seitens der Bauern und der Interessenvertretung werden sehr viele Initiativen gesetzt, das Vertrauen der Konsumenten wieder zu gewinnen. Nur mit einem entsprechenden Konsumanstieg wird es gelingen, dass der Rinderpreis wieder einigermaßen auf das Niveau der Zeit vor der BSE-Krise kommt.

Die wichtigen Maßnahmen werden aber den Einkommensverlust der österreichischen Rinderbauern bei weitem nicht ausgleichen können. Es bedarf zusätzlicher Mittel von Herrn Finanzminister Grasser, um einigermaßen einen Einkommensausgleich zustande zu bringen. Ich habe durchaus Verständnis dafür, wenn man mit konkreten Zahlen zuwartet, bis das Gesamtausmaß des Erlösverlustes tatsächlich feststeht.

Wir Bauern fordern aber zu Recht, dass wir nicht alleine die Folgen einer Krise, die wir nicht verursacht haben, auslöffeln müssen. Die europäische Ebene ist hier gefordert, mitzuhelfen. Daher ersuche ich Sie, Herr Bundesminister, sich dafür einzusetzen, dass die Superabgabe, die im Rahmen der Milchmarktordnung auf EU-Ebene anfällt, zweckgebunden für den Rinderbereich verwendet wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mittel- und langfristige Überlegungen der EU – wie zum Beispiel einzelbetriebliche Quoten und Obergrenzen bei der Sonderprämie für männliche Rinder – sind durchaus positiv. Ein Flächenbezug in der landwirtschaftlichen Produktion erscheint sehr sinnvoll. Meint man es aber in Europa wirklich ernst damit, muss man über den derzeitigen Vorschlag des Förderinstruments hinausgehen; damit es auch in Ländern wie zum Beispiel Holland wirksam wird, wird man zu anderen Instrumentarien greifen müssen wie zum Beispiel dem Wasserrecht.


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Es gibt durchaus einiges zu verbessern in der europäischen Agrarpolitik, es ist aber vieles bei weitem nicht so schlecht, wie es manchmal dargestellt wurde. In den letzten Wochen und Monaten wurde ja sehr viel über die Renationalisierung der Agrarpolitik diskutiert. "Renationalisierung" bedeutet zum Beispiel, dass wir uns die Marktordnungsausgaben zu 100 Prozent selbst werden bezahlen müssen; derzeit werden sie zu 100 Prozent aus dem EU-Budget bezahlt. Österreich ist Nettozahler. Denken wir an das Programm "Ländliche Entwicklung" mit dem Umweltprogramm, mit den Zahlungen für die Bergbauern und dergleichen. Österreich erhält rund 10 Prozent der Mittel bei 2 Prozent Produktionsanteil.

Die Renationalisierungsdebatte – dessen müssen wir uns bewusst sein – spielt in Europa genau jenen Kräften in die Hände, die in Wirklichkeit wesentlich weniger Geld für die Bauern ausgeben wollen.

Apropos Geld: Wer fair mit den Bauern umgeht, der müsste eigentlich das EU-Budget und nationale Budgets zusammenzählen, und er wird dann draufkommen, dass in Europa in Wirklichkeit innerhalb der EU nur 2 Prozent der Mittel für die Landwirtschaft aufgewendet werden.

Die österreichischen Bauern erbringen viele Leistungen für die Gesellschaft. Müssten wir diese Leistungen alle bezahlen, wir könnten sie uns wahrlich nicht leisten. Unsere Bauern liefern qualitativ hochwertige Lebensmittel und produzieren zusätzlich eine gepflegte Kulturlandschaft – sowohl für einheimische wie auch für ausländische Gäste. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sagen Sie danke zu den österreichischen Bauern, sagen Sie ja zu österreichischem Fleisch, sagen Sie ja zu österreichischen Lebensmitteln und sagen Sie ja zu diesem Landwirtschaftsbudget! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.17

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gahr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.17

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Lage in Österreichs Landwirtschaft wird derzeit von vielen unterschätzt. Durch Krisen in unserem Umfeld beziehungsweise in Europa wird auch die heimische Landwirtschaft geschwächt. Wir haben Probleme im Absatzbereich. Für mich persönlich, der ich seit vielen Jahren in der Landwirtschaft tätig bin, stelle ich fest, dass es gewisse Motivationsprobleme bei den in der Landwirtschaft Tätigen gibt. Gründe sind schlechte Preise und natürlich auch fallender Absatz auf den Märkten.

Wir gefährden natürlich mit solchen Krisen wie BSE und MKS insgesamt Arbeitsplätze in der Landwirtschaft. Betriebsaufgaben da und dort sind die Folge solcher Krisen. Ich bin froh darüber, dass wir ein stabiles Landwirtschaftsbudget haben, welches vieles in der Breite und in der Vielfalt absichert, es kann aber derzeit Schäden nicht zur Gänze abdecken. Es sei mir erlaubt, eine Feststellung zu treffen: Es wurde heute hier schon von Geschenken für die Bauern gesprochen. Dieses Budget 2002 ist ein Budget für die Landwirtschaft, das heißt also für das Land und für das Wirtschaften in diesem Land, aber es ist kein Bauernbudget. (Beifall bei der ÖVP.)

Schon der Teil für die ländliche Entwicklung, welcher immerhin 60 Prozent des gesamten Budgets ausmacht, sagt aus, dass mit dem Landwirtschaftsbudget Impulse für die Wirtschaft, für den Bürger und für den Tourismus gesetzt werden, um hier in der Breite wieder zu einer stärkeren Wirtschaftskraft insgesamt zu kommen. Das Landwirtschaftsbudget ist also den Allgemeinleistungen zugetan und erfüllt vielfältige Aufgaben. Mein Vorredner Christof Zernatto hat dies ja präzise dargestellt und die Leistungen der Bauern dementsprechend präsentiert.

Als Tiroler darf ich feststellen, dass wir in Tirol, wo Viehwirtschaft typisch ist, durch die rückläufigen Märkte und die Krisen in den ersten drei Monaten des Jahres 2001 einen Einkommensverlust von 100 Millionen Schilling für unsere Bauern zu verzeichnen hatten. Wenn wir in die Zu


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kunft blicken und auch derzeit gewisse Beschränkungen sehen, dann müssen wir sagen: Die Lage ist nicht gut. Es gibt keine Versteigerungen, vielleicht ergeben sich auch, wenn sich die Maul- und Klauenseuche weiter ausbreitet, Probleme bei der Alpung und die Futtermittelvorräte werden knapp. Natürlich ist der Viehabsatz für unser Land sehr, sehr wichtig. Ich sehe da in der Zukunft Probleme auf uns zukommen, wenn sich die Lage nicht stabilisiert.

Auch die allseits gestellte Forderung, es sollte die Kosten für BSE-Tests und die Beseitigung von Risikomaterial das Landwirtschaftsbudget tragen, kann ich nicht nachvollziehen.

Für mich steht fest – und wir sollten ehrlich und transparent vorgehen –: Der Konsument, der ja sichere und gesunde Nahrungsmittel kaufen will, muss einen Beitrag dazu leisten! Eine Finanzierung nur aus dem Landwirtschaftsbudget wird sicher nicht möglich sein.

Ich muss sagen: Ich bin froh über die Ernährungsagentur, auch wenn diese heute da und dort kritisch betrachtet wurde. Dort werden all jene Kräfte erfasst und gebündelt, die mit der Nahrungsmittelerzeugung und mit dem Nahrungsmittelvertrieb befasst sind. Wir wollen weniger Bürokratie, mehr Effizienz und rascheren Vollzug.

Auch das Budget für den Biolandbau ist heute schon – manchmal kritisch – unter die Lupe genommen worden. 10 Prozent der Biobauern erhalten 20 Prozent der ÖPUL-Mittel. Die Biolandwirtschaft muss in Österreich einen höheren Stellenwert bekommen. Wir müssen mit einer Marke auftreten. Ich wünsche mir auch, dass wir es schaffen, die Bioverbände zu bündeln, um dadurch einen stärkeren Marktauftritt zu erreichen.

Das Budget 2002 sieht vielfältige Maßnahmen vor im Investitionsbereich, im Bioenergiebereich, bei der Verarbeitung, aber vor allem auch bei der Bildung, welche ja auch in der Landwirtschaft als Kapital der Zukunft gilt.

Ich danke allen Behörden, die sich in der jetzt so schwierigen Zeit darum bemühen, die Landwirtschaft zu unterstützen und zu fördern. Mit dem Budget 2002 wollen wir die Betriebsstruktur erhalten und Arbeitsplätze in vor- und nachgelagerten Bereichen sichern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.21

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kampichler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

17.22

Abgeordneter Franz Kampichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Erlauben Sie mir, dass ich im Rahmen dieser Debatte um das landwirtschaftliche Budget ganz kurz auch aus der Sicht der Konsumenten meine Genugtuung zum Ausdruck bringe, und zwar darüber, dass Österreich bis zum heutigen Tag BSE-frei geblieben ist, und vor allem auch darüber, dass die von Bundesminister Molterer angeordneten Sicherheitsmaßnahmen den Übergriff der Maul- und Klauenseuche auf Österreich verhindert haben.

Meine geschätzten Damen und Herren! Es wurde ein Lob bereits ausgesprochen: Das spricht für unsere Agrarpolitik, vor allem auch für unsere Gesundheitspolitik, und es ist auch ein gutes Zeugnis für die Bauern! – Das möchte auch ich als Nicht-Bauer hier auf alle Fälle festgestellt haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Immerhin – und mein Vor- oder Vorvorredner hat schon darauf hingewiesen – wurden 49 000 Proben entnommen, und kein einziges Untersuchungsergebnis war negativ. (Abg. Schwarzenberger: Kein einziges positiv! )  – Kein einziges Ergebnis war positiv! Es wäre für uns natürlich sehr negativ gewesen, wäre eines positiv gewesen. So ist es richtig! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist der Beweis dafür, dass unser nationaler Krisenplan funktioniert und wirkt!


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Geschätzte Damen und Herren! Der kommende Osterverkehr wird natürlich eine ganz besondere Herausforderung an diese Sicherheitseinrichtungen stellen. Ich möchte von dieser Stelle aus auch an die Reisenden appellieren, dass sie diese Sicherheitseinrichtungen sehr gewissenhaft beachten und vor allem sehr ernst nehmen. Ich möchte aber auch an die Konsumenten appellieren, dass sie ihre Ostereinkäufe, die ja jetzt vor der Tür stehen, dort tätigen, wo sie sicher gehen können, dass sie österreichische Produkte angeboten bekommen und dass sie sich wirklich mit gesunden Produkten für die kommenden Osterfeiertage eindecken! Damit, meine sehr geehrten Damen und Herren, unterstützen Sie die heimische Wirtschaft, vom Bauernhof bis zum Fleischhauer. Unsere Betriebe stehen derzeit unter ganz besonderem Druck. Sie haben spezielle Erschwernisse zu bewältigen, und das erfordert natürlich unser zusätzliches Vertrauen; das heißt, sie haben Anspruch darauf, dass wir ihre Produkte verstärkt konsumieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend dem Landwirtschaftsminister dafür danken, dass er durch sein besonnenes Vorgehen im Zuge dieser Krisensituation Österreich wirklich vor großem Schaden bewahrt hat! Ich wünsche ihm für die Zukunft alles Gute, und ich wünsche uns, dass wir diese Krisensituation im Interesse aller Beteiligten gut meistern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.25

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kurzbauer. Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten eingestellt. – Bitte.

17.25

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr verehrte Damen und Herren! Das Budget 2002 ist ein Meilenstein in der Finanz- und Budgetpolitik. In diesem Budget 2002 werden nach fast 30 Jahren keine neuen Schulden gemacht! (Abg. Grabner: Die morgige Zeitung noch nicht gelesen!) Außerdem hat diese Bundesregierung innerhalb der letzten 14 Monate drei Budgets vollzogen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Budget 2002 hat einen Abgang von 829 Millionen j oder 0,4 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt, und dadurch, dass im Finanzausgleichsgesetz die Länder verpflichtet wurden, ihren Beitrag mit 0,75 Prozent des BIP zu leisten, ist es auch möglich, dass wir von einem Nulldefizit sprechen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Letztlich geht es im Budget 2002 nicht nur um Zahlen, sondern es geht vielmehr um eine nachhaltige und dauerhafte Sanierung unserer Finanzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Eine nachhaltige Konsolidierung des Budgets ist nämlich auch die Voraussetzung für die Erfüllung des Generationenvertrages, für finanzielle Stabilität, für den Wettbewerbsstandort und selbstverständlich auch die Voraussetzung dafür, den notwendigen Spielraum, den notwendigen Freiraum in der Finanz- und Budgetpolitik zu haben. Ich bin davon überzeugt, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass diese neue Bundesregierung ihre Reformvorhaben erfolgreich umsetzen wird!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landwirtschaft beziehungsweise die landwirtschaftlichen Produkte waren in den letzten Wochen und Monaten, ausgelöst durch die BSE-Problematik, das Hauptgesprächsthema in unserer Gesellschaft. Diese Situation wurde noch durch diverse Medienberichte verstärkt, und das hat uns alle sensibilisiert. Es geht letztlich um die Sicherheit unserer Lebensmittel, um die Sicherheit unserer Konsumenten. Dank der zukunftsorientierten Agrarpolitik unserer Verantwortlichen, an der Spitze unseres Herrn Bundesministers Molterer, ist es uns gelungen, uns deutlich von unseren Mitbewerbern abzusetzen.

Sehr verehrter Herr Bundesminister! Im Bereich der österreichischen Agrarpolitik sind Sie immer um einige Schritte voraus – die österreichischen Bauern danken Ihnen dafür! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das landwirtschaftliche Budget 2002 gibt aber auch ein klares Bekenntnis zum ländlichen Raum und zur ländlichen Entwicklung ab. Die Maßnahmenpalette der Artikel-33-Förderungen stellt eine Fortsetzung und eine Weiterentwicklung der kofinanzierten Förderaktivitäten der Ziel-5b-Gebiete dar.


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Ich möchte hier nur einige Schwerpunkte nennen, die so genannte zweite Einkommenssäule: Es geht um die Vermarktung der bäuerlichen Qualitätsprodukte. Es geht um die Erhaltung des ländlichen Erbes und um die Dorfentwicklung. Es geht um wasserbauliche- und kulturtechnische Maßnahmen, um die Verkehrserschließung ländlicher Gebiete, um die Kulturlandschaft und letztlich um die Landschaftsgestaltung. Eine Hauptmaßnahme ist die Neuausrichtung im landwirtschaftlichen und im landwirtschaftsnahen Bereich. Dort liegt der Hauptschwerpunkt. Rund 43 Prozent der Fördermittel stehen dafür zur Verfügung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ziel dieser Maßnahmen ist die Verbesserung der Einkommensbasis der bäuerlichen Betriebe sowie die Entwicklung und Realisierung neuer Ideen für Produkte und Dienstleistungen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Weitere Wortmeldung: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. Die Uhr ist wunschgemäß auf 3 Minuten gestellt. – Bitte.

17.30

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, denn ich fühle mich durch Ihren Appell an unseren Stolz bezüglich des österreichischen Agrarsystems herausgefordert, doch noch einiges aus unserer Sicht klarzustellen. Vor allem möchte ich auch auf unsere Fähigkeit zur Selbstkritik verweisen und an Sie appellieren, nicht nur Lippenbekenntnisse und schöne Worte zu finden, sondern auch wirklich auf allen Ebenen zielgenau, punktgenau Agrarpolitik im Sinne der österreichischen Landwirtschaft zu betreiben, gerade auch als Umweltminister! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Mag. Molterer! Es ist doch so, dass das von Ihnen heftig kritisierte Abstockungsprogramm, das ich fordere, die einzig mögliche Form ist, die Agrarüberschussproduktion in Europa wieder auf ein menschenmögliches und auch tiergerechtes Maß zurückzuführen. Darum geht es uns! Ich verstehe nicht, warum Sie es ablehnen, das auch in Österreich umzusetzen. Vergessen Sie bitte nicht, dass alle Sozialpartner in der §-7-Kommission einstimmig ein österreichisches Abstockungsprogramm gefordert haben, Herr Bundesminister! Einstimmig! Wir haben 500 000 Hektar Grundwassersanierungsgebiete in Österreich! 200 000 Menschen in Österreich müssen derzeit pestizidverseuchtes Wasser trinken! – Es gibt also Handlungsbedarf, daher verstehe ich nicht, dass Sie dieses Abstockungsprogramm nicht berücksichtigen wollen!

Wir haben inzwischen zu Recht einen Sockelbeitrag bei der Bergbauernförderung und eine Degression ab 80 Hektar. Das begrüßen wir. Wir haben eine Degression bei den Umweltförderungen. Ja, auch das ist eine richtige Maßnahme. Aber wir haben keine Degression und keine Förderobergrenze bei den Marktordnungsausgaben.

Herr Bundesminister! Das ist einfach nicht konsistent! Das verstehe ich nicht, gerade unter dem Gesichtspunkt, dass die großen Betriebe 83 Prozent ihres land- und forstwirtschaftlichen Einkommens aus staatlichen Transferzahlungen lukrieren, während das bei den Bergbauern nur 67 Prozent ausmacht. Das bedeutet eine überproportionale Förderung dieser großen Marktfruchtbetriebe. Ich finde, es wäre an der Zeit, auch diesbezüglich endlich Maßnahmen zu treffen.

An die Adresse der FPÖ, an die Kollegen Wenitsch, Hornegger und Achatz, möchte ich schon auch den Appell richten: Wenn Sie die europäische Agrarpolitik kritisch beleuchten wollen, dann stimmen Sie uns zu, setzen wir gemeinsam einen Unterausschuss des Landwirtschaftsausschusses ein und diskutieren wir einmal die notwendigen Änderungen der europäischen Agrarpolitik! Dann werden Sie nämlich draufkommen, dass unsere Konzepte sehr wohl zukunftsorientiert sind.

Wir brauchen in Österreich eine klare Positionierung des biologischen Landbaus. Das Ziel: 20 Prozent Biolandbau bis 2005!, ist für uns ein unabdingbares Muss. Außerdem brauchen wir in Europa eine Binnenmarktorientierung der landwirtschaftlichen Produktion und eine stärkere


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Bindung der Förderungen an die Arbeitskraft, meine Damen und Herren! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.33

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.33

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Unsere Ernährungswirtschaft steht unter Druck! Die Bauern, die Verarbeitungsbetriebe, die Köchinnen und die Köche sind verunsichert! Übertreibung ist auf der ganzen Welt das Rezept der Opposition, und ein Meister der Übertreibung ist unser Herr Kollege Pirklhuber. Er spricht davon, dass 200 000 Menschen pestizidverseuchtes Wasser trinken müssen. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Belastetes!) Das ist schlichtweg ein Schmarren, was Sie da sagen, das stimmt nicht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)  Ich werde Ihnen dann draußen erklären, wo Ihr Denkfehler liegt; Rechnen war offensichtlich noch nie Ihre Stärke.

Jedenfalls sollten wir, wenn wir in diesen Fragen, die tatsächlich dringend sind, Lösungen entwickeln wollen, diese vom Markt her entwickeln. Und der Markt braucht nicht heiße Luft, auch keine Krokodilstränen, sondern schlichtweg Fortschritte. Weder Wettbewerb noch Preisdruck können heute noch politisch abgeschafft werden. Bei den Kosten muss noch allerhand geschehen. Agrardiesel wäre ein Stichwort.

Aber ich will heute über ein anderes Thema reden, ich will über die Weiterentwicklung der Kontrollsysteme reden. Wir brauchen nämlich in der Landwirtschaft und in der Ernährungswirtschaft keine Trittbrettfahrer, keine Bioschwindler, keine dubiosen Tierärzte und auch keine Imitate. Wir Bauern brauchen das alles nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Heute heißt das: Kontrolle vom Acker bis zum Tisch. Kontrolle muss der Qualitätsproduktion dienen, und sie muss sicherstellen, dass sich der Konsument auf die Produkte verlassen kann, dass die Produkte halten, was sie versprechen, je nach dem, wie viel sie dem Konsumenten eben wert sind.

Kontrolle muss dem Produzenten zeigen, ob er richtig liegt und was er besser machen kann. Kontrolle erst am Ende des Weges, beim Endprodukt, gibt keine Antworten über die richtigen Entscheidungen unterwegs. Wir haben im Pflanzenbau gezeigt, wie Kontrolle in der Landwirtschaft richtig funktioniert. In der integrierten Produktion haben wir vieles davon verwirklicht. Vorreiter war die Zuckerrübe, Vorreiter war das Qualitätsgetreide. Als Beispiel möchte ich Ihnen das heute an der Kartoffel erklären.

Damit die Pommes Frites bei McDonalds ihre bekannte knusprige Qualität erlangen, sind vorher, von der Saatgutbestellung bis zur Endproduktion, 126 Entscheidungsschritte notwendig, wo qualitätsstörende Fehler gemacht werden können. Sie werden es nicht glauben, aber ein Großteil dieser Entscheidungen fällt beim Bauern, auf dem Acker. Ein Großteil dieser Entscheidungen muss dokumentiert werden, und die Analyse zeigt dann, wo wir die Qualität herstellen. Die Analyse begründet den Fortschritt und damit auch die Vorreiterstellung der österreichischen Bauern in der Qualitätsproduktion. Vom Acker bis zum Tisch muss alles stimmen. Das Wichtigste wird dokumentiert, und so begründet sich unsere Wettbewerbsfähigkeit. Natürlich wird diese Wettbewerbsfähigkeit durch die Dieselbesteuerung behindert, aber darüber werden wir bei nächster Gelegenheit sprechen.

Zum Thema Kontrolle: Nicht Schikane, sondern Stärkung der Produktionswege muss das Ziel der Kontrolle sein. Gerade im Pflanzenbau, im Bereich der landwirtschaftlichen Bundesanstalten gibt es diesbezüglich die meiste Erfahrung, und die 50 Millionen j dafür im Budget sind wirklich gut positioniert. Es gibt forciertes internes Controlling, modernes Kostenmanagement und entsprechende Effizienzsteigerungen bei der Arbeit. Die Zusammenlegung mit den Anstalten des Lebensmittelbereiches bietet die Chance, dass dieser Erfahrungsvorsprung auf die gesamte Ernährungsagentur übertragen werden kann.


