Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 225

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chen. Die Situation der Nationalbibliothek ist jedoch eine andere, und der Schritt in die Vollrechtsfähigkeit muss gründlich überlegt werden.

Meine Damen und Herren! Sie sprechen immer von Flexibilität. Ja, ich bin für diese Flexibilität. Ich frage mich nur: Hat es in der Teilrechtsfähigkeit nicht schon genug Flexibilität gegeben? Oder was ist das nächste Ziel? Welche Vorteile, welche Nachteile bringt eine Vollrechtsfähigkeit gegenüber einer Teilrechtsfähigkeit? Welche Vorteile sind das genau, bezogen auf die Nationalbibliothek und nicht vermischt mit den Museen? Und warum, Frau Ministerin, gibt es keine offizielle Begutachtung dieses Gesetzentwurfes?

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hoffe, dass es nicht wieder die Geschwindigkeit ist, die an erster Stelle steht, denn Sie wissen doch – ich glaube, Sie haben das bereits gelernt –: Speed kills.

Ich denke, es handelt sich hier um eine grundsätzliche gesellschaftspolitische Frage. – Die Frau Ministerin ist beschäftigt. (Bundesministerin Gehrer ist im Gespräch mit zwei Beamten.)  – Ich glaube, es ist eine grundsätzliche gesellschaftspolitische Frage: Orientieren wir uns nur mehr an wirtschaftlichen Aspekten, oder ist Kultur ein schützenswertes Gut? Wir haben das gestern gehört und diskutiert, und alle waren der Meinung, Kulturgüter seien schützenswert und zu verteidigen.

Ich denke, die Österreichische Nationalbibliothek ist ein wichtiger Bestandteil der österreichischen Kultur und unseres kulturellen Erbes. Als Gedächtnis Österreichs sollte die Nationalbibliothek sehr wohl ein Anliegen des österreichischen Staates bleiben, und der Staat sollte sich nicht vollständig verabschieden. (Abg. Parnigoni: Es ist ja völlig egal, was Sie sagen, die Ministerin hört nicht zu!) Vielleicht kann die Frau Minister jetzt meinen Ausführungen zuhören. (Bundesministerin Gehrer: Ich werde sehr genau zuhören!)

Die Nationalbibliothek mit über 6 Millionen Bestandsobjekten ist die größte und bedeutendste Bibliothek des Landes, daher kommt ihr auch besondere Bedeutung zu. Schützenswert heißt aber auch, dass die Nationalbibliothek nicht unter dem Sparkurs der Regierung zu leiden hat und finanziell ausgehungert wird. Das beinahe lächerlich niedrige Ankaufsbudget der Österreichischen Nationalbibliothek beträgt 10 Millionen Schilling, und sie gerät durch diese niedrige Summe international immer mehr ins Hintertreffen. Die Leiterin der Nationalbibliothek, Frau Johanna Rachinger, hat dieses Problem auch schon des Öfteren thematisiert.

Die Gefahr, dass die Bibliothek ihrem kulturpolitischen Auftrag nicht mehr wird nachkommen können, ist also durchaus real und ist ernst zu nehmen, und das macht mir Sorgen, meine Damen und Herren. Nur kurz ein Vergleich dazu: Die Bayerische StaatsBibliothek hat ein Literaturankaufsbudget von 133 Millionen Schilling. Die Gefahr, dass Lücken im Bestand zustande kommen, ist sehr groß. Ich meine, da beginnt ein Teufelskreis, der unserer Kultur wahrlich nicht gut tut.

Meine Damen und Herren! Daher können wir der vorliegenden Vorlage nicht zustimmen, denn sie ist uns einfach zu wenig durchdacht und überlegt, und wir sind einfach in Sorge um die Nationalbibliothek und in Sorge um den kulturpolitischen Auftrag dieser Institution.

Daher möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen und Genossinnen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, durch eine zweckgewidmete Sonderfinanzierung das Ankaufsbudget der Österreichischen Nationalbibliothek auf ein dem internationalen Vergleich angemessenes Niveau anzuheben.

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