335/AB XXII. GP

Eingelangt am 17.06.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfragebeantwortung

Bundesministerium

für Verkehr,

Innovation und Technologie

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 317/J-NR/2003 betreffend Gefährdung für
AnrainerInnen durch unzureichende Berücksichtigung der Seveso-ll-Richtlinie insbesondere im
Luftfahrtrecht, die die Abgeordneten Lichtenberger und FreundInnen am 16.4.2003 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

Fragen 1, 3, 4 bis 6:

Ist es mit der Seveso-ll-Richtlinie vereinbar, dass über nach dieser Richtlinie eingestufte Betriebe
Einflugschneisen bzw. Abflugrouten führen, wie es u.a. in Linz-Hörsching der Fall ist?

Gibt es derzeit a) für sie, b) für andere Stellen eine rechtliche Möglichkeit, Überflüge über Seveso-
Il-Betriebezu unterbinden?

Streben Sie die Herstellung einer solchen Möglichkeit im Rahmen des Luftfahrtrechts an, und
wenn nein, warum nicht?

Wenn nein: Wie ist dies mit den über das Flächenwidmungswesen hinausreichenden
Verpflichtungen u.a. aus Artikel 12 Absatz 1 der Seveso-ll-Richtlinie vereinbar?

Ist es Ihrer Ansicht nach mit der Seveso-ll-Richtlinie, u.a. mit Artikel 12 Absatz 1, vereinbar, dass
in Linz keine zielführenden Bemühungen zur Absiedlung der in der Einflug- bzw. Abflugschneise
liegenden Seveso-ll-Betriebe erfolgen?

Antwort:

Die Standortplanung für Gewerbebetriebe und Industrieanlagen udgl. außerhalb der jeweiligen
Flugplatzgrenzen fällt nicht in die Raumplanungskompetenzen des Bundes, sondern vielmehr in
die Fachplanungskompetenz der Länder und (im Rahmen der örtlichen Raumplanung) in die
Kompetenz der Gemeinden. Weiters liegt die Genehmigungskompetenz für Seveso-ll-Betriebe
nicht beim bmvit oder anderer Luftfahrtbehörden. Es kann somit von Seiten meines Ressorts oder
anderer Luftfahrtbehörden keinerlei Einfluss darauf genommen werden, dass im Bereich der An-

und Abflugrouten eines Flugplatzes Seveso-ll-Betriebe angesiedelt werden. Es liegt vielmehr bei
den für die Raumplanung zuständigen Gebietskörperschaften bzw. bei den für die Bewilligung der
Seveso-ll-Betriebe zuständigen Behörden, die Vereinbarkeit der jeweiligen Lage der Betriebe mit
der Seveso-ll-Richtlinie zu prüfen und - falls diese nicht gegeben ist - die notwendigen
Maßnahmen zu setzen.

Frage 2:

Welche weiteren derartigen Situationen - regelmäßige Überflüge in geringer Höhe über Seveso-ll-
Betriebe - sind Ihnen aus der Umgebung der Flughäfen und Flugplätze in Österreich bekannt?

Antwort:

Keine.

Fragen 7 bis 11,14 und 16:

Wie wird im Luftfahrtbereich dem in der Seveso-ll-Richtlinie geforderten Informationsaustausch mit
der EU-Kommission über richtlinienrelevante "Beinaheunfälle" Rechnung getragen, die es in Linz
wie auch in Wien im Zusammenhang mit Luftfahrzeugen bereits gegeben hat?

Zu welchen derartigen Vorfällen wurden der Kommission seit Inkrafttreten der Seveso-ll-Richtlinie
Informationen übermittelt, und welche Ergebnisse zeitigte dieser Erfahrungsaustausch?

Sind im Fall von Änderungen der Gegebenheiten der Luftfahrt, wie etwa neuen Flugrouten, neuen
Anflugverfahren oder neuen zum Einsatz kommenden Luftfahrzeugen, Anpassungen des
Unfallverhütungskonzeptes der unter den Flugwegen liegenden Seveso-ll-Betriebe erforderlich
und wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, wie laufen diese Anpassungen ab?

Welche Möglichkeiten der Mitwirkung hat die Öffentlichkeit dabei im Sinne von Art. 13 Abs. 5 der
RL 96/82/EG?

