Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 98. Sitzung / Seite 172

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wisse Rechte zuerkannt wurden, dass erst dadurch zuerkannt wurde, dass ihre Problemstellung auch unter die Kategorie Menschenrechtsverletzung fällt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erinnere daran, dass die Sudetendeutschen – eine Volkszählung aus dem Jahre 1921 belegt das sehr deutlich – immerhin fast 24 Prozent der damaligen tschechischen Bevölkerung ausgemacht haben, während beispielsweise die Slowaken nur 15,43 Prozent der damaligen tschechischen Bevölkerung ausgemacht haben. Für uns ist es ganz selbstverständlich, dass es heute einen unabhängigen Staat Slowakei gibt, aber auf der anderen Seite verwehren wir tatsächlich den Sudetendeutschen ihre Ansprüche, die auch jetzt noch nicht erloschen sind. Ich rede da nicht von einer Rückübertragung von Eigentum.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir als Bürgermeister ist bewusst, dass eine Rückübereignung nach 60 oder 70 Jahren in Österreich nicht funktionieren würde, wenn es um einige Quadratmeter Grund ginge. Mir ist auch bewusst, dass es dann, wenn es um mehr als 30 000 km² Grund geht, mit großen Schwierigkeiten verbunden, ja geradezu unmöglich ist, dieses Kapitel tatsächlich zur Zufriedenheit aller, zumindest jener, die damals enteignet worden sind, abzuhandeln.

Aber ich glaube eines: Es wäre nicht zu viel verlangt, wenn eingestanden werden müsste, dass den Sudetendeutschen erstens durch die Vertreibung großes Unrecht zugefügt wurde und zweitens die Enteignung ganz sicherlich auch Entschädigungen nach sich ziehen muss. Ich rede nicht von der Höhe, sondern davon, dass diese Art der Enteignung entschädigt werden muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir uns in einer Wertegemeinschaft Europa finden wollen, dann müssen wir, glaube ich, in Hinkunft über derartige Probleme ohne größere Ressentiments reden können. Das erwarte ich mir. Nur: Mit den derzeitigen Instrumenten wird uns das wahrscheinlich nicht möglich sein. Daher glaube ich, dass wir – gerade das Kapitel Temelín, aber auch das Kapitel Sudetendeutsche zeigen das sehr deutlich – eine größere Ordnung brauchen, um ähnliche Problemfälle in der Zukunft tatsächlich abhandeln zu können.

In diesem Sinne hoffe ich, dass wir uns alle hier im Plenum darin einig sind, dass uns das Kapitel Sudetendeutsche in Hinkunft noch intensiv wird beschäftigen müssen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.46

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

19.46

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Es ist dies eine sehr ruhige Debatte zu vorgerückter Stunde. Erlauben Sie mir, Frau Bundesministerin, vorweg zu sagen, dass uns allen in den Reihen der Grünen Ihre Ausführungen sehr gefallen haben, dass sie uns sehr beeindruckt haben, jedenfalls mich. Ich hatte den Eindruck, dass das, was Sie hier heute gesagt haben, auch wirklich das ist, was Sie empfinden oder was Ihrer Motivation entspricht, sich auch für Einzelfälle einzusetzen.

Ich darf in dieser so sachlichen und ruhigen Atmosphäre meiner Hoffnung darüber Ausdruck geben, dass Sie in Hinkunft öfters in dieser Art und Weise agieren und dass Sie so manchen Rat oder so manche Information, die gefiltert an Sie herangetragen wird, einer eigenen Überprüfung unterziehen, denn dann ist, glaube ich, das Ergebnis, wenn es so ähnlich wie heute ist, um vieles besser. (Beifall bei den Grünen.)

Die einzelnen Anträge sind im Ausschussbericht erwähnt. Ich denke, dass es viele Abgeordnete hier im Hohen Haus gibt, die sich meistens aus irgendeiner Zufälligkeit heraus – man geht beispielsweise zu einer Veranstaltung und lernt dort Leute kennen – in einer bestimmten Menschenrechtsthematik besonders engagieren und dann oft auch Dinge erfahren, von denen sie vorher nichts wussten. Ich kann das von mir jedenfalls sagen.


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