Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 95. Sitzung / Seite 44

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

10.39

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Es ist selten genug, dass über Parteigrenzen hinweg hier weitgehende Einigkeit über eine Gesetzesvorlage herrscht. Ich finde das insgesamt sehr positiv, denn je bunter der Bildungssektor für unsere Jugend ist, desto gezielter hat sie die Möglichkeit, gemäß ihren Neigungen und Begabungen aus einer Fülle von Angeboten auszuwählen und auch das Richtige zu treffen.

Es ist zutreffend, dass Fachhochschulen eine gute und zukunftsweisende Investition und Innovation waren, aber trotzdem sollte man da einige Dinge ansprechen.

In diesem Gesetz gibt es im Prinzip keine Probleme zu den drei wesentlichen Punkten: erstens zur Einführung des Bakkalaureates, zweitens zu Fragen der Standortentscheidungen – da ist es vielleicht etwas differenzierter – und drittens zur Frage der Anrechenbarkeit dieser Studiengänge.

Bezüglich des Bakkalaureates war es sinnvoll, die Durchlässigkeit zwischen Universität und Fachhochschulen zu erhöhen. Viele werden mit der Zeit klüger, kommen auf Dinge drauf, die sie vorher nicht gewusst oder geahnt haben, und können so leichter umsteigen und wechseln. Ich finde es des Weiteren auch aus Gründen der Anrechenbarkeit im EU-Raum sinnvoll.

Wenn ich mir anschaue, was man mit den Fachhochschulen einmal bezwecken wollte, nämlich eine strenge berufsspezifische Ausbildung, massiv praxisorientiert, von Überfrachtungen befreit, möglichst viel in kurzer Zeit in einem eher schulischen Lernsystem zu erreichen, dann muss ich sagen: Das alles ist ganz positiv! Aber wenn ich mir anschaue, wie lange die Studiengänge dauern, dann muss ich die Sinnhaftigkeit hinterfragen, denn das Bakkalaureat dauert schon sechs Semester, für das Magisterium kommen zwei bis sogar vier Semester dazu, und ein Diplomstudium dauert auch acht bis zehn Semester. Da frage ich mich, ob wir uns nicht langsam den Kopf darüber zerbrechen sollten, wo da Ähnlichkeiten zum Universitätsstudium sind, wo da Grenzen verschwimmen. Man muss überlegen, was Aufgaben von universitären Studiengängen sind und was Fachhochschulen wirklich vermitteln sollen. Da scheint mir jetzt einiges ein bisschen durcheinander zu kommen.

Man muss sich auch Gedanken machen, wenn die Bundesregierung plant, dass 50 Prozent aller Schulabsolventinnen und Schulabsolventen, die die Matura geschafft haben und tertiäre Bildung konsumieren oder sich aneignen wollen, aus dem Fachhochschulbereich kommen können. (Abg. Dr. Brinek: Das war Gusenbauer!) – Nein, das ist nicht nur von Herrn Gusenbauer so gesagt worden, die Regierung hat ursprünglich von einem Drittel gesprochen, dann von 50 Prozent.

Das mag vielleicht ganz gut sein, ich frage mich aber, ob man dann nicht auch darüber reden muss, ob dieser Ausbau auf Kosten der Universitäten oder zu Lasten der Universitäten gehen wird oder ob das wirklich ein additives Angebot ist, denn sonst wird der Wettbewerb etwas unfair.

Diese Konsenspolitik im Fachhochschulbereich kommt meiner Meinung nach nicht zuletzt deswegen, weil man in der Diskussion mit den Fachhochschulen etwas freundlicher, aufgeschlossener und etwas fairer umgegangen ist als mit den Universitäten. Ich werde das vielleicht in meiner nächsten Rede erläutern können. (Abg. Dr. Brinek: Nein, das kann man nicht sagen!)

In der Argumentation nicht ganz sauber blieb, muss ich sagen – bei all seiner Kompetenz –, der Fachhochschulrat, als über Drop-out-Raten gesprochen wurde. Drop-out-Rate bedeutet: Wie viele Studienabbrecher gibt es in der Fachhochschule, und wie vergleicht man das mit der Universität? Da kommen die Fachhochschulen auf ganz sensationelle Ergebnisse. Es heißt, fast alle, die angefangen haben, kämen da durch, und auf der Uni sei diese Bilanz so katastrophal.


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