Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 44

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Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

"Bekämpfung der Rezession durch eine offensive Wachstums- und Beschäftigungspolitik"

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

9.14

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Herr Bundeskanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schon vor dem schrecklichen Anschlag am 11. September auf New York und Washington haben die internationalen Konjunkturdaten nicht unbedingt nach oben gewiesen, und es hat schon davor eine Diskussion darüber gegeben: Haben wir es mit einem globalen Konjunktureinbruch, mit einer Rezession zu tun oder nicht?

Spätestens seit diesem Zeitpunkt gibt es auch eine Diskussion darüber: Soll man und kann man etwas gegen einen solchen Konjunktureinbruch unternehmen?

In der Zwischenzeit ist, glaube ich, klargestellt – auch auf Basis der revidierten Wachstumsprognosen der österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitute und auf Basis der Ergebnisse des vergangenen Sommers –, dass es in diesem Jahr leider zu einer Halbierung unseres langjährigen durchschnittlichen Wirtschaftswachstums kommen wird, dass das erste Mal seit geraumer Zeit die Arbeitslosigkeit in unserem Lande wieder ansteigt und unter Umständen über 6 Prozent erreichen wird – und dass sich die Aussichten oder Hoffnungen, dass es über eine Stabilisierung der Wirtschaft in den Vereinigten Staaten von Amerika zu einer internationalen Konjunkturerholung kommen wird, leider nicht erfüllen werden, sondern dass man auf diese Erholung zumindest eine Zeit lang wird warten müssen.

Daher, meine sehr verehrten Damen und Herren, geht es heute nicht darum, in irgendein Krisengerede einzustimmen, sondern darum, klar der Realität ins Auge zu blicken und darüber zu diskutieren: Was kann die Politik dagegen tun?

Unsere Aufgabe als verantwortliche Politiker, Herr Finanzminister, ist nicht die von Meteorologen, das heißt, festzustellen, ob es am 31. Dezember minus vier oder plus zwei Grad haben wird, sondern der Unterschied zwischen Meteorologen und Politik besteht darin: Die Meteorologen können das Wetter nur prognostizieren – die Politik kann aber sehr wohl einen Beitrag dazu leisten, wie sich die Wirtschaft und die Arbeitsplätze entwickeln. – Und genau das fordern wir von Ihnen! (Beifall bei der SPÖ.)

Der Herr Bundeskanzler hat gestern gesagt, man müsse mit "Festigkeit an den Zielen festhalten". – Wenn man sich mit dieser Aussage beschäftigt, stellt sich die Frage: Was sind die Ziele? Ich bin der Meinung, dass es in der jetzigen wirtschaftlichen Situation vorrangigstes Ziel sein muss, dass es zu keinem Anstieg der Arbeitslosigkeit in Österreich und in Europa kommt, denn das Wichtigste für die Bevölkerung ist Arbeit als die Grundlage unserer Wertschöpfung und unseres Einkommens. Nach dieser Zielsetzung muss sich unserer Auffassung nach die Politik orientieren. (Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Zusammenhang wird immer vor kurzfristigem wirtschaftspolitischem Aktionismus gewarnt. Ein solcher ist auch meiner Meinung nach nicht angebracht, sondern es geht darum, das zu tun, was konjunkturpolitisch notwendig ist, was Beschäftigung in Österreich sichert und gleichzeitig den Wirtschaftsstandort Österreich aufwertet. Eine der Möglichkeiten, die hiefür immer bestehen, ist etwa, in Straßen- und Schieneninfrastruktur zu investieren.

Werte Mitglieder der Bundesregierung! Wenn man sich die Süd Autobahn an einem Montagmorgen ansieht, wenn man sich die West-Ost-Verbindungen in Österreich ansieht und sich vor


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