Minderheitsbericht

der Abgeordneten Dr. Cap, Heidrun Silhavy, Lackner

gemäß § 42 Abs. 4 GOG

zum Bericht des Budgetausschusses über das Budgetbegleitgesetz 2003

 

 

Die sozialdemokratische Parlamentsfraktion lehnt die Regierungsvorlage des Budgetbegleitgesetzes 2003 (59 d.B.) in der Fassung des Abänderungsantrags der Abgeordneten Ellmauer, Dolinschek und Kollegen insbesondere aus folgenden Gründen ab:

 

 

Das vorliegende Budgetbegleitgesetz stellt gemeinsam mit den Sparpaketen der Jahre 2000 und 2001 das größte Belastungspaket in der zweiten Republik dar. Bundeskanzler Schüssel und Finanzminister Grasser tragen sich damit als größter Belastungskanzler und größter Belastungsfinanzminister in die Geschichte der 2. Republik ein.

 

Während die Regierungspropaganda noch von Entlastungen und nicht garantierten Steuersenkungen spricht, rollt eine Belastungswelle über die Österreicherinnen und Österreicher hinweg, die kumuliert unter Berücksichtigung auch der stattfindenden Entlastungen (Einkommenssteuersenkung, Steuerprivilegien für Freiberufler, etc.) über die Jahre 2004 bis 2007 mehr als 2 Milliarden € (2.179,8 Mio. €) schwer ist (s. auch beil. Tabelle). Die Summe erhöht sich noch erheblich in den Folgejahren, weil im Bereich der Pensionskürzung immer neue Betroffene entstehen und einzelne Maßnahmen erst im Lauf der nächsten beiden Jahrzehnte verschärft greifen und ihre entsprechende Wirkung entfalten. Nicht berücksichtigt sind ferner die neuen Selbstbehalte in der Krankenversicherung, deren Festsetzung die Regierung auf die Krankenversicherungsträger abgeschoben hat, sodaß das Ausmaß dieser von der Regierung ausgelösten Belastung noch nicht bekannt ist.

 

Während die Regierungspropaganda verschweigt, dass sie in den Jahren 2004 bis 2007 den ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen mit kumuliert mehr als 2,5 Milliarden € die größte Belastung in der 2. Republik zumutet, werden Unternehmer, Freiberufler und Frächter im selben Zeitraum unter Einrechnung der auch sie treffenden Belastungen kumuliert um rund 400 Millionen € entlastet. Das ist die größte Umverteilung von Beziehern kleiner und mittlerer Einkommen zu gut verdienenden Unternehmern, die jemals in Österreich stattgefunden hat. Dieses Faktum wird noch dadurch verschärft, dass die für 2005 angekündigte Steuerreform laut Regierungsprogramm ebenfalls überwiegend den Unternehmen zugute kommen soll.

 

Unter dem Deckmantel behaupteten Reformdrucks in der Pensionsversicherung  schafft sich die Regierung Budgetspielräume, um ihre Klientel zu entlasten und ihre fragwürdigen politischen Schwerpunkte zu finanzieren. Es geht daher bei den Maßnahmen nicht wie behauptet um Reformen, etwa im Bereich der Pensionen oder in der Verwaltung, sondern um rasche Geldbeschaffungsaktionen für die nötigen Budgetspielräume, um in Ruhe umzuverteilen bzw. rechtzeitig vor den nächsten Wahlen einen Teil der heute den Österreicherinnen und Österreichern aufgebürdeten Belastungen als Steuergeschenke wieder zurückzugeben.

 

Die Regierung verschweigt in diesem Zusammenhang, dass auch ohne Maßnahmen der Anteil der Gesamt-Aufwendungen in der gesetzlichen Pensionsversicherung gemessen am Volkseinkommen sinkt. Es gibt daher entgegen der Regierungspropaganda in den nächsten Jahren auch keine Kostenexplosion, weil die Reformmaßnahmen der 90er Jahre zu greifen beginnen. Gesamtaufwendungen sinken in der gesetzlichen Pensionsversicherung (ASVG, GSVG, BSVG) von 11,1% des BIP 2003 auf auch in den Folgejahren gleichbleibende 10,7% des BIP ab 2005.

 

Die Regierung verschweigt ferner in diesem Zusammenhang, dass im ASVG der Bundeszuschuß schon 2004 auch ohne zusätzliche Kürzungen sinkt, und zwar von 2,0% des BIP 2003 auf gleichbleibende 1,8% des BIP von 2004 bis 2007. Sie verschweigt, dass im GSVG der Bundeszuschuß auch ohne zusätzliche Kürzungen stabil bleibt, und zwar bei 0,5% des BIP in den Jahren 2003 bis 2007. Und sie verschweigt, dass im BSVG der Bundeszuschuß auch ohne zusätzliche Kürzungen stabil bleibt bzw. geringfügig sinkt, und zwar von 0,6% des BIP in den Jahren 2003 bis 2006 auf 0,5% des BIP im Jahr 2007.

 

Die geplanten Pensionskürzungen im ASVG um 0,4% des BIP sind daher eine reine Geldbeschaffungsaktion. Das eigentliche, wahre Regierungsziel ist es, aus dem Bereich der Pensionsversicherung eine Milliarde Euro für das Budget im Jahr 2007 zu holen – für Abfangjäger, mehr Bürokratie, Steuerprivilegien für Freiberufler, zu teuer und zu früh pensionierte Beamte sowie Steuergeschenke für Privatpensionen.

 

In erster Linie müssen daher die ASVG-Versicherten die in anderen Bereichen tatsächlich stattfindenden Kostenexplosionen bezahlen.

Denn die Ausgaben für die Verwaltung steigen nach Angaben des Finanzministeriums aufgrund der Mutlosigkeit, Untätigkeit bzw. Reformunfähigkeit der Regierungen Schüssel I und II von 2003 bis 2007 um 1.320 Mio. € oder rund 0,5% des BIP.

Die Ausgaben für die Beamtenpensionen steigen nicht zuletzt wegen der größten Beamten-Frühpensionierungs- „Aktion 55“ der Regierung Schüssel I von 2003 bis 2007 ohne Maßnahmen um 1.050 Mio. € bzw. rund 0,4% des BIP und selbst mit den nun vorgelegten Maßnahmen der Regierung noch um mehr als 800 Mio. € bzw. rund 0,35% des BIP.

Die Ausgaben für die Landesverteidigung sollen nach Regierungsangaben bis 2007 um rund 0,2% des BIP bzw. 500 Mio. € steigen.

Die Steuererleichterung für Freiberufler und andere gutverdienende Unternehmer wird dem Budget 2007 380 Mio. € oder rund 0,15% des BIP kosten.

Die Steuerbegünstigung und Prämien für die private Pensionsvorsorge wird dem Budget 2007 rund 220 Mio. € oder 0,1% des BIP kosten.

 

Unterm Strich kosten also die Versäumnisse und die Klientelgeschenke von Schüssel und Grasser im Jahr 2007 fast eineinhalb Prozent des BIP (1,3% BIP) oder rund 3,2 Milliarden Euro. Das ist der Grund, warum jetzt die Arbeitnehmer und unter Missachtung des Vetrauensgrundsatzes die Pensionisten zur Kasse gebeten werden. – Noch einmal zum Vergleich: die Kürzung im Bereich der Pensionen (gesetzliche und Beamtenpensionen) bringt 2007 rund 0,45% des BIP oder rund 1,1 Milliarde Euro.

 

Die SPÖ tritt im Unterschied zu den von Schüssel geführten Regierungen gegen eine Politik ein, der Belastung für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen, während Gut- und Bestverdiener entlastet werden. Diese rücksichtslose Klientelpolitik von Schüssel und Grasser gefährdet den sozialen Zusammenhalt in Österreich.

 

Die SPÖ tritt für tatsächliche Strukturreformen ein, die mittel- und langfristig zum Umbau der Systeme führen, sowohl im Bereich der Verwaltung, als auch im Bereich der Kranken- und Pensionsversicherung. Die SPÖ tritt in diesem Zusammenhang für ein einheitliches Pensionssystem für alle mit dem Ziel ein, Privilegien zu beseitigen, die Beitrags-Lasten gleichmäßig und gerecht zu verteilen, gleiche Leistungen für gleiche Beiträge zu garantieren, die steigende Lebenserwartung zu berücksichtigen, den Lebensstandard für alle gerecht zu sichern sowie dafür das Umlage-Verfahren abzusichern.

 

Abgesehen von den enormen Belastungen, die die Budgetbegleigesetze enthalten, sind diese auch eine herbe Enttäuschung für die österreichische Wirtschaft und den Wirtschaftsstandort Österreich.

 

Eine budgetäre oder steuerliche Unterstützung der Konjunktur, wie sie von unzähligen Vertretern aus Wirtschaft und Wissenschaft angesichts der auch weiterhin lahmen Konjunktur immer nachdrücklicher eingemahnt wird, ist nicht vorgesehen. Damit fehlen auch weiterhin wichtige Impulse für Wachstum und Beschäftigung sowie Investitionsanreize.

 

Die Fehler der Regierung Schüssel I werden nahtlos vom Finanzminister weiter fortgesetzt. Österreich wird damit in der EU noch mehr auf die Kriechspur geraten und die österreichsiche Wirtschaft mit hausgemachten negativen Effekten für Wachstum, Beschäftigung und Realeinkommen belasten. 

 

Es sind schließlich nicht nur keine nachvollziehbaren Initiativen zum notwendigen Ausbau von Forschung und Entwicklung, von Aus- und Weiterbildung, oder der Vorbereitung Österreichs auf die EU-Osterweiterung, insbesondere der Grenzlandförderung oder des Ausbaus der Telekom- und Verkehrsinfrastruktur erkennbar. Es werden die Zukunftschancen des Wirtschaftsstandortes Österreich auch noch dadurch geschmälert, als die Regierung den Total-Ausverkauf von für Österreich wichtigen Schlüssel-Industrien ans Ausland plant. Damit drohen Head-Quarters, Forschung und Entwicklung und langfristig auch hochqualifizierte Arbeitsplätze ins Ausland abzuwandern.   



 

Die Budget-Wahrheit  -  Belastung statt Entlastung

 

 

 

 

 

 

 

in Mio Euro

2003

2004

2005

2006

2007

Summe 04-07

Steuerentlastung EstG (Steuersenkung kleine Eink./nichtentn. Gewinn)1)

 

-329,0

-601,0

-793,0

-793,0

-2.516,0

 

Entfall der Umsatzsteuer Sonder-VZ (keine Entlastung, da nur Darlehensfunktion)

-

 

 

 

 

-

 

Einfuhr-Umsatzsteuer (keine Be- oder Entlastung, da nur Zahlungsverschiebung)

 

-

-

 

 

 

 

Umsatzsteuer (USt auf MöSt/EnAbg-Erhöhung)1)

 

+40,0

+43,0

+43,0

+43,0

+169,0

 

Mineralölsteuer1)

 

+200,0

+240,0

+240,0

+240,0

+920,0

 

Energieabgaben1)

 

+135,0

+117,0

+117,0

+117,0

+486,0

 

Straßenbenützungsabgabe inkl. KFZ-Steuer1)

 

-75,0

-90,0

-90,0

-90,0

-345,0

 

Zwischensumme

-

-29,0

-291,0

-483,0

-483,0

-1.286,0

 

Kürzungen der Ansprüche in der gesetzlichen PV2)

 

+190,0

+484,0

+658,0

+820,0

+2.152,0

 

Kürzung Beamtenpensionen3)

 

+76,0

+100,0

+119,0

+296,0

+591,0

 

Krankenversicherungsbeitragerhöhungen2)

 

+301,9

+408,3

+408,3

+408,3

+1.526,8

 

Wegfall Ambulanzgebühr2)

 

-2,0

-2,0

-2,0

-2,0

-8,0

 

Wegfall Krankenscheingebühr2)

 

-46,0

-46,0

-46,0

-46,0

-184,0

 

Belastung durch neue Selbstbehalte sind der Regierung unbekannt(!)2)

 

 

 

 

 

-

 

Aktion 56/58 Plus, Entlastung Lohnnebenkosten2)

 

-153,0

-153,0

-153,0

-153,0

-612,0

 

Summe Belastungen (+)

-

+337,9

+500,3

+501,3

+840,3

+2.179,8

 

 

 

 

 

 

=

+29.994,7

Mrd ATS!

 

 

 

 

 

 

 

 

1) Quelle: Regierungsvorlage Budgetbegleitgesetz 2003 und Abänderungsantrag vom 5.6.03 (gleichbleibende Fortschreibung der Ansätze 2006 in 2007)

 

2) Quelle: Regierungsvorlage Budgetbegleitgesetz 2003 und Abänderungsantrag vom 5.6.03 (Fortschreibung der Ansätze 2006 in 2007)

 

 

3) Quelle: Regierungsvorlage Budgetbegleitgesetz 2003 und Abänderungsantrag vom 5.6.03 (Fortschreibung der Ansätze 2006 in 2007)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

ad Kürzung in der PV: Die Effekte der Neuberechnung der Pensionsanpasung für Pensionen über der Medianpension wurden berücksichtigt und

 

mit 110 Mio. € 2004 und 220 Mio. € ab 2005 fortlaufend angenommen (weil der Kürzungseffekt 2004 und 2005 kumuliert und in die Zukunft

 

 

fortwirkt)

 

 

 

 

 

 

 


 

 

 

 

 

 

 


Zu einzelnen Artikeln des Budgetbegleitgesetzes nimmt die Sozialdemokratische Fraktion wie folgt Stellung:

 

 

Zu Art. 2 und 37: Änderung des Bundes-Sportförderungsgesetzes und des Glücksspielgesetzes

 

Vor den Wahlen 2002 haben alle vier Fraktionen die Sportmilliarde angekündigt. Durch die Regierungsfraktionen wurde die besondere Sportförderung für die Jahre 2003 und 2004 mit 37,836.400 Euro festgelegt, was 5,206.000 ATS entspricht. Dadurch kam es zu keiner Erhöhung der besonderen Sportförderung, da die Erhöhung um 1,5 Mio. Euro von 2002 auf 2003 und 2004 in Verbindung mit den Änderungen im Bundes-Sportförderungsgesetz für gesetzlich vorgesehene Zwecke einzusetzen sind.