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Kontrolle darf kein Drohmittel der Obrigkeit und kein Herrschaftsinstrument der Opposition sein! Kontrolle in der Landwirtschaft, Kontrolle ohne Schikane ist Dienstleistung für die Produktqualität im Interesse von Produzenten und Konsumenten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Unser Bundesminister Molterer, der europaweit herzeigbare Agrarpolitik in Österreich vorgibt, mit uns diskutiert, mit den Bauern diskutiert und erfolgreich umsetzt, hat ein Budget vorgelegt, das uns gefällt und das unser Vertrauen verdient. Wir werden ihm zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.38

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber zu Wort gemeldet.

Herr Abgeordneter, bitte beginnen Sie mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung und stellen Sie dieser Behauptung den berichtigten Sachverhalt gegenüber. (Abg. Haigermoser  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber –: Entschuldigen Sie sich für die "Schweinestall"-Aussage!)

17.38

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Kollege Schultes hat behauptet, dass die Feststellung ein Blödsinn wäre, dass 200 000 Menschen in Österreich pestizidbelastetes Wasser trinken müssen.

Herr Kollege Schultes, ich berichtige diese Ihre Aussage! Lesen Sie nach im Gewässerschutzbericht, dann werden Sie feststellen, dass man, wenn man die Zahlen auf Basis der Trinkwasserausnahmeverordnung addiert, zu dem Ergebnis kommt, dass derzeit sehr wohl 200 000 Menschen pestizidbelastetes Trinkwasser konsumieren! (Beifall bei den Grünen.)

17.39

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Spezialberichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Beratungsgruppe VIII des Bundesvoranschlages für das Jahr 2002.

Diese umfasst die Kapitel 60 und 61 des Bundesvoranschlages in 500 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Gemäß § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die Abstimmung über die bei der Verhandlung der Beratungsgruppe VIII des Bundesfinanzgesetzes eingebrachten Entschließungsanträge sogleich vorzunehmen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Maier und Genossen betreffend Zustand der Wasserversorgung bäuerlicher Betriebe in Österreich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gradwohl und Genossen betreffend Einführung einer sozialen Staffelung zur gerechten Verteilung von Agrarförderungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.


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67. Sitzung / Seite 130

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gradwohl und Genossen betreffend Forcierung des Biolandbaues in Österreich durch die Aufstockung der Förderungsmittel aus dem Landwirtschaftsbudget.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Beratungsgruppe IV

Kapitel 11: Inneres

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zur Debatte über die Beratungsgruppe IV, Kapitel 11: Inneres.

Auf eine mündliche Berichterstattung vom Spezialberichterstatter wurde verzichtet.

Als erster Debattenredner gelangt Herr Abgeordneter Leikam zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 9 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Martin Graf: Wo ist der Parnigoni? – Abg. Leikam – auf dem Weg zum Rednerpult –: Der kommt! Etwas Geduld! – Abg. Dr. Martin Graf: Habt ihr getauscht?)

17.41

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach einer langen Debatte über das Thema Landwirtschaft nun zum Kapitel "innere Sicherheit". (Abg. Dr. Martin Graf: Die alte Garde setzt sich durch! Bravo, Leikam! Wir freuen uns!)

Hohes Haus! Die Sicherheitsansprüche der Menschen sind größer geworden, die Bedeutung der Arbeit der Exekutive nimmt zu, daher ist es unbedingt notwendig, eine effiziente und motivierte Sicherheitsexekutive zu haben, die durch ihre tägliche Arbeit die Sicherheit der Menschen in Österreich gewährleistet. – Das, Herr Bundesminister, waren in etwa Ihre Worte in der Ausschussdebatte zu diesem Budget, und dem wäre eigentlich nichts hinzuzufügen – wenn es so wäre!

Aber dazu gehört auch, Herr Bundesminister, dass man unsere Exekutive ernst nimmt, dass man ihr auch das notwendige Know-how gibt. Doch wie sieht es in diesem Umfeld für unsere Exekutive aus?

Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Diese Bundesregierung ist jetzt etwas länger als ein Jahr im Amt, und sie hat dem Nationalrat bereits das dritte Budget zur Beschlussfassung vorgelegt – drei Budgets auch für das Kapitel "Inneres" mit schwerwiegenden Folgen, schwerstwiegenden Folgen, möchte ich sagen, für unsere Exekutive: 1,3 Milliarden Schilling weniger in diesen drei Jahren! 2 000 Planstellen eingespart, Herr Bundesminister! Kaum Grundausbildungslehrgänge für einen entsprechenden Nachwuchs bei Polizei und Gendarmerie! Eine unverantwortbare Reduzierung des Sachaufwandes mit allen Auswirkungen, die damit verbunden sind!

Herr Bundesminister! Ich bin fest davon überzeugt: Ende des Jahres 2002 – bis zu diesem Zeitpunkt gelten die drei Budgets, die wir jetzt beschlossen haben – werden wir die Situation haben, dass zwar auch mit Ihrer Hilfe das Budget saniert sein wird, dass Sie aber unsere Exekutive demoliert haben werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Ihre Politik, Herr Bundesminister, ist sicher keine Sicherheitspolitik, sondern eine Verunsicherungspolitik. Nie zuvor, meine Damen und Herren, war der Frust in den einzelnen Dienststellen so groß wie jetzt. Von motivierten Beamten überhaupt keine Spur! Ich glaube, darin sind wir uns alle einig, denn ich gehe davon aus, dass sich nicht nur unseren Abgeordneten diese Situation, dieses Bild bietet, sondern wahrscheinlich auch allen anderen Parteien.


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67. Sitzung / Seite 131

Die Exekutivbeamten sind, Herr Bundesminister, durchwegs verunsichert. Die Kürzung um rund 2 000 Planstellen in den drei Budgets, die hier im Nationalrat zur Beschlussfassung vorgelegen sind, treibt unsere Beamten an die Grenze ihrer Belastbarkeit. An die Stelle der notwendigen Informationen für die Bevölkerung treten "Maulkorb"-Erlässe, Herr Bundesminister, die Sie hinausgegeben haben, "Maulkorb"-Erlässe für verantwortungsvolle leitende Beamte, die den Versuch unternehmen, die Öffentlichkeit darüber zu informieren – was Sie eigentlich tun sollten, Herr Bundesminister! (Beifall und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie schrecken auch nicht davor zurück, sogar Personalvertretern mittels Weisung zu untersagen, an öffentlichen Diskussionen teilzunehmen, und Sie nehmen die Personalvertreter, die sich öffentlich äußern, in der Form her, dass Sie intern gegen sie ermitteln, wie das zum Beispiel im Burgenland der Fall ist. (Ruf bei der SPÖ: Unglaublich!)

Noch etwas, Herr Bundesminister, was uns allen in den letzten Wochen auffällt: Ihre Antworten auf parlamentarische Anfragen werden immer kürzer. Ihre Informationsfreudigkeit tendiert gegen null. (Abg. Dolinschek: Immer dieselben Fragen!) Sie wollen nicht mehr informieren. Sie wollen nicht sagen, was mit der Sicherheitspolitik in unserem Lande los ist. Sie schweigen ganz einfach.

Herr Bundesminister! Im gleichen Ausmaß steigen dafür Ihre parteipolitisch motivierten Weisungen quer durch unsere Republik. (Beifall bei der SPÖ.) Der absolute Höhepunkt: 15 parteipolitisch begründete Weisungen allein in Ihrem Kernland Niederösterreich. – Das, Herr Bundesminister, ist ein ausgesprochen schlechter Stil, den Sie hier eingeschlagen haben. Ich würde Sie einladen, wieder zu einem anderen Stil zurückzufinden. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Mehrmals habe ich im Nationalrat versucht, eine Erhöhung der Zahl der Planstellen zu erreichen. Der erste Antrag der Abgeordneten Leikam und Genossen auf Aufstockung um 1 000 Planstellen in den nächsten vier Jahren wurde von der Regierungsmehrheit abgelehnt.

Bei einem neuerlichen Antrag, von mir hier eingebracht, wurde zunächst einmal mit Ihrer Mehrheit verhindert, dass er überhaupt in den Ausschuss gelangen konnte – sechs Monate lang haben Sie das in der Präsidiale verhindert! Als er dann im Ausschuss war, war es Abgeordneter Kößl – bezeichnenderweise ein Postenkommandant! –, der als Erster den Antrag stellte, diesen Antrag wieder zu vertagen, da er, wie Abgeordneter Kößl gemeint hat, nicht so dringend wäre. Er als Postenkommandant muss ja wissen, in welcher Situation sich die Exekutive befindet.

Der Antrag konnte wieder nicht behandelt werden, meine Damen und Herren! Man hat darauf verwiesen, dass es in der Budgetdebatte ohnehin Gelegenheit genug gibt, darauf hinzuweisen.

Wir haben daher diesen Antrag neuerlich gestellt. Es wird heute ein weiterer Antrag von meinen Abgeordnetenkollegen aus der sozialdemokratischen Fraktion hier eingebracht werden, weil wir glauben, dass das dringend notwendig ist. Das, was Sie, Herr Bundesminister, derzeit noch so hartnäckig vertreten, nämlich dass Ihre Personalpolitik, Ihre Sicherheitspolitik nicht in die Richtung führen wird, dass die einzelnen Gendarmeriedienststellen zusammengelegt oder gar aufgelöst werden und Polizeidienststellen und Wachzimmer geschlossen werden, werden Sie mit dem Personal, das Sie derzeit noch zur Verfügung haben, nicht erreichen können.

Sie gehen hier einen sehr, sehr interessanten Weg: Sie stellen sich nicht vor Ihre Beamte und sagen: Gut, wenn wir 2 000 Planstellen einsparen müssen, dann müssen wir aber auch über Strukturmaßnahmen bei den einzelnen Dienststellen reden!, nein, das tun Sie nicht, sondern Sie schicken Ihre leitenden Beamten aus, beginnend mit dem Herrn Generaldirektor über den Gendarmeriegeneral bis zu den Landesgendarmeriekommandanten, Bezirksgendarmeriekommandanten, und die sollen für Sie diese Arbeit übernehmen.

Ich gehe davon aus, dass Sie, so wie wir alle, auch den "Kurier" lesen. Der "Kurier" hat in den letzten Wochen in einer ganzen Serie auf diese Missstände hingewiesen, aber Sie haben dazu geschwiegen. Es wird so, wie Sie glauben, nicht gehen, dass Sie ohne zusätzliches Personal all diese Dienststellen aufrechterhalten können.


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Ein letzter Punkt, Herr Bundesminister, wo Sie auch eine Rolle spielen, die nicht zur Kenntnis genommen werden kann, ist die permanente Diskussion einer möglichen Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei. Sie sagen zwar immer, das sei für Sie kein Thema – okay, das soll uns allen recht sein –, aber vom ÖAAB-Graz – eine Organisation, die Ihnen nicht ganz unbekannt sein dürfte – und vom Herrn Abgeordneten Miedl hört man anderes. Da gibt es einen Arbeitskreis, lese ich in der Zeitung, und da soll diskutiert werden: Nicht nur Polizei und Gendarmerie sollen zusammengelegt werden, nein, auch Zollwache, Justizwache, Kriminaldienst sollen noch dazukommen. Ein Wachkörper, sagt Abgeordneter Miedl. Die Medien haben darüber ausführlich berichtet.

Der freiheitliche Bundesrat Hagen hat eine ähnliche Überlegung angestellt. Herr Rechnungshofpräsident Fiedler sagt auch immer: Das kann man zusammenlegen! Doch dann kommt Herr Abgeordneter Kößl, der meint: Nein, das kann es nicht geben!

Herr Abgeordneter Kößl, Sie sollten einmal mit Abgeordnetem Miedl darüber sprechen. Sie sagen, der Herr Rechnungshofpräsident holt immer das lähmende Pferd aus dem Stall! Jetzt sei nicht der Zeitpunkt, zu dem man darüber diskutieren soll! – Ich gebe Ihnen Recht, Herr Abgeordneter Kößl, das ist auch unsere Meinung, aber Sie sollten einmal mit Ihren Parteifreunden reden, denn diese denken da ganz anders und arbeiten offensiv an einer solchen Entwicklung, nur der Herr Minister schweigt und lässt wieder seine Parteifreunde arbeiten.

Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Das führt zu einer Verunsicherung der Öffentlichkeit, aber auch zu einer Verunsicherung der betroffenen Beamten. Unsere Aufgabe wird es daher sein, mit allen Mitteln – ich betone: mit allen Mitteln! – die Demontage der österreichischen Exekutive zu verhindern. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir von den Sozialdemokraten stellen uns vor die österreichische Exekutive. Wir danken ihnen für ihre nicht leichte Aufgabe, die durch Ihre Politik noch wesentlich schwerer geworden ist. (Beifall bei der SPÖ.)

17.51

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

17.51

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst habe ich mich gefreut, dass Herr Leikam wieder der Sicherheitssprecher der SPÖ ist, ich habe mir gedacht, dass er besser informiert ist als Abgeordneter Parnigoni, aber mittlerweile bin ich draufgekommen, dass in der Zeit, in welcher Parnigoni der Sicherheitssprecher der SPÖ war, sich Herr Abgeordneter Leikam offensichtlich überhaupt nicht informiert hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Leikam hat nicht einmal die Budgetzahlen richtig verglichen. Er sprach davon, dass jetzt um 1,3 Milliarden Schilling weniger zur Verfügung stünden (Abg. Leikam: In zwei Jahren!), in Wirklichkeit sind genau 90 Millionen Schilling weniger vorgesehen. Außerdem dürfte Herr Abgeordneter Leikam schon sehr lange kein Wachzimmer mehr besucht haben, denn er hat gesagt, der Frust sei so groß wie noch nie, es gebe keine Motivation.

Herr Abgeordneter Leikam! Sie haben dann ja das Geheimnis gelüftet, woher Sie diese Information haben. Sie haben nämlich gesagt, im "Kurier" stünde das drinnen. – Herr Leikam, ich gebe Ihnen einen Rat: Gehen Sie lieber in die Wachzimmer, anstatt im "Kurier" nachzulesen, wie die Situation bei Polizei und Gendarmerie aussieht, dann werden Sie besser informiert sein!

Herr Abgeordneter Leikam! Die Polizisten und die Gendarmen sind überhaupt nicht demotiviert, sondern ganz im Gegenteil: Es stimmt alles, was das Personal betrifft. Es stimmt auch alles, was den Sachaufwand betrifft. Ihre Panikmache ist also völlig fehl am Platz. Das darf ich Ihnen hier zur Information sagen.


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Herr Abgeordneter Leikam! Wenn Sie es nicht besser machen als Herr Parnigoni, dann ist es eigentlich egal, ob Herr Parnigoni oder Sie Sicherheitssprecher der SPÖ sind. Ich möchte halt ganz gerne, dass Sie sich nicht aus der Zeitung informieren, sondern an Ort und Stelle. (Abg. Leikam: ... Wiener Landtag!)

Lassen Sie den Wiener Wahlkampf beiseite! (Abg. Leikam: Wiener Landtag! ) Seien Sie froh, dass Sie dort gewonnen haben. In Kärnten gewinnen Sie ja ohnehin nichts, Frau Mertel, Sie schon überhaupt nicht. In Kärnten haben Sie überhaupt keine Chance. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

In der Steiermark haben Sie ja ordentlich verloren. Wie gesagt: Seien Sie froh darüber, dass Sie wenigstens in Wien gewonnen haben! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.) Auf Ihr Wirken hier im Parlament ist der Wahlsieg in Wien ohnehin nicht zurückzuführen. (Abg. Dietachmayr: Auf Ihr Wirken schon!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Bundesregierung muss wirklich enorm sparen, weil, wie wir wissen, die sozialistischen Finanzminister – der Letzte sitzt ja da – einen Riesenschuldenberg hinterlassen haben. (Abg. Edlinger: Wissen Sie überhaupt, worüber Sie reden?) Wir müssen allein 100 Milliarden Schilling an Zinsen pro Jahr zurückzahlen. Das interessiert Sie aber nicht, weil Sie nicht mehr verantwortlich sind, Herr Edlinger, aber die österreichischen Steuerzahler interessiert das. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie wissen ganz genau, dass wir in der EU das Schlusslicht waren, als Sie als Finanzminister weggegangen sind, und jetzt haben wir uns wieder ins Mittelfeld hinaufgearbeitet. (Abg. Edlinger: Eine Absurdität ist das, was Sie da erzählen! Bleiben Sie bei Ihrem Leisten!) Nehmen Sie das lieber einmal zur Kenntnis, statt hier ununterbrochen herumzupatzen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Bleiben Sie bei Ihrem Leisten!)

Ich bleibe bei meinem Leisten, da brauchen Sie keine Angst zu haben. Aber Sie haben offensichtlich als Finanzminister Ihren Leisten überschritten. Das Peter-Prinzip hat bei Ihnen zugeschlagen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Budget ist annähernd gleich hoch geblieben – es gibt 90 Millionen Schilling weniger –, und damit sind die Voraussetzungen geschaffen, dass die Arbeit des Ressorts weiterhin sichergestellt ist. Vor allem ist es gelungen, trotz des Sparkurses, trotz der generell hohen Personalkosten, den Außendienst sowohl bei der Sicherheitswache als auch bei der Gendarmerie auf einem enorm hohen Standard zu halten.

Der Herr Minister hat in einer Anfragebeantwortung auch gesagt, dass in seiner Amtsführung bisher weder in einem Polizeiwachzimmer noch auf einem Gendarmerieposten eine Planstelle eingespart wurde. Ihre Panikmache und Ihre Verunsicherung sind also völlig fehl am Platz. Ganz im Gegenteil: So viele Außendienstbeamte hat es überhaupt noch nie gegeben.

Ich werde Ihnen das jetzt anhand von Zahlen auch beweisen: Im Jahre 1999 hat es 7 617 Sicherheitswachebeamte gegeben, im Jahre 2000 7 748, also um 131 Beamte mehr. Insgesamt versehen derzeit 14 000 Beamte ihren Dienst auf der Straße. (Abg. Öllinger: Daher ist Wien sicher! Wozu haben Sie dann den Wahlkampf gemacht?) Damit wird auch zur Bekämpfung der Kriminalität ungeheuer viel getan, denn die beste Prävention ist ja die akute Gefahr, erwischt zu werden.

Was passt Ihnen nicht, Herr Öllinger? (Abg. Öllinger: Wien ist sicher!) Dass zu viele Polizisten und zu viele Gendarmen auf der Straße sind? Ich finde, dass das absolut richtig ist, denn wir wollen, dass die Sicherheitsbeamten auf der Straße sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Man sieht auch wieder, dass das Angstschüren, dass die Panikmache, mit der Herr Parnigoni schon im Ausschuss begonnen hat, der gemeint hat ... (Abg. Edlinger: Aber wieso haben Sie dann Angst?) Ich habe überhaupt keine Angst! (Abg. Edlinger: Sie haben gesagt, Sie fürchten


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sich in der U-Bahn!) Ich fahre sehr selten in der Nacht in der U-Bahn. Ich fahre Gott sei Dank mit dem Auto. Aber ich weiß ... (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Edlinger. )

Herr Edlinger! Kümmern Sie sich nicht um meine Ängste, kümmern Sie sich um die Ängste der Wienerinnen und Wiener, die in der Nacht in der U-Bahn fahren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Die Wiener haben sich nicht vor der SPÖ gefürchtet!)

Wissen Sie, wir kennen ja schon all Ihre Methoden. Verunsicherung von A bis Z: Das ist Ihre Politik! Aber ich bin überzeugt davon, dass Ihnen das bei den Wählerinnen und Wählern sicher keine Stimmen bringen wird. (Oh-Rufe und ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie bauen jetzt nur auf Wien. Frau Mertel, Frau Parfuss, Sie kommen aus Ländern, in welchen Sie pausenlos nur verloren haben. Mit dieser Politik werden Sie sicher nicht reüssieren. Das möchte ich Ihnen auch gesagt haben! (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

Eines möchte ich auch noch gerne sagen: Trotz des Sparkurses hat sich diese Bundesregierung darauf besonnen – was frühere Bundesregierungen nicht gemacht haben –, dass es eine Fürsorgepflicht des Dienstgebers seinen Beamten gegenüber geben soll. Damit wird für die Exekutivbeamten etwas Wesentliches gemacht. Die Frau Vizekanzlerin hat nämlich erklärt, dass sie Vorschläge ausarbeiten wird, wie Beamten, die widerrechtlichen Angriffen ausgesetzt sind, rechtlich geholfen werden kann. Jetzt muss ein Beamter selbst den Rechtsanwalt bezahlen, er muss auf sein Risiko alle Kosten tragen. In Hinkunft ist für die Beamten vorgesehen, dass entweder eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen oder ein Anwalt beigegeben wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube, man sollte anerkennen, dass endlich für die Exekutivbeamten etwas getan wird, falls sie in ihrer Amtsausübung angegriffen werden und sich dagegen wehren müssen.

Weiters ist im Rahmen des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetzes eine Reform im Gange, wonach bei so tragischen Unfällen ... (Abg. Dr. Cap: Umblättern!)

Herr Cap, Sie lachen darüber! Aber es sind zwei Beamte bei der Ausübung ihres Dienstes ums Leben gekommen, weil sie ein Autolenker im Drogenrausch niedergefahren hat. Allein nach der gesetzlichen Grundlage hätten sie nichts gekriegt. Erst durch das Einschreiten der Frau Vizekanzlerin war es möglich, dass den Familienangehörigen dieser Beamten ein Betrag ausbezahlt wurde. Genau das wird jetzt auf eine rechtliche Grundlage gestellt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Beamten sind dankbar dafür, und von Frust ist, wie schon gesagt, überhaupt keine Rede. Wissen Sie, Sie sollten schon auch einmal einbekennen, dass trotz der Kürzungen im Budget die Sicherheitspolitik auf einem solchen Standard wie bisher aufrechterhalten wird. (Abg. Edlinger: Vor drei Wochen war es genau das Gegenteil! Das haben Sie gesagt!) Vor allem wird nicht bei den Beamten eingespart, sondern es wird bei der Verwaltung eingespart, dort, wo man die Beamten eher entbehren kann. Nehmen Sie das zur Kenntnis! Nehmen Sie diese positive Sicherheitspolitik zur Kenntnis! (Abg. Edlinger: Vor drei Wochen haben Sie etwas anderes gesagt!)

