Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 169

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Seiten der Regierungsfraktionen eine Linie gefahren, die ein Negativsignal gegenüber den Beitrittsländern darstellt, das wir nicht vertreten können. (Beifall bei den Grünen.)

Ein zweiter Punkt, der ebenfalls eine Schwäche dieses Antrags ausmacht, so wie er von der SPÖ zu Beginn nicht gedacht war, ist, dass jetzt der Aspekt der Weiterentwicklung der EU zu einem gemeinsamen Raum der Freiheit, der Sicherheit, der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik eine vorrangige Stellung erhalten hat und der Aspekt der Grundrechte, der kulturellen Vielfalt, der Union des sozialen Dialogs und der sozialen Maßnahmen an eine zweitrangige Stelle gerückt ist.

Da komme ich noch einmal auf den Punkt der Sicherheit zu sprechen. Diese ist natürlich ein wichtiges Thema, aber ich muss hier noch einmal dem widersprechen, was auch Herr Kollege Spindelegger zuerst vor der Dringlichen Anfrage behauptet hat, nämlich dass wir diesen Bericht sehr wohl zugeleitet hätten bekommen. (Abg. Dr. Spindelegger: Ich habe nie behauptet, dass es zugeleitet wurde!) Mein Kollege hat es schon in der tatsächlichen Berichtigung klarzustellen versucht. Es ist eine eklatante Verletzung der Informationspflicht gegenüber dem Parlament, dass von Seiten des Außenministeriums bis heute der Bericht der französischen Präsidentschaft über die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik nicht zugeleitet wurde. Und da können Sie jetzt nicht sagen, wir haben ihn nicht, weil wir uns im Internet nicht auskennen. Wir haben das jetzt während der Dringlichen noch einmal überprüft, Herr Kollege: Das Einzige, was in diesen zugeleiteten Dateien zum Bericht enthalten ist, sind diese beiden Absätze. (Die Rednerin zeigt die Kopie eines Schriftstückes.) Zwei Absätze zu diesem 60-seitigen Bericht, nicht mehr! (Abg. Schieder: Der Bericht ist nicht da!) Es ist noch etwas enthalten, nämlich über Litauen: "Programs in the Fields of Training and Education".

Herr Kollege Spindelegger! Hier ist es so – und das betone ich noch einmal –, dass von Seiten des Außenministeriums die auf Grund der Verfassung bestehende Pflicht gegenüber dem Parlament verletzt wird. Ich beharre darauf, dass wir diesen Bericht zugeleitet bekommen, noch dazu, wo derzeit schon Minister Scheibner in Brüssel österreichische Truppenkontingente für die europäischen Truppen einmeldet – ohne dass der Nationalrat davon informiert ist, ohne dass hier darüber debattiert wird und ohne dass das vom Nationalrat beschlossen wurde!

Und der Ministerrat hat vergangene Woche einen Bericht des Außen- und Verteidigungsministeriums zur Kenntnis genommen – dieser Bericht hat den Ministerrat passiert –, aus dem hervorgeht, dass ab 2003 zusätzliche Budgetmittel für europäische Streitkräfte zur Verfügung gestellt werden. Wo ist die Debatte im Parlament dazu? Sie können diese Dinge nicht durchführen, ohne das Parlament damit zu befassen! Wenn europäische Streitkräfte mit österreichischen Soldaten beschickt werden sollen, dann muss vorher darüber im Parlament diskutiert werden. Wir haben weder die Unterlagen dazu noch darüber hier im Parlament debattiert. Das ist ein Bruch der Verfassung, Herr Bundeskanzler, den Sie aufzuheben haben! Ich fordere Sie auf, uns diese Unterlagen zukommen zu lassen, damit wir diese Angelegenheiten hier im Parlament debattieren können, und dass Sie in Zukunft solche Dinge nicht ohne Miteinbeziehung des Parlaments beschließen und vorantreiben!

Um zum Schluss zu kommen, noch einmal ein Ja zur Erweiterung der Europäischen Union und deswegen auch ein Ja zur Ratifizierung des Vertrages. (Beifall bei den Grünen.)

18.27

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Einem. – Bitte.

18.27

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Leider-nicht-Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Jung: Sprechen Sie vom SPÖ-Vorsitzenden?) Nein, ich spreche von dem Bundeskanzler, der vorhin noch hier saß und angeblich so ein großer Europäer ist, dass er sich für Nizza nicht hinreichend interessiert. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Achatz: Gott sei Dank sitzt er jetzt auf der Regierungsbank! ...! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Ja, menschenfeindlich, genau! So habe ich mir das immer schon vorgestellt, Frau Abgeordnete Achatz.


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