 

Der autonome Sport erhält daher den selben Ansatz in den Budgetjahren 2003 und 2004 wie im Jahr 2002. Verbunden mit einer Inflationsrate von gegenwärtig 1,9 % und den Wünschen, weitere Sportarten in die Bundessportorganisation aufzunehmen, verlieren die Verbände und damit die Sportvereine massiv an Geldmittel.

 

In der Regierungsbeteiligung der SPÖ konnten die Sportförderungsmittel jährlich um rund 5 % angehoben werden. Diese positive Entwicklung wird nunmehr von der schwarz/blauen Bundesregierung ins Negative umgekehrt.

 

Dies ist umso mehr bedenklich, da eine von Bundesminister Haupt in Auftrag gegebene Studie nachweisen konnte, dass eine Erhöhung der Sportförderung eine positive Auswirkung auf die österreichische Volkswirtschaft in vielfacher Höhe ausüben könnte. Die Bundesregierung hat daher wieder eine Chance verspielt die Gesundheit der ÖsterreicherInnen massiv zu fördern und dadurch gleichzeitig das Budget zu entlasten.

 

 

Zu Art. 4 und 5: KommAustria Gesetz und Privatfernsehgesetz

 

Diese Gesetzesänderungen betreffen den Bereich „digitaler Rundfunk“.

Zur Einführung und Förderung digitaler Empfangs- und Sendetechniken soll ein Digitalisierungsfond eingerichtet werden, der von den Radio- und Fernsehgebühren (jener Teil der Rundfunkgebühr, der dem Bund zufließt, nicht jene Beiträge die dem ORF zugute kommen) gespeist werden soll (€ 7,5 Mio jährlich) und von der KommAustria verwaltet werden soll.

Damit sollen schließlich begleitende Studien, Pilotversuche, Entwicklung von Diensten, Informationsmaßnahmen, Anreize für Konsumenten, vergünstigte Endgeräte etc. finanziert werden.

Im Privatfernsehgesetz wird die Zuteilung von Frequenzen für Feldversuche ermöglicht.

 

Bewertung:

Die Einführung von digitalem terrestrischen TV bringt eine große Umstellung für Konsumenten, da neue Geräte angeschafft werden müssen. Dies würde derzeit ca 60% der österr. Haushalte betreffen (Rest sind KabelTV Konsumenten). Deshalb ist bei der Einführung besonders sensibel vorzugehen und es sind vor allem Konsumenteninteressen zu berücksichtigen.

Da im vorliegenden Gesetzesentwurf einerseits die Erforschung aller (und nicht ausschließlich terrestrischer) dgitaler Sendetechniken erfasst wird und andererseits auch explizit Konsumentenpolitische Studien sowie Anreize und Finanzierungshilfen für Endgeräte erwähnt werden, werden dadurch einige Forderungen zumindest der AK erfüllt, auch wenn die Einführung des digitalen terrestrischen TV selbst angesichts vieler unklarer Punkte und der Kosten die auf Konsumenten zukommen, derzeit noch eher kritisch gesehen werden sollte.

 

 

Zu Art. 7 bis 20: Änderungen im Beamtenpensionsrecht

 

Allgemeines:

Anders als in der gesetzlichen Pensionsversicherung konnten die budgetären Aufwände (ohne die jetzt geplanten Maßnahmen!) für die Beamtenpensionen gemessen am BIP nicht stabilisiert werden. Das ist unter anderem auch Resultat der von Schüssel und Grasser im Jahr 2000 initiierten größten Frühpensionierungsaktion für Beamte in der 2. Republik, der sogenannten „Chance 55“. Mit dieser Aktion wurden Hunderte 55-jährige Beamte (per Ende 2002 mehr als 800!) mit hohen Kosten, als Teil von politischen Umfärbungsaktionen (rot raus, schwarz rein) oft auch noch zwangsweise in die Frühpension geschickt. Das Budget wird damit für einem Zeitraum von 6 Jahren um insgesamt rund 370 Mio. € belastet.

 

Ohne Maßnahmen wären daher die budgetären Aufwände für die Beamtenpensionen von 2003 bis 2007 um mehr als eine Milliarde Euro (1.050 Mio. €) gestiegen. Im Verhältnis zum BIP hätten daher 2007 um rund 0,4% BIP mehr Steuergelder aufgewendet werden müssen als 2003. Selbst mit den jetzt, im Vergleich zum ASVG zögerlich gesetzten Maßnahmen steigt im Unterschied zum ASVG der budgetäre Aufwand noch um 730 Mio. € oder rund 0,3% des BIP.

 

Insgesamt betreibt die Bundesregierung eine Zwei-Klassen-Pensionspolitik. Die Beamten werden geschont. Einige Maßnahmen, wie z.B. die neue Durchrechnung oder die Absenkung des Steigerungsbetrages, werden bei den Beamten viel später greifen als bei den ASVG-Versicherten, die bereits ab 1.1.2004 voll getroffen werden und massive Verschlechterungen in Kauf nehmen müssen. Bei den Beamten respektiert die Regierung somit in wesentlichen Bereichen den Vertrauensschutz, den sie den ASVG-Versicherten abspricht. Auf den Vertrauensschutz weist die Regierung im Fall der Beamten sogar ausdrücklich in den Erläuterungen des Gesetzes hin.

 

Es steigen daher die budgetären Aufwände für die Beamtenpensionen von 2003 bis 2007 auch nach den Maßnahmen weiter um rund 0,3% BIP, während den ASVG-Versicherten Maßnahmen zugemutet werden, die die budgetären Aufwände fürs ASVG im selben Zeitraum um rund 0,6% BIP absenken.   

 

Erhöhung des Pensionssicherungsbeitrages um 1 Prozentpunkt

Damit wird den Beamtenpensionisten ein höherer Eigen-Beitrag zum stetig steigenden Aufwand für Beamtenpensionen abverlangt. Die Erhöhung gilt für alle bis 2025angefallenen bzw. anfallenden Alt- und Neupensionen, die nach altem System bemessen worden sind bzw. unter die Übergangsregelung für die Durchrechnung („Deckelung des Durchrechnungsverlustes“) fallen.

 

Bewertung:

-         Grundsätzlich richtige Zielsetzung. Die SPÖ tritt aber darüber hinaus auch für einen zusätzlichen Solidaritätsbeitrag jener Spitzenverdiener unter den Beamten- und Politik-Pensionisten ein, deren Pensionen über der ASVG-Höchstpension liegen. Damit könnte auch im Bereich der Beamtenpensionen die Ausgabendynamik stablisiert werden, wie das in der gesetzlichen Pensionsversicherung bereits 2000 erreicht wurde.

 

 

 

Anhebung des Pensionsalters auf 65

Das Mindestalter für eine Ruhestandsversetzung durch Erklärung bzw. für eine amtswegige Ruhestandsversetzung („gesetzliches Pensionsalter“) wird ab 2004 in Quartalsschritten auf 65 angehoben. Bei Beamten, die sich in Vorruhestandskarenz befinden wird das Pensionsalter ebenfalls angehoben. Der Bund übernimmt die Mehrkosten bei ausgegliederten Einrichtungen in Höhe der ursprünglich angefallenen Pensionen. Damit entstehen keine Mehrkosten für den Bund. Für Vertragsbedienstete, die sich in in Vorruhestandskarenz befinden, wird das Mindestalter für die vorzeitige Alterspension im ASVG entsprechend angehoben. Der Vorruhrstand wird damit entsprechend verlängert.

 

Bewertung:

-         Auch für Beamte gilt der Vetrauensschutz. Selbst wenn diese Maßnahme hinaichtlich der Angleichung bzw. Harmonisierung der Pensionssysteme richtig wäre, kommt sie doch zu überfallsartig und beeinträchtigt die bisherige Lebensplanung erheblich.

 

 

Ruhestandsversetzung zwischen 61,5 und 65 bei hoher beitragsgedeckter Gesamtdienstzeit

Die derzeitige Regelung läuft im September 2005 aus. Von Oktober 2005 bis September 2010 gilt eine neue Regelung mit Mindestpensionsantrittsalter 61,5 (statt wie bisher 60), ab 2004 gilt der bei vorzeitigem Pensionsantritt vorgesehene Abschlag.

 

Bewertung:

-         Auch bei der „Hacklerregelung“ für Beamte kommt es wie bei der Parallelregelung im ASVG wegen der Abschläge zu erheblichen Pensionseinbußen.

 

 

Anhebung des Durchrechnungszeitraum auf 40 Jahre bis 2028

In einer Übergangsphase bis 2013 wird der Durchrechnungszeitraum – wie derzeit schon gültig – jährlich um 12 Monate angehoben. Ab 2014 steigt der Durchrechnungszeitraum rascher, um 2028 einen Durchrechnungszeitraum von 40 Jahren zu erreichen. Die Übergangsregelung mit „Deckelung“ der Pensionsminderung im Vergleich mit der Pensionsregelung nach altem Recht bleibt unverändert.

Bewertung:

-         Die Anhebung der Durchrechnungszeiträume erfolgt im Unterschied zum ASVG bei den Beamten unter Berücksichtigung der „berechtigten Erwartungen der pensionsnahen Jahrgänge, die sich bereits auf eine jährliche Verlängerung des Durchrechnungszeitraumes um 12 Monate (Anm.: Pensionsreform Mitte der 90er) eingestellt haben“ (Erläuterungen des Sozialministeriums). Die Regierung sollte dieses Verständnis für Vertrauensschutz auch für die in der gesetzlichen Pensionsversicherung Versicherten aufbringen. Ferner werden offenbar im Unterschied zum ASVG die durch diese Maßnahme eintretenden Pensionskürzungen bei den Beamten durch die unverändert aufrecht bleibende „Deckelung“ gemildert. Folgerichtig sind daher in der Darstellung der finanziellen Auswirkungen in den Erläuterungen im Unterschied zu den Änderungen im ASVG unter diesem Titel kein Minderaufwand in den Jahren 2003 bis 2007 ausgewiesen (zum Vergleich die Belastungen im ASVG: 2004: 3 Mio. €; 2005: 11 Mio. €; 2006: 24 Mio. €; 2007: 55 Mio. €). Mittel- bis langfristig ist aber auch bei den Beamten von gravierenderen Pensionseinbußen auszugehen.

 

 

Senkung des Steigerungsbetrages auf 1/45

Ab 2004 wird der Steigerungsprozentsatz auf 1/45 (2,2222%) p.a. gesenkt und linear gestaltet. Die bis dahin erworbenen Anwartschaften bleiben gewahrt. Im Ergebnis wird wie im neu geregelten Steigeungsbetrag im ASVG (dort Absenkung von 2% auf 1,78%) mit 45 Versicherungsjahren bzw. ruhegenussfähigen Dienstjahren dasselbe Resultat erzielt: In der gesetzlichen Pensionsversicherung 80% von 100, im Beamtenpensionssystem 100% von 80. Durch die lineare Gestaltung des Steigerungsbetrages zählt nunmehr jedes Dienstjahr gleich. Die bisherige Bevorzugung der ersten zehn bzw. 15 Jahre der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit, die mit einem höheren Prozentsatz veranschlagt wurden wird nicht weiter aufrecht erhalten, weil dadurch der vorzeitige Pensionsantritt massiv begünstigt wurde.

 

Bewertung:

-         Auch hier werden die Beamten im Vergleich zum ASVG besser gestellt. Laut Erläuterungen betrifft die Verminderung des Steigerungssatzes zum weitaus größten Teil Beamtinnen und Beamte, die zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Reformmaßnahme noch keine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit von 35 Jahren aufweisen bzw. ihr 53. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Diese Maßnahme wird daher erst langfristig budgetwirksam, die Belastungen für die Beamten treten daher spät ein. Folgerichtig sind daher in der Darstellung der finanziellen Auswirkungen in den Erläuterungen im Unterschied zu den Änderungen im ASVG unter diesem Titel kein Minderaufwand in den Jahren 2003 bis 2007 ausgewiesen. Bei künftigen ASVG-Pensionisten war die Regierung weniger zimperlich. Dort werden bereits erworbene Anwartschaften nicht geschützt, die Maßnahme daher auch ab 2004 sofort wirksam (zum Vergleich die Belastungen im ASVG: 2004: 9 Mio. €; 2005: 39 Mio. €; 2006: 98 Mio. €).

 

 

Anhebung des Abschlagsprozentsatzes auf 4,2% p.a.

Der Abschlagsprozentsatz bei vorzeitigem Pensionsantritt wird ab 2004 von 3 Prozentpunkten (entspricht 3,75%) auf 3,36 Prozentpunkte (entspricht 4,2%) pro Jahr eines vorzeitigen Pensionsantritts angehoben.

 

Bewertung:

-         Die Anpassung an die entsprechende gleiche Neuregelung im ASVG hat wie dort ab 2004 erhebliche und überfallsartige Pensionskürzungen zur Folge und verletzt den Vertrauensschutz (s. auch oben Bewertung der Maßnahme im ASVG).