Nein, ich habe überhaupt nichts anderes gesagt! Dort, wo es etwas gutzuheißen gibt, heiße ich es gut, und dort, wo Kritik zu üben ist, dort tue ich es auch. Nehmen Sie das einmal zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

17.59

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich möchte mich nicht in die Diskussion zwischen Frau Dr. Partik-Pablé und


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den Damen und Herren der sozialdemokratischen Fraktion einmischen, wer da wohl wie viel verloren hat und keine Wahlerfolge zu verzeichnen hatte. Ich habe in Wien nicht kandidiert, insofern kann ich da keinen Beitrag leisten. Aber ich kann nur eines sagen: Die Grünen haben gewonnen! (Beifall bei den Grünen.)

Die Grünen haben gewonnen – trotz der Beteuerungen, wie wir sie hier schon oft gehört haben, dass diese Art von Politik, die wir ... (Abg. Edlinger: Bitte, wir auch, Frau Stoisits! Wir haben auch gewonnen!)

Herr Finanzminister außer Dienst! Ich habe das nicht in Abrede gestellt, dass Ihr gewonnen habt, ich wollte mich nur nicht in diese persönliche Diskussion einmischen.

Ich möchte mich nun dem Herrn Bundesminister zuwenden und ihn fragen, was er dazu sagt, dass im Bericht der EKRI, der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz, steht – ich kann jetzt nur aus den Medien zitieren, nämlich ORF ON, aber ich gehe davon aus, dass das korrekt wiedergegeben wurde –, dass das Verhalten der Polizeiangehörigen den Minderheiten gegenüber jedenfalls ein wichtiger Punkt der Kritik ist.

Herr Bundesminister! Wir kennen einander zwar noch nicht lange, weil Sie erst kurz Innenminister sind, aber in dieser Zeit – oder vielleicht auch schon vorher – ist Ihnen wahrscheinlich aufgefallen, dass es mir ein wesentliches Anliegen ist, den Sicherheitsbegriff, der in Österreich in dieser Politik im wahrsten Sinne des Wortes vorherrscht, kritisch zu hinterfragen, weil ich der Auffassung bin, dass alleine durch die Definition von Sicherheit von manchen Politikerinnen und Politikern und mitunter auch von ganzen Parteien Unsicherheit verbreitet und Angst in der Bevölkerung geschürt wird.

Daher möchte ich heute die kurze Redezeit, die mir zur Verfügung steht, vor allem dazu nützen, um an Sie einen Appell zu richten, und zwar einen Appell, der wichtige budgetäre Auswirkungen hat. Die Schulung von Polizistinnen und Polizisten, Gendarmeriebeamtinnen und -beamten, der Bediensteten der österreichischen Sicherheitsexekutive insgesamt, aber nicht nur jener, die draußen ihren Dienst versehen beziehungsweise – wie sagt man? – vor Ort im Einsatz sind, sondern auch jener in der Verwaltung, also die Schulung all dieser Beamten, und zwar bezüglich Sensibilität, Abbau von Vorurteilen, Abbau von zweifelhaftem Verhalten gegenüber Angehörigen von Minderheiten, um es nicht drastisch zu sagen, wie es vielfach berichtet wird – dazu könnte ich Ihnen lange Berichte bringen, Herr Bundesminister –, kostet Geld, aber dieses Geld, das dafür verwendet wird, hat in diesem Budget keine konkrete Bezeichnung.

Ich möchte damit nicht sagen, dass es gar nicht vorhanden ist, aber angesichts von EKRI-Berichten, angesichts von CPT-Berichten, wie sie immer wieder kommen, scheint mir das eine ganz wesentliche Fragen zu sein, Herr Bundesminister. (Beifall bei den Grünen.)

Das wäre quasi ein doppelter Erfolg, das wären zwei Fliegen auf einen Streich, um das jetzt sprichwörtlich zu sagen, denn es würde sowohl dem Schutz von Minderheitenangehörigen dienen, und zwar auch bei Übergriffen, die sozusagen am Ende der Kette stehen, als auch dem Selbstbild und dem Bild der Exekutive und dazu, das aufzubauen, was wir uns alle wünschen, nämlich Vertrauen in die österreichische Sicherheitsexekutive immer und überall haben zu können, ganz unabhängig davon, wie wir ausschauen. Dass ich persönlich oder Sie persönlich, dass die Kolleginnen und Kollegen im Nationalrat nicht gerade dazu prädestiniert sind, Übergriffen ausgesetzt zu sein, das ist klar, weil wir alle so ausschauen, wie sich ein durchschnittlicher Sicherheitsbediensteter – ich meine "durchschnittlich" im statistischen Sinn – einen Österreicher vorstellt. Aber wehe, man weicht von dieser Norm ab!

Der EKRI-Bericht spricht auch davon, dass vor allem Schwarzafrikaner jene Personengruppe sind, die von Diskriminierungen besonders betroffen ist. Jetzt glaube ich, dass Sicherheitsexekutivbedienstete nicht bessere Menschen sind als andere auch – das ist meine Erfahrung –, sie sind, wenn Sie wollen, der so genannte Durchschnitt, aber das Bedrohliche, wie ich es nennen möchte, daran ist, dass sie in ihren allgemeinen Vorurteilen besser als der Durchschnitt sein müssen.


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67. Sitzung / Seite 136

Alles, was Sie, Herr Bundesminister, und was Ihre Vorgänger – das hat unter Minister Löschnak begonnen, und die Minister Einem und Schlögl setzten diese Reihe fort – an Maßnahmen bezüglich Trainingsprogramme für PolizistInnen, wobei ich diese Bezeichnung als kurze Zusammenfassung aller davon betroffenen Exekutivbeamten verwende, gesetzt haben, wird von der grünen Fraktion unterstützt. Daher, Herr Bundesminister, schmerzt es mich sehr, wie Sie, wie ich in der Zeitung lesen konnte, Sondereinheiten oder Sonderkommissionen benennen. Ich habe in der Zeitung gelesen, dass es in Österreich eine Sondereinheit oder eine Sonderkommission – ich kann das jetzt nicht exakt sagen – gibt, die "Taliban" heißt. Diese Sondereinheit oder Sonderkommission widmet sich besonders dem Problem der Schlepperkriminalität auf der einen Seite und den von diesen Kriminalitätsauswüchsen und von diesem Kriminalitätsphänomen betroffenen Geschleppten auf der anderen Seite. Ehrlich, Herr Bundesminister, halten Sie es für besonders geschmackvoll, eine Sonderkommission oder Sondereinheit "Taliban" zu nennen?

Ich erinnere mich daran, dass es – ich glaube, dass das unter Minister Schlögl war – eine Sonderkommission mit dem "gschmackigen" Namen "Jumbo" gab. Diese "widmete" sich – unter Anführungszeichen – der Aufgreifung von schwarzafrikanischen Drogendealern in Wien. Ich habe gedacht, die Zeiten, in denen es solche Dinge gab, seien vorbei, diese Dinge seien auf der höchsten Ressortebene abgebaut worden, aber ich habe mich offensichtlich getäuscht, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen.)

Als Allerletztes noch ein Anliegen, Herr Bundesminister, das zwar zugegebenermaßen keine unmittelbaren budgetären Auswirkungen hat, das aber mir persönlich und vielen Kolleginnen und Kollegen im Nationalrat außerordentlich wichtig ist. Es betrifft das Problem von Faustfeuerwaffen in privater Hand in Österreich. Auch wenn es im Moment nicht in aller Munde ist und nicht in jeder Zeitung steht, ist es aktueller denn je. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister! Ich möchte nicht, dass wir hier, wie es schon öfter der Fall war, wieder darüber diskutieren müssen, welch ein Unglück damit passieren kann. Bei der viel zu – man muss es sagen, wie es ist – liberalen und viel zu großzügigen Gesetzeslage, wie sie in Österreich gegeben ist beziehungsweise herrscht, ist es, Herr Bundesminister, ganz wichtig, dass in dieser wesentlichen Frage der Sicherheit – und da spielen auch die Kosten für die Sicherheit eine Rolle – endlich ein Schritt gesetzt wird. Die gesamte grüne Fraktion sagt nein zu Faustfeuerwaffen in privater Hand, weil das nicht mehr Sicherheit bringt, sondern das Gegenteil davon! (Neuerlicher Beifall bei den Grünen.)

Eine Pistole in der Hand eines Privatmannes oder einer Privatfrau erhöht das Risiko – wenn man überhaupt in eine Situation kommt, in Erwägung ziehen zu müssen, eine solche zu verwenden – und vermindert nicht das Risiko. Dazu wäre, Herr Bundesminister, eine Meinungsäußerung Ihrerseits hier im Plenum – Sie haben es im Ausschuss bereits getan, allerdings nicht zu meiner Zufriedenheit – von besonderer Wichtigkeit. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.07

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kiss. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

18.07

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich weiß nicht, in welchem Land Abgeordneter Leikam lebt. Bis vor einem Jahr zumindest war ich der Meinung, er lebe in Österreich. Ich wundere mich über das, was er heute gesagt hat, aber offensichtlich meint er, dies betreffe Österreich. In Österreich – ich zitiere nur aus seiner Suada – würde die Exekutive demoliert, gäbe es Maulkorberlässe, herrsche im Innenministerium Parteipolitik und vor allem Parteibuchpolitik.

Kollege Leikam, nur zur Erinnerung und als kleinen Einstieg in freundschaftlicher Replik: Dass die Exekutive demoliert wird, stimmt natürlich nicht, und das weißt du auch. Dass es Maulkorberlässe gibt, ist auch falsch. Und dass die Parteipolitik, vor allem die Parteibuchpolitik erst recht unter Ernst Strasser nicht existent ist, wissen alle in diesem Haus. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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67. Sitzung / Seite 137

Parteibuchpolitik hat es im roten Innenministerium unter Einem, unter Schlögl und unter Löschnak gegeben! Das sei Ihnen in Ihr Stammbuch geschrieben! (Beifall bei der ÖVP.)

Jeder, der aus dem Bereich der Exekutive kommt, weiß es: Früher einmal, unter den sozialistischen Innenministern, war es doch klar, da stand die Parteibuchwirtschaft vor der Qualität des Exekutivbeamten, da wurden die Posten nach den Prinzipien der Parteibuchwirtschaft besetzt. Jetzt, unter Minister Strasser, ist es anders. Dies merken Sie sich, schreiben Sie sich das hinter Ihre Ohren, Kollege Leikam! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Edlinger. )

Den gelebten täglichen besten Beweis dafür liefern natürlich die Kollegen der Exekutive selbst. Wenn ich hier hochschaue und Freunde, Gendarmeriebeamte aus dem Bezirk Neusiedl am See, sehe – ich grüße euch herzlich! –, die Tag für Tag und Nacht für Nacht dafür sorgen, dass unser Land sicher ist, dann muss ich sagen: Sie und 30 000 Exekutivbeamte, die einen hervorragenden Dienst für die Sicherheit der Menschen in unserem Land leisten, sind es, die jetzt vor den Vorhang zu treten haben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Im Übrigen, Kollege Leikam: Kollege Edlinger hat mit seinem Zwischenruf Kollegin Partik-Pablé betreffend nicht so Unrecht gehabt, als er auf ihre Behauptung hin, dass Österreich sicher sei, mit dem Satz repliziert hat, vor drei Wochen habe das offensichtlich noch nicht gegolten.

Frau Kollegin Partik-Pablé! Als Argument könnte Edlingers Zwischenruf durchaus richtig und damit auch von der Aktualität her begründet sein.

Wenn aber Leikam jetzt dasselbe in umgekehrtem Sinne sagt, nämlich dass vor wenigen Wochen Österreich noch sicher war, Wien noch sicher war, und wenn er heute aber sagt: Nein, dieses Land ist unsicher, mit Ernst Strasser im Innenministerium geht das Land einen unsicheren Weg!, dann macht er zumindest dieselbe argumentative Volte, die Sie gerade moniert haben, Kollege Edlinger. Stimmt das, oder stimmt das nicht? (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Böhacker. )

Unter Ernst Strasser – und der Beweis dafür ist geführt – ist Österreich sicherer geworden, und unter Ernst Strasser – und das, Kollege Toni Leikam (Zwischenrufe bei der SPÖ), auch nur wieder zum Beweis, weil ja Fakten zählen, und nicht Vermutungen und Behauptungen! –, aber auch schon unter seinem Vorgänger Karl Schlögl, hat sich Entscheidendes bei der Bundesgendarmerie getan.

Vier Zahlen zum Vergleich: Im Jahre 1995 betrug die Zahl der Mitarbeiter im Außendienst der Bundesgendarmerie 11 703. Im Jahre 2000 betrug sie 13 942. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist ein Plus von 2 200 Gendarmeriebeamten im Außendienst. Und im Innendienst hat sich diese Entwicklung genau spiegelverkehrt gestaltet. 1 081 Beamte im Innendienst waren es 1995; 2000 waren es nur mehr 964. Die Vorgabe, die Ernst Strasser gegeben hat, setzt er auch in die Praxis um. Wir sparen oben in den Zentralstellen, und wir wollen, dass an der Basis, in den Gendarmerieposten, in den Wachzimmern, die Kollegen ihren Dienst für die Sicherheit der Bevölkerung auch wirklich verrichten können. Das ist der richtige Weg! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich komme nicht umhin, besonders einen Vorwurf von Kollegen Leikam ad absurdum zu führen. Er hat gemeint, unter Ernst Strasser würden die Gendarmerieposten geschlossen, die Wachzimmer würden geschlossen. Aber er hat vergessen, was unter Löschnak, unter Einem und unter Schlögl passiert ist. Von 1993 bis 1999, lieber Toni Leikam – und ich sage bewusst: lieber Toni Leikam; erinnere dich nur! –, hat es mehr als 200 Schließungen von Gendarmerieposten und Wachzimmern gegeben, und dies hauptsächlich im ostösterreichischen Raum, im ländlichen Raum, und zwar zum Nachteil der Sicherheit der Bevölkerung.

Dies ist unter den sozialistischen, roten Innenministern geschehen. Und der Gegenentwurf von Ernst Strasser ist das rot-weiß-rote Ministerium, in dem es keine Parteibuchpolitik gibt, in dem es keine Schließung von Gendarmerieposten gibt und in dem es keine Schließung von Wachzimmern gibt. Merken Sie sich das, Kollege Leikam! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Jung und Mag. Schweitzer. )


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Ernst Strasser geht den richtigen Weg, wenn er Doppelgleisigkeiten zwischen den einzelnen Wachekörpern abbaut und unter anderem sagt: Weg mit dem Ballast der Schreibtischarbeit! Ich will, dass die Exekutive mit diesen nervtötenden kleinen Dingen einfach nicht mehr konfrontiert wird! – Das ist der Weg, den wir unterstützen.

Auch zwei Graphiken belegen, dass das, was seitens der SPÖ zum Budget gesagt wurde, völlig ins Leere geht. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Ich habe hier eine Graphik, die den Anteil des Kapitels Inneres am Gesamtbudget zeigt. Die Zahlen zeigen deutlich, eindeutig und damit klar nachvollziehbar, dass die Argumentation der SPÖ nicht stimmt, nicht stichhaltig ist und damit ins Leere geht. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Wurm und Leikam. )

Zweitens (der Redner hält ein weiteres Schriftstück in die Höhe): Auch, was die Entwicklung des Personal- und Sachaufwandes in Relation zu den vergangenen Jahren betrifft, gibt es eine klare Graphik – nachvollziehbar, unbestechlich, für jeden überprüfbar. Es hat sich der Bereich des Personalaufwandes erhöht. Der Umfang des Sachaufwandes ist niedriger geworden, und ich kann dies vor allem in Bezug auf Schlögl 1999 und Einem 1996 besonders markant hervorheben.

Zusammenfassend: Innenminister Ernst Strasser sorgt für Sicherheit in diesem Land. Er ist jener rot-weiß-rote Minister, der er versprochen hat, zu sein. Mit ihm ist die Bevölkerung sicher, in ihm findet die Exekutive einen Freund, und mit ihm gemeinsam richte ich meinen Dank an die Exekutive Österreichs. Und es ist mein Versprechen, unser Versprechen seitens der ÖVP und der Bundesregierung: Die Exekutive kann auf uns vertrauen, und die Bevölkerung auf die Exekutive! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Böhacker .)

18.14

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Strasser. – Bitte.

18.14

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Regierungsprogramm dieser Bundesregierung hat den Weg, den wir in unserem Sicherheitsministerium zu gehen vorhaben, sehr klar vorgezeichnet. Wir haben dieses Regierungsprogramm als ein Vierjahresprogramm entworfen, und wir arbeiten dieses Programm Jahr für Jahr konsequent und mit voller Kraft für die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher ab. Das ist konsequente, dauerhafte Arbeit im Sinne der Sicherheit. Und so, wie es die Budgets 2000 und 2001 vorgesehen haben, so sehen wir es auch für das Budget 2002 vor: Wir sparen in der Verwaltung, damit wir in die Sicherheit der Menschen investieren können, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das gilt für die Budgets, das gilt aber besonders auch für den Personaleinsatz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und so ist es sehr erfreulich, dass die Abrechnung des Jahres 2000 gezeigt hat, dass noch nie so viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserem Sicherheitsapparat im Außendienst für die Sicherheit der Bürger gesorgt haben wie im Jahr 2000. Das ist mehr als in den letzten fünf Jahren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Entgegen allen Beteuerungen, manchen Flugblättern, vielen Gerüchten, die vielleicht durchaus nicht unbewusst in die Welt gesetzt worden sind: Das Jahr 2000 war das erste Jahr seit Jahren, in dem kein einziger Planposten auf einem Gendarmerieposten oder in einem Wachzimmer Österreichs eingespart worden ist, sondern alles ist in der Zentrale und in den höheren Chargen eingespart worden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Jahr 2000 ist auch das erste Jahr seit etlichen Jahren, in dem kein Gendarmerieposten mit einem anderen zusammengelegt worden ist, entgegen vielen Ankündigungen, entgegen vielen Gerüchten, entgegen vielen Vorhersagen von manchen, die es nicht sehr gut mit der Sicherheit und mit dem Sicherheitsapparat meinen.


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Das ist auch – und ich gebe das durchaus zu – eine klare Änderung der Unternehmenskultur in unserem Haus. Denn das, was wir wollen, ist, dass wir nicht von irgendeinem Schreibtisch in der Zentrale in der Herrengasse aus oder von sonst wo die Dinge für die Sicherheit Österreichs planen, sondern dass wir sie eben gemeinsam mit den Beamtinnen und Beamten in den Wachzimmern, in den Gendarmerieposten, in den Bezirksgendarmeriekommanden, in den Landesgendarmeriekommanden, mit den Polizeidirektoren erarbeiten.

Ich empfinde es geradezu als Kompliment, wenn ich vom verehrten Herrn Vorsitzenden des Innenausschusses den Vorwurf höre, dass jetzt die Beamten an neuen Konzepten für die Sicherheit mitarbeiten dürfen. – Ja, das ist eine Änderung der Unternehmenskultur, und ich fördere sie sehr, weil dadurch bessere Ergebnisse zustande kommen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Selbstverständlich leistet auch das Innenressort seinen Beitrag zur notwendigen Konsolidierung des Gesamtbudgets. Jawohl! Wir bekennen uns dazu! Und es ist auch selbstverständlich, dass es dadurch zu gewissen Veränderungen kommen wird und auch gekommen ist und auch weiter kommen soll. Aber das, was man sehr klar sehen muss, ist, dass wir nicht an der Sicherheit der Menschen sparen, dass man aber mit Sicherheit in unserem Apparat noch Kosten finden wird, die wir einsparen können, und wir haben im Laufe des letzten Jahres eine ganze Reihe davon gefunden.

Es geht in erster Linie nicht darum, wie hoch ein Budget ist. Es geht in erster Linie darum, wie und wofür Geld ausgegeben wird. – Das ist bei einem verantwortungsvollen Familienvater so, das ist bei einem verantwortungsvollen Betriebsführer so, und das ist selbstverständlich auch im Innenministerium so. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Daher hatten wir im ersten Jahr einen durchaus harten Sanierungskurs zu fahren, weil von der vorherigen Regierung und von den vorherigen Ministern einige Trümmer übrig geblieben sind, und wir hatten mit einigen Sofortmaßnahmen zu reagieren. Daher haben wir zum Beispiel den Zivildienst saniert, der mit 25 Jahren schon eine betagte alte Dame gewesen ist, die jetzt wieder auf neuen Beinen steht. Das führt dazu, dass wir endlich die Warteliste von 17 000 jungen Männern abbauen können. Wir haben heuer schon an die 2 000 von ihnen untergebracht.

Wir haben die Flugrettung ausgegliedert und damit 100 Millionen Schilling direkt dem Gendarmerie- und dem Polizeibudget zuführen können.

Wir haben ein Gebäude in Traiskirchen, das auf Sand gebaut worden ist, noch nicht in Betrieb nehmen können, weil es eben noch nicht fertig ist. Aber wir werden – pacta sunt servanda –, wenn es betriebsfertig ist, dieses Gebäude selbstverständlich übernehmen müssen, weil die Verträge von unseren Vorgängern eben so geschlossen worden sind, wie sie geschlossen wurden. Und ich verspreche auch hier, dass wir eine ordentliche Verwendung für dieses Gebäude finden werden, auch wenn uns unsere Vorgänger dort eine schwierige und fast nicht zu überspringende Latte gelegt haben.

Wir haben beim EKIS nicht nur eine völlige Veränderung der Unternehmenskultur herbeigeführt, sondern auch eine Neuausrichtung, um für ein notwendiges Handwerkszeug, das unseren Beamtinnen und Beamten weiterhin zur Verfügung stehen soll, auch die notwendige innere Kultur zu erarbeiten, die im Umgang mit sensiblen Daten notwendig ist.

Im zweiten Jahr gehen wir nun daran, mit großer Kraft und auch viel Energie die Reform unseres Sicherheitsapparates durchzuführen; dabei gilt es, zusammenzuführen, was zusammengehört. Wir haben beschlossen, dabei voranzugehen und in der Zentrale damit zu beginnen.

Wir haben mit der Änderung unserer Geschäftsordnung eine Hierarchieebene heraus genommen, wir haben die zwölf Gruppen auf sechs halbiert, wir haben 47 Abteilungen auf 46 reduziert, und wir haben damit dafür gesorgt, dass raschere Abläufe, schnellere Durchgangszeiten und eine insgesamt bessere, direkte Versorgung und zentrale Steuerung unserer Abläufe möglich sind.