Wo und wie erlangt ein Flughafen- bzw. Flugplatzbetreiber offiziell Kenntnis über Seveso-ll-
relevante Einrichtungen und Aktivitäten in seinem Umfeld, auch über direkt anrainende Parzellen
hinaus?

Wo und wie erlangt ein im Umfeld von Flughäfen/Flugplätzen situierter Seveso-ll-Betrieb im
Hinblick auf seine Verpflichtung nach Artikel 6 Absatz 2 lit g) der Seveso-ll-Richtlinie offiziell
Kenntnis über in seiner Umgebung stattfindende Änderungen der Praktiken im Luftfahrtbereich,
wie zB Änderungen von Flugwegen, Anflugverfahren oder zum Einsatz kommenden
Luftfahrzeugen?

Antwort:

Die angesprochenen Seveso-ll-Betriebe liegen außerhalb der Flugplatzgrenzen und fallen daher
nicht in den Kompetenzbereich meines Ressorts.

Frage 12:

Welche sonstigen Anpassungs- und Gefahrenvorbeugungsschritte erfolgen in den in Frage 8
erwähnten Fällen?

 

Antwort:

Ich darf hierzu auf die Beantwortung zu Frage 1 verweisen.

Frage 13:

Mittels welcher Maßnahmen hat Österreich im Sinne von Artikel 8 Absatz 2 der Seveso-II-Richtlinie
sichergestellt, dass die nötigen Schritte zwischen Seveso-ll-Betrieben und Luftfahrt zur
Vermeidung eines Dominoeffektes im Unglücksfall erfolgen?

Antwort:

Diese Maßnahmen liegen nicht im Kompetenzbereich des bmvit.

Frage 15:

Wo und wie erlangt die luftfahrtrechtliche Behörde offiziell Kenntnis über Seveso-ll-relevante
Einrichtungen und Aktivitäten in diesem Umfeld von Flughäfen/Flugplätzen?

Antwort:

Die Luftfahrtbehörden werden von den Behörden, die für die Bewilligung der Seveso-ll-Betriebe
zuständig sind, im Rahmen der konzentriert durchgeführten Genehmigungsverfahren in Kenntnis
gesetzt, wenn die Anlagen gemäß den luftfahrtrechtlichen Bestimmungen als Luftfahrthindernisse
gelten. Eine diesbezügliche Bewilligungskompetenz der Luftfahrtbehörden für Seveso-ll-Betriebe
besteht auf Grund der in den anzuwendenden Gesetzen (GewO, UVP-Gesetz, AWG,...)
normierten Verfahrenskonzentrationen jedoch nicht.

Fragen 17 und 18:

Werden Sie bei der Novellierung des Luftfahrtgesetzes bzw. in anderen luftfahrtrechtlichen
Regelungen für Bestimmungen eintreten, die zur Beendigung der Überflüge in geringer Höhe über
Seveso-ll-Betriebe führen, wenn ja, für welche Bestimmungen, wenn nein, warum nicht?

Werden Sie gemeinsam mit dem Wirtschaftsminister dafür sorgen, dass zu bestehenden und
künftig entstehenden Gefahrenpotentialen aus der Kombination von Seveso-ll-Betrieben und
Luftfahrt ein auch für die Öffentlichkeit zugänglicher Informationsaustausch und eine risiko-
minimierende rechtliche Lösung etabliert wird?

Antwort:

Nein, da die Standortplanung und Genehmigung von Seveso-ll-Betrieben außerhalb der
Flugplatzgrenzen nicht im Kompetenzbereich des bmvit liegt (siehe auch Beantwortung der
Frage 1). Es müsste vielmehr in den die örtliche Raumplanung bzw. die Genehmigung der
Seveso-ll-Betriebe regelnden gesetzlichen Bestimmungen vorgesehen werden, dass eine
Situierung dieser Betriebe im Umfeld von Flugplätzen zu unterlassen wäre.

Fragen 19 und 20:

Welche Schritte werden Sie setzen, um Seveso-ll-Standards in die luftfahrtrechtlichen
Genehmigungsverfahren von mit gefährlichen Stoffen hantierenden bzw. versehenen Anlagen und
Bodeneinrichtungen innerhalb der Flughafenareale selbst zu integrieren?