 

 

ÖBB- und Bundestheater-Pensionsrecht

Sämtliche Neuregelungen werden spiegelbildlich auch im ÖBB- und im Bundestheater-Pensionsrecht übernommen.

 

 

Finanzielle Auswirkungen:

Insgesamt werden durch die Maßnahmen Anhebung des Pensionssicherungsbeitrages, Anhebung des Pensionsantrittsalters, Ruhestandsversetzung erst ab 61,5 und Anhebung der Abschläge in Summe folgende Mindereinnahmen erzielt: 2004: -72 Mio. €; 2005: -96 Mio. €; 2006: -118 Mio. €; 2007: -296 Mio. €.

 

 

Zu Art. 22: Änderung des Schülerbeihilfengesetzes

 

Hauptgesichtspunkte:

Das Schülerbeihilfengesetz 1983 verpflichtet in § 15 Abs. 1 die Träger der Sozialversicherung über Ersuchen der im § 13 angeführten Behörden die Arbeitgeber von Personen, deren Einkommen zur Ermittlung der Bedürftigkeit nachzuweisen hat, bekannt zu geben.

 

In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass dies meist nicht ausreichend ist, um die Bedürftigkeit nachzuweisen. Eine abschließende Beurteilung der Verhältnisse kann durch die in § 13 angeführten Behörden nur vorgenommen werden, wenn auch die Versicherungsverhältnisse und deren Dauer bekannt sind. Dabei handelt es sich um Daten von steuerfreien Beträgen, deren Bezug die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der betreffenden Person betrifft (insbesondere Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Sonderunterstützungen).

 

Durch die automationsunterstützte Übermittlung dieser Daten soll das Verfahren erheblich erleichtert werden, da es den Eltern künftig nicht mehr aufzutragen ist, diese beim Träger der Sozialversicherung verfügbaren Unterlagen eigens zu beschaffen und der Schülerbeihilfenbehörde vorzulegen. Diese Daten können von den Trägern der Sozialversicherung (deren Hauptverband) im Bedarfsfall über Ersuchen der Schülerbeihilfenbehörden direkt zur Verfügung gestellt werden.

 

 

Bewertung

 

Es ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber die Datenschutzbestimmungen einhält und die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem sensiblen Bereich eingeschult werden.

 

Die SPÖ fordert neuerlich eine Anpassung der Schülerbeihilfen an die Geldwert- sowie Einkommensentwicklung, die in dieser Novelle wieder nicht enthalten ist. Die Höhe der Schul- und Heimbeihilfen ist seit 1998 unverändert, obwohl die Lebenshaltungskosten seither um 7,4 % gestiegen sind. Durch das Einfrieren der Beihilfen seit mehr als vier Jahren sinkt zudem die Zahl der BeihilfenbezieherInnen. Dies führt außerdem dazu, dass das für die Schülerbeihilfen vorgesehene Budget derzeit nicht ausgeschöpft wird.

 

Die bestehenden Regelungen im Schülerbeihilfengesetz führen zu sozialen Härten:

So ist etwa der Bezug einer Schulbeihilfe erst ab der 10. Schulstufe gesetzlich möglich. Die Entscheidung der Eltern und der Schüler über die weitere Schul- bzw. Berufslaufbahn erfolgt jedoch am Ende der 8. Schulstufe. So ist der Besuch einer berufsbildenden höheren Schule von Kindern aus einkommensschwachen Familien auch eine finanzielle Frage. Gerade die Kosten für Anschaffungen in der ersten Klasse einer berufsbildenden Schule sind beträchtlich. Die Auszahlung der Schulbeihilfe erst nach Abschluss der Pflichtschulzeit führt laufend zu sozialen Härtefällen.

 

Der Bezieherkreis müsste daher auf die 9. Schulstufe (AHS, BMHS) ausgedehnt werden!

 

Weiterhin ist der günstige Schulerfolg Voraussetzung zur Gewährung einer Schul- und Heimbeihilfe. Die Schulbeihilfe wird derzeit bei einem Notendurchschnitt unter 2,8, die Heimbeihilfe unter 3,1 vergeben. Allein diese Unterschiedlichkeit ist weder verständlich noch argumentierbar.

 

Die Schüler- und Heimbeihilfen stellen einen Beitrag des sozialen Ausgleichs für einkommensschwächere Familien dar. Das Kriterium des Notendurchschnitts ist daher für diese Transferleistung ungeeignet. Hinzu kommt, dass gerade im stark differenzierten Oberstufenbereich ein Notenvergleich (z.B. Modeschule, HTL) einer objektiven Grundlage entbehrt. Vielmehr sollte eine Beihilfe zuerkannt werden, wenn die Schulstufe positiv abgeschlossen wird. Für besonders gute Schüler aus einkommensschwachen Familien ist ohnehin ein zusätzlicher Erhöhungsbeitrag vorgesehen.

 

Die Vergabe der Schülerbeihilfe sollte nach Auffassung der SPÖ ausschließlich von sozialen Kriterien und nicht auch noch von einem bestimmten Notendurchschnitt abhängig gemacht werden.

 

Personen, die sich auf eine Berufsreifeprüfung vorbereiten, haben bisher nur in einzelnen Bundesländern im Rahmen individueller Förderungen beruflicher Fortbildung eine Möglichkeit, einen Teil der Kurskosten rückerstattet zu bekommen. Trotz der vom BMBWK getroffenen Entscheidung, Teile der Kurskosten durch Unterstützung der Veranstalter zu übernehmen, bleibt eine klare Benachteiligung gegenüber Studienberechtigungsprüflingen oder Abendschülern bestehen. Diesem Umstand soll durch die Einführung einer Transferleistung in Anlehnung an die besondere Schulbeihilfe für die genannte Zielgruppe begegnet werden.

 

 

Zu Art. 23: Änderung des Bundesgesetzes über die Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens aus Bundesmitteln

 

Mit dieser Novelle werden die Förderungsstellen für Erwachsenenbildung abgeschafft! Das ist ein verheerendes Signal, wenn sich der Bund von der Erwachsenenbildung verabschiedet. Bereits im Herbst des Vorjahres hat das Bildungsministerium unter Verletzung des gesetzlichen Auftrages die Einstellung der Förderungsstellen betrieben. Jetzt hofft die ÖVP, dass dieses endgültige AUS durch die Streichung des § 10 des Erwachsenenbildungsgesetzes im Konvolut einer 700seitigen Regierungsvorlage untergeht.

 

Den Förderungsstellen in den Bundesländern wurde in einem unabhängigen Gutachten gute Arbeit und absolute Notwendigkeit attestiert, aber die Kürzungspolitik der ÖVP-/FPÖ-Regierung macht auch vor der Weiterbildung nicht Halt. Wenn Europa zum wirtschaftsstärksten Raum der Welt gemacht werden soll und Österreich seinen Beitrag dazu leisten will, dann ist aus Sicht der SPÖ die Weiterbildung ein Schlüssel dazu. Die SPÖ tritt daher für den Ausbau der Bildungskarenz und für neue Modelle der Förderung der Erwachsenenbildung ein. Das SPÖ-Modell der „Bildungsprämie“ ist ein konkretes Beispiel dafür. Es ist wichtig, dass der Bund seine Kompetenzen in der Weiterbildung in den Ländern nicht nur behalte, sondern zu echten Kompetenzzentren ausbaut.

 

 

Zu Art. 26: ÖIAG-Gesetz 2000 – Novelle 2003

 

Der Entwurf birgt wenig Überraschungen. Die Äußerungen zur Absicherung des Wirtschaftsstandorts Österreich sind zwar grundsätzlich zu begrüßen, aber textlich sehr schwach formuliert („Entscheidungszentralen ... wenn möglich in Österreich halten“) und angesichts der im Regierungsprogramm angekündigten weitgehenden Privatisierungsvorhaben beinahe als Zynismus zu betrachten. Die angestrebte Berücksichtigung des österr. Kapitalmarktes kann auch nur als frommer Wunsch betrachtet werden, da bei Totalprivatisierungen oft das Unternehmen zum Schaden für den Kapitalmarkt von der Börse genommen wird – z. B . Austria Tabak.

 

Überraschend ist vielleicht, dass es zur Nachbesetzung des Aufsichtsrats keine Neuregelung gibt. Nach wie vor gilt das Selbsterneuerungsprinzip betreffend der Kapitalvertreter.

 

Mit Ausnahme der Bestimmungen zu § 14 Abs 7 ändert die Novelle nichts grundlegendes am ÖIAG-Gesetz 2000. § 14 Abs 7 besagt, dass nun eine Gewinnausschüttung der ÖIAG an den Bund vor Tilgung der restlichen ÖIAG-Schulden erlaubt werden soll. In Zukunft wäre die Bildung von Gewinnrücklagen ohne Genehmigung durch die Hauptversammlung sogar unzulässig! Das heißt, die ÖIAG kann als Mittel zur Budgetsanierung – ungeachtet der noch zu tilgenden ÖIAG-Altschulden – benutzt werden. Der Handlungsspielraum der ÖIAG-Organe (auch des AR!) wird dadurch erheblich eingeschränkt – der Finanzminister hat das volle Durchgriffsrecht.

 

Zur Erinnerung: Laut ÖIAG-Unternehmenskonzept 2002 – 2007 sollten 2003 200 Mio. € ans Budget abgeführt werden. Entweder als Dividende, wenn wirtschaftliche und rechtliche Voraussetzungen gegeben sind oder durch weitere Privatisierungen. Grasser gönnt sich Medienberichten zufolge nunmehr 300 Mio. €. Uns bisher kolportierte Der Bund sich nach Ansicht der SPÖ nicht aus den Privatisierungserlösen bedienen dürfen. Solange die Schulden der ÖIAG, für die eine Refundierungsverpflichtung des Bundes besteht, nicht vollständig getilgt sind, dürfte keine Dividendenausschüttung an den Bund erfolgen.

 

 

Zu Art. 27: Poststrukturgesetz

 

Die Änderungen im Poststrukturgesetz betreffen Bestimmungen bezüglich der Abgeltung der Kosten der Beamten (u.a. Monatbezüge der zugewiesenen Beamten  und Beiträge zu den Pensionen) durch das Unternehmen an den Bund.

Laut Bundesministerium für Finanzen sollen die Gesetzesänderungen eine Klarstellung von Begriffen bringen und die anonymisierte und aggregierte Datenübermittlung an Bundeskanzleramt und BMF einführen. Finanzielle Auswirkungen sollen daraus nicht entstehen.

 

Bewertung:

Im Zuge dieser Gesetzesnovellierung wird bei Post-AG und Telekom-AG der  Personalvertretung auch das Einspruchsrecht gegenüber Versetzungen genommen und auf ein bloßes Mitspracherecht reduziert. Damit ist die Schließung weiterer Postämter zu befürchten und wird das Mobbing von Arbeiternehmern der Post-AG und Telekom-AG erleichtert.

 

 

Zu Art. 28: Luftfahrt- Entschädigungsgesetz

 

Für Schäden nach dem 11.September 2001 erhalten österreichische Luftfahrtunternehmen eine öffentliche Entschädigungsleistung von 4 Mio. €. Das ist angesichts der massiven Unterstützung anderer Staaten, insbsondere der USA für nationale Fluglinien , angesichts der latenten Luftfahrtkrise zu wenig Unterstützung für die österreichischen Airlines, um tatsächlich eine Wettbewerbsverzerrung zu vermeiden .

 

 

Zu Art. 32 und 33: Novellierung des ÖBB-Gesetzes, des Schieneninfrastrukturgesetzes und des ASFINAG-Gesetzes

 

In Zukunft sollen die betreffenden Unternehmungen dem Bund für die Übernahme von Haftungen entsprechende Entgelte entrichten. Damit wird der notwendige Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in Österreich angesichts der Osterweiterung weiter erschwert und verteuert. Eine Maastrichtkonformität lässt sich mit den angestrebten Maßnahmen jedenfalls nicht herbeiführen. Vielmehr wird die Wirtschaftsstandortqualität Österreichs gefährdet und auf eine dringend notwendige Belebung der Baukonjunktur verzichtet.

 

Einer ersten Einschätzung der AK zu folge gibt es im Bereich der ÖBB kaum Schwierigkeiten, wenn der Bund die Haftung für etwaige Kredite übernimmt. Hintergrund dafür dürften eine EG-Regelung und angestrebte PPP-Modelle sein (die sich im Verkehrsbereich allerdings nur bedingt als efolgreich erwiesen haben)

 

Problematisch wird es erst ab dem Zeitpunkt, wo - wie im Vorblatt zur Änderung des Schieneninfrastrukturgesetzes angekündigt - die SCHIG ein Entgelt für die Bundeshaftung zu entrichten hat. Das Einheben eines Haftungsentgeltes kann nur zu lasten des Gesamtsystems Schiene gehen, da dieses über Infrastrukturbenützungsgebühren (dh also indirekt über die fahrpreise) weiterverrechnet werden muss.

 

Im Bereich der ASFINAG wird für die Bundeshaftung von Kreditoperationen ebenfalls ein Entgelt vorgesehen. Dadurch werden Gelder aus den Vignetten- bzw Mauteinnahmen in den allgemeinen Bundesbudgettopf fließen.

 

In EG-Regelungen ist diese Vorgehensweise zwar vorgesehen, allerdings ist zu kritisieren, dass diese Mittel bisher nicht eingehoben wurden und dass keine Zweckbindung für den Infrastrukturausbau besteht. Weiters wird angemerkt, dass lt Vorblatt damit "die Finanzierung von Bundesstraßen ermöglicht" werden soll. Die Bundesstraßen sind allerdings durch das letzte Bundesstraßengesetz den Ländern übertragen worden.