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Wir werden diese Reform weiterführen, indem wir die Polizeidirektionen und die Landesgendarmeriekommanden durchforsten. Wir haben in diesem Jahr ein großes Reformwerk vor uns, das wir zügig umsetzen wollen.

Ich sage auch sehr offen, Frau Abgeordnete Stoisits: Ja, der Ausdruck "Taliban" war nicht die beste Idee, die wir hatten. Ich gebe das auch hier sehr gerne zu, und der Herr Generaldirektor hat das bereits geändert. (Demonstrativer Beifall der Abgeordneten Dr. Petrovic und Öllinger. ) Wir haben dazu allerdings keine Anregung von außen gebraucht. Ich bin dem Generaldirektor jedenfalls sehr dankbar dafür, dass er diese Änderung sofort durchgeführt hat. Ein Fehler dieser Art sollte uns jedoch nicht sehr oft passieren, auch das sei sehr offen gesagt.

Wir planen weiters eine Reform des BKA, und zwar auf der Grundlage einer Diskussion, die über zehn Jahre geführt worden ist, die wir in zehn Monaten zur Ergebnisreife gebracht haben und die wir jetzt Schritt für Schritt und Monat für Monat umsetzen.

Wir haben eine völlig neue Ausbildung für unsere Beamtinnen und Beamten auf die Reihe gebracht, die dafür sorgen wird, dass Polizei und Gendarmerie gemeinsam die gleichen Ausbildungsmodule besuchen werden, weil es nicht nachvollziehbar ist, warum zum Beispiel ein Polizist im 22. Bezirk eine andere Ausbildung haben soll als ein Gendarm, der am Bisamberg seine Arbeit verrichtet.

Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass polizeiliches Handeln selbstverständlich in letzter Konsequenz auch repressives Handeln ist und es auch immer bleiben wird. Aber es ist klar, dass gerade die Ausübung des Gewaltmonopols, das polizeilichem Handeln innewohnt, mit großer Umsicht, mit höchstem Verantwortungsbewusstsein und im vollen Bewusstsein der Wahrung und entsprechenden Befolgung der Menschenrechte zu gewährleisten ist.

Wir haben in den letzten Jahren in die Aufnahme, die Ausbildung und auch in die Fortbildung unseres Personals sehr viel investiert, was jetzt als österreichischer Weg in ganz Europa bewundert und beachtet wird. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Böhacker. )

Wir werden auch mit dem Budget 2002, das zur Diskussion und Beschlussfassung steht, diesen Weg, dass in der Verwaltung gespart wird und in die Sicherheit weiter investiert werden kann, sehr konsequent fortsetzen. Daher haben wir auch die Meldeämter aus den Polizeidirektionen herausgelöst und den Magistraten übergeben. Daher werden wir uns als österreichischer Sicherheitsapparat an den Verwaltungsreformplänen der Bundesregierung – insbesondere der Verwaltungsministerin, der Frau Vizekanzlerin – als zentrale Aufgabe mit beteiligen, weil wir im Bereich des Kfz-Wesens, im Bereich der EDV, im Bereich des Funkwesens und im Bereich der Zusammenführung von Aufgaben, die zusammengehören, einen weiteren Qualitätsschritt machen wollen.

In diesem Sinne greife ich auch die Hinweise der Aufgabenreformkommission, die als Diskussionsgrundlage seit einigen Stunden vorliegen, gerne auf, um sie offensiv in unserem Haus zu diskutieren. Wir sind auf dem Weg hin zu einem modernen Dienstleistungsbetrieb des Sicherheitswesens für das 21. Jahrhundert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.25

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Parnigoni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

18.25

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kiss hat hier eine Rede gehalten, die einem ja beinahe die Sprache verschlagen hat, als er von einem "rot-weiß-roten Minister" gesprochen hat.

Meine Damen und Herren! Ich erinnere Sie an Folgendes: Der Herr Minister war erst ganz kurz im Amt, da hat er eine Reform im Innenministerium gemacht. Damals hat er aus vier Sektionen fünf gemacht, und dabei hat er zwei neue Sektionschefs installiert. Eigenartigerweise war der


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eine sein ehemaliger Kabinettchef, natürlich ein ÖVP-Mann, und der zweite war ein ÖVP-Personalvertreter. – Und das soll rot-weiß-rot sein?! Kollege Kiss! Lass dich eingraben mit solchen Bemerkungen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kößl: Denken Sie einmal nach! 30 Jahre SPÖ-Personalpolitik! Ich habe es ja mitgemacht!)

Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister geht mit einem Kübel schwarzer Farbe durch und pinselt überall das Rot aus. Dann bleibt nur mehr schwarz-weiß-schwarz. Das ist es, was in Wirklichkeit passiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau "Haider-Partik-Pablé" hat hier zu uns gesprochen. – Frau Abgeordnete, ich muss sagen, Ihre Glaubwürdigkeit ist schwerstens erschüttert. Das hat sich ja nach den Wiener Wahlen herausgestellt. Wer solche Erklärungen abgibt und dann sein Wort von einer Sekunde auf die andere bricht, so wie Sie, der braucht hier nicht anderen Menschen Vorhaltungen zu machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Abgeordnete! Ich darf Sie noch bezüglich des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetzes aufklären. Diese Leistung ist von den Sozialdemokraten von einer Million auf eineinhalb Millionen Schilling angehoben worden. Sie haben hier behauptet, es habe bis jetzt nichts gegeben! Das stimmt einfach nicht. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber für diese Fälle gilt es nicht! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Drittens, Frau Abgeordnete: Eines stimmt und eines steht doch fest: In diesen 14 Monaten sind hier drei Budgets beschlossen worden. Und Herr Abgeordneter Leikam hat völlig Recht: In diesen drei Budgets, in diesen 14 Monaten haben Sie der inneren Sicherheit 1,2 Milliarden Schilling vorenthalten. Das ist ein Faktum! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jung: Sie haben uns 2 000 Milliarden Schilling Schulden hinterlassen! In Worten: zweitausend Milliarden! – Weitere Zwischenrufe.)

Hohes Haus! Herr Bundesminister! In diesen 14 Monaten ist es Ihnen gelungen, die Beamtinnen und Beamten und die Bevölkerung massiv zu verunsichern. Sogar Ihr Koalitionspartner bezeichnet Sie in Flugblättern als "Totengräber der inneren Sicherheit". ÖVP-Bürgermeister – nicht rote Bürgermeister, nein, ÖVP-Bürgermeister! – in Litschau, Reingers, Haugschlag und so weiter sammeln Unterschriften gegen Sie, Herr Bundesminister, weil sie Angst vor der Schließung ihrer Gendarmerieposten haben. Das ist die Wahrheit! Nicht irgendjemand anderer verunsichert. Ihre eigenen ÖVP-Bürgermeister machen das! Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Mühlbachler: Die sind nicht gegen den Minister, sondern gegen die Schließung! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Sie haben das zu verantworten, was da passiert. Und ich bin schon gespannt – wir diskutieren heute das Budget 2002 –, was Sie am Ende dieses Jahres und am Ende des Jahres 2002 antworten werden, wenn wir Sie damit konfrontieren, dass Herr Abgeordneter Kiss heute erklärt hat – und auch Sie haben es gesagt –, es werde kein einziger Gendarmerieposten und kein einziges Wachzimmer geschlossen. Ich bin schon gespannt, wie Sie das dann erklären werden, wenn Sie inzwischen das durchziehen, was Sie in Wirklichkeit planen.

Meine Damen und Herren! Eines sei auch noch gesagt. Herr Bundesminister! Sie haben in 14 Monaten wirklich die Demotivation der Kolleginnen und Kollegen geschafft. Das ist Ihnen voll gelungen. Sie haben ihnen die Karrierechancen genommen, Sie nehmen 1 000 Planposten, höher bewertete Dienstposten heraus, damit die Aufstiegschancen nicht mehr gewährleistet sind. Das ist Ihr altes Ziel, und das heißt: viele Indianer, die wenig kosten, wenig Ausbildung haben. Das ist Ihr Ziel. Aber das ist nicht der Weg, den wir gehen wollen. Das sage ich Ihnen schon sehr deutlich. (Beifall bei der SPÖ.)

Als weiteren Demotivationsschub planen Sie, mit dem Budget 2002 die Überstundenleistungen zu kürzen. Das heißt, jenen Beamten, die draußen Dienst versehen, die in einem Kriminalfall, in einem Mordfall, erheben, diesen aufklären müssen, die Tag und Nacht, rund um die Uhr, am Wochenende, Samstag, Sonntag und auch sonst immer im Einsatz sind, nehmen Sie die Überstundenleistungen weg! Das ist für diese Beamten aber ein ganz wesentlicher Lohnbestandteil!


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Und nicht nur das: Das ist ein Beitrag für die Sicherheit in diesem Land! Und das entziehen Sie ihnen, Herr Bundesminister. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister! Übernehmen Sie doch endlich die Verantwortung für die Maßnahmen, die Sie gesetzt haben, die sich aus diesem Sparkurs, den Sie so vehement vertreten, ergeben. Ich nenne Ihnen ein Beispiel für diesen Sparkurs. Es wird darüber diskutiert, und es gibt das Problem, dass Beamte, auch Exekutivbeamte im Besonderen, wenn sie länger als sechs Monate krank sind, massive Kürzungen hinnehmen müssen. Ein Drittel ihres Bezuges entfällt, und darüber hinaus fallen auch noch Zusatzleistungen weg. (Die Abgeordneten Kößl und Mag. Mühlbachler: Das ist schon erledigt!)  – Das sind Kürzungen bis zu 41 Prozent, mein lieber Freund! Kürzungen um 41 Prozent!

Meine Damen und Herren! Dann lese ich in der "Kronen Zeitung", dass der Herr Innenminister für eine bessere Lösung kämpfen wird. (Neuerliche Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Mühlbachler und Kößl. ) Das steht in der "Kronen Zeitung".

Herr Bundesminister! Ich erinnere Sie: Sie haben einmal in der Bundesregierung gegen die Regierung gestimmt, nämlich als es um den Semmering-Basistunnel gegangen ist. Da waren Sie Manns genug, da haben Sie sich hingestellt und haben Herrn Prölls Auftrag erfüllt. Aber bei diesem Gesetz haben Sie zugestimmt. Die Beamtinnen und Beamten sind Ihnen egal! – Das ist die Wahrheit, mein lieber Herr Minister! (Beifall bei der SPÖ.)

Ein kleines Beispiel, Herr Bundesminister: Sie wollen nicht einmal das Geld zur Verfügung stellen, das erforderlich ist, damit Polizisten, die mit alten, schlechten Pistolen-Holstern ausgerüstet sind, neue bekommen, was sogar dazu geführt hat, dass erst kürzlich eine Polizistin von einem Täter angegriffen worden ist. Da die Waffe sehr leicht aus dem Holster zu ziehen ist, hat der Angreifer die Waffe an sich gebracht und hat die Beamtin ins Bein geschossen.

Sie haben auch kein Geld dafür zur Verfügung gestellt – und sind auch nicht bereit, es vom Finanzminister zu erkämpfen –, dass man jenen Gendarmerie- und Polizeibeamten, die verletzt werden und Anspruch auf Schmerzengeld haben, dieses Schmerzengeld bevorschusst. Da wären Sie gefordert, Herr Bundesminister! (Abg. Kößl: Das haben wir jahrzehntelang gefordert, und auch die SPÖ-Minister haben das nicht gemacht!)

Herr Bundesminister! Damit ein Teil dieser "Grauslichkeiten", die Sie mitverantworten, die Sie im Ministerrat nicht verhindert haben, abgeschafft wird, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Parnigoni und GenossInnen betreffend Abschaffung der Gehaltskürzung im Krankheitsfall für ExekutivbeamtInnen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung:

Der Nationalrat hat beschlossen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Gehaltskürzung für ExekutivbeamtInnen im Falle eines mehr als sechs Monate dauernden Krankenstandes rückgängig zu machen."

*****

Da haben die ÖVP und die FPÖ jetzt Gelegenheit, zu beweisen, ob sie hinter den Kolleginnen und Kollegen in der Sicherheitsexekutive stehen. Meine Damen und Herren! Jetzt können Sie beweisen, ob Sie wirklich für die Polizistinnen und Polizisten und für die Gendarmen eintreten. – Wir werden das tun. (Beifall bei der SPÖ.)

18.32


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67. Sitzung / Seite 143

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Parnigoni und GenossInnen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Egghart. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

18.33

Abgeordneter Robert Egghart (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich glaube, eine Sicherheitsdebatte sollte man relativ sachlich führen, und es ist im Interesse der Allgemeinheit, dass wir diese Fragen nicht polemisieren.

Ich finde, unter der Führung von Ernst Strasser sind sehr viele Dinge sehr richtig passiert. Es ist vor allem eine Strukturreform angegangen worden. Aber auch auf internationaler Ebene hat Ernst Strasser einiges geleistet. Ich erinnere an seinen Vorstoß in der Drogenbekämpfung oder an seine Kriminalprävention im internationalen Rahmen. Ich denke, das sind Dinge, die sich sehen lassen können.

Besonders interessant ist auch, dass gerade unter der schwarz-blauen Regierung einiges gegen Rechtsextremismus geleistet wurde. Dies kann man der vom Innenministerium herausgegebenen Kurzstatistik über die Entwicklung rechtsextremer und fremdenfeindlicher Straftaten entnehmen. Man muss das hier einmal ganz deutlich sagen: Diese Aktivitäten sind in Österreich Gott sei Dank zurückgegangen, und das ist sicherlich auf eine ordentliche Überwachung durch die Polizei zurückzuführen.

Herr Bundesminister! Ich glaube, es ist notwendig, auf einige Dinge einzugehen, die vielleicht zu einer Legendenbildung führen. Ich habe mir dazu einige Daten aus dem Stellenplan des Bundes herausgesucht. Es gibt ein paar Dinge, die Sie vielleicht doch aufklären sollten, damit man nicht glaubt, es werden gar keine Strukturmaßnahmen gesetzt, und die Beamten werden von der Straße geholt.

Etwas ist mir speziell aufgefallen, und ich glaube, es wäre notwendig – im Interesse der Bevölkerung, auch in Ihrem Interesse und dem der Koalition –, zu erklären, warum es trotz des Aufbaus beim BKA, was sicher sehr positiv ist, beim KRD einen Verlust von 60 Dienstposten gibt, da doch in Österreich die Drogenkriminalität zugenommen hat, vor allem auch die Zahl der Drogentoten. Es ist aus den Unterlagen jedenfalls nicht ersichtlich, dass da von Ihnen gegengesteuert wird. Ich glaube, es wäre notwendig, das zu erläutern.

Genauso notwendig wäre es, die Einsparung von 146 Leuten bei den E-2b-Posten im Stellenplan zu erläutern, die doch eher die einfachen Polizeibeamten betreffen. Das sind Dinge, die speziell für uns Wiener Bedeutung haben, weil es hier doch dichtere Probleme und Vernetzungen gibt, eben durch die höhere Kriminalitätsrate. Ich finde, wir sollten das der Bevölkerung nahe bringen und ihr erklären, warum dies so passiert ist, damit wir auch der Opposition keinen Spielraum geben.

Mir fällt auf, die SPÖ verlangt immer das, was sie unter ihrer Ministerverantwortung nicht geleistet hat – trotz Hinterlassung eines desaströsen Budgets. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.36

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

18.36

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist schon immer wieder bemerkenswert, wenn man die Nuancen zwischen den Koalitionsparteien in diesem Hause stimmungsmäßig ein bisschen erahnt. (Abg. Kiermaier: Wechselbäder!)  – Man hat manchmal den Eindruck von Wechselbädern.


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67. Sitzung / Seite 144

Ich habe gerade noch vor wenigen Tagen in dieser Stadt große Plakate über die Kriminalität gesehen – ganz zufällig immer neben den AusländerInnen-Plakaten –, und darauf stand: Auch ich will sicher leben!, so, als wäre dieser Umstand in dieser Stadt gefährdet. Ich meine, das war doch recht klar als ein ziemlich massiver Vorwurf an den Herrn Bundesminister gedacht, und ich glaube, das ist auch so angekommen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Die Kriminalität ist auch hoch!)

Die Kriminalität ist auf einem sehr hohen Niveau – also nach wie vor eine sehr harte und herbe Kritik am Bundesminister für Inneres. (Abg. Dr. Partik-Pablé: ... sozialistisch! Man kann nicht in einem Jahr die Welt umreißen!)

Herr Bundesminister! Sie haben ja nicht nur von dieser Wiener Spitzenkandidatin, die sich an diese kurze Phase nicht mehr sehr gerne erinnert (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wieso?!), Sie haben nicht nur von dieser Seite sehr heftige Kritik bekommen, sondern auch vom Kärntner Landeshauptmann, der gemeint hat, ihm sei ein redlicher Roter noch lieber als ein sozusagen als links vermuteter Schwarzer, ein ehemaliger Zivildiener.

Insofern glaube ich in der Tat, Sie werden es nicht so leicht haben mit dem Anspruch, einerseits ein rot-weiß-roter Minister zu sein – ein Anspruch, den Herr Abgeordneter Kiss sehr zu Recht aufgestellt hat –, und andererseits ein Minister, der immer wieder zumindest verbal hier versucht sein wird, etwas blau eingefärbt zu werden. – Ich hoffe, Sie widerstehen diesen Versuchungen, Herr Bundesminister.

Im Zusammenhang mit den Ankündigungen, die Sie gemacht haben, wird es nämlich in Zukunft darauf ankommen, ob Sie tatsächlich auch die Durchsetzungskraft haben, Dinge, die eindeutig richtig wären, die zu einer Verwaltungsreform führen könnten und zu einer wesentlichen Entlastung Ihres Ressorts beitragen würden, auch gegen den Widerstand, den ideologisch geprägten Widerstand des Koalitionspartners durchzusetzen.

Sie sind mit dem Vorschlag an die Öffentlichkeit getreten, im Bereich der Arbeitsmigration das Aufenthalts- und Beschäftigungsrecht zu harmonisieren. Das wäre im höchsten Maße sinnvoll, würde bestimmt Verwaltungskosten in dreistelliger Millionenhöhe einsparen und die Beamtinnen und Beamten Ihres Ressorts wesentlich entlasten. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister! Seit dieser Vorschlag geäußert wurde, ist es sehr ruhig darum geworden. Es ist eher von der Gegenseite – das heißt, von Ihrem Partner  – dieser Vorschlag sehr heftig kritisiert worden. Ich denke, es wäre hoch an der Zeit, ihn wieder aufzugreifen und im Sinne einer korrekten, einer sparsamen und effizienten Verwaltung umzusetzen.

Herr Bundesminister, ein zweites Beispiel: Zivildienst. – Meine Kollegin Haidlmayr hat oft auf die unverzichtbare Bedeutung der Leistung der Zivildiener hingewiesen. Sie haben gesagt, der Zivildienst ist saniert, aber wir hatten eher den Eindruck, das ist eine sehr unverträgliche Rosskur. Und ich entnehme jetzt den Medien, dass es eine diesbezügliche Klage gegen die Republik Österreich gibt, also dass auch die Rechtssicherheit keinesfalls gewährleistet ist.

Ich denke, es wäre hoch an der Zeit, dass auch im Bereich der Versorgungsleistungen Klarheit geschaffen wird, und zwar auf einem einheitlichen und einem höheren Niveau, als das in den unteren Bereichen derzeit der Fall ist. (Beifall bei den Grünen.)

Zu dem Wirrwarr in Sachen Sondereinheiten und deren sehr seltsamer Nomenklatur hat schon meine Kollegin Terezija Stoisits Stellung genommen. Ich danke Ihnen, dass Sie hier Klarheit herbeigeführt haben, denn ich glaube wirklich, dass es absolut unerträglich ist, den Namen "Taliban" mit irgendeiner österreichischen Administrationseinheit in Verbindung zu bringen, denn dieses Regime, diese Leute verdienen es tatsächlich nicht, irgendwo zum Vorbild zu werden.

Ich wundere mich aber überhaupt – und damit komme ich schon zu meinem letzten Punkt –, welche Phantasie im Bereich der Namensfindung in Ihrem Büro vorherrscht, wenn ich an das Funksystem ADONIS denke. Dieser Name ist zwar weniger bedenklich als der Name "Taliban" im Zusammenhang mit den Sondereinheiten, aber ich denke, das muss ein wirklich wunder


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schönes System sein, wenn findige Beamte auf einen derartigen Namen kommen. (Heiterkeit bei den Grünen. – Abg. Jung: Sie müssen Sorgen haben!)

Herr Bundesminister! Das bringt mich zu meinem letzten Punkt, mit dem es mir wirklich ernst ist. Ich gehe davon aus, dass dieser Punkt auch Ihnen am Herzen liegt, nämlich die Gleichstellung von Frauen und Männern im Bereich der Exekutive. Auch Frau Abgeordnete Bauer hat vor nicht allzu langer Zeit im Zusammenhang mit einem Missbrauchsfall, einem Übergriffsfall mehr Rechte für Frauen im Rahmen der Exekutive, vor allem in den Leitungsfunktionen, gefordert. Meine Frage an Sie, Herr Bundesminister: Was ist seither passiert, und vor allem welche aktiven Schritte setzen Sie in diesem Zusammenhang, um gerade auch die oftmals in einem rechtsstaatlich, was die Kontrolle betrifft, nicht unbedenklichen Raum agierenden Sondereinheiten personell so zu besetzen, dass jegliche Art von männerbündischer Vorgangsweise durch die Parität der Geschlechter unmöglich wird?

Der morgigen Ausgabe des "Kurier" entnehme ich, dass der Chef der WEGA sagt: Die WEGA steht Frauen offen. Wenn sich eine Kollegin bewirbt und sie dann die strengen Aufnahmekriterien erfüllt, freue ich mich. – Also da muss ich sagen, Herr Bundesminister, das wird in Sachen Gleichstellung zu wenig sein, die Freude des Herrn Brigadiers Brinek, sondern hier wird es ein aktives Handeln brauchen. Gleichstellung passiert nicht irgendwo und gerade nicht in einer Einrichtung wie der Exekutive, sondern hier bedarf es eines gezielten Gleichstellungsprogrammes, hier bedarf es eines Förderungsprogrammes, hier bedarf es der Ermutigung der Bediensteten des Ressorts, vor allem der Frauen, und hier bedarf es Schulungsmaßnahmen für Frauen und Männer, damit die Gleichstellung, ein an sich selbstverständlicher Wert, auch im Rahmen der Exekutive Realität und Praxis wird. Mit dem Koalitionspartner werden Sie wahrscheinlich auch in diesem Zusammenhang einige Sträuße auszufechten haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.44

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Puttinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

18.44

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wollte mich an sich gleich meinem eigentlichen Thema widmen, inwieweit die Wirtschaft im Innenministerium eine große Rolle spielt, aber es gibt doch einige Sachen, auf die ich zuerst eingehen muss.