Wann werden Sie dem sonstigen im Bereich des Luftfahrtrechtes seit dem Inkrafttreten der
Seveso-ll-Richtlinie bestehenden Umsetzungsbedarf nachkommen?


Antwort:

In der derzeit laufenden Novelle des Luftfahrtgesetzes ist eine Integration der Seveso-lI-Standards
für Betriebe innerhalb der Flugplatzgrenzen vorgesehen.

Frage 21:

Welche Vorgaben der Seveso-ll-Richtlinie werden Sie dabei in welcher Weise umsetzen?

Antwort:

Bei der Umsetzung der Seveso-ll-Richtlinie erfolgt eine Anlehnung an die diesbezügliche
Umsetzung in der Gewerbeordnung.

Fragen 22 und 23:

Wann werden Sie dem im Bereich des Eisenbahngesetzes seit dem Inkrafttreten der Seveso-ll-
Richtlinie bestehenden Umsetzungsbedarf nachkommen?

Welche Vorgaben der Seveso-ll-Richtlinie werden Sie dabei in welcher Weise umsetzen?

Antwort:

Gegenstand eines Eisenbahnunternehmens ist im Wesentlichen die Errichtung und Erhaltung der
Schieneninfrastruktur sowie im Rahmen eines ordnungsgemäßen Eisenbahnverkehrs und
Eisenbahnbetriebes die Beförderung von Personen und Gütern zu bewerkstelligen sowie die
Durchführung der dazu erforderlichen Tätigkeiten.

Betriebe im Sinne der Seveso-ll-Richtlinie, in denen die in den Anhängen dieser Richtlinie
angeführten gefährlichen Stoffe in den dort angegebenen Mengenschwellen vorhanden sind, sind
zur Abwicklung des Eisenbahnverkehrs und zur Ordnung des Eisenbahnbetriebes bzw. für
Tätigkeiten, die diesen beiden Bereichen zuzuzählen sind, absolut nicht erforderlich, und daher
auch schon zum heutigen Zeitpunkt im Eisenbahnbereich nicht existent. Derartige Betriebe sind
daher nicht dem Begriff „Eisenbahnanlagen" zu unterstellen und würde somit auch die für ihre
Errichtung und Betrieb notwendigen eisenbahnrechtlichen Genehmigungen nicht erteilt werden.
Sollten im Eisenbahnbereich derartige Betriebe angesiedelt werden, ist auf diese die
Gewerbeordnung 1994 anzuwenden.

Was die über die zeitlich begrenzte Zwischenlagerung gefährlicher Stoffe auf der Schiene
hinausgehende Lagerung solcher Stoffe anbelangt, so wird die Rechtsansicht vertreten, dass eine
solche Lagerung, überhaupt wenn kein Zusammenhang mit einem Beförderungsvertrag gegeben
ist, nicht unter die Regelungszuständigkeit des Eisenbahngesetzes 1957 fällt. Eine derartige
Lagerung könnte, wenn Gewerbsmäßigkeit vorliegt, dem Regelungsregime der Gewerbeordnung
1994 unterliegen.

Aus diesen Gründen sehe ich keine Notwendigkeit, eine Initiative zur Umsetzung der Seveso-ll-
Richtlinie durch Änderung des Eisenbahngesetzes 1957 einzuleiten.

Fragen 24 und 25:

Wann werden Sie dem im Bereich des Schifffahrtsgesetzes seit dem Inkrafttreten der Seveso-ll-
Richtlinie bestehenden Umsetzungsbedarf nachkommen?


Welche Vorgaben der Seveso-ll-Richtlinie werden Sie dabei in welcher Weise umsetzen?

Antwort:

Die Implementierung der Richtlinie 96/82/EG wird durch eine Änderung der Schifffahrts-
anlagenverordnung, BGBI. Nr. 334/1991 i.d.g.F. erfolgen, mit der die Lagerung brennbarer
Füssigkeiten in schwimmenden Anlagen untersagt wird.

Diese Verordnung wurde bereits ausgearbeitet und soll im zweiten Halbjahr 2003 erlassen werden.