 

 

Zu Art. 34 und 35: Änderung des Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetzes (AFFG) und des Ausfuhrförderungsgesetzes (AFG)

 

Die Österreichische Kontrollbank (OeKB) ist seit 1950 als Bevollmächtigte der Republik mit der banktechnischen Abwicklung der österreichischen Exportförderung (Haftungsübernahmen, Finanzierungen) betraut. Als solche ist sie sowohl im AFFG als auch im AFG namentlich genannt. Mit dem vorliegenden Gesetzesänderungsentwurf soll die namentliche Anführung der OeKB entfallen und durch den Begriff „Bevollmächtigte des Bundes“ ersetzt werden.

 

Bewertung:

Auch wenn eine Bestimmung in der Novelle die Fortführung des bestehenden Systems mit dem Bevollmächtigten OeKB erlaubt, werden damit die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen, in Zukunft auch andere Finanzinstitute mit der Durchführung der Exportförderung oder Teilen davon zu beauftragen.

 

Das BMF argumentiert die Änderung mit den Kostenvorteilen, die sich aus mehr Wettbewerb ergeben, und den Exporteuren zugute kommen würden. Diese Argumentation ist fragwürdig.

 

Erstens arbeitet die OeKB äußerst effizient und kostengünstig, wie auch eine vom BMF beauftragte und unter Verschluss gehaltene Studie (Grünbichler-Studie) bestätigte.

 

Zweitens würde die offenbar angestrebte Herausnahme von Teilbereichen (Veranlagung von Aktiva) aus dem System die Finanzierung für die OeKB und damit auch für die Exporteure verteuern.

 

Drittens verfügt die OeKB aufgrund ihrer jahrzehntelangen Tätigkeit über ein für die Qualität der Exportförderung maßgebliches Know-How, das andere österreichische Finanzinstitute oder die AWS (Austria Wirtschaftsservice) sicherlich nicht haben. Dies impliziert, dass eine Beauftragung einer anderen Einrichtung einen Qualitätsverlust des Systems zur Folge hätte mit mittel- bis langfristig negativen Folgen für die österr Exportwirtschaft, oder falls ein ausländisches Institut beauftragt würde, die momentan vorherrschende Interessenkonvergenz zwischen OeKB, Bund und österr Exportwirtschaft leiden könnte.

 

 

Zu Art. 39 bis 55: Steuern und Abgaben

 

Allgemeines:

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass im Bereich der sogenannten Steuerreform kräftig umverteilt wird. Die Entlastung der Pensionisten, Arbeitnehmer und Selbständigen mit Einkommen bis zu 21.800 € p.a. ab 2004 um insgesamt 329 Mio. € wird durch die Anhebung der Energiesteuern  inkl. Umsatzsteuer um insgesamt 375 Mio. € (trifft allerdings auch die Wirtschaft) in der überwiegenden Zahl der Betroffenen mehr als konsumiert. Für die Arbeitnehmer, die mehr als 21.800 € verdienen bleiben ohnehin ausschließlich Belastungen. Werden noch die Belastungen aus dem Sozialbereich hinzugerechnet, läuft es bei allen Arbeitnehmern und Pensionisten auf enorme Belastungen hinaus (s. Rechenbeispiele der AK). Dafür wird auch im Bereich der Steuern die ÖVP-Klientel bedient: die Frächter dürfen sich um die Abschaffung der Straßenbenützungsabgabe im Ausmaß von 90 Mio. € p.a. freuen, die Freiberufler werden im Endausbau 2006 mit insgesamt 380 Mio. € p.a. bedacht (s. auch Einleitung oben und beiliegende Tabelle).

 

 

Einkommensteuer (Art. 39)

 

Nach einer Entscheidung des VwGH können Unternehmer keine pauschalierten Taggelder als Betriebsausgaben mehr geltend machen. Das soll durch diese Bestimmung wieder korrigiert werden, ein entsprechender Gesetzesantrag wurde bereits von der SPÖ im Parlament eingebracht.

 

Bilanzierende Einzelunternehmer bzw. Personengesellschafter erhalten den halben Steuersatz für nicht entnommene Gewinne. Voraussetzung zur Inanspruchnahme ist, daß ein steuerpflichtiger Gewinn nicht entnommen wird und daß das durchschnittliche gewichtete Eigenkapital im Vergleich zu den Vorjahren vermehrt wird. Eine besondere Verwendungsvorschrift besteht nicht, es ist nur notwenig das Geld auf einem Firmenkonto zu parken. Geradezu unglaublich ist, daß der Gewinn nach 5 Jahren entnommen werden kann, ohne daß es zu einer Nachversteuerung kommt, wenn dadurch das Eigenkapital nicht sinkt. Im Ergebnis hat diese Maßnahme also nichts mit langfristiger Eigenkapitalstärkung oder Investitionsförderung zu tun, sondern entpuppt sich als massiv steuergefördertes Ansparprogramm für Unternehmer. Auch im Fall der Betriebsveräußerung oder der Betriebsaufgabe kommt es zu keiner Nachversteuerung. Zudem werden von dieser Maßnahme kaum Gewerbebetriebe profitieren, da diese in der überwiegenden Zahl keine entsprechenden Gewinne ausweisen können, sodass eine ausreichend hohe Steuerklasse erreicht wird (die Maßnahme „rechnet“ sich erst wirklich ab einem Steuersatz von mindestens 42%). Im Ergebnis wird durch diese Maßnahme ein stiftungsähnliches Steuerprivileg für Freiberufler geschaffen (Ärzte, Zahnärzte, Rechtsanwälte, Notare, Architekten, Apotheker, etc.). Die Maßnahme kostet lt. Regierungsangaben 380 Mio. €.

 

Der Einkommensteuertarif für die erste Etappe der Steuerreform ist ungefähr so ausgefallen wie es im Regierungsprogramm angekündigt wurde. Eine Anhebung der Negativsteuer ist nicht vorgesehen. Ein monatlicher Bruttobezug von rd. 1.035 € bzw. von rd. 14.500 € pro Jahr wird damit steuerfrei gestellt. Die durch diese Änderungen bewirkte Entlastung für Einkommen bis 21.800 € variiert nach Gruppen von Steuerpflichtigen und Einkommen. Sie beträgt für Einkommen nahe 10.000 € bis zu 580 € p.a., für Einkommen zwischen 15.000 € und 18.000€ generell 80 € p.a. Die Entlastung beträgt 2004 rund 329 Mio. €. Diese Entlastung greift nach Ansicht der SPÖ zu kurz und kommt überdies zu spät, um die Konjunktur tatsächlich zu stützen.

 

 

Kraftfahrzeugsteuergesetz/Straßenbenützungsabgabengesetz (Art. 48,49)

 

Mit Einhebung der fahrleistungsabhängigen Maut entfällt die Straßenbenützungsabgabe (s. nächsten Punkt).

 

 

Energiesteuern - Mineralölsteuer, Energieabgabe, Straßenbenützungsabgabe (Art. 50-55)

 

Die im Regierungsabkommen angekündigten Erhöhungen werden umgesetzt:

Schwefelarmer Benzin: + 1 c/l

Schwefelarmer Diesel: + 2 c/l

Heizöl extra leicht: + 2,9 c/l

Heizöl leicht, mittel, schwer: + 2,4 c/kg

Kohle: 5 c/kg

Erdgas: 2,24 c/m3

 

Für nichtschwefelarmen Benzin und Diesel kommen noch 1,5 c/l dazu.

Im Energieabgabevergütungsgesetz wird die Vergütung auch für Kohle vorgesehen, wobei Kohle zur Erzeugung von Koks oder elektrischer Energie ausgenommen ist; die Geltungsdauer wird um ein Jahr verlängert.

 

In diesem Bereich wird gezielt bei den privaten Autofahrern abkassiert (1 Cent Mineralölsteuererhöhung je Liter Benzin, 2 Cent je Liter Diesel), während die Frächter ab 1.1.2004 um immerhin 75 Mio. € und ab 2005 um insgesamt 90 Mio. € jährlich von der Straßenbenützungsabgabe entlastet werden.

Dadurch wird der Forderung der Frächterlobby und dem Bundeswirtschafts-kammerpräsidenten Leitl entsprochen, welche angesichts des in Kraft treten des LKW-Road-Pricings eine Abschaffung der Straßenbenützungsabgabe gefordert haben.

Durch die beschlossene EU-Energiesteuerrichtlinie gibt es auch keinen wie immer gearteten Zwang, die Mineralölsteuer auf Diesel schon ab 1. Jänner 2004 um 2 Cent zu erhöhen. Der EU-Plan sieht für Österreich so eine Erhöhung erst ab 2007 vor. Gleichzeitig werden Mineralölsteuern und Energieabgaben im Ausmaß von zusammen 335 Mio. € angehoben.

Um immerhin 51,3 % wird die Erdgasabgabe erhöht, wobei die Unternehmungen diese refundiert erhalten; belastet werden somit ausschließlich die Haushalte bzw. Kleinverbraucher.

Darüber hinaus wird auch eine neue Kohleabgabe eingeführt, welche tatsächlich wiederum ausschließlich zu Lasten der Haushalte geht. Im Bereich der Mineralölbesteuerung ist die Begünstigung von besonders schwefelarmen Diesel zwar zu begrüßen, es ist aber fraglich, ob dieser in ausreichender Menge ab 1.1.2004 zur Verfügung stehen wird.

Darüber hinaus wird auch Heizöl belastet, wobei die Erhöhung mit 2,9 Cent für Heinzöl extra leicht wesentlich kräftiger ausfällt, als die Erhöhung für sonstige Heizöle (leicht, mittel und schwer, von 2,4 Cent). Dies ist nicht nur umweltpolitisch unverständlich, sondern gleichzeitig wiederum eine bewusste Belastung der Haushalte.

 

 

Finanzielle Auswirkungen:

Die in den Erläuterungen gewählte Darstellung, dass der Entfall der Sonder-Vorauszahlung des 13. Umsatzsteuertermins eine Entlastung von 1,7 Milliarden Euro brächte ist unzutreffend, da die 13. Ust.-Vorauszahlung lediglich Darlehensfunktion hatte und wieder refundiert wurde. Es handelt sich bei dieser Form der Darstellung vielmehr wieder einmal um einen der Grasser-PR-Gags.

In Summe ergeben sich daher im Regelungsbereich des Finanzministeriums durch die Maßnahmen Senkung der Einkommensteuer, Steuerbegünstigung nicht entnommener Gewinne, Anhebung der Mineralölsteuer und Energieabgaben samt daraus resultiernder höherem Umsatzsteueraufkommen, Wegfall der Straßenbenützungsabgabe folgende Mindereinnahmen im Bereich der Steuern: 2003: +/- 0; 2004: -29 Mio. €; 2005: -291 Mio. €; 2006: -483 Mio. €.

Davon betroffen sind auch die Länder und Gemeinden. Deren Ertragsanteile verringern sich entsprechend deren Anteilen an den betroffenen gemeinschaftlichen Bundesabgaben wie folgt:

Länder: 2004: -29 Mio. €; 2005: -66 Mio. €; 2006: -95 Mio. €.

Gemeinden: 2004: -32 Mio. €; 2005: -66 Mio. €; 2006: -90 Mio. €.

Der Bund erzielt daher unterm Strich im Jahr 2004 sogar Mehreinnahmen!:

Bund: 2004: + 27 Mio. €; 2005: -140 Mio. €; 2006: -263 Mio. €.

 

 

Zu Art. 64: Änderung des Eisenbahnbuchgesetz

 

Unverständlicherweise ignoriert der Gesetzesvorschlag die Rechtssprechung des Obersten Gerichtshofs (OGH 12.09.2002 5 OB 218 aus 02Y), dem zufolge für geplante Verkaufsmaßnahmen von Bahnliegenschaften die Zustimmung des BMVIT völlig ausreicht. Es entspricht der österreichische Rechtskultur hinsichtlich der Frage von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten, dass das Bundesministerium selbst offenbar in seinem Einflussbereich geplante Maßnahmen genehmigt, sodass die Auslagerung dieser Entscheidungsfindungen auf ein Gesetz nicht nur überflüssig sondern offenbar den Versuch darstellt, das verantwortliche Bundesministerium mittels Gesetzesänderungen aus seiner Verantwortung zu entlassen.

 

 

Zu Art. 65: Bundesgesetz, mit dem vorübergehende Maßnahmen im Bereich des Strafaufschubs getroffen werden

 

Im Laufe des vergangenen Jahres sind die Gefangenenzahlen in Österreich drastisch angestiegen, so dass sie derzeit weit über dem Durchschnitt der letzten Jahre liegen. So ist

 - wie auch den Erläuterungen zum Budgetbegleitgesetz zu entnehmen ist - seit dem Jahr 2002 nicht nur die Zahl der Untersuchungshäftlinge weiter angestiegen. (Veränderung vom 1. März 2002 bis zum 1. März 2003: +7,5%) sondern auch die Zahl der Strafgefangenen. (Veränderungen vom 1. März 2002 zum 1. März 2003: +6%). Dies führte zu einem Gesamtanstieg um 6,4%. In einer Reihe von Justizanstalten herrscht deshalb ein deutlicher „Überbelag“.


Der Justizminister versucht diese Problematik nicht an der Wurzel (den Ursachen) zu beheben, sondern mit der – unter anderen Umständen nicht grundsätzlich abzulehnenden – Maßnahme, die Voraussetzungen für einen Strafaufschub zu lockern.