Kollege Parnigoni ist gerade hereingekommen, aber bis vor einer Minute habe ich gewusst, warum es bei den Sozialisten zwei Sicherheitssprecher gibt – auch der zweite ist gerade hereingekommen –: damit sie sich hier abwechseln können. Aber eines kann man schon sagen, Herr Kollege Leikam: Die "Lade" ist Ihnen runtergefallen, als der Herr Bundesminister gesagt hat, was alles geht, wenn man nur will. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Und, Herr Parnigoni, eines muss ich Ihnen auch noch sagen: Was Sie wollen, sind viele "Häuptlinge" und weniger Sicherheit auf der Straße. Das ist nicht unsere Art, innenpolitisch tätig zu sein! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Leikam.  – Abg. Mag. Wurm: Sie haben etwas gegen Indianer!)

Frau Kollegin Petrovic! Eines auch zu Ihnen: Wenn Sie schon von einer Harmonisierung der Aufenthaltsbewilligung und der Arbeitsbewilligung reden, dann müssten Sie auch wissen, dass in dieser Hinsicht schon etwas geschehen ist. Seit Juni gibt es diesen Erlass des Wirtschaftsministers. Sie wissen ganz genau, dass diesbezüglich schon eine Studie vorliegt. Das heißt, wir arbeiten, und wir reden nicht darüber, was alles geschehen sollte. Ich möchte das schon sagen, damit man auch hier eine klare Sprache spricht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Budgetkapitel Inneres ist insofern von einer hohen Effizienz gekennzeichnet, als es trotz Sinkens des Gesamtbudgets – ich stelle es völlig außer Frage, dass es gesunken ist, wenn es auch letzten Endes in Prozenten am Gesamt


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budget steigt – durch Abschlanken der Verwaltung gelungen ist, entsprechende Verbesserungen im Bereich der Sicherheit unserer Mitbürger durchzuführen und mehr Sicherheit auf den Straßen Österreichs zu haben. (Beifall bei der ÖVP und
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bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das erste Mal möglich, Gott sei Dank das erste Mal möglich nach 30 Jahren sozialistischer und sozialdemokratischer Herrschaft! Unter unserem Bundesminister Ernst Strasser, der dieses Ressort leitet und es versteht, ökonomisch und effizient zu arbeiten, ist Österreich so sicher wie noch nie. (Abg. Mag. Wurm: 30 Jahre Sozialdemokratie war das!) Durch seine konsequente Haltung in der Analyse, in der Zielsetzung und letzten Endes auch in der Umsetzung gelang es ihm, Doppelgleisigkeiten abzuschaffen. Er privatisierte, kooperierte, organisierte, systematisierte, führte moderne Techniken ein und strukturierte neu. Im Folgenden kurz einige kleine Beispiele dazu. (Abg. Heinisch-Hosek: ... die Zivildiener!) Ja, freilich, darauf komme ich auch noch. (Abg. Parnigoni: So viel Zeit haben Sie?)

Ein Beispiel ist die Privatisierung der Flugrettung. Dem Ziel der Bundesregierung, eine Konzentration der staatlichen Leistungen auf die Kernfunktionen und eine Auslagerung insbesondere ... (Abg. Mag. Wurm: Was ist das?)  – Meine Güte, das wissen Sie nicht?! Es tut mir Leid, dass Sie Abgeordnete sind und nicht einmal wissen, was eine Kernfunktion ist. Also da fehlt es schon ordentlich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir werden dem voll Rechnung tragen. Und zu Beginn dieses Jahres ... (Abg. Parnigoni: Das täte mich jetzt interessieren! Erklären Sie uns die Kernfunktionen!) – Hören Sie zu! Wenn Sie das auch nicht wissen, ist es ja noch schlimmer. – Zu Beginn dieses Jahres wurden die Aufgaben des Bundes im Bereiche der Flugrettung auf eine private Trägerorganisation, den ÖAMTC, den Sie ja kennen werden, übertragen. (Abg. Schwarzenberger: Nein, kennen sie nicht, nur den ARBÖ!) Gleichzeitig konnten nicht nur 23 Planposten eingespart werden, sondern auch eine Neustrukturierung der Flugpolizei organisiert werden.

Qualitätsverbesserung ohne zusätzliches Investment ist das, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Jetzt komme ich zum Zivildienst. Ich weiß schon, dass in den heutigen Zeitungen steht, dass es hier noch Schwierigkeiten gibt. Das ist richtig, das werden die Trägerorganisationen letzten Endes auch auszubessern haben. (Abg. Mag. Wurm: Auszubaden!) Aber es ist den wirtschaftlichen Erfordernissen im Zivildienstbereich Rechnung getragen worden.

Was ist denn in diesem Bereich gelungen? – Eine Verwaltungsvereinfachung, eine Berechenbarkeit für Zivildiener und die Trägerorganisationen, ein Abbau von Rückständen, mehr Autonomie für die Trägerorganisationen (Abg. Mag. Wurm: Ungleichbehandlung!), auch eine mögliche Anforderung von Zivildienern gegen vollen Kostenersatz, Leistungen, die der Zivildiener in Anspruch nehmen kann, die von den Trägerorganisationen bezahlt werden. – Das sind doch wirtschaftliche Argumente, an denen auch Sie letzten Endes nicht vorbeigehen können.

Was geschieht in der Zukunft? – Die Teleinfrastruktur wird erneuert werden. Die gesamte Teleinfrastruktur wird in das heutige BMI-Datennetz eingebunden. Es wird ein einheitliches Sprechdatennetz entstehen. Mit der Schaffung eines Corporate Network wird es zu einer erheblichen Reduktion der Telefon- und Dienstleistungsgebühren kommen, wobei natürlich besonders der Wirtschaftlichkeit in den Bereichen Beschaffung, Anlagen, Verwaltung und Wartung Rechnung zu tragen ist.

Ich glaube, Sie wissen alle, dass es genauso wichtig ist, das Projekt ADONIS einzuführen. (Abg. Mag. Wurm: EVA wäre auch nicht schlecht!) Gerade jetzt läuft die Ausschreibung für den Consulter.

Ja, wenn das nicht sinnvoll ist, dann frage ich Sie, was Sie noch wollen. Hilfsorganisationen können optimal zusammenarbeiten, die Kommunikation von Rettung, Feuerwehr, Exekutive, Militär, Justiz und Zollwache ist dadurch möglich. Es wird einen einheitlichen Funkstandard geben. Das ist eine Zielrichtung, die das Innenministerium verfolgt. (Abg. Parnigoni: Gehört das zur Kernkompetenz?) Das waren nur einige Beispiele, Herr Parnigoni. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) – Meine Güte! Wie ein Chamäleon bewegt er sich: Alle Farben spiegelt er und weiß nicht einmal, wovon er redet. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das waren nur einige Beispiele; ich könnte noch viele anführen. Ich denke an die Zusammenführung beziehungsweise Ausgliederung des Massafonds. Ich denke an die Neuorganisation im Kfz-Bereich. Ich denke an die Umstrukturierung im Personalbereich, die der Minister heute schon angeführt hat.

Hohes Haus! Man könnte noch weitere und viele Beispiele bringen, alle Beispiele zeigen jedoch klar und eindrucksvoll, wie effizient das Ministerium, der Minister und seine Mitarbeiter mit den im Budget für das Innenressort zur Verfügung gestellten Mitteln wirtschaften, wie modern und sparsam sie damit umgehen. Man sieht letzten Endes, dass der Minister aus der Privatwirtschaft kommt. (Abg. Mag. Wurm: Jawohl!) Und er zeigt, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie man einerseits ein Budget sanieren kann und andererseits die Sicherheit der Österreicher auf den Straßen erhöhen kann. Österreich ist so sicher wie noch nie! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.51

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gaál. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

18.51

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Es wurde heute schon sehr viel Grundsätzliches gesagt, dem ich vor allem aus zeitökonomischen Gründen nichts hinzufügen möchte. (Demonstrativer Beifall des Abg. Öllinger. ) Aber erlauben Sie mir, zwei Detailthemen anzusprechen.

Zivilschutz im Sinne eines umfassenden Bevölkerungsschutzes. Wir haben – und mit "wir" meine ich den Bundesverband mit neun Landesorganisationen gemeinsam mit dem Bundesministerium für Inneres – österreichweit mehr als 1 600 Selbstschutzinformationszentren eingerichtet, in denen wir die Bevölkerung in allen Angelegenheiten des Zivil- und Selbstschutzes informieren, beraten und schulen. Wir sind dabei, diese Zentren zu Informations- und Serviceeinrichtungen für die auch von den Alltagsgefahren bedrohten BürgerInnen zu entwickeln.

Und das ist gerade auch im Hinblick auf Temelin von besonderer Bedeutung, um ein aktuelles Thema anzusprechen. Der Kampf gegen Temelin geht weiter, und ich sage: Solange nur ein einziger Atommeiler an Österreichs Grenzen in Betrieb ist, bleibt die Information über diesen Themenbereich das Gebot der Stunde. Dabei gilt es vor allem den Präventivgedanken in der Bevölkerung stärker zu verankern. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Öllinger. )

Wir sind hier als verlängerter Arm des Innenministeriums tätig, und Sie haben für die Neuorganisation dieser Sicherheitszentren die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt, um in diesen Zentren ein Netzwerk an Bürgernähe, das Vertrauen und Sicherheit schafft, aufzubauen. Dafür möchte ich mich hier auch bedanken, Herr Bundesminister.

Ebenso für die Unterstützung unserer zweiten Kindersicherheitsolympiade "Safety Tour 2001". An diesen Veranstaltungen werden österreichweit wieder Tausende von Kindern auf Bezirks- und Landesebene teilnehmen; das Bundesfinale findet am 19. Juni im Wiener Prater statt, wo der Bundessieger ermittelt werden wird. Wir rechnen wieder mit einer Rekordbeteiligung, die alles, was es bisher im Bereich Kinder und Sicherheit gab, in den Schatten stellt.

Das, Herr Bundesminister, war der erfreuliche Teil meines Redebeitrages zum Budget 2002, Kapitel Inneres. (Abg. Auer: Du kannst ja gar nichts anderes machen!) Nun muss ich aber einiges Unerfreuliches sagen. Was mir große Sorgen macht und unerfreulich ist, Herr Bundesminister, das sind die rigorosen Sparmaßnahmen der Bundesregierung, die – es wurde heute schon gesagt – auch vor der Exekutive nicht Halt machen. (Abg. Jung: Sparen müssen wir alle,


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sogar die SPÖ!) Lieber Kollege Jung! Wenn du schweigst, schaust du nicht alt aus. (Heiterkeit bei der SPÖ.) So mach deinem Namen alle Ehre und hör mir ein bisschen zu!

Diese Sparmaßnahmen haben natürlich auch Auswirkungen auf Wien, und gerade mir als Wiener Abgeordnetem bereitet das große Sorgen, Herr Bundesminister. Sie haben bei einer Wachzimmer-Eröffnung in Wien Liesing, im 23. Bezirk, gesagt – und darüber haben auch die Zeitungen berichtet –: Bei der Sicherheit darf nicht gespart werden! – Da sind wir bei Ihnen, Herr Bundesminister! Dem ist aber nicht so, man braucht sich ja nur die Verschlechterung der Planstellensituation anzuschauen: Sicherheitswache Wien: im Jahr 2000 ein Minus von 55 Beamten, 2001 ein Minus von 100 Beamten, 2002 ein Minus von 150 Beamten. Bei der uniformierten Polizei wird es 300 Planstellen weniger geben. Österreichweit sind das 600 Sicherheitswachebeamte.

Noch dramatischer ist die Situation beim tatsächlichen Personalstand, Herr Bundesminister: ein Minus von 233 Sicherheitswachebeamten. Für 2002 ist ein weiterer Personalabbau in ähnlicher Größenordnung zu befürchten. Daher ist es berechtigt, wenn wir Wiener verlangen: kein Sparen auf Kosten der Sicherheit der Wienerinnen und Wiener!

Herr Bundesminister! Ich meine, nicht leichtfertig gesagt, mir ist ein Defizit im Budget lieber als eines bei der Sicherheit, denn die Sicherheit muss dieser Regierung mehr wert sein. Sparen bei der Sicherheit heißt für mich Sparen am falschen Platz, denn die Budgetkürzungen gehen zu Lasten der Sicherheit – und die Sicherheit nimmt real ab, Herr Bundesminister. Die Bürger fühlen sich dann auch nicht mehr so sicher. Das heißt, auch das subjektive Sicherheitsgefühl ist davon betroffen.

Wir müssen jetzt für 2002 mit einer weiteren Planstellenreduktion von 3 Prozent rechnen, und wenn diese wirklich umgesetzt wird, fallen wir erstmals unter die 10 000er-Grenze bei der Sicherheitswache. Herr Bundesminister, ich meine, das vermindert die Außendienstpräsenz der Sicherheitswachebeamtinnen und -beamten. Und eine Umschichtung, wie Sie immer wieder sagen, vom Innendienst zum Außendienst ist meines Erachtens – ich lasse mich gerne eines Besseren belehren – in diesem Ausmaß ganz einfach nicht möglich.

Daher noch einmal: Der Schutz und die Sicherheit der Bevölkerung müssen gewahrt bleiben. Ich glaube, dass die Budgets, die in den nächsten Jahren zu erwarten sind, keine Garantie dafür sind. Noch sind wir ein sicheres Land, noch ist Wien eine sichere Stadt, und im Bereich der Sicherheit zu sparen ist das falsche Signal und findet daher nicht unsere Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

18.57

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Jung. Die Uhr ist auf 4 Minuten eingestellt. – Bitte.

18.57

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ein Zwischenruf des Abgeordneten Pirklhuber aus der heutigen Agrardebatte: "Fangen Sie nicht schon wieder an, Herr Kollege Pumberger, sonst kriegen Sie noch einmal eine aufs Dach!" (Abg. Mag. Schender: Das ist ungeheuerlich! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Das ist aus dem heutigen Protokoll, Herr Kollege, Sie können es nicht leugnen! Es ist ungeheuerlich, wie bereits hier in diesem Haus von den Grünen zur Gewalt aufgerufen wird! (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.) Sie haben ein gewisses Monopol zum Ausüben von Gewalt auf der Straße – aber nicht in diesem Hohen Haus! Das werden wir nicht dulden, Herr Kollege! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber diese Ausdrucksweise ist bezeichnend für die schleichende Akzeptanz von Gesetzesbruch bis hin zur physischen Gewalt, wenn sie von links kommt und wenn sie nur gegen die Regierungsparteien gerichtet ist. Diese Zustände müssen und werden ein Ende finden in diesem Land! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Vor allem bei den Wahlen!)


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Faust und Stein gerade aus dem grünen Bereich dürfen die politischen Argumente nicht ersetzen! Und es wird hier den Anfängen gewehrt werden! (Abg. Öllinger: Bei den Wahlen!)

Diese Verhetzung beginnt bereits bei den Kindern. Wenn man Volksschüler in einer Turnhalle antreten lässt, ihnen Bilder von Regierungsmitgliedern zeigt und sie gegen sie aufhetzt und sagt: Das sind die Bösen, das sind die Schlechten! – geschehen in einer Wiener Schule unter einer SPÖ-Direktorin –, dann ist das ungeheuerlich! Man beginnt also bereits von Seiten so genannter Erzieher mit der Verhetzung von Kindern und Jugendlichen. Auch das darf und wird nicht so weitergehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn statt eines politischen Arguments einem Kind gesagt wird: Dann hat deine Mutti eben eine böse Chefin!, dann ist das nicht politische Erziehung, sondern schlicht und einfach eine Gemeinheit! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Intoleranz und Verhetzung sind nicht nur dann gegeben, wenn sie sich gegen Links richten. Auch gegen Rechts, und gerade gegen Rechts, wird am laufenden Band gehetzt (Abg. Öllinger: Wo denn? Wo denn?) und intolerant vorgegangen. Und Sie, Herr Kollege, sind nicht zuletzt einer von denen, die das unterstützen. Es darf und wird nicht mehr geduldet werden, denn von der verbalen Gewalt geht es über zu den Tätlichkeiten!

Hakenkreuz-Schmierer, die FPÖ-Plakate "verzieren", fallen in keine Statistik für Linksradikalismus (Abg. Öllinger: Was heißt denn das?), aber es wird höchste Zeit, dass auch hier genauer vorgegangen wird, denn es darf und es wird nicht zweierlei Maß geben, nach dem gemessen wird! Radikalität auf beiden Seiten, egal wo, wird bekämpft und wird bekämpft werden müssen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bisher hat nur niemand diese Täter ergriffen, aber ständiges Dulden verdrängt das Unrechtsbewusstsein. Und daran arbeiten Sie fest mit!

Und dann kommt der nächste Schritt: Man stürmt Parteilokale. – Zustände, wie es sie in den dreißiger Jahren gegeben hat, in dieser Republik bisher noch nicht. Aber es geht noch weiter: Der nächste Schritt ist körperliche Gewalt gegen Menschen, gegen Besucher von Wahlveranstaltungen, gegen Frauen. Es gab in meinem Bezirk einen Vorfall, da hat eine ältere Frau einen Arzt aufgesucht, weil sie ins Gesicht geschlagen, von drei Jugendlichen vor einer Schule geprügelt wurde, weil sie sie zurechtgewiesen hat, weil sie Plakate zerrissen haben. Das sind die Zustände, die hier vorkommen! (Abg. Parnigoni: Was heißt das? Was wollen Sie damit sagen, Herr Jung?)

Wir haben Fotos von jemandem, der nach einem Schulball von linken Jugendlichen angegriffen wurde, weil er gesagt hat, er wäre für die FPÖ. – Das sind die Zustände, die Sie herbeiführen wollen!

Wissen Sie, was ein Krähenfuß ist, Herr Kollege Parnigoni? – Frau Kollegin Petrovic weiß das, sie war bei der letzten Opernball-Demonstration. Ein Krähenfuß ist ein scharf gebogenes Metallstück, das man zum Verschießen auf Polizisten verwendet hat. Sie hat dann einem Beamten, der mit verletztem Gesicht herumgelaufen ist, gesagt: Na, so schlimm war es nicht! Der Beamte hat Gott sei Dank die Nerven bewahrt und gesagt: Nein, ich habe mich nur beim Rasieren geschnitten!

Das sind Zustände, die Sie nirgendwo verurteilen. Ich habe noch keine Verurteilung von Ihrer Seite in diese Richtung gehört. (Abg. Parnigoni: Da haben Sie nicht zugehört!) Sie verteidigen das jetzt noch. Wo haben Sie sich davon distanziert? Sagen Sie mir das! Wo haben Sie sich distanziert?

Kein Wunder, dass sich in den letzten Wochen die Zahl von Gewaltandrohungen gegen Veranstaltungsteilnehmer und körperlicher Übergriffe erhöht hat. Es muss in Wien so weit kommen. Ich kann Ihnen die Fotos zeigen, wenn Sie es nicht glauben. Fragen Sie Frau Kollegin Partik-Pablé, was ihr zugeschickt wurde. Sie können sich zum Beispiel dieses Foto anschauen, wenn


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Sie wollen. Das gilt aber auch für den Bereich der Donnerstagsdemos, besonders dann, wenn sie die Bannmeile verletzen. – Es ist Zeit, dass diesen Dingen ein Ende bereitet wird.

Ich habe hier einen Höchstgerichtsentscheid, der ausdrücklich sagt, dass das Verbot im Falle der Bannmeile keine Ermessensfrage ist. Dies obliegt auch nicht dem Belieben des Hausherrn oder der Präsidiale. Es ist einzuschreiten. Wir werden künftig ein strengeres Vorgehen nach Recht und Gesetz einfordern. Die Täter müssen merken, dass Österreich ein Rechtsstaat ist und es sich um keine Spielwiese für verhetzte Jugendliche und ihre spätpubertären Anführer handelt, die glauben, sie können 68er-Zustände wieder herbeireden. Diese Zeit ist vorbei! Dafür ist die Zeit aber überreif, um dem ein Ende zu setzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.02

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Parnigoni zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen § 58 Abs. 2 GOG. Beginnen Sie mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung.

19.02

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Abgeordneter Jung hat behauptet, ich hätte mich nicht von Gewalt distanziert. (Abg. Jung: "Sie" habe ich gesagt!) Ja, okay. Ich spreche für mich und für die Sozialdemokratie. Sie haben behauptet, wir und ich im Besonderen – ich habe mich auch angesprochen gefühlt – hätten uns nicht von der Gewalt distanziert.

Ich berichtige: Ich habe gerade bei der Diskussion zur Erklärung der Frau Vizekanzler hier von diesem Pult aus erklärt, dass die Sozialdemokratie immer gegen die Gewalt aufgetreten ist und Gewalt nicht als politisches Mittel anerkennt! (Beifall bei der SPÖ.)

19.03

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte. (Abg. Dr. Pumberger: Sie kann zu Pirklhuber Stellung nehmen! Sind Sie auch für Gewalt?)

19.03

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister Haupt! Herr Minister Böhmdorfer! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Pumberger, keine Angst, es kann Ihnen niemand eine aufs Dach geben, Sie haben kein Dach auf. Sie kriegen auch keine auf den Hut, denn Sie haben auch keinen Hut auf. Keine Angst, es passiert Ihnen nichts in diesem Haus!

Das Einzige, was passiert ist, war ein Übergriff Ihrer Kollegin Praxmarer auf unseren Abgeordneten Anschober. Das war ein körperlicher Angriff. Das war der einzige, den ich in den letzten 30 Jahren kenne. Belassen wir es bei dem und schauen wir, dass weder Frau Praxmarer noch irgendjemand anderer körperliche Gewalt an anderen Abgeordneten ausüben kann. (Beifall bei den Grünen.)