 

Ursachen für den dramatischen Anstieg der Häftlingszahlen liegen vermutlich in einem von der Regierung generell geförderten Stimmungswandel in Richtung „Law and Order“, es gibt einen raueren Umgang von Polizei und Justiz mit Straftätern, während sozialpädagogisch motivierte Repräsentanten der Strafrechtspflege entmutigt werden (negatives Beispiel: Abschaffung des Wiener Jugendgerichtshofes). Verschärfungen im rechtlichen Bereich wie z.B. die Herabsetzung der absoluten Strafmündigkeit von 19 auf 18 Jahre und Änderungen im Suchtmittelrecht haben wohl auch das ihre zur genannten Entwicklung beigetragen.

 

Die Bundesregierung versucht mit vollkommen untauglichen Mitteln den Problemen entgegenzuwirken: Wichtig wäre die wirkliche Bekämpfung der Arbeitslosigkeit besonders der Jugendarbeitslosigkeit, verstärkte Jugendgerichtshilfe nicht deren Einschränkung, ausreichend qualifiziertes Personal in den Haftanstalten und nicht Personalkürzungen, Entkriminalisierung dort, wo dies vertretbar ist und Härte dort wo es notwendig ist, etc. etc.

 

 

Zu Art. 67: Altlastensanierungsgesetz-Änderung

 

Mit dieser Novelle zum Altlastensanierungsgesetz soll die Finanzierung der Altlastensanierung über den 1.1.2004 hinaus gesichert werden, (das Aufkommen der jetzigen Deponieabgabe wird durch das Verbot der Deponierung nicht inerten Materials drastisch zurückgehen). Dies wird insbesondere dadurch erreicht, dass in Hinkunft auch bei der Verbrennung von Abfällen Entsorgungsbeiträge eingehoben werden (Ausnahme: Biomasseanlagen).

 

Zusammen mit einer Fortschreibung der Altlastenbeiträge nach dem 1.Jänner 2005 wird dadurch ein Aufkommen von rund 70-90 Mio. € für die Altlastensanierung gesichert.

 

Tatsache ist allerdings, dass dadurch die Errichtung der notwendigen thermischen Behandlungsanlagen für Abfälle (in vielen Bundesländern fehlen diese noch) weiter erschwert wird. Darüber hinaus wird Wien in besonderer Weise auf Grund seines hohen Verbrennungsanteils belastet (mit ca. 7,8 Mio. € jährlich)und wird in Hinkunft die Altlastensanierung in anderen Bundesländern mitsubventionieren. Deutliche Änderungen ergeben sich dadurch jedenfalls vor allem für Kommunen, die schon bisher vor allem die Müllverbrennung benutzten (d.i. Wien und Wels) - hier wird die zusätzliche Belastung pro Person und Jahr in der Größenordnung von etwa 3 € pro Jahr liegen.

 

 

 

 

 

Zu Art. 68: Änderung des Umweltförderungsgesetzes

 

Mit der vorliegenden Gesetzesnovelle soll im Rahmen des Umweltförderungsgesetzes ein nationales Programm für die Nutzung der projektbezogenen flexiblen Mechanismen Joint Implementation und Clean Development Mechanism geschaffen werden. Damit sollen wie in der nationalen Klimastrategie der VP/FP-Bundesregierung vorgesehen bis zu 40 % der Klimaverpflichtung Österreichs (- 13 % bis 2010) im Ausland erbracht werden. Dies ist scharf zu kritisieren, weil Investitionen im Inland dringend benötigte Arbeitsplätze in Österreich schaffen würden, während Investitionen im Ausland dies nur sehr eingeschränkt können. Für das Programm ist ein jährliches Volumen von 36 Mio. € ab 2006 (vorher niedrigere Summen) als direkte Projektunterstützung vorgesehen.

 

Nicht einzusehen ist auch, dass für die Projektvergabe eine neue Kommission eingerichtet wird, bei der nicht wie bisher die im Nationalrat vertretenen Parteien Mitglieder entsenden können.

 

 

Zu Art. 72: Behinderteneinstellungsgesetz

 

Es wird die Möglichkeiten, Zuschüsse und Darlehen für Investitionen zu gewähren, die der Verbesserung der Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen dienen, erweitert.

 

Bewertung:

Konkrete Maßnahmen dürfen jedoch nicht im Belieben der einzelnen Unternehmen stehen, sondern bedürfen einer gesetzlichen Regelung. Die Bestimmungen sind völlig unbestimmt und überlassen die nähere Ausgestaltung den zu erlassenden Richtlinien.

Die vorgesehenen 3 Mio € jährlich erscheinen als zu gering.

 

 

Zu Art. 73: Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes

 

Grundsätzlich ist gegen die Ziele der Novelle, Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Anhebung der Beschäftigungsquote von älteren ArbeitnehmerInnen zu erreichen, nichts einzuwenden.

Es ist aber zu bezweifeln, ob die in dieser Novelle gewählten Mittel geeignet sind, die genannten Ziele zu erreichen.

Zu den Bestimmungen im Einzelnen:

 

Zu § 39g:

Im Sinne der Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit der Verwaltung wird die Absenkung des FLAF-Beitrags zum Verwaltungsaufwand der Vollziehung begrüßt, jedoch sollte dies nicht zu weiteren Einschränkungen bei der Vollziehung führen. Bereits jetzt müssen AntragstellerInnen häufig lang auf Erledigungen in Angelegenheiten der Familienbeihilfe warten.

 

Zu § 39h:

Der Beitrag des FLAF zu Maßnahmen der Studienförderung im Ausmaß von 14,535 Mio. € dient dazu, zusätzliche Finanzmittel außerhalb der Bildungsbudgets für die im Rahmen der Einführung von Studiengebühren notwendig gewordenen zusätzlichen Förderungsmaßnahmen für sozial bedürftige StudentInnen zu eröffnen.

 

Studiengebühren sind nach wie vor grundsätzlich abzulehnen. Soweit aufgrund der Studiengebühren zusätzliche Mittel zur „sozialen Abfederung“ der Studiengebühren aufgebracht werden müssen, ist hierfür das Budget des für die Studiengebühren verantwortlichen Bildungsressorts heranzuziehen. Die Mittel des FLAF müssen für im engeren Sinn familienpolitische Maßnahmen zweckgebunden verwendet werden. Es ist bedenklich, dass der FLAF oder der Ausgleichsfonds zum FLAF zur Finanzierung von Aufwendungen herangezogen werden soll, die keinen unmittelbaren inneren Zusammenhang mit seinem Zweck haben.

 

Es ist jedenfalls eine umfassende Novellierung der Stipendienbestimmungen (z.B. Indexanpassung, Hinaufsetzen der Altersgrenzen für Stipendien, Ausweitung der Studienabschluss-Stipendien für Berufstätige) dringend erforderlich.

 

Zu § 39m:

Die Erläuternden Bemerkungen legen dar, dass die bereits bestehenden Maßnahmen „zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ ausgebaut und verstärkt werden sollen. Es handelt sich dabei um Maßnahmen wie das Audit „Familie und Beruf“, den Bundeswettbewerb „Frauen- und familienfreundlichster Betrieb“ oder das Projekt „Familienkompetenzen“. Durch die gesetzliche Absicherung im FLAG soll die langfristige finanzielle Absicherung dieser Maßnahmen erreicht werden.

 

Unternehmen wird die Möglichkeit geboten, das Audit und den Bundeswettbewerb als Marketinginstrument zu nützen, indem sie das „Gütesiegel“ der Zertifizierungen als Wettbewerbsvorteil verwenden können. Vielfach werden mit diesen Maßnahmen allerdings die traditionellen Geschlechterrollen verstärkt. Die Gleichstellung von Frauen und Männern im Sinne einer partnerschaftlichen Teilung der Familienarbeit hingegen bleibt vernachlässigt.

 

Die faktische Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist eines der absolut zentralen Politikfelder der nächsten Jahre. Geeignete Maßnahmen zu ihrer Sicherstellung sind vorrangig der flächendeckende Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen, vor allem in jenen Bereichen, in denen eine klare Unterversorgung besteht, d.h., insbesondere für unter 3-jährige Kinder und für Schulkinder, weiters die Sicherung eines bundesweit einheitlichen Betreuungsstandards für alle Altersstufen und ein familienfreundliches Arbeitsrecht sowie Maßnahmen zum Abbau von Geschlechtsrollenstereotypen. Hierzu bedürfte es aktiver Maßnahmen der Bundespolitik und ausreichender finanzieller Bedeckung.

 

Die Förderung bewußtseinsbildender Maßnahmen, mit denen Betriebe für eine familienfreundliche Unternehmenspolitik sensibilisiert werden, sind zu befürworten. Jedenfalls sollte  darauf geachtet werden, dass sich diese Maßnahmen nicht nur an Frauen sondern auch an Männer richten. Einwände bestehen allerdings gegen eine Förderung der Aufwendungen von Unternehmen (z.B. Begutachtungskosten), die mit der Teilnahme an Wettbewerben verbunden sind. Diese Kosten sollten nicht aus dem FLAF, sondern von den Betrieben selbst getragen werden.

 

Zudem bestehen Bedenken, ob diese Gesetzesstelle im Sinne von Art 18 B-VG ausreichend bestimmt ist. Eine Veröffentlichung von Förderungsrichtlinien im Amtsblatt der Wiener Zeitung ist sicher kein verfassungsrechtlich geeignetes Mittel, ausreichende Bestimmtheit herzustellen.

 

Zu § 41 Abs 4:

Von einer Befreiung der Lohnsumme der ArbeitnehmerInnen über 60 von den FLAF-Beiträgen (4,5 %) ist keine signifikante Beschäftigungswirkung zu erwarten. Vergleichbare Maßnahmen zur Senkung der Lohnnebenkosten für Lehrlinge brachten keine nachweisbaren arbeitsmarktrelevanten Ergebnisse. Dieses Mittel ist nicht geeignet, die angespannte Arbeitsmarktlage für ältere ArbeitnehmerInnen zu verbessern, die sich durch die gleichzeitig geplante schrittweise Beseitigung der vorzeitigen Alterspension noch deutlich verschlechtern wird.

 

Der FLAF und der Ausgleichsfonds wirtschaften durch die immensen Ausgaben für das Kinderbetreuungsgeld und durch sinkende Lohnsummen (aufgrund steigender Arbeitslosigkeit und steigender Teilzeitquoten) bereits jetzt äußerst angespannt. Eine weitere Aushöhlung des Ausgleichsfonds durch den Verlust von rund 39 Mio. € Einnahmen, der keine positiven Beschäftigungseffekte sondern lediglich Mitnahmeeffekte für die Unternehmen erwarten lässt, ist abzulehnen.

 

 

Zu Art. 74 bis 77: Änderungen des ASVG, GSVG, BSVG und B-KUVG/Pensionsrecht

 

Überblick und Bewertung

 

Hauptinhalte

 

 

Aufhebung aller vorzeitigen Alterspensionen:

Die vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit wird mit Ablauf des Jahres 2003 abgeschafft. Es wird eine teilweise Ersatzleistung aus der Arbeitslosenversicherung durch Übergangsgeld gewährt (siehe ALVG).

Die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer und die Gleitpension laufen ab 1. Juli 2004 aus, indem das Anfallsalter etappenweise bis zum 1. Oktober 2009 bis zur Höhe des Regelpensionsalters (65 Jahre bei Männern, 60 Jahre bei Frauen) hinaufgesetzt wird.

Das Anfallsalter für die Frühpensionen soll im zweiten Halbjahr 2004 pro Quartal um je zwei Monate angehoben werden; im ersten Halbjahr 2005 soll eine quartalsweise Anhebung um je einen Lebensmonat erfolgen und bis zum Jahr 2009 sollen weitere Anhebungen um je zwei Monate pro Quartal erfolgen. Ab dem 1. Jänner 2010 wird sodann nur mehr die Alterspension mit einem Anfallsalter von 65 Jahren bei Männern und 60 Jahren bei Frauen bestehen.

Personen, die bis zum 30. Juni 2004 sämtliche Anspruchsvoraussetzungen für die Frühpension bei langer Versicherungsdauer erfüllen, sollen weiterhin nach bisherigem Recht in Pension gehen können und zwar unabhängig davon, wann sie in Pension gehen. Damit wird soll verhindert werden, dass Personen, die weiterhin erwerbstätig sein wollen, nur zur Nutzung der bisherigen Rechtslage die Frühpension in Anspruch nehmen.

 

Bewertung:

-         Die Abschaffung der vorzeitigen Alterspension bei Arbeitslosigkeit bedeutet vor allem für viele Frauen (rund 90% der BezieherInnen dieser Pensionsart sind Frauen) eine Verlängerung der Arbeitslosigkeit um 3,5 Jahre, die zwar durch den Bezug des Altersübergangsgeldes abgemildert werden soll, in diesem Zeitraum aber jedenfalls einen Einkommensverlust bedeutet.

-         Von der Abschaffung der vorzeitigen Alterspension wegen langer Versicherungsdauer und der vorzeitigen Alterspension wegen Arbeitslosigkeit gehen massive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt aus: Bereits die Anhebung des Frühpensionsalters durch die Pensionsreform 2000 um 1,5 Jahre hat zu einem massiven Anstieg der Altersarbeitslosigkeit geführt. Zum Beispiel ist die Arbeitslosenquote der Frauen zwischen 55 und 60 Jahren vom Dezember 2000 bis zum Dezember 2002 um 80 Prozent gestiegen! Nach vollzogener Beseitigung sämtlicher vorzeitiger Pensionsarten muss der Arbeitsmarkt rund 130.000 Personen zusätzlich unterbringen können, die nach bisherigem Recht in die beiden Formen der vorzeitigen Alterspension gehen konnten.

-         Im Zuge des Gleichbehandlungspakets wurde das unterschiedliche Frühpensionsalter von Frauen und Männern bis Ende 2018 verfassungsrechtlich verankert. Wenn jetzt die Frühpension für Frauen gänzlich abgeschafft wird, ist dies verfassungswidrig.

 

 

„Hacklerregelung“:

Die sogenannte „Hacklerregelung“ (Frauen mit 40 bzw. Männer mit 45 Beitragsjahren können weiterhin mit 55 bzw 60 Lebensjahren in Pension gehen) bleibt bis Ende 2006 aufrecht, wobei jedoch ein Abschlag in der Höhe von 3% pro Jahr zum Tragen kommt. Der Abschlag ist mit 15% begrenzt. Der Steigerungsbetrag für diese Gruppe bleibt bis 2006 unverändert bei 2% pro Versicherungsjahr. Ab 2007 wird das Antrittsalter für diese Personengruppe um 1,5 Jahre erhöht (56,5 bzw 61,5), wobei bestimmte Ersatzzeiten, wie Zeiten der Kindererziehung und des Präsenzdienstes, als Beitragsmonate gewertet werden. Bei diesen Pensionen wird jedoch bereits der volle Abschlag von 4,2% angewandt. Außerdem wird der Steigerungsprozentsatz von 2% pro Jahr durch drei Jahresschritte auf (2007: 1,95%; 2008: 1,90%; 2009: 1,85%) gesenkt. 2010 wird auch diese Form des Pensionsantrittes beseitigt.

 

Bewertung:

-         Tatsache ist, auch die Verlängerung der sogenannten Hacklerregelung ändert nichts an den massiven Verlusten für diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ein „Hackler“ mit 45 oder mehr Beitragsjahren verliert schon bei Pensionsantritt im nächsten Jahr runde 18 Prozent.

-         Von der sogenannten „Hackler-Regelung“ profitieren nur rund 10 Prozent jener, die wegen langer Versicherungsdauer in die vorzeitige Alterspension gehen können.

 

-         Wirkliche Hackler, die ihr Leben lang schwer – etwa als Bauarbeiter, als Fach- und HilfsarbeiterInnen in Industrie- und Handwerksbetrieben oder als Arbeiter in Tourismus, Bergbau oder Forstbetrieben – gearbeitet haben, haben nichts von einer „Hackler-Regelung“ wie sie die Regierung versteht. Gerade schwer arbeitende Menschen, die mit 15 Jahren zu arbeiten begonnen haben, können nicht mit 60 bzw. 55 Jahren wegen der „Hackler-Regelung“ in Pension gehen. In den meisten Fällen fehlen ihnen wegen Arbeitslosigkeit (Wintersaison im Bau und anderen Saisonbranchen, Firma geht in Konkurs) oder auch längerer Krankenstände (auch aufgrund von Arbeitsunfällen) die notwendigen Beitragsjahre.

 

 

Neuordnung des Steigerungsbetrages und Neuordnung der Zu- und Abschläge:

Der Steigerungsbetrag, also jener Prozentsatz, der angibt, wieviel Prozent der Gesamtbemessungsgrundlage die Bruttopension beträgt, wird mit 1.1.2004 von 2 % in Quartalsschritten über drei Jahre auf 1,78 % abgesenkt, wodurch die Höchstpension künftig nicht mehr nach 40, sondern erst nach 45 Jahren der Erwerbstätigkeit erreicht wird. Es gibt keinen Schutz für bereits erworbene Anwartschaften (anders als bei den Beamten)! Der Abschlag bei Pensionsantritt vor dem Regelpensionsalter soll von bisher 3% auf 4,2 % pro Jahr eines vorzeitigen Pensionsantrittes betragen und ist von der jeweils erzielten Bruttopension (bisher vom Steigerungsbetrag) bis zu einen Höchstausmaß von 15% abzuziehen. Der Bonus bei Erwerbstätigkeit über dem Regelpensionsalter wird ebenfalls auf 4,2 % erhöht.

 

Bewertung:

-         Die Senkung der Steigerungspunkte von 2% pro Versicherungsjahr auf 1,78% pro Versicherungsjahr führt bei einem Pensionsantritt zum Regelpensionsalter, also mit 60 bzw 65 Lebensjahren, mit einem Schlag zu einem Pensionsverlust von 11%. Lediglich für drei Jahrgänge gibt es eine geringfügige Erleichterung durch die quartalsweise Absenkung. Damit sind Versicherte, die kurz vor ihrem Pensionsantritt stehen, mit einer massiven Kürzung ihres Einkommens konfrontiert, ohne eine Möglichkeit gehabt zu haben, sich darauf vorzubereiten.

-         Bei einer Frau beträgt derzeit das Regelpensionsalter 60 Jahre – weist sie 40 Versicherungsjahre auf, erhält sie bisher 80 Prozent der Bemessungsgrundlage. Diese 80 Prozent reduzieren sich durch die Absenkung der Steigerungsbeträge auf 71,2 Prozent. Frauen haben daher in Zukunft nur mehr dann die Möglicheit 80% ihrer Pension zu erhalten, wenn sie über das 60. Lebensjahr hinaus berufstätig sind (80% gibt es nur mehr mit 45 Versicherungsjahren).

 

 

Ausdehnung des Durchrechnungszeitraumes:

Der Zeitraum für die Bildung der Pensionsbemessungsgrundlage wird von 15 Jahren auf 40 Jahre verlängert. Diese Verlängerung soll mit 1. Jänner 2004 beginnen und jährlich 12 Monate betragen, sodass im Jahr 2028 die (nahezu) gesamte Versicherungskarriere den Bemessungszeitraum bilden wird. Die alles entscheidenden Aufwertungsfaktoren werden nicht verändert!

Zeiten der Kindererziehung werden künftig den Durchrechnungszeitraum im Ausmaß von drei Jahren pro Kinder reduzieren. 180 Beitragsmonate dürfen jedoch nicht unterschritten werden. Ebenso werden Zeiten der Betreuung im Rahmen der Familienhospizkarenz vom Bemessungszeitraum ausgenommen.

Die „Durchrechnungsverluste“ werden folgendermaßen gedeckelt: Bis zum Jahr 2007 wird der Verlust mit 3,5%, in den Jahren 2008 bis 2015 mit einer Höhe von 7% und in den Jahren 2016 bis 2028 mit einer Höhe von 10% begrenzt.

 

Bewertung:

-         Die ohnehin schon massiven finanziellen Auswirkungen werden durch die geplante Durchrechnung ohne entsprechende Erhöhung der Aufwertungsfaktoren noch verstärkt. Berechnungen des Bundesministeriums für Soziale Sicherheit und Generationen, die im Rahmen der Pensionsreformkommission erstellt wurden, gehen bei einer solchen Durchrechnung von durchschnittlichen Verlusten von über 20% aus.

-         Die geplanten Deckelungen der Durchrechnung bringen in den ersten Jahren gar nichts, weil hier die Verluste sowieso nicht höher wären. Danach ändert der Deckel nicht viel an der kumulativen Wirkung der einzelnen Maßnahmen. Letztendlich wird es für alle, die 1968 oder später geboren sind, zu massivsten Pensionskürzungen bis zu 40 Prozent und mehr kommen. Als Ersatz für diesen Verlust zwingt die Regierung die Betroffenen zu Vorsorgemodellen, die  zwar steuerbegünstigt, aber voll vom freien Spiel der Aktienmärkte abhängig sind.

-         Die Ausweitung des Durchrechnungszeitraums bedeutet auch, dass Personen mit Unterbrechungen im Erwerbsverlauf oder/und mit mehrjährigen Teilzeitphasen drastische Kürzungen ihrer Pension – im Vergleich zum bisherigen Pensionsrecht – hinnehmen müssen und trifft dadurch die Frauen am Härtesten. Die Verkürzung des Durchrechnungszeitraums pro Kind um maximal drei Jahre ändert nichts daran, dass etwa Zeiträume der Teilzeitarbeit – weil Beruf und Familie nur schlecht vereinbar sind – mittel- und langfirstig zu massiven Kürzungen bei den Frauenpensionen führen.

-         Schon bisher ist der Großteil der Frauen nicht durchgängig von der Jugend bis ins Alter Vollzeit berufstätig. Die Teilzeitquote der unselbständig erwerbstätigen Frauen liegt derzeit bei 36 Prozent. Der Anstieg der atypischen Beschäftigung lässt erwarten, dass in Zukunft noch weniger Menschen über ihr gesamtes Berufsleben einen Vollzeitarbeitsplatz haben werden. Mit dieser sogenannten „Pensionssicherungsreform“ werden Anforderungen fixiert (durchgängige Vollzeitbeschäftigung, um im Alter eine ordentliche Pension zu haben), die von den meisten Frauen nicht erfüllbar sind.

-         Eine additive Betrachtung der Pensionsverluste durch Senkung des Steigerungsbetrages und die systematischen Durchrechnungsverluste führt in vielen Fällen schon innerhalb weniger Jahre zu Pensionseinbussen von 20%. Das ist vor dem Hintergrund des Vertrauensgrundsatzes verfassungsrechtlich bedenklich.

 

 

 

 

 

Anrechnung von Beiträgen erwerbstätiger PensionsbezieherInnen für die Höherversicherung:

Wird neben dem Bezug einer Alterspension eine die Pflichtversicherung begründende Erwerbstätigkeit ausgeübt, so soll dies in Hinkunft pensionserhöhend wirken, indem die entrichteten Beiträge als Beiträge zur Höherversicherung gewertet werden.

 

Bewertung:

-         Die mit der Reform 2000 abgeschaffte Pensionsneubemessung wird wieder eingeführt. Im Ergebnis werden Alterspensionisten unbegrenzt zur Pension dazuverdienen können und in der Folge eine höhere Pension erhalten. Angesichts der Erhöhung der Zahl der Arbeitskräfte auf dem Erwerbsarbeitsmarkt vor allem durch die Abschaffung der vorzeitigen Alterspensionen ist diese Maßnahme problematisch.

 

 

Anrechnung von Kindererziehungszeiten:

In Hinkunft sollen die ersten 24 Monate (bisher 18 Monate) ab der Geburt des Kindes pensionsbegründende Beitragszeiten sein, wenn in dieser Zeit Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld besteht. Die Bemessungsgrundlage wird pro Jahr um 2% erhöht, sodass sie im Jahr 2028 150% des Ausgleichszulagenrichtsatzes für Alleinstehende beträgt.

 

Bewertung:

-         Die Kindererziehungszeiten werden nach wie vor, auch mit der geplanten Erhöhung, mit einem sehr niedrigen Pauschalbetrag angerechnet. Dafür wird eine völlig unbedeutende Maßnahme als Meilenstein gefeiert: die Anrechnung von sechs weiteren Pensionsmonaten als pensionsbegründende Zeit. Nur in ganz seltenen Fällen können Frauen davon profitieren – z.B. wenn ihnen genau sechs Monate für die Erreichung der nötigen Beitragszeiten für die Erfüllung der Anwartschaft auf eine Pension fehlen.

-         Davon abgesehen kommen diese Zeiten erst in rund 30 Jahren zur Anrechnung – die massiven Verschlechterungen, die die Pensionssicherungsreform bringt, werden dagegen bereits ab 2004 wirksam.

 

 

 

Erstattung der Beträge für den Einkauf von Schul- und Studienzeiten:

Die Rückerstattung hat nach der vorliegenden Regelung nur dann zu erfolgen, wenn die Beiträge weder leistungs- noch anspruchswirksam geworden sind. Die Rückerstattung bleibt daher jenen verwehrt, die ihre Schul- und Studienzeiten mit der Absicht nachgekauft haben, eine vorzeitige Alterspension wegen langer Versicherungsdauer zu beanspruchen, wenn sich die Beiträge in der Höhe der Pension auswirken.

 

Bewertung:

-         Aufgrund der Senkung der Steigerungspunkte auf 1,78 % pro Versicherungsjahr wirkt sich ein Nachkauf nur dann nicht auf die Höhe der Pension aus, wenn der Versicherte 45 Versicherungsjahre oder mehr erworben hat. Frauen sind damit von der Rückerstattung überhaupt ausgeschlossen. Bis zum 60. Lebensjahr können sie selbst bei geschlossenem Versicherungsverlauf nur 45 Versicherungsjahre erreichen. Pro Schul- bzw Studienjahr können aber höchstens acht Monate nachgekauft werden, so dass dann, wenn nach dem 15. Geburtstag Schul- oder Studienzeiten angefallen sind und nachgekauft werden, ein 45jähriger Versicherungsverlauf rechnerisch ausgeschlossen ist.

-         Männer, die Versicherungszeiten erworben haben, um die Anspruchsvoraussetzungen für eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer (450 Versicherungsmonate) zu erfüllen, sind ebenfalls von der Rückerstattung ausgeschlossen.

-         Allein diejenigen Männer, die aufgrund der Verzögerung des Pensionsantrittes gezwungen sein werden, bis zum (Regel-)Pensionsalter mehr als 45 Versicherungsjahre (540 Monate) zu erwerben, sollen für Schul- bzw Studienmonate, die über 540 Monate hinausreichen, die Beiträge zurückerhalten. Erwartet haben sie eine höhere Pension vor dem Regelpensionsalter; stattdessen erhalten sie Beiträge - aufgewertet mit Faktoren, die nicht einmal die Inflation ausgleichen - zurückgezahlt.