Aber nun, meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Budget des Herrn Ministers Strasser. Herr Minister Strasser, Sie haben in Ihren Ausführungen gesagt, Sie hätten – ich zitiere Sie – "zum Beispiel den Zivildienst saniert, der mit 25 Jahren schon eine betagte alte Dame gewesen ist". Herr Dr. Strasser! Sie müssten wissen, der Zivildienst ist nicht weiblich, sondern männlich, und eine Frau von 25 Jahren ist beileibe keine "alte Dame", aber das ist anscheinend Ihr Redestil. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist wirklich sehr "lustig", Herr Minister, dass Sie jetzt auch noch so darüber lachen können. Ich kann dies nicht, wenn ich mir anschaue, wie es im Zivildienst zugeht. (Bundesminister Dr. Böhmdorfer spricht mit dem gleichfalls auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Dr. Strasser. ) – Herr Minister Böhmdorfer! Könnten Sie bitte so freundlich sein und Herrn Minister Strasser zuhören lassen, denn sonst sagt er mir das nächste Mal wieder: Das habe ich doch alles nicht gewusst. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Achatz: Eine aufs Dach!) Bitte seien Sie so nett. – Danke.


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Herr Minister Strasser, damit Sie das nächste Mal nicht sagen können, das habe ich ja alles nicht gewusst, sage ich Ihnen einmal, was beim Zivildienst los ist. Die Zivildienstnovelle, die es seit 1. Jänner 2001 gibt, ist der größte Anschlag auf Zivildiener, seit es überhaupt den Zivildienst gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Es ist die totale Unterwanderung des Gesetzes, in dem es heißt, der Zivildienst ist ein Wehrersatzdienst, ein Alternativdienst zum Präsenzdienst. – Herr Minister! Das ist es nicht mehr, sondern der Zivildienst ist einzig und allein eine reine Überlebensfrage für den Einzelnen. Heute geht es, Herr Minister, nur mehr darum: Kann ich es mir leisten? – Sie natürlich schon, keine Frage! Aber kann es sich ein Zivildiener leisten, dass er Schulden macht, um Zivildienst machen zu können? Hat der Zivildiener unter Umständen ein soziales Netz? (Abg. Dr. Pumberger steht an der Regierungsbank und spricht mit Bundesminister Dr. Strasser.) Herr Pumberger, bitte lassen Sie den Herrn Minister in Ruhe! Ich möchte von ihm nie mehr hören: Ich habe es nicht gewusst! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn heute ein junger Mann kein soziales Netz, keine Familie hat, die ihn zwölf Monate ernährt, dann kann er keinen Zivildienst machen, weil er sich das ganz einfach nicht leisten kann. Sie, Herr Minister, wissen noch viel besser als ich, dass sich kein Mensch um 80 S – und die erhält ein Großteil der Zivildiener für das Essen pro Tag – Essen für einen Tag kaufen kann. Fragen Sie doch Ihren Kollegen Puttinger, der selbst Gastronom ist, was bei ihm drei Mahlzeiten kosten! Herr Puttinger! Wenn Sie drei Mahlzeiten um 80 S anbieten können, dann sollen ab morgen alle Zivildiener in Salzburg zu Ihnen essen kommen. Dann sind Sie nämlich der einzige Gastronom, der dies zuwege bringt – und dafür können Sie berühmt werden! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber, Herr Minister Strasser, Sie wollen gar nicht wissen, wie es den Zivildienern geht, Sie wollen es gar nicht wissen! Ich bin so stolz, dass heute der erste Zivildiener eine Klage eingebracht hat. Ich bin ganz stolz darauf, dass sich die Zivildiener nicht weiterhin irgendwie durchschlagen, Schulden machen, Familien belasten, sondern dass sie sich zur Wehr setzen. Alle Zivildiener haben meine hundertprozentige Unterstützung. Ich bin froh, Herr Minister, dass Sie endlich, nachdem jetzt diese Klage eingereicht worden ist, nicht mehr sagen können: Ich habe es ja nicht gewusst! – Sie wissen alles, Herr Minister, Sie wollen es allerdings nicht wissen. Sie wollen anscheinend auch nicht mehr wissen, dass Sie selbst einmal Zivildiener waren. Herr Minister! Damals, als Sie Zivildienst gemacht haben, ist mehr an Essenspauschale pro Tag ausbezahlt worden als 50, 80 S. Sagen Sie nicht nein! Schauen Sie sich das Zivildienstgesetz an, nach dem Sie Zivildienst gemacht haben, und dann werden Sie sehen, dass es damals anders war. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister! Wenn Sie sagen, die Einrichtungen müssen jetzt verpflegen, dann muss ich dem entgegenhalten: Die Einrichtungen können nicht verpflegen! Eine Einrichtung, die heute drei, vier Zivildiener hat, kann keine Küche aufbauen, kann keine Köchin anstellen und kann nicht dreimal am Tag Zivildiener verpflegen. Das geht ganz einfach nicht. Wenn Sie, Herr Minister, bereit sind, die Köchinnen und die Küchen zu finanzieren, dann könnte es gehen, aber davon habe ich von Ihnen noch nie ein Wort gehört! Geben Sie den Zivildienern zu essen! Zivildiener sind Staatsdiener und haben ein Recht darauf, dass sie dreimal am Tag ordentlich essen können. Wenn sie das nicht können, wie es derzeit der Fall ist, dann ist dafür keine einzige Einrichtung verantwortlich, sondern Sie und nur Sie, Herr Minister Strasser! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Minister Strasser, nur um Ihnen zu zeigen, was Sie reden und was Sache ist: Sie sagen, wie gut es den Zivildienern geht. Heute haben Sie erzählt, wie super es den Polizisten geht, was Sie nicht alles für die Polizisten tun und welche Verbesserungen Sie erreicht haben. – Das stimmt ganz einfach nicht!

Wenn heute ein Polizist krank wird, dann lassen Sie ihn fallen wie eine heiße Kartoffel. So ist es. Wenn er länger als sechs Monate krank ist, werden ihm 30 Prozent seines Einkommens abgezogen.


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Herr Minister! Das ist die Realität, und Sie müssen sich dieser Realität stellen.

Auch Sie haben wahrscheinlich den Brief des einen Herrn bekommen, der schwer krank ist und jetzt nur deswegen, weil er krank ist, im Monat plötzlich um 7 000 S weniger erhält. Herr Minister, das ist Ihre Verantwortung! Es liegt in Ihrer Verantwortung, dass Sie Polizisten, die krank sind, so miserabel behandeln. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.11

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordneter Pirklhuber zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, ich ersuche Sie dringend, mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung zu beginnen und dieser den berichtigten Sachverhalt gegenüberzustellen. (Abg. Dr. Pumberger: Bleiben Sie bei der Wahrheit!)

19.11

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident, ich werde mich bemühen. Herr Kollege Jung – er ist jetzt, glaube ich, nicht im Saal anwesend – hat behauptet, dass meine Worte eine Aufforderung zur Gewalt dargestellt hätten.

Ich möchte richtigstellen: Selbstverständlich war das Wahldebakel der FPÖ bei den letzten Wahlen gemeint. Ich habe angemerkt, dass Sie wieder eine aufs Dach bekommen werden, wenn Sie weiter nur mit Zwischenrufen argumentieren und nicht auf die Argumente der Opposition eingehen. (Beifall bei den Grünen.)

19.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Das war schon die tatsächliche Berichtigung, Herr Abgeordneter.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kößl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

19.12

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Meine Herren Minister! Geschätzte Damen und Herren! Herr Kollege Parnigoni ist jetzt nicht da. Ich hätte ihm sagen wollen, ich habe als Polizist, als Gendarmeriebeamter, als Gewerkschaftsfunktionär und Personalvertreter 30 Jahre SPÖ-Personalpolitik hinter mir, und ich könnte ein Buch schreiben. Sie können mir glauben, es kommt nicht von ungefähr, dass es im Innenministerium keine Andersdenkenden mehr gegeben hat.

Jetzt zum Budget 2002 des Innenressorts. Meine geschätzten Damen und Herren der Opposition! Dieses Budget bietet keinen Grund, ein Drama daraus zu machen, und es ist verwerflich, dass Sie die Menschen durch unwahre Aussendungen grundlos verunsichern.

Ich sage Ihnen, ob Sie das hören wollen oder nicht: Die Sicherheit der Menschen in unserem schönen Land wird, solange es einen Innenminister Strasser gibt, gewährleistet sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Ich lese Ihnen jetzt etwas vor:

"Es ist so, daß uns wir und daß auch ich mich ausdrücklich zur Budgetkonsolidierung, wie sie diese Bundesregierung sich vorgenommen hat, bekenne und daß natürlich auch das Innenministerium von einer Budgetkonsolidierung nicht ausgenommen sein kann."

Wissen Sie, wer das gesagt hat? – Der ehemalige Bundesminister für Inneres Dr. Einem in der 16. Sitzung der XX. Gesetzgebungsperiode.

Zu Kollegen Leikam: Auf Überstunden und Planstellenreduzierung angesprochen, sagt Abgeordneter Leikam:


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"Ich gebe Ihnen recht, es war in den letzten 2 Jahren nicht einfach für die Beamten, in Summe mit der Bewältigung ihrer Aufgaben zurechtzukommen, weil auch das Innenressort bei der Budgetkonsolidierung mit eingebunden war.

Es mußten Planstellenreduzierungen vorgenommen werden ...

Es hat eine Verlagerung der Beamten gegeben.

Es sind zwar einerseits Planstellen bei der Exekutive, Polizei und Gendarmerie eingespart worden, aber andererseits sind besonders im Grenzdienst diese Planstellen geschaffen worden."

Wissen Sie, wie viele Planstellen eingespart wurden? – In zwei Jahren wurden im operativen Bereich – Gendarmerieposten, Verkehrsabteilungen, Kriminaldienst – 649 Beamte eingespart.

Und noch ein Zitat vom 23. April 1998:

"Was die Effizienz der Exekutive betrifft, hat sich nach Ansicht Schlögls die Zusammenlegung von Gendarmerieposten positiv ausgewirkt.

Zum Personalstand seines Ressorts merkte Schlögl an, der Bundesvoranschlag sehe derzeit eine Einsparung von 200 Beamten noch vor."

Und so geht es weiter! Wenn man sich hier herstellt und sagt, die Welt breche zusammen, wenn man überlegt, wo man besonders in der Verwaltung effizient einsparen kann, dann muss ich anmerken, das ist eigentlich unerhört. Das muss man schon in aller Deutlichkeit sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn heute von Kollegen Leikam wieder 1 000 Planstellen gefordert werden, im Wissen, dass wir ein Budget mit 1 700 Milliarden Schilling Schulden und 100 Milliarden Schilling Zinsen zu konsolidieren haben, dann ist das verantwortungslos gegenüber den jungen Menschen.

Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns ansehen, wo man die Strukturen verändern und die Effizienz steigern kann. Wenn dann noch Personal erforderlich ist, dann wird es, wie ich meine, kaum jemanden geben, der sagen wird: Nein, es wird kein Personal eingestellt.

Aber sich hinzustellen und nur zu sagen, das sei alles schlecht und jetzt gehe die Welt unter, so kann es nicht sein!

Eines wurde aber am 4. Februar 2000 sofort von der Opposition aktiviert: die wöchentlichen Demonstrationen, die uns schon 50 bis 60 Millionen Schilling gekostet haben. (Abg. Edlinger: Keine Ahnung!) Das gehört anscheinend zur Frontalopposition der SPÖ, so wie sie derzeit praktiziert wird. Ich glaube, man müsste wirklich genauso mit Herz und Hirn Opposition machen wie Politik. (Abg. Edlinger: Das fehlt mir bei der Politik, die Sie machen!) Das fordere ich von Ihnen ein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.16

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Parfuss. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.16

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kößl, woher wissen Sie, dass es im Innenministerium keine Andersdenkenden gibt? Das kann man doch nicht einmal mit einem Lauschangriff feststellen! (Abg. Schwarzenberger: Von den Personalvertretungswahlen!) Es würde mich wirklich sehr interessieren. Ich würde bitten, dass Sie uns das erklären! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich möchte gleich mit etwas Positivem beginnen, nämlich mit einer positiven Entwicklung, die schon bei Ihren Vorgängern eingesetzt hat, dass nämlich immer mehr junge Frauen in der Exekutive zu finden sind. Gerade kürzlich hat mich eine ÖVP-Kollegin angesprochen und gemeint, wie gut sie mit einer Beamtin zusammengearbeitet hat. Die Abge


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ordnete hatte ein Missgeschick, und diese Beamtin hat sie dermaßen gefühlvoll begleitet, dass es wirklich wichtig ist, dass man dies auch einmal erwähnt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Bundesminister! Es muss ganz besonders darauf geachtet werden, dass trotz Sparens möglichst viele Frauen in die Exekutive aufgenommen werden. Besonders den Schutz vor Gewalt betreffend sind es doch meist gerade Frauen, die persönlich betroffen sind, die wiederum Frauen ein besonderes Vertrauen entgegenbringen. Ich glaube, das ist ganz wichtig. Ich hoffe, Herr Bundesminister, dass Sie die Zahl der Frauen – denn es sind noch immer viel zu wenige – weiter erhöhen werden. (Abg. Böhacker: Auch die der Männer oder allgemein?) Das ist mir dann egal. Wenn mehr Frauen sind, können auch mehr Männer sein; da bin ich durchaus offen.

Herr Bundesminister! Personaleinsparungen verhindern natürlich das Nachrücken junger Beamter, Männer wie Frauen, was negative Folgen hat. Ich bin aus dem Bezirk Deutschlandsberg und kann berichten, dass in meinem Bezirk das Durchschnittsalter bei den Exekutivbeamten 42 Jahre beträgt. In drei Jahren wird dieses Durchschnittsalter bereits 44 Jahre betragen, wenn nicht bald junge Kollegen eingestellt werden. Ich höre immer wieder von Älteren, dass der Außendienst körperlich und psychisch wirklich sehr anstrengend ist. Sie wollen das jetzt noch forcieren! Ich glaube, das ist vor allem für ältere Kollegen eine sehr große Belastung. Wenn die älteren Beamten – ich kann nur für den Bezirk Deutschlandsberg sprechen – keine Unterstützung durch jüngere Kollegen bekommen, gefährden Sie letztendlich nicht nur die Sicherheit der Beamten, sondern auch die der Bevölkerung.

Herr Bundesminister! Noch etwas: Ich höre immer dieses geflügelte Wort – auch vorhin wieder –: Weniger Häuptlinge, mehr Indianer. Jetzt weiß ich endlich, was die Regierung, was die Kollegen von der ÖVP damit meinen. Ihr kennt doch das Sprichwort: Ein Indianer kennt keinen Schmerz.

Ich schließe daraus: Die Beamten kennen keinen Schmerz. Das heißt, man kann sie ordentlich in die Mangel nehmen. Aber Ihre Beamten wollen keine Indianer sein. Sie wollen Transparenz von Ihrer Seite, Herr Bundesminister, und sie wollen auch Respekt vor ihrer Person, welcher politischen Gesinnung sie auch immer sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch ein Wort zum Asylwesen. Immer noch bleiben sehr viele Asylanträge viel zu lange liegen. Dies kostet natürlich die Betroffenen Zeit und Nerven, und es kostet die Behörden auch Geld. Wenn Sie nun, wie Sie sagen, in der Verwaltung einsparen wollen, dann muss Ihnen natürlich auch bewusst sein, dass auch in diesem Bereich mit weiteren Verzögerungen zu rechnen ist. Das kann weder im Sinne der Antragsteller noch im Sinne der Behörden sein.

Schlanke Verwaltung darf nicht bedeuten, dass die Schicksale von vielen Menschen auf der Strecke bleiben. Ich plädiere daher für mehr Beamte in diesem Bereich und für eine bessere Ausbildung dieser Beamten.

Herr Bundesminister! Noch ein Letztes: Wir haben vor wenigen Tagen im Ausschuss – leider nicht hier im Plenum – über den sehr positiven Sicherheitsbericht 1999 diskutiert. Ich befürchte, dass dieser Sicherheitsbericht infolge der Sparpolitik in Zukunft nicht mehr so positiv ausfallen wird. Aber wahrscheinlich hat die Regierung das bereits geahnt und hat daher vorausschauend eine Tradition begründet, Sicherheitsberichte im Ausschuss endzuerledigen. Da kann man einen solchen Bericht dann leichter vor der Öffentlichkeit verstecken, falls er einmal nicht mehr so gut ausschaut.

Herr Bundesminister! Ich glaube, dass Sie das Weglassen der tatsächlichen Auswirkung Ihrer Politik sehr gut verstehen und beherrschen, nur: Die Zeit ist zwar ein guter Arzt, aber ein schlechter Kosmetiker. Die Wahrheit kommt heraus! (Beifall bei der SPÖ.)


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19.22

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch zu Wort gemeldet. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

19.22

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Parfuss! Wir diskutieren heute schon seit mehreren Stunden über den Sicherheitsbericht, und Sie hätten auch schon Gelegenheit gehabt, sich zu den anderen Themen, die wir im Laufe der ganzen Woche debattiert haben, zu Wort zu melden.

Trotz der Gesamteinsparungen im Personalbereich in den Jahren 2001 und 2002 erreicht das Innenministerium, dass mehr Beamte im Außendienst tätig sind. Das betrifft auch Bereiche wie die Schulwegsicherung, die Verkehrserziehung und den Streifendienst. Dagegen, meine Damen und Herren von der Opposition, können Sie ja wohl nichts haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Effizienzsteigerung betrifft auch den Zivildienst. Zum ersten Mal seit vielen Jahren kann man beginnen, den Berg von 17 000 Zivildienst-Anwärtern abzubauen, und dagegen können Sie wohl auch nichts haben. Das muss doch in unser aller Interesse sein!

Meine Damen und Herren! Diese Umgliederungen in der Exekutive sind möglich durch Reformen des Ministeriums, vor allem aber auch durch die Einrichtung des Bundeskriminalamtes und andere organisatorische Maßnahmen, vor allem an der Spitze des Ministeriums. Es wird dabei notwendig sein, schlank und effizient zu organisieren und bestehende Einrichtungen in die neu zu schaffenden Kosten sparend einzubauen. Minister Strasser ist ein Garant dafür.

Diese Kosteneinsparungen, meine Damen und Herren von der Opposition, gehen aber nicht zu Lasten der Effizienz. Das Bundesministerium kann auf eine Effizienzsteigerung verweisen, vor allem durch die Beseitigung von noch vorherrschenden Doppelgleisigkeiten in der Behördenstruktur. Diese Effizienzsteigerung wird auch notwendig sein, um eine schlagkräftige Verbrechensbekämpfung sicherzustellen, vor allem in den Bereichen der organisierten Kriminalität. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Schwarzenberger. )

Schwerpunkt dieser Regierung im Bereich der inneren Sicherheit ist der Kampf gegen die organisierte Kriminalität, gegen das Schlepperunwesen und gegen den Drogenmissbrauch. Wir haben im heurigen Jahr schon 223 Tote im Bereich des Drogenmissbrauchs zu verzeichnen. Umso seltsamer ist es, dass Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, die Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung des organisierten Drogenhandels immer wieder behindern. Wir haben das an Ihrem Abstimmungsverhalten in der letzten Woche gesehen.

Herr Bundesminister! Ich kann Ihnen von Seiten der FPÖ sagen, dass Sie weiterhin ein Schwergewicht auf die Bekämpfung der organisierten Kriminalität legen und dort vor allem den Drogenhandel im Auge haben sollen. Unsere Unterstützung dafür ist Ihnen sicher! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.25

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. Die restliche Redezeit beträgt 6 Minuten. – Bitte.

19.25

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zwei Themen ansprechen, die aus meiner Sicht im Bereich der Sicherheit sehr relevant sind, allerdings vorerst einmal als relativ kleine Themen erscheinen. Das eine ist das Thema Flugrettung. Es ist von Ihnen schon einige Male als großartiger Erfolg berichtet worden, dass durch den Wegfall der Notwendigkeit des Ankaufs neuer EU-konformer Hubschrauber 100 Millionen Schilling eingespart werden konnten. Sie haben mir auch versichert, dass es zu keinen relevanten Einschränkungen auch von nicht direkt im Kernbereich liegenden Leistungen der Flugrettung kommen würde. Leider ist das nicht der Fall.

Herr Kollege Puttinger hat in diesem Zusammenhang von den so genannten Kernaufgaben gesprochen. Dass eine unbürokratische Hilfe für die Bauern, wenn es darum geht, bei der Bergung von Tieren auf den Almen und Ähnlichem zu helfen, heute nicht mehr möglich ist, ist in


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Osttirol schon hinreichend klar gemacht worden. (Abg. Böhacker: Wir haben ja genügend private Unternehmen!)

Dass aber zum Beispiel bei einem Rettungseinsatz am Großvenediger die Rettungshubschrauber mit dem Verweis darauf, dass sie in erster Linie sozusagen Notarzthubschrauber seien, den Transport von Rettungsmaterial verweigert haben, halte ich schon für eine Tendenz, die in die falsche Richtung geht. Da muss man sich schon anschauen, ob man wirklich ungebrochen sagen kann, dass diese Auslagerung eine reine Erfolgsgeschichte ist. Sie wird mit Leistungseinschränkungen bezahlt. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Dr. Mertel. )

Einverstanden bin ich, Herr Bundesminister, wenn jetzt auch bei Transporten von Verletzten die entsprechenden Versicherungen angesprochen werden. Das scheint jetzt etwas konsequenter als früher der Fall zu sein.

Ein zweiter Punkt, der in seiner Bedeutung nicht zu unterschätzen ist – ich habe es auch Frau Bundesminister Forstinger schon mit auf den Regierungsweg gegeben –, ist die Kontrolle von Gefahrguttransporten und des LKW-Verkehrs insgesamt.

Wenn diese Kontrollen heute auf den Straßen stattfinden, ist man dabei, gerade im Bereich des Gefahrgutes, aber auch bei den Kontrollen der Abfalltransporte, auf ein extrem hohes Expertenwissen angewiesen. Das sind hoch ausgebildete Beamte, die wirklich mit ganz hohem Einsatz und mit persönlichen Zusatzausbildungen versuchen, die enorm schnelle Entwicklung gerade im chemischen Bereich nachzuvollziehen und die Sicherheit in diesem Bereich weiter zu garantieren. (Beifall des Abg. Brosz. )

Ich möchte diesen Beamten an dieser Stelle auch einmal recht herzlich danken! All jene, die diesen wirklich schwierigen Dienst im Bereich der LKW-Kontrollen zu vollziehen haben, stehen an einer Front, um die sie der Durchschnittsbürger, die Durchschnittsbürgerin nicht beneiden muss. (Beifall bei den Grünen.)