 

 

Verschiebung des Zeitpunktes der Valorisierung der Neupensionen:

Ab dem Jahr 2004 soll erst in dem auf das Jahr nach Pensionsantritt folgenden Jahr erstmals valorisiert werden. Somit für Pensionen des Jahres 2004 mit 1.1.2006.

 

 

 

Bewertung:

-         Die Auslassung der Valorisierung der Pension im ersten Kalenderjahr nach Pensionsantritt hat eine lebenslang wirksame Pensionskürzung zur Folge. Werden im betreffenden Jahr die Pensionen zB um 2 % angehoben, wird die Pension der im Vorjahr Pensionierten auf Dauer um diese 2 % (zuzüglich eines Zinseszinseffekts) geringer ausfallen.

 

 

Absenkung des „fiktiven Ausgedinges“:

Gemäß dem Regierungsprogramm soll eine weitere (stufenweise) Absenkung des fiktiven Ausgedinges bei der Berechnung der Ausgleichszulage vorgenommen werden. Die Anrechnung wird von 27% auf 21% des AZ-Richsatzes im Jahr 2008 gesenkt, was einer Erhöhung der Bauernpensionen um ca 45 € entspricht.

 

Bewertung:

-         Die einzige Verbesserung im Pensionsrecht betrifft die bäuerliche Pensionsversicherung. Bereits zum dritten Mal seit dem Jahr 2000 soll das fiktive Ausgedinge abgesenkt werden. Die Sachlichkeit dieser Maßnahme ist jedenfalls in Zweifel zu ziehen. Im Ergebnis führt diese Maßnahme zu einem weiteren Ansteigen des Bundesbeitrags bei Bauernpensionen.

 

 

Finanzielle Auswirkungen:

Die mitgelieferten Tabellen zeigen eindeutig, dass die Entwicklung der Ausgaben im Pensionsbereich selbst ohne jegliche Maßnahmen sinken würden. Die notwendigen Bundesmittel in Prozent des Bruttoinlandproduktes werden von 2003 von 3,1% bis ins Jahr 2006 auf 2,8% sinken!

Die Gesamtaufwendungen der PV in Prozent des BIP werden einen Rückgang von 11,1% im Jahr 2003 auf 10,7% im Jahr 2006 aufweisen!

Durch die geplanten Maßnahmen ergibt sich eine Gesamtersparnis in der PV bis 2006 in der Höhe von 835 Mio €. Davon werden 760 Mio € nur im ASVG-Bereich eingespart!

Im Bereich des GSVG ergibt sich bis 2006 eine Ersparnis von 75 Mio € und im BSVG sind sogar Mehraufwendungen in Höhe von 1 Mio € im Jahr 2004 und 2005 geplant.

 

 

Aus diesen Tatsachen ergibt sich ganz eindeutig, dass die beabsichtigten Kürzungsmaßnahmen im Pensionsbereich, die so tiefgreifende Einschnitte vor allem für Personen die unmittelbar vor dem Pensionsantritt stehen ergeben, überhaupt nicht notwendig sind und ausschließlich zur Geldbeschaffung dienen.

 

Sicherungsmaßnahmen, die unser Pensionssystem auch für die Zukunft erhalten, sind nicht beabsichtigt und daher auch nicht vorhanden und von einer Zusammenführung der Pensionssysteme zu einem einheitlichen Pensionsrecht ist keine Rede.

 

 

Zu Art. 74 bis 78: Änderungen des ASVG, GSVG, BSVG und B-KUVG/Krankenversicherungsrecht

 

Grundsätzlich kann festgestellt werden:

Es handelt sich hier um ein massives Belastungspaket für kranke Menschen.

Die Regierung beschränkt sich auf Geldbeschaffungsaktionen durch Beitragserhöhungen und unsolidarische Selbstbehalte für Kranke, anstatt mutig Reformen anzugehen.

Es ist bezeichnend für die Regierung, dass sie die Verantwortung für die Festsetzung von Selbstbehalten auf die Krankenversicherungsträger abschiebt, damit wird die Erschütterung der Selbstverwaltung weiter fortgesetzt.

Es werden keine strukturellen Maßnahmen oder Ansätze für die Vereinheitlichung der Systeme verfolgt.

Es werden keine Maßnahmen für die Eindämmung der explodierenden Medikamentenkosten gesetzt.

 

Einheitlicher Beitragssatz in der Krankenversicherung nach ASVG für Angestellte und Arbeiter:

Ab 1. Jänner 2004 beträgt der Beitrag in der Krankenversicherung für Angestellte und Arbeiter einheitlich 7,3% (inkl. 0,5% Zusatzbeitrag). Für die Angestellten bedeutet dies eine Erhöhung um 0,4 Prozentpunkte, für die Arbeiter eine Absenkung um 0,3 Prozentpunkte.

Für "Freie Dienstnehmer" gilt ein Beitragsatz von 6,9 % (weil sie keinen Anspruch auf Krankengeld haben).

 

 

Bewertung:

-          So positiv die Angleichung zwischen Arbeitern und Angestellten auch sein mag, letztlich läuft es per Saldo auf eine Beitragsanhebung hinaus, die von den Angestellten getragen wird. Entgegen stets wiederholter Regierungsankündigungen kommt es also im Bereich der Krankenversicherung zu massiven Beitragserhöhungen.

 

 

Ergänzungsbeitrag zur Finanzierung unfallbedingter Leistungen der Krankenversicherung:

Der Ergänzungsbeitrag ist im Ausmaß von 0,1 Prozent der allgemeinen Beitragsgrundlage für die in der Krankenversicherung Pflichtversicherten erwerbstätigen Personen, freiwillig Versicherten, BezieherInnen von Übergangsgeld und Pensionisten zu entrichten.

 

Bewertung:

-          Reine einseitige Geldbeschaffungsaktion durch Beitragserhöhungen, die die Regierungsparteien bisher immer ausgeschlossen haben.

 

 

Wegfall der Unfallversicherungsbeiträge für über 60 Jährige DienstnehmerInnen:

 

Bewertung:

-                Jährliche Entlastung der DienstgeberInnen um 9 Mio. €. Diese Maßnahme wird kaum eine Auswirkung auf die Beschäftigungssituation haben (niedrige Beschäftigungsquote insbesondere von Frauen).

 

 

Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrages der Pensionisten:

Der Einbehalt in der Krankenversicherung der Pensionisten erhöht sich auf 4,75 Prozent. Die Erhöhungen erfolgen am 1. Jänner 2004 und am 1. Jänner 2005 mit je 0,5 Prozent. Da im BSVG bereits jetzt ein Beitragssatz von 4,25% (zuzüglich des Solidaritätsbeitrages von 0,5%) gilt, ist daher 2005 keine Erhöhung vorgesehen.

Gleichzeitig wird der Beitrag des Bundes (Hebesatz) gesenkt.

 

Bewertung:

-          Durch die Senkung des "Beitrages des Bundes" (Hebesatz) ist auch diese Maßnahme eine reine "einseitige", unsolidarische Geldbeschaffungsaktion. Es werden Beiträge  - gerade bei älteren Menschen die häufiger krank sind - erhöht, dies haben die Regierungsparteien bisher immer ausgeschlossen.

 

 

Aufhebung des Behandlungsbeitrags-Ambulanz:

Bereits mit Ende März 2003 soll der Behandlungsbeitrag-Ambulanz aufgehoben werden, weil eine weitere Einhebung unwirtschaftlich wäre. Gleichzeitig wird der neue allgemeine Selbstbehalt auch für Behandlungen in Spitalsambulanzen gelten.

 

Bewertung:

-          Späte Einsicht der Regierung in jahrelang vorgetragene SPÖ-Argumente. Die Regierung verkauft allerdings eine Mogelpackung, weil Behandlungen in Spitalsambulanzen in Zukunft teurer werden als bisher.

 

 

Ersatz der Krankenscheingebühr durch einen einheitlichen Kostenbeitrag (Selbstbehalte):

Die Krankenscheingebühr soll ab 1.1.2004 durch einen einheitlichen, sich an der finanziellen Lage des Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger und der wirtschaftlichen Lage der Versicherten orientierenden Kostenbeitrag abgelöst werden. Der Kostenbeitrag - der neu auch für zahnärztliche Leistungen und Leistungen in Spitalsambulanzen zu zahlen ist - soll jährlich durch Verordnung des Hauptverbandes festgesetzt werden.

 

Bewertung:

-         Die Regierung setzt damit kranke Menschen unabsehbaren und unzumutbaren finanziellen Belastungen aus. Ferner wird das Solidaritätsprinzip in der Krankenversicherung in Frage gestellt, wonach auch die Gesunden die Kosten für die Kranken im gleichen Ausmaß mitfinanzieren. Kranksein wird damit in Österreich zum finanziellen Risiko und führt dazu, dass Schlechterverdienende notwendige Leistungen nicht mehr in Anspruch nehmen bzw. sich Arztbesuche nicht mehr "leisten" können.

 

-         Letztlich stiehlt sich die Regierung im Rahmen der von ihr gewählten Vorgangsweise auch noch aus der Verantwortung, weil sie keine bundeseinheitliche Regelung erlässt und die Verantwortung zur Festsetzung der Selbstbehalte auf die Krankenversicherungsträger abschiebt; damit wird das Regierungschaos im Gesundheitswesen fortgesetzt!

 

 

Aufhebung der Krankenversicherungspflicht für Pensionen aus Rechnungshof geprüften Institutionen:

Infolge der Anhebung der Bestimmung durch den VfGH werden diese Bestimmungen im ASVG, GSVG, BKuVG und BSVG legistisch umgesetzt.

 

 

Änderung des Rezeptpflichtgesetztes (Artikel 78):

Rezepte bleiben in Zukunft 12 Monate gültig (früher 6 Monate).

 

Bewertung:

-          Weil auch in Zukunft Einschränkungen auf dem Rezept vermerkt werden dürfen, ist mit keinen spürbaren Auswirkungen auf PatientInnen zu rechnen.

 

 

Finanzielle Auswirkungen:

Für das Jahr 2004 ergibt sich in Summe (Punkte 1 bis 3) eine Belastung von 301,9 Mio. €. Dieser Betrag erhöht sich für das Jahr 2005 auf 408,3 Mio. €. Die Belastungen, die aus den Selbstbehalten resultieren konnte bzw. wollte die Regierung nicht beziffern.

 

 

Zu Art. 84 bis 89: Arbeitslosenversicherung, Arbeitsmarkt, Arbeitsrecht

 

Änderungen im Bereich Altersteilzeitgeld:

De-facto-Abschaffung der Altersteilzeitregelung

Die wesentlichen Neuerungen bei der Altersteilzeitregelung bestehen in der Verkürzung der Bezugsdauer auf höchstens fünf Jahre und darin, dass die Möglichkeit, die Arbeitszeitreduktion zu blocken, künftig an die Einstellung einer Ersatzkraft geknüpft ist; ebenso sollen künftig nur noch bei Einstellung einer Ersatzkraft 100 % der dem/r ArbeitgeberIn aus der Altersteilzeitregelung entstehenden Mehrkosten abgedeckt werden, sonst nur noch 50 % dieser Kosten.

Bewertung:

-         Dies stellt die De-facto-Abschaffung der Altersteilzeitregelung dar, weil aus den Erfahrungen der Vergangenheit bekannt ist, dass dieses Instrument nur bei ausreichender Flexibilität der Arbeitsverteilung, insbesondere bei Vorhandensein der Blockmöglichkeit, angenommen wird. Gerade als Begleitmaßnahme für eine Anhebung des Pensionsalters wäre die Altersteilzeitregelung als einzige bisher wirksame Maßnahme zur Beschäftigungsstabilisierung Älterer ein unerlässliches Instrument. Es ist völlig unverständlich und arbeitsmarktpolitisch widersinnig, dieses Instrument nachhaltig auszuhöhlen.

-         Zweifellos war in der Vergangenheit bei der Inanspruchnahme der Altersteilzeitregelung auch Missbrauch durch ArbeitgeberInnen zu verzeichnen. Daher wird der Absicht, den Beurteilungszeitrahmen für die erforderliche Arbeitszeitreduktion und den Bemessungszeitraum für die Höhe des Ersatzanspruchs der ArbeitgeberInnen auf einen Durchrechnungszeitraum von 12 Monaten zu beziehen, ausdrücklich unterstützt. Damit sollten die feststellbaren Missbrauchsmöglichkeiten der ArbeitgeberInnen in Zukunft ausgeräumt sein; diese Regelung jedoch so wie in der Vergangenheit gänzlich unwirksam werden zu lassen, kann angesichts der angespannten Arbeitsmarktlage gerade für ältere ArbeitnehmerInnen nicht gerechtfertigt werden.

 

Übergangsgeld nach Altersteilzeit und Übergangsgeld statt vorzeitige AP:

Jenen Personen, die wegen der Anhebung der vorzeitgen AP zwischen 2004 und 2009 aus der Altersteilzeit noch nicht direkt in Pension gehen können, gebührt ein Übergangsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes plus 20% Zuschlag. Altersübergangsgeldbezieher stehen der Vermittlung nur mehr eingeschränkt zur Verfügung. Die Entscheidung darüber trifft der Vorstand in Form einer Richtlinie.

Weiters gebührt ein Übergangsgeld für Personen, die von der Abschaffung der vorzeitigen Alterspension bei Arbeitslosigkeit betroffen sind in der Höhe des Arbeitslosengeldes plus einem Zuschlag von 20%.