Im Zuge dieser Kontrollen kommen verschiedenste Gesetzesmaterien zur Anwendung, und es erfordert ein extrem hohes Ausmaß an Koordination und gegenseitiger Information, um hier wirklich der Leute habhaft zu werden, die diese Gesetze ununterbrochen umgehen und damit auch zu einem schrecklichen Preiskampf im Bereich der LKW-Transporte beitragen, der zu einem enormen Verlust von Sicherheit führt. Wir haben heute eine Zunahme der Zahl der Unfälle mit LKWs zu verzeichnen, wobei immer wieder die Übermüdung von Lenkern und anderes mehr festgestellt werden muss. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich fordere Sie hiermit auf, Herr Bundesminister: Sorgen Sie gemeinsam mit Ihrer Kollegin dafür, dass die Forderungen dieser Menschen von vor Ort erfüllt werden. Eine dieser Forderungen ist, dass die Strafhöhen wirklich abschreckende Wirkung erlangen. Die Strafe für ein Vergehen darf nicht nur 20 000 S betragen, die dieser Spediteur ja aus der Portokasse zu zahlen imstande ist, weil er durch die illegale Beschäftigung eines Fahrers bereits mehr als das Fünffache verdient hat.

Ich fordere Sie weiters auf, Checklisten für die Beamten entwickeln zu lassen, damit sie sich in diesem Paragraphendschungel, in dem sie sich zu bewegen haben, leichter zurechtfinden. Wie Sie wissen, hat es zu dieser Thematik eine Tagung in Innsbruck gegeben.

Ich fordere Sie letztendlich dazu auf, dass diese Qualität endlich auch in Bezug auf die Dichte vollzogen wird: Wir brauchen 10 Prozent Kontrolldichte! Wir brauchen Checkpoints in Österreich, damit die Vergehen auf dem LKW-Sektor endlich zielsicher geahndet werden und die Sicherheit auf unseren Straßen wieder steigt. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Wurm. )

19.30

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Freund. – Bitte.

19.31

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Österreich ist eines der sichersten Länder in Europa. (Abg. Mag. Wurm:


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Sagen Sie das Frau Partik-Pablé!) Das wurde heute schon mehrfach festgestellt, und ich bin davon überzeugt, dass das auch in Zukunft so sein wird.

Trotz eines Sparpakets gelang es Innenminister Strasser, die Sicherheitsstandards in vielen Bereichen zu erhöhen. Ob bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität, der Suchtgiftkriminalität, der Schlepperei und so weiter: Noch nie waren so viel Gendarmerie und Polizei auf der Straße wie jetzt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Gerade auch zu Ostern werden unsere Beamten wieder besonders gefordert sein, auf der Straße für die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer zu sorgen.

Was sind nun die Gründe für eine so günstige Entwicklung im Sicherheitsbereich Österreichs? Sparen dort, wo es sinnvoll ist – das heißt, bei den Zentralstellen, bei der Bürokratie und nicht draußen bei den Beamten. Einfach nur Dienststellen schließen, wie das von den Landesgendarmeriekommandos vorgeschlagen wird, kann es nicht sein! (Demonstrativer Beifall des Abg. Auer. ) In Oberösterreich gibt es einen Plan, wonach 31 Dienststellen auf dem Land geschlossen werden sollen. Die betroffenen Gemeinden und Gendarmeriekommandanten wehren sich mit Vehemenz dagegen. Doppelgleisigkeit gehört abgebaut, Verwaltungsabläufe sind zu beschleunigen, aber unkreatives Zusperren lehne ich ab! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Ich ersuche Sie, die vom Landesgendarmeriekommando gemachten Vorschläge genauestens zu prüfen und mit den regionalen Entscheidungsträgern zu sprechen, um geplante Schließungen zu verhindern. (Abg. Parnigoni: Das ist ja die Perfidie! Der Minister ist zu feige, in der Öffentlichkeit zu sagen, ...!)

Dass Herr Bundesminister Strasser weiß, wo man schmerzfrei sparen kann, hat er im vorliegenden Budget hervorragend bewiesen, zum Beispiel beim Projekt ADONIS. (Abg. Parnigoni: Der Minister versteckt sich hinter ...! Der Minister gibt eine Weisung, ... zu kürzen, und dann kommst du ...!) Während SPÖ-Minister nur geredet haben – Herr Abgeordneter Kiermaier hat oft darauf verwiesen und die Bedeutung dieses ADONIS-Programmes herausgestrichen –, hat Minister Strasser gehandelt. Er ließ ein erfolgreiches Pilotprojekt dieses neuen Systems im Burgenland durchführen. Es wird überlegt, ein derartiges Funksystem, das für Rettung, Polizei und Feuerwehr gewaltige Fortschritte in der Funktechnologie bringen wird, zu leasen. Ich halte das für sehr sinnvoll, denn durch Leasing statt Ankauf kann man bei den Anschaffungskosten für diese Gerätschaften einiges einsparen. Zusätzlich hat man dadurch ständig die modernsten Gerätschaften zur Verfügung, und es gibt keinen Wertverlust, keine Personalkosten, keine Wartungskosten, keine Wiederbeschaffungskosten, keine Entsorgungskosten bei Installation einer Nachfolgeanlage. (Abg. Schwemlein: Karl, über Finanzmathematik sollten wir uns nicht unterhalten!)

Herr Bundesminister! Ich gratuliere zu den vielen guten Veränderungen – Neuerungen, die in dieser Form noch selten in so vielfältiger Art und Weise in ein Budget eingebracht wurden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Sie helfen mit, sparsam mit den vorhandenen Mitteln umzugehen und die Sicherheit und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu gewährleisten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Wenn die Kosten beim Kauf und beim Leasing gleich wären, das wäre ...!)

19.34

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiermaier. – Bitte.

19.34

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein altes Sprichwort sagt: "Ohne Geld ka Musi." Diese Erkenntnis schlägt sich natürlich auch im Kapitel Sicherheit zu Buche.

Kollege Freund! Etwas, was du vorhin gesagt hast, ist schon bedenklich: den Landesgendarmeriekommandanten das "Bummerl" zuzuspielen für das Geld, das sie nicht bekommen. Das ist ungeheuerlich, das ist doppelbödig! (Beifall bei der SPÖ.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sicherheitspolitik kann man nicht ohne gutes und ausreichendes Personal machen. Ich kann diese Stehsätze wie "die Beamten raus auf die Straße, damit ist das Problem gelöst" einfach nicht mehr hören, weil das nur ganz bedingt stimmt. Das kann man einem Laien erzählen, aber doch nicht jemandem, der sich auskennt. (Abg. Murauer: Und wer ist der, der sich auskennt?) Die Beamten, die jetzt im Innendienst gewesen sind, haben ja auch nicht Karten gespielt oder ferngesehen; die haben drinnen ja auch eine Arbeit gemacht, die notwendig gewesen ist!

Ich möchte das sehr deutlich sagen: Auch wenn man draußen Dienst macht, muss man drinnen Anzeigen schreiben, muss man Dienstpläne schreiben und so weiter. So ist es ja nicht, wie Sie das immer wieder darstellen. Man soll doch nicht alles in einer Art und Weise simplifizieren und vereinfachen, wie dies überhaupt nicht den Tatsachen entspricht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Spindelegger. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Aufnahmesperre steht uns ins Haus. Es wird ein Loch in der Altersstruktur entstehen, was sich sicherlich mit der Zeit rächen wird. Wir haben jede Menge Fahrzeuge draußen stehen und können die Streifenwägen nicht voll einsetzen, weil das Personal fehlt. Das ist doch ein Humbug! Da muss doch wirklich etwas geschehen! (Abg. Böhacker: Das habe ich überhaupt noch nicht gehört, dass die Autos nicht fahren dürfen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines ist auch sehr interessant: Die ÖVP-Bürgermeister haben sich unter Löschnak die Türschnalle in die Hand gegeben, wenn es um Postenschließungen und Dienstpostenreduzierungen gegangen ist. (Abg. Kiss: 200 haben Sie zugesperrt!) Wir können darauf warten, dass sie wieder kommen. Ich bin nur neugierig, was Sie dann sagen werden!

Die Doppelbödigkeit kennt keine Grenzen. In unserer Zeitung, in den "NÖN", war vor kurzem der Bürgermeister von Opponitz abgebildet, der sich vor das Postamt hinstellt und sagt, das wird jetzt geschlossen, und der Herr Landtagsabgeordnete Heuras sagt: Dagegen werde ich mich verwahren, da werde ich mich einsetzen! (Abg. Dr. Spindelegger: Ein guter Abgeordneter!)  – Das ist Doppelbödigkeit! Wir werden Sie bei jedem Gendarmerieposten und bei jedem Postamt und bei jedem Finanzamt und bei jedem Bezirksgericht in der Öffentlichkeit daran erinnern und werden Ihnen dieses Doppelspiel sicherlich nicht durchgehen lassen. Darauf können Sie Gift nehmen, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Achatz und Kiss. )

Noch eine Anmerkung zu den Beamten. Herr Kollege Kiss hat heute zu den Beamten auf die Galerie hinaufgeschaut, die dort gesessen sind: Die applaudieren Ihnen nur sehr bedingt, lieber Kollege! Gehen Sie hinaus und reden Sie mit den Beamten! Die sind nicht geneigt zu applaudieren, sondern die sind zornig und haben wirklich Sorgen um ihre Zukunft. Das ist die Wahrheit, und alles andere ist Makulatur.

In diesem Zusammenhang darf ich folgenden Antrag einbringen (Abg. Böhacker: 200 Posten habt ihr zugesperrt! 200! Das haben wir nicht vergessen!):

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Parnigoni, Gaál, Leikam, Kiermaier und Genossen betreffend zusätzlich 1 000 SicherheitsexekutivbeamtInnen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, durch welche in den nächsten vier Jahren 1 000 zusätzliche Planstellen für die Sicherheitsexekutive geschaffen


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werden, die insbesondere in den Bereichen Verkehrssicherheit, der Bekämpfung der Schlepperei, der Meldestelle für Kinderpornographie im Internet, der Umweltkriminalität und der Wirtschaftskriminalität sowie für die personelle Aufstockung der Polizeiwachzimmer und Gendarmerieposten Verwendung finden."

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Böhacker: Und der Bedeckungsvorschlag? Wer zahlt es?) Wenn man über die Finanzierung dieser Dinge redet, dann muss man sich eben auch einmal andere Gedanken machen. Wenn man mehr Gendarmeriebeamte, mehr Polizeibeamte hat, wenn der Verkehr und alles andere mehr überwacht werden kann, dann kommen auch mehr Strafgelder herein. (Abg. Miedl: Aber Herr Kollege Kiermaier!) Und wenn man diese Strafgelder anders zweckwidmet, nämlich mehr in Richtung Exekutive, dann kann man dafür auch entsprechendes Personal einstellen. (Abg. Böhacker: Es lebe der Polizeistaat! Totale Überwachung!) Nein, das ist kein Polizeistaat.

Lieber Kollege Böhacker! (Abg. Böhacker: Das ist ein Schuss ins eigene Knie, Herr Kollege!) Wenn du hinausgehst und mit den Leuten redest, dann wirst du erfahren: Die wollen eine verstärkte Kontrolle, und die wollen mehr Sicherheit! Das ist die Tatsache, so schaut es aus! (Beifall bei der SPÖ.)

19.38

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der eben vorgetragene Entschließungsantrag steht in einem entsprechenden sachlichen Zusammenhang mit der Verhandlungsmaterie, ist ausreichend unterstützt und steht daher auch mit zur Verhandlung beziehungsweise zur Abstimmung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Murauer. – Bitte.

19.39

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zur heutigen Debatte in aller Kürze: Erstens hat jeder Minister natürlich seine Spuren hinterlassen, auch die entsprechenden Innenminister. So erinnere ich mich an Blecha, der ein besonderes Verhältnis zur Justiz gehabt hat, oder an Löschnak, der die Posten geschlossen hat – Kollege Kiermaier, da dürftest du irgendwo etwas vergessen haben! (Abg. Mag. Wurm: Die letzten 13 Jahre haben Sie vergessen!)  –, oder an Einem, der überhaupt gegen die Exekutive war, oder an Schlögl, der vom EKIS-Missbrauch wusste, aber keine Taten setzte. – Das waren die Vorgänger von Innenminister Strasser, der jetzt ein rot-weiß-rotes Innenministerium machen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Kollege Parnigoni! Wenn man ihm vorwirft, dass nicht mehr nach der roten Farbenlehre eingestellt wird und die Beamten nach objektiven Kriterien angestellt werden, dann habe ich irgendwo Verständnis dafür, weil es im Laufe der vergangenen 30 Jahre zur Selbstverständlichkeit geworden ist, dass alles, was kein rotes Parteibüchel hat, im Innenministerium nichts verloren hat. Das ist leider Gottes vorbei! (Abg. Großruck: Gott sei Dank!) Daran müssen Sie sich gewöhnen (Beifall bei der ÖVP), w eil jetzt eine objektive Personalpolitik gemacht wird. (Abg. Parnigoni: So wie in Niederösterreich! Jetzt kommt überall ein Schwarzer!)

Wenn ich dem Herrn Bundesminister attestiere, dass er eine Sicherheitspolitik nach Qualitätskriterien macht, dann darf ich daran erinnern, dass er der überbordenden Bürokratie den Kampf angesagt hat, dass er die Zentralstellen geschmälert hat und dass sich die Gendarmerie- und Polizeibeamten, auch wenn es Ihnen von der Sozialdemokratie nicht passt, auf der Straße befinden, und zwar nicht, Kollege Kiermaier, um noch mehr zu strafen, sondern um Bürgernähe zu zeigen, um mit der Bevölkerung zusammenzuarbeiten, um präventiv zu wirken und auch entsprechend für Sicherheit zu sorgen. (Beifall bei der ÖVP.)

Vielleicht noch einen Satz, weil unser oberösterreichischer Landesgendarmeriekommandant Schmidtbauer erwähnt worden ist. Er hat natürlich vom Innenminister den Auftrag bekommen, Einsparungsvorschläge zu machen, und zwar ohne Postenschließungen. Und der doch der SPÖ


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nicht sehr fern stehende Gendarmeriekommandant hat 30 Posten vorgeschlagen, die er zudreht. (Abg. Parnigoni: Jetzt kommt es heraus, was Sie wollen!) Ja natürlich! Warum soll man das nicht beim Namen nennen? Brauchst dich nicht zu schämen wegen des Schmidtbauer. (Abg. Parnigoni: Nein, eh nicht!) Also kann man ihn auch erwähnen. (Demonstrativer Beifall des Abg. Kiss. ) Er hat 30 Posten als Einsparungsvorschlag genannt, die man schließt. Noch einfacher geht es ja nicht. Man darf ein wenig mehr nachdenken. So ist der Auftrag des Bundesministers.

Herr Bundesminister! Sie sind darangegangen, eine Sicherheitspolitik nach Qualitätskriterien zu machen. Sie sind auf dem richtigen Weg. Weiter so! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.42

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Abgeordneter Dietachmayr. – Bitte.

19.42

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Sparmaßnahmen in einem so sensiblen Bereich wie dem Innenministerium gehen immer auf Kosten der Sicherheit. Allein die Zahlen über den Menschenschmuggel sind Besorgnis erregend. Laut Österreichs oberstem Staatspolizisten Peter Heindl schätzt man, dass jährlich 300 000 bis 500 000 Menschen in die EU geschleust werden. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite will der Verteidigungsminister weniger Soldaten an die Grenze schicken, dafür aber mehr Geld, der Finanzminister will keine Zollwachebeamten hergeben und kein Geld für das Bundesheer herausrücken, und Sie als Innenminister müssen sparen.

Jetzt frage ich Sie wirklich: Sieht so die neue Sicherheitspolitik in Österreich aus? (Ruf bei der SPÖ: Ja!) Im Bereich der Exekutive läuft alles auf eine Fusion von Polizei und Gendarmerie hinaus. Herr Bundesminister, bekennen Sie sich einmal zu Ihrem Plan! Wollen Sie wirklich die Polizei und die Gendarmerie fusionieren?

In Medienberichten wurde auf Pläne hingewiesen, wonach in nächster Zeit allein in Oberösterreich 30 Gendarmerieposten geschlossen werden. Sie haben darauf reagiert und haben gesagt, heuer nicht. Aber was heißt das? Ist damit zu rechnen, dass diese Posten im nächsten Jahr geschlossen werden und 42 Gendarmen abgebaut werden? Legen Sie die Karten auf den Tisch! Die Bevölkerung und gerade wir in Oberösterreich warten darauf, Herr Bundesminister.

Ein anderer Bereich ist der Zivilschutz. Auch die Maßnahmen in diesem Bereich sind völlig unzureichend. Ein wirksamer Aufbau des Schutzes der Bevölkerung vor einem Atomunfall kostet Zeit und Geld. Gerade im Hinblick auf das Kraftwerk Temelin sind auch wieder Oberösterreich und besonders die Landeshauptstadt Linz arg gefährdet. Die Mühlviertler Ärzte gegen Atomgefahr weisen sogar darauf hin, dass sie im atomaren Katastrophenfall keine medizinisch ausreichende Hilfe anbieten könnten. Auch in diesem Bereich des Zivilschutzes müsste mehr geschehen.

Jeder Mensch in unserem Land versteht, dass gespart werden muss, aber es ist immer die Frage, wo gespart wird. Und dass Sie gerade im Bereich der Zivildiener am meisten sparen, das versteht überhaupt niemand. Darauf wurde heute schon von einigen Vorrednern hingewiesen.

Meine Damen und Herren! Dass die Zivildiener eine ganz wichtige Aufgabe erfüllen, das brauche ich, glaube ich, nicht extra zu erwähnen. Viele Organisationen, wie gerade das Rettungswesen, kommen überhaupt nicht mehr aus ohne die unentbehrlichen Helfer des Zivildienstes. Wie notwendig die Mittel für die billigen Zivildiener im Gesundheits- und Rettungssystem sind, zeigt auch der Umstand, dass einem flächendeckenden Rettungs- und Krankentransportwesen inzwischen bald der Finanzkollaps droht. Die Finanzsituation der Rettungsorganisationen ist dramatisch. Ich hoffe, Sie kennen diese Zahlen auch.

Meine Damen und Herren! Alle Einsparungen dieser Regierung treffen zuerst die Armen, die Kranken, jene, die hilflos und bedürftig sind. Ist das das neue Regieren mit Herz und Hirn? In letzter Zeit wurde viel von Herz und Hirn für die kleinen Leute gesprochen, nur merken die


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kleinen Leute nichts davon. Gerichte sollen zugesperrt werden, Außenstellen der Sozialversicherung sollen zusammengelegt werden, Gendarmeriedienststellen werden aufgelöst (Abg. Kiss: Welche? Welche?), die Zukunft der Spezialeinheiten ist ungewiss, Zivildiener müssen sich um ihre Verpflegung raufen. Und Sie wundern sich, meine Damen und Herren, dass in diesem Land dieses Gerede von Herz und Hirn niemand mehr glaubt! (Abg. Kiss: Das ist so ein Unsinn, was du da verzapfst!)

Aber ich bitte Sie, Herr Bundesminister, machen Sie weiter so! Noch zwei Jahre mit Herz und Hirn, und diese Regierung gehört der Vergangenheit an! (Beifall bei der SPÖ.)

19.46

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Abgeordneter Miedl. – Bitte.

19.46

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mehrmals schon ist heute darauf hingewiesen worden, dass Österreich relativ sicher ist. (Abg. Mag. Wurm: Ist es auch!) Das stimmt, trotzdem sollten wir auf der Hut sein, Frau Kollegin. Neue Formen der Kriminalität entwickeln sich, und da soll sich auch die Polizei, die Exekutive weiterentwickeln. Und was sehr wesentlich ist, vor allem im städtischen Bereich: Die subjektive Sicherheit lässt sich nicht beeindrucken von dem, was sozusagen an objektiven Taten vorhanden und messbar ist.

Jetzt bin ich genau dort: Subjektive Sicherheit bedeutet natürlich Personaleinsatz der Exekutive. Darüber ist nachzudenken, meine Damen und Herren (Abg. Parnigoni: Und zusperren!)  – nicht nur, da gibt es vielerlei Maßnahmen und Strategien –, und erstmals seit langem gibt es einen Bundesminister, der sagt: Wir denken über das Bisherige nach und versuchen, Grenzen zu durchbrechen. Ich sage Ihnen aus meiner Erfahrung, Frau Kollegin Wurm: Ich habe jetzt, glaube ich, fünf Minister in meiner Polizeidienstzeit erlebt, und kein einziger war bereit, darüber nachzudenken, wie er Verwaltungsabläufe effizienter gestalten könnte. Ich habe die Kollegen Löschnak, Lanc, Blecha, Einem, Schlögl erlebt. (Abg. Parfuss: So alt sind Sie schon?) Und wissen Sie, was ich dabei erlebt habe, Frau Kollegin? Ich sage es Ihnen gleich.

Wir haben lang und breit diskutiert, die Kleinkriminalität anders abzuwickeln, als das bisher üblich war. Es war so, dass die Kriminalpolizei gesagt hat: Mit dem Kleinkram wollen wir uns nicht beschäftigen, das soll die Sicherheitswache machen. Wir haben uns lange dagegen gewehrt, und es hat dann schlussendlich die Sicherheitswache gemacht – mit dem Erfolg, dass sich sonst überhaupt nichts geändert hat. – Und das war das große Werk des Kollegen Schlögl.

Meine Damen und Herren! Das sind nicht die Reformen, die wir meinen. Die bringen letztlich auch nichts. Man kann nicht nur sagen: Das sollte man anders machen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Kann es schlecht sein, Kollege Parnigoni, wenn unser Minister hergeht und über eine andere Form des Einsatzes unserer Kollegen nachdenkt, eine effizientere Form? Kann es schlecht sein, wenn wir darüber nachdenken, wie wir Österreichs Exekutivwerkstätten besser organisieren? Kann es schlecht sein, wenn wir darüber nachdenken, wie wir das Aus- und Fortbildungswesen unserer Exekutive anders organisieren? Meine Damen und Herren, kann es schlecht sein, wenn wir die Uniformbewirtschaftung besser organisieren? (Abg. Parnigoni: Kollege Miedl, das habe ich auch nicht beanstandet!)

All das sind Inhalte, die der Minister jetzt erstmals in Angriff nimmt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Und das ist gut so, meine Damen und Herren, weil dadurch Geld gespart wird, das wir in anderen Bereichen dringend brauchen.

Und eines will ich Ihnen wirklich nicht ersparen, weil es immer durchgeklungen ist und Kritik geübt wird am rot-weiß-roten Verhalten des Innenministers: Meine Damen und Herren! Bei mir selbst sind im Büro mehrere Kollegen weinend, mit Tränen in den Augen gesessen, weil sie einfach keine Chance gehabt haben, aufzusteigen und zu avancieren, wenn sie nicht das richtige Parteibuch hatten. Ich sage Ihnen, was herausgekommen ist. (Abg. Parnigoni: Kollege


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Miedl, das hält ja kein Mensch aus, was du da redest!) Herr Kollege Parnigoni, ich bin da so unbarmherzig, weil ich weiß, was da passiert ist. Das war staatsgefährdend. 14 Polizeidirektoren – natürlich SPÖ-Mitgliedschaft! Es gab 19 Zentralinspektoren – natürlich SPÖ-Mitglieder! 14 Kriminalinspektoren – natürlich SPÖ-Mitglieder! Acht Landesgendarmeriekommandanten – natürlich SPÖ-Mitglieder!

Und weil jetzt plötzlich diese Natürlichkeit unterbrochen wird und weil es plötzlich sozusagen auch anderen möglich gemacht wird, in die Chefetage aufzusteigen, gehen Sie her und unterstellen dem Minister automatisch, das sei nicht objektiv.

Meine Damen und Herren! Im Großen und Ganzen haben wir gute Vorgesetzte, und ich bin dankbar dafür, dass die Exekutive jetzt auch andere Vorgesetzte kennt als nur SPÖ-Leute. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Du hast alles bestätigt, was ich gesagt habe! Mehr wollte ich nicht wissen!)

19.50

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

19.50

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Einige Mysterien sind heute in dieser Debatte schon aufgetaucht. Der Herr Abgeordnete Dr. Bösch spricht vom Sicherheitsbericht, den wir jetzt schon seit geraumer Zeit diskutieren. Es steht heute leider kein Sicherheitsbericht zur Diskussion, sondern das Budget. Den Sicherheitsbericht diskutieren wir nämlich erstmals seit zirka 15 Jahren nicht in diesem Haus. Es wäre ein wunderbarer, ein sehr erfolgreicher Sicherheitsbericht gewesen, und ich finde es schade, dass er nicht diskutiert wird. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Petrovic. )

Und weil das Verhalten des neuen Innenministers immer so hoch gelobt wird, weil betont wird, dass er ein "rot-weiß-rotes Verhalten" an den Tag legt, frage ich mich, Herr Minister: Wie ist denn dieses "rot-weiß-rote Verhalten"? Wie schaut das "rot-weiß-rote Verhalten" aus? Das kann doch nicht nur so sein: Rot raus, schwarz rein! Das kann es nicht sein. Außerdem ist das der Bevölkerung auch völlig egal. Die Bevölkerung will nur eines, und das ist Sicherheit in diesem Land. Alles andere ist ihr egal. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Heute war immer wieder die Rede von Einsparungen, und Einsparungen mussten ja auch Sie machen, Herr Innenminister. In den drei Jahren von 2000 bis inklusive 2002 – das kann nicht wegdiskutiert werden – werden zirka 1,3 Milliarden Schilling eingespart. Das ist Faktum! Ich glaube Ihnen ja vieles, Herr Bundesminister, aber wenn Sie jetzt sagen, dass es Ihnen trotz Einsparung von einigen tausend Planposten gelingt, mehr Polizei auf der Straße zu haben, dann frage ich mich: Gelingt Ihnen die Quadratur des Kreises? Und auch wenn ich Ihnen viel glaube, bin ich überzeugt davon: Das gelingt nicht einmal Ihnen.

Sehr geehrte Damen und Herren! In Innsbruck erzeugen Sie große Unruhe – wobei ich Innsbruck nur als Beispiel für viele Städte Österreichs, für viele Gegenden Österreichs nehme –, denn dort sollen drei Polizeiwachstuben gesperrt werden. Ich habe es Ihnen schon einige Male gesagt und sage es wieder. (Abg. Kiss: Das sind Unterstellungen, die Sie dauernd machen! Das haben wir alles schon gehört!) Es geht um die Polizeiwachstube Reichenau, es geht um die Polizeiwachstube am Bahnhof, und es geht um die Polizeiwachstube auf der Hungerburg. Leider, sage ich jetzt, denn das sind Aktionen, die man in der Stadt nicht versteht.

Die Reichenau – ich habe es schon einmal erwähnt – ist ein Stadtteil, in dem 16 000 Menschen wohnen. Das ist ein sehr dicht besiedelter Stadtteil. Dort soll die Wachstube zugesperrt werden. Die Leute sind sehr verunsichert. Und nun hört man: Wir sind nicht zuständig. Der Herr Polizeidirektor Stattmann sagt, das ist eine Entscheidung des Ministers, das Ministerium sagt, das ist eine Entscheidung der Bundespolizeidirektion. Ich sage Ihnen eines: Hier wird die heiße Kartoffel hin und her geschoben. Die Leute sind beunruhigt. Es haben innerhalb von kurzer Zeit schon 1 500 Menschen unterschrieben, denn sie wollen in ihrem Stadtteil weiterhin dieses Gefühl der Sicherheit haben. – Aber sie bekommen keine Auskunft.


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67. Sitzung / Seite 163

Auch Ihr Ministerium, Herr Bundesminister, hält sich in Wirklichkeit seit einem halben Jahr bedeckt. Ich bitte Sie jetzt noch einmal darum: Setzen Sie ein Zeichen! Seien Sie Manns genug und sagen Sie: Ich stelle mich erstens vor den Sicherheitsdirektor – in diesem Fall den Herrn Mag. Stattmann –, ich entscheide zweitens so, wie die Bevölkerung es will, und schließe in diesem Fall die Polizeistation Reichenau nicht! – Das wäre eine schöne Sache. (Beifall bei der SPÖ.)

19.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Abgeordneter Reindl. – Bitte.

19.54

Abgeordneter Hermann Reindl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ein gigantischer Schuldenberg, hinterlassen von sozialdemokratischen Finanzministern und sozialdemokratischen Bundeskanzlern (Abg. Parnigoni: Und ÖVP! Und von ÖVP-Vizekanzlern!), zwingt natürlich auch das Innenressort zu gewissen Sanierungsmaßnahmen. Das Interessante dabei, Herr Kollege Parnigoni: Sozialdemokratische Abgeordnete stellen sich hier an das Rednerpult (Abg. Parnigoni: Ja!) und stellen Forderung um Forderung. (Abg. Parnigoni: Ja!) Ich frage Sie, meine Damen und Herren vom linken Reichsdrittel: Was haben Sie in den letzten 30 Jahren gemacht? Warum haben Sie nicht gehandelt? (Abg. Parnigoni: Wir haben gehandelt – im Gegensatz zu Ihnen!) Ihr habt in den letzten 30 Jahren durchgehend die Innenminister gestellt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Beamter ist nicht gleich Beamter, daher ist auch die Schaffung eines Exekutivdienstgesetzes mehr als gerechtfertigt. In der Person der Frau Vizekanzler Dr. Susanne Riess-Passer hat die Sicherheitsexekutive erstmals eine Partnerin, mit der dieses Vorhaben auch umgesetzt werden wird. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ihr werdet nicht lange lachen.

Ein Exekutivbeamter hätte im Falle eines längeren Krankenstandes einen erheblichen finanziellen Nachteil. Es würden nicht nur die Nebengebühren entfallen, er hätte auch noch eine Gehaltskürzung in einer Drittelhöhe zu verkraften. (Abg. Parnigoni: Kollege, wieso haben Sie das beschlossen?)

Frau Vizekanzler Dr. Susanne Riess-Passer wird auch hier, Herr Parnigoni, Abhilfe zugunsten der Exekutive schaffen. (Abg. Parnigoni: Wieso haben Sie das beschlossen?) Es wird nicht so sein, wie die Grün-Abgeordnete Haidlmayr heute gesagt hat, dass, wenn ein Exekutivbeamter krank wird, dieser wie eine heiße Kartoffel fallengelassen werden wird. Sie hat sogar von einer miserablen Behandlung gesprochen. (Abg. Parnigoni: Sie haben ja die Verschlechterungen beschlossen! Auch die Frau Riess-Passer hat die Verschlechterungen beschlossen!)

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé, Paul Kiss und Kollegen betreffend Vermeidung von Härtefällen für Exekutivbeamte im Krankheitsfall

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport wird ersucht, durch eine Änderung des § 13c des Gehaltgesetzes für Beamte sicherzustellen, dass es im Krankheitsfall zu keinen unzumutbaren Einkommensminderungen kommen kann.

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.57


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67. Sitzung / Seite 164

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Ich gebe bekannt, dass der eingebrachte Entschließungsantrag ausreichend unterstützt ist, in einem ausreichenden inhaltlichen Zusammenhang mit der Verhandlungsmaterie steht und daher mit zur Verhandlung genommen wird.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

19.57

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich glaube, die Kolleginnen und Kollegen der österreichischen Exekutive leisten für unsere Heimat und für die Österreicherinnen und Österreicher hervorragende Arbeit, und dafür gebührt ihnen unser gemeinsamer Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Lexer. )

Einige kurze Anmerkungen zu einigen Aussagen meiner Vorredner.

Kollege Reindl, vor 30 Jahren – und jeder Insider, zumindest aus dem Kreise der Exekutive, weiß das – habt ihr 280 Stunden gemacht, ohne Nebengebühren, ohne ein ordentliches Gehaltsschema, ohne ordentliches Dienstrecht. Also bitte jetzt nicht so zu tun, als ob in den letzten 30 Jahren nichts passiert wäre. Alle älteren Kolleginnen und Kollegen in der Exekutive wissen es, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist schon interessant, wenn man sich hier herstellt – er hört nicht zu, aber das soll mir auch recht sein, er hat dazumal auch nicht zugehört –, wenn man von Seiten der Regierungsparteien eine Verschlechterung für die Exekutive, aber natürlich für alle Kolleginnen und Kollegen des öffentlichen Dienstes beschließt. Ich habe von diesem Rednerpult aus alle eindringlich gewarnt und habe gesagt, die Exekutive trifft man mit diesem § 13c extrem stark. Beschlossen habt ihr es! Ich habe damals gefragt, wo denn die Freunde vom ÖAAB seien. Auf Tauchstation waren Sie alle, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ.)

Und dann wird in einer Fragestunde an die Frau Vizekanzlerin die Frage gestellt, wie Härtefälle gelöst werden sollen, und jetzt wird ein Antrag eingebracht, der das ja nur abschwächt. Die Härte bleibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich lade Sie ein: Heben wir diesen neuen Paragraphen jetzt noch auf! Geben wir den Kolleginnen und Kollegen und vor allem der Exekutive jene Chance, die wir ihr gemeinsam geben können! (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Wir wissen schon, dass die ÖVP weder in einer Regierung mit uns war noch sonst etwas. Ich möchte aber auf eines hinweisen: Jetzt können wir schon darüber diskutieren, auf welchem Sand Traiskirchen oder die SIAK gebaut worden sind, nur eines geht nicht, und darum ersuche ich in aller Form: Die ganze Region hier so darzustellen, als ob der Bezirk Baden oder die Region von der Infrastruktur her nicht in der Lage wären, die SIAK zu beheimaten, das lehne ich entschieden ab, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ.)

Über Folgendes können wir ebenfalls debattieren: Die ÖVP war bei der Standortfrage voll eingebunden. Sie haben in Ihrer vorigen Funktion zusammen mit Landeshauptmann Pröll für den Standort Traiskirchen optiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle haben es hier im Hause mehrmals gehört, wir haben es auch als Antwort auf schriftliche Anfragen gesagt bekommen. Herr Bundesminister! Die Stunde der Wahrheit wird kommen, und dann werden wir sehen, ob etwas zugesperrt, ob etwas zusammengelegt wird oder nicht. Dass die Diskussion quer durch Österreich geht, ist nicht von irgendwelchen linken Fanatikern ausgegangen, sondern diese Angelegenheit wird auch in ÖVP-Kreisen massiv diskutiert. Auch da bin ich neugierig, liebe Freunde vom ÖAAB, wie wir diese Diskussion gemeinsam abführen werden. (Beifall bei der SPÖ.)


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67. Sitzung / Seite 165

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte abschließend noch eines ansprechen und eine Bitte an alle Fraktionen richten. Ich lade Sie zu etwas ein, was ich schon beim Kapitel öffentliche Leistungen angesprochen habe. Wenn wir von Planstellen reden – und es sind nun einmal in der gesamten Periode über 2 000, die aus diesem Bereich wegrationalisiert werden sollen –, gibt es kein Wenn und Aber, denn dahinter stehen Menschen, Kolleginnen und Kollegen. Ich glaube, sie haben ein Recht darauf, dass sie von uns korrekt und fair behandelt werden, insbesondere die Kolleginnen und Kollegen von der Exekutive, die immer wieder mit ihrem Leben für unsere Sicherheit und die Sicherheit unserer Heimat eintreten! (Bravorufe und Beifall bei der SPÖ.)

20.02

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schweisgut. – Bitte.

20.02

Abgeordneter Johannes Schweisgut (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist zwar schon fast alles gesagt und von den Vorrednern mehrfach betont worden. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.) Aber zusammenfassend möchte ich doch noch einmal festhalten, dass es im vorliegenden Budgetkapitel trotz Sparmaßnahmen und trotz Reduktion der Gesamtzahl der Beamten zu keiner Einschränkung der Sicherheit gekommen ist. Durch Umstrukturierungen und Effizienzsteigerung ist die Sicherheit auf der Straße weiterhin optimal gegeben. Durch grundlegende Strukturänderungen ist die Sicherheit, glaube ich, sogar so groß wie nie zuvor. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Tatsache, dass bei der Sicherheit nicht gespart wird, ist gerade für Tirol von eminenter Bedeutung. Sie wissen, meine Damen und Herren, dass Tirol auf Grund seiner geographischen Lage als Transitland zwischen Deutschland und Italien liegt. Durch den Wegfall der Grenzen sowie durch das Inkrafttreten des Schengener Abkommens mussten in Tirol eine Menge Probleme bewältigt werden – Verkehrsbelastung, Schmuggel, Drogenkriminalität, Schlepperei und so weiter. Es war also ein sehr großer Problembereich gegeben.

Als Hilfestellung zur optimalen Bewältigung dieser Probleme wurde auf der A 12 in Kundl eine Kontrollstation eingerichtet, übrigens die erste in Österreich. Sie wurde im Vorjahr eröffnet und kostete zirka 15 Millionen Schilling. Finanziert wurde dieser Betrag vom Land Tirol und von der ASFINAG.

In dieser Kontrollstation werden Fahrzeuge von der Gendarmerie auf Überladung beziehungsweise technische Ausrüstung sowie die Abrechnung der Ökopunkte hin kontrolliert. Zusätzlich übernimmt die Zollwache auch abgabenrelevante Überprüfungen. Allein in den ersten neun Monaten ihres Bestehens hat sich diese Kontrollstation bestens bewährt. Ich möchte mich vor allem bei der Exekutive für die hervorragende Arbeit bedanken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen).

Ich möchte aber trotzdem auf einige Bereiche hinweisen, die einigermaßen problematisch zu sein scheinen. Aus Sicht der Wirtschaft betrifft das vor allem das sektorale Fahrverbot, das parallel zur Autobahn erlassen worden ist. Dadurch kommt es doch zu enormen Wartezeiten für viele LKW, die wegen einer kurzen Strecke von 20 Kilometern auf die Autobahn ausweichen müssen.

Das Höchstgewicht, das dort kontrolliert wird, ist insbesondere im lokalen Bereich – bei ganz geringen Übertretungen von wenigen hundert Kilo – zu einem Problem geworden. Insgesamt wurde in den ersten zwei Monaten bereits 1 Million Schilling an Strafen wegen Gewichtsübertretungen verhängt. Ähnliche Probleme gibt es auch bei der differenzierten Gewichtskontrolle; in Österreich ist es, im Gegensatz zu anderen Ländern, zum Teil üblich, einzelne Achsen zu verwiegen und nicht das Gesamtgewicht heranzuziehen.


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67. Sitzung / Seite 166

Trotzdem möchte ich sagen, dass sich diese Station zu einer wichtigen Einrichtung entwickelt hat. Vor allem ist auch festzustellen, dass die dort angebrachten Über-Kopf-Wegweiser hervorragend funktionieren.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Abschließend möchte ich betonen, dass ich die Kontrollstationen begrüße, weil sie einen enormen Beitrag zur Sicherheit Tirols leisten.

Frau Lichtenberger hat in ihrer Rede darauf hingewiesen, dass sie für höhere Strafen ist. Die Behauptung, mit der sie unterstellt hat, 20 000 S seien für Frächter ein "Taschengeld", richtet sich meiner Ansicht nach von selbst. Sicherheit ja, aber kein gezieltes Schröpfen der Transportwirtschaft! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das Ziel muss der Schutz der Bürger sein, aber nicht Strafen um jeden Preis. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.05

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwemlein. Herr Abgeordneter, 2 Minuten Restredezeit für Ihre Fraktion. – Bitte.

20.06

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Erstens und vorangestellt: Gehaltskürzungen bei den Beamten vorzunehmen, sie im Ministerrat zu beschließen und dann eine halbherzige Reparatur hier im Haus vorzunehmen – das ist die schlechteste Form von Motivation für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Exekutive! Das möchte ich einmal klar voranstellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zweiter Punkt: Herr Bundesminister! Sie kündigen eine Fülle von Reformen an. Ich nehme jetzt eine heraus, sie betrifft die Sicherheitsakademie. Wenn ich mir anschaue, wie diese Sicherheitsakademie von Ihnen verstanden wird und was Sie in der Marokkaner-Kaserne machen, so ist das bei Gott nicht das, was wir uns erwarten. Ich denke, dass eine österreichische Sicherheitsakademie sowohl für die Beamtinnen und Beamten eine Ausbildungsstätte zu sein hat als auch international eine Stätte der wissenschaftlichen Arbeit ist. Diese Form von Reform haben Sie noch nicht geschafft, Herr Bundesminister, aber die erwarten wir von Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich denke – und da wird es wohl keinen Widerspruch geben –, dass die Beamtinnen und Beamten in Österreich das Recht haben, eine Plattform vorzufinden, auf der Aus- und Weiterbildung in höchstem Maße und auf höchstem Niveau sichergestellt ist. Ich bitte Sie und fordere Sie auf, Ihren Beitrag zu leisten, damit weiterhin gewährleistet ist, dass die Beamtinnen und Beamten in Österreich einen Dienst für die Bürgerinnen und Bürger verrichten, der von Qualität gekennzeichnet ist, nicht jedoch – dem Ansatz nach, den Sie machen – von Gehaltskürzungen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.08

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. 1 Minute Restredezeit, Herr Abgeordneter. – Bitte.

20.08

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Ich habe gegen das Budget Inneres nichts einzuwenden, möchte aber auf das Problem, das Kollege Jung angesprochen hat, kurz eingehen.

Herr Kollege Pirklhuber von den Grünen hat vor wenigen Wochen die Republik Österreich als "Schweinestall, der ausgemistet gehört" bezeichnet. Ich habe ihn – nachdem er damals einen Ordnungsruf bekommen und sich bis heute nicht bei den Österreicherinnen und Österreichern dafür entschuldigt hat – heute in einem Zwischenruf aufgefordert, er möge sich entschuldigen. Daraufhin hat er Folgendes geantwortet: Fangen Sie nicht schon wieder an, Herr Kollege Pum


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67. Sitzung / Seite 167

berger, sonst kriegen Sie noch einmal eine aufs Dach. (Abg. Öllinger: Das war im übertragenen Sinn gemeint! – Weitere Zwischenrufe.)

Herr Kollege Pirklhuber! Ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich bei mir entschuldigen. (Abg. Haidlmayr: Er hat Ihnen nicht gesagt ...!) Ich erwarte mir von Ihnen, dass Sie sich endlich bei den Österreicherinnen und Österreichern für den Ausdruck "Schweinestall, der ausgemistet gehört" entschuldigen. Ich erwarte mir weiters von Ihnen, dass Sie Abstand nehmen von der Androhung von Gewalt gegen politisch Andersdenkende. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.09

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Redezeit aller Fraktionen ist bis auf eine Restminute ausgeschöpft. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Beratungsgruppe IV des Bundesvoranschlages für das Jahr 2002.

Diese umfasst das Kapitel 11 des Bundesvoranschlages in 500 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Gemäß § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die Abstimmung über die bei der Verhandlung der Beratungsgruppe IV des Bundesfinanzgesetzes eingebrachten Entschließungsanträge sogleich vorzunehmen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Parnigoni und Genossen betreffend Abschaffung der Gehaltskürzung im Krankheitsfall für Exekutivbeamte.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. (Abg. Parnigoni  – in Richtung Freiheitliche und ÖVP –: Wo seid ihr?)  – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Parnigoni und Genossen betreffend zusätzlich 1 000 Sicherheitsexekutivbeamte.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé, Kiss und Genossen betreffend Vermeidung von Härtefällen für Exekutivbeamte im Krankheitsfall.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 81.) (Abg. Haigermoser  – in Richtung SPÖ –: Geht ja eh!)

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 415/A bis 423/A eingebracht wurden.


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67. Sitzung / Seite 168

Ferner sind die Anfragen 2267/J bis 2284/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Mittwoch, den 4. April, um 9 Uhr mit folgender Tagesordnung ein:

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage 500 und Zu 500 der Beilagen: Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2002 samt Anlagen, 540 der Beilagen.

Zur Beratung kommen die Beratungsgruppe VII – Soziale Sicherheit und Generationen, Frauen, Jugend und Familie, Gesundheit –, die Beratungsgruppe XI – Finanzen –, der Text des Bundesfinanzgesetzes, Stellenplan und Fahrzeugplan sowie die Berichte des Immunitätsausschusses in 550 und 551 der Beilagen.

In dieser Sitzung wird keine Fragestunde stattfinden.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 20.12 Uhr