Bewertung:

-         Dass - wenn schon das Pensionsalter schockartig angehoben wird - wenigstens eine soziale Auffangmöglichkeit für die betroffenen ArbeitnehmerInnen geschaffen wird, ist unerlässlich. Ein Übergangsgeld wie das geplante wäre dafür zwar eine grundsätzliche Möglichkeit; die konkret vorgelegte Ausgestaltung dieses Übergangsgeldes ist jedoch in erschreckend hohem Maße unsozial, da Tausende vom Anspruch ausgeschlossen sein werden, weil sie zB mangels Notstandshilfeanspruch nicht als arbeitslos vorgemerkt und eingestuft werden oder weil sie im Bemühen trotz aller Schwierigkeiten einen Arbeitsplatz zu finden, auch kurzfristige Beschäftigungen oder solche als freie DienstnehmerInnen angenommen haben. Sie erfüllen, selbst wenn sie nur einen Tag eine solche Tätigkeit ausgeübt haben, nicht mehr die Voraussetzung der zwölfmonatigen Arbeitslosigkeit.

-         Außerdem ist die Höhe des Übergangsgeldes zu niedrig angesetzt. Um sicher zu stellen, dass die betroffenen ArbeitnehmerInnen nicht ungerechtfertigte soziale Folgekosten der geplanten Pensionsrechtsänderungen aufgebürdet erhalten, müßte die Höhe nicht 20 % , sondern wenigstens 30 % über dem Grundbetrag des Arbeitslosengeldes liegen.

 

Ausweitung einer Sozialfalle: Ältere, die zwar einen Pensionsanspruch haben, jedoch nur unter Inkaufnahme hoher Abschläge (zB „Hacklerregelung“), erhalten kein Arbeitslosengeld mehr; es fehlen heute schon 20.000 Arbeitsplätze für Betroffene der Pensionsreform 2000.

Nach geltendem Recht (§ 22 AlVG) haben Arbeitslose, die bereits die Voraussetzungen für eine Leistung aus einem der Versicherungsfälle des Alters haben, keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld.

Obwohl künftig Personen zB nach der sogenannten „Hacklerregelung“ nur unter Inkaufnahme massiver Abschläge in Pension gehen können, haben diese nicht die Möglichkeit, weiterhin eine Arbeit zu suchen, um die Abschläge zu vermeiden. Sie erhalten weder Arbeitslosengeld noch Übergangsgeld.

 

Außerdem ist festzuhalten, dass als Folge der Pensionsreform 2000 noch weitere 20.000 Arbeitsplätze fehlen. Ältere ArbeitnehmerInnen, die auf Grund der Pensionsreform 2000 in die Arbeitslosigkeit gedrängt wurden, stehen jetzt nach Auslaufen der Begleitmaßnahmen für diese Gruppe (verlängertes Arbeitslosengeld und Vormerkzeiten als Ersatzzeiten in der Pensionsversicherung) ohne Arbeitsplatz und ohne spezifisch notwendige Unterstützung da. Hier besteht jedenfalls die Notwendigkeit, ergänzende Maßnahmen, zB durch Einbeziehung dieser Menschen in den Geltungsbereich für das Übergangsgeld einzuführen.

 

 

Lohnnebenkostensenkung für ältere Arbeitnehmer:

Künftig sollen Beschäftigungsverhältnisse von Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, von der Arbeitslosenversicherungspflicht ausgenommen sein, für Personen ab dem 56. (Frauen) bzw ab dem 58. (Männer) Lebensjahr sollen die Kosten der Arbeitslosenversicherung aus der Gebarung Arbeitslosenversicherung getragen werden. Außerdem soll der Zuschlag nach dem IESG zur Arbeitslosenversicherung für ArbeitnehmerInnen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, entfallen.

 

Das Ziel dieser Regelung besteht laut den Erläuterenden Bemerkungen darin, die Beschäftigungsquote Älterer durch den Anreiz niedriger Lohnnebenkosten anzuheben. Der Einnahmenentfall für die Arbeitslosenversicherung beträgt laut EB 105 Mio €. Der Einnahmenentfall für die Sozialtöpfe insgesamt (unter Einschluss der übrigen Lohnnebenkostensenkungen für Ältere) beträgt 153 Mio €.

Bewertung:

-         Diese Maßnahme ist unwirtschaftlich und ineffektiv. Laut Angaben des Wirtschaftsforschungsinstituts kann der mittlere Beschäftigungseffekt der Lohnnebenkostensenkung für ältere ArbeitnehmerInnen allenfalls mit +800 bis +1.800 zusätzlichen Beschäftigten angenommen werden. Damit würden die mittleren Kosten pro geschaffenem Arbeitsplatz bei rund 120.000,- € liegen, so dass diese Lohnnebenkostensenkung einer De-facto-Subvention im Ausmaß der Lohnkosten für drei durchschnittlich entlohnte ArbeitnehmerInnen pro einem geschaffenen Arbeitsplatz gleichkommt! Eine solche Maßnahme ist unvertretbar und stellt nur eine Umverteilung von Beitragsgeldern dar, noch dazu in einer Situation, in der massive Abgänge in der Arbeitslosenversicherung zu verzeichnen sind und oft sinnvolle Maßnahmen aus Geldmangel unterbleiben müssen.

 

 

Unzureichende Änderung des Bonus-Malus-Systems

Mit den geplanten Änderungen des AMPFG soll der Malusfaktor beim Bonus-Malus-System verschärft werden. Demnach soll es für ArbeitgeberInnen teurer als bisher werden, ArbeitnehmerInnen über 50 zu kündigen.

Bewertung:

Ein weiterer Ausbau des Bonus-Malussystems wäre sinnvoll, weil die derzeitige Regelung zwar zu Bonusbegünstigungen führt, der Malus aber nicht ausgeprägt genug ist, um einen Lenkungseffekt zu erzielen. Das Ergebnis ist, dass die Arbeitslosenversicherung auf Grund der ungenügenden Ausgestaltung des Bonus-Malussystems einen Verlust von über 11 Mio € zu verzeichnen hat.

Wenn die Anhebung des tatsächlichen Pensionsalters ein gesamtgesellschaftliches Anliegen darstellen soll, dann ist es jedoch unzulässig, die ArbeitgeberInnen aus ihrer Verpflichtung daran mitzuwirken, zu entlassen und sie statt dessen mit arbeitsmarktpolitisch wirkungslosen Geldzuwendungen (Entfall der Arbeitslosenversicherungskosten) zu bedenken.

 

 

Rechtsanspruch auf Qualifizierungsmaßnahmen

Durch die geplante Vorgabe an das Arbeitsmarktservice, für bestimmte Personengruppen, vor allem für Jugendliche unter 25 und für ArbeitnehmerInnen über 50, Schulungs- und Wiedereingliederungsmaßnahmen bereitzustellen, wenn eine Vermittlung innerhalb einer bestimmten Frist nicht gelingt soll zwar nicht ein individuelles Recht auf Qualifizierung wohl aber eine starke Verpflichtung des Arbeitsmarktservices zu einer weitergehenden Wiedereingliederungsunterstützung für besonders benachteiligte Gruppen auf dem Arbeitsmarkt begründet werden.

 

Bewertung:

Es erscheint ganz wichtig, dass den betroffenen Arbeit Suchenden nicht irgendwelche Maßnahmen, sondern die für sie am besten geeigneten angeboten werden. Dies erfordert aber zusätzliche Beratungskapazität, die sich allerdings bezahlt machen würde, weil dadurch die Effektivität und Effizienz des Mitteleinsatzes steigt.

Sinnvoll wäre daher, innerhalb des AMS-Budgets die Präliminarien für den Zweck des Ausbaus von Beratung und Vermittlungskapazität um + 10 Mio € durch Umschichtung zu erhöhen. Dies ist jedoch ohne Unterstützung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit und jenes für Finanzen nicht möglich. Unterbleibt eine solche Umschichtung dagegen, so muss in Kauf genommen werden, dass noch so gut gemeinte arbeitsmarktpolitische Ansätze und Empfehlungen nicht wirkungsvoll umgesetzt werden können und daher in der Praxis unterbleiben.

 

Aufweichung des Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer

Durch die Novellierung des § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG soll die Anfechtungsmöglichkeit einer Kündigung wegen Sozialwidrigkeit für ArbeitnehmerInnen, die bei ihrer Einstellung das 50. Lebensjahr bereits vollendet haben, künftig erst nach dem vollendeten zweiten Beschäftigungsjahr gelten. Dadurch soll die Einstellung älterer ArbeitnehmerInnen begünstigt werden.

 

Bewertung:

Ein derartiger Ansatz der vermeintlichen Beschäftigungsförderung ist absolut abzulehnen. Erstens ist das österreichische Kündigungsschutzrecht gegenüber den Bedürfnissen der Unternehmen äußerst flexibel: Kündigungen können ohne jede Begründung erfolgen, Gründe müssen erst im Falle einer Anfechtung genannt werden. Auch bei einer Anfechtung durch einen älteren Arbeitnehmer kann der Arbeitgeber jederzeit überwiegende betriebliche oder persönliche Gründe zur Aufrechterhaltung der Kündigung ins Treffen führen. Zweitens erscheint der Ansatz, Gruppen mit Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt den Kündigungsschutz abzusprechen, als erster Schritt in eine gefährliche und abzulehnende Richtung: Dann könnte auch der Kündigungsschutz von Schwangeren und KarenzurlauberInnen, von Lehrlingen, Behinderten usw in Frage gestellt werden.

 

 

 

Durch den Abänderungsantrag Ellmauer, Dolinschek und Kollegen ergeben sich folgende Änderungen bzw. weitere Verschlechterungen für die ÖsterreicherInnen:

 

 

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der Abänderungsantrag keine nennenswerte Verbesserung des Belastungspakets für die nächsten beiden Jahre darstellt.

 

Im Bereich der Pensionen sind die Kürzungen im Vergleich zur Regierungsvorlage noch höher ausgefallen, wenn die Effekte aus der Neuberechnung der Pensionsanpassung für Pensionen über der Medianpension eingerechnet werden (110 Mio. € 2004 und 220 Mio. € 2005, wobei der Effekt auch in den Folgejahren in gleicher Höhe fortzuschreiben ist, weil diese Kürzung in den Folgejahren nicht kompensiert wird; s. S. 59 Z. 43t im Abänderungsantrag).

 

Die von der Opposition geforderte gesetzliche Konkretisierung der Selbstbehalte im Gesundheitswesen ist erwartungsgemäß nicht enthalten.

 

Die Änderungen im Bereich der Pensionen sowie der Politikerpensionen werden endlich ebenso konkretisiert wie die Kosten für die Abfangjäger (hier zumindest die Erstanschaffungskosten, s. unten zu Ziffer 27). Über die Kosten für die Ausrüstung und Bewaffnung bzw. den Betrieb aller 18 Kampfflieger, die Übergangslösung von 2005 (Draken werden außer Dienst gestellt) bis 2007 (die ersten vier Eurofighter werden geliefert), oder den Ersatz des einzustellenden Betriebs der Saab 105 etc. sind allerdings erwartungsgemäß keine Angaben enthalten.

 

 

Die wichtigsten Punkte im einzelnen:

 

 

Ziffer 24 - Bundeshaushaltsgesetz (Art. 29):

 

Die Möglichkeit, Großbeschaffungen durch Vorbelastungen des Budgets am Parlament vorbei zu tätigen wurde nach dem Protest der Oppositionsparteien entschärft.

 

Im wesentlichen bleibt es bei der alten Regelung, mit geringfügig mehr Flexibilität für den Finanzminister (bis zu 5% einer in einem Kapitel des letzten Bundesfinanzgesetzes vorgesehenen Summe können nunmehr auch Belastungen ohne gesetzliche Ermächtigung eingegangen werden, wenn dafür bisher kein Voranschlagsansatz bestand; wenn ein Voranschlagsansatz bestand können ohne gesetzliche Ermächtigung wie bisher 10% der Kapitelsumme an Vorbelastungen eingegangen werden).

 

Das heißt aber auch, dass als Ausnahme dazu wie bisher ohne gesetzliche Ermächtigung und ohne diese Betragsgrenzen Vorbelastungen im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen eingegangen werden können. Dazu zählt auch das operative Leasing (nicht das Kaufleasing). Eine Übergangslösung von 2005 bis 2007 bei den Abfangjägern könnte daher in einer Leasingvariante somit am Parlament vorbei angeschaffen werden.

 

 

Ziffer 25 - Ausfuhrförderungsgesetz (Art. 35):

 

Grundsätzlich erfolgt keine Änderung daran, dass die Exportförderung ausgeschrieben und letztlich an private, z.B. deutsche Exportfinanzierungsagenturen gehen könnte. Diese Vorgangsweise wird nicht nur von den Oppositionsparteien, sondern auch von der Industriellenvereinigung bzw. der exportierenden Wirtschaft als schwerer Nachteil für die österreichiesche Exportwirtschaft gesehen. Letztlich findet damit lediglich der bei seinem Amtsantritt begonnene Privatfeldzug von KHG gegen die Kontrollbank seine Fortsetzung.

 

 

Ziffer 26 - Bundesfinanzierungsgesetz (Art. 36):

 

Die ursprünglich vorgesehene Ermächtigung der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA), über Aufforderung des Finanzministers unter bestimmten Voraussetzungen im Namen und für Rechnung des Bundes auch Gemeinden und Gemeindverbänden Finanzierungen zu gewähren, soll entfallen.

Stattdessen soll sich die ÖBFA zu Finanzierungen mit Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte über Aufforderung des Bundesministers für Finanzen gutachtlich äußern und auf diese Weise beratend agieren.

 

Damit schafft sich der Bund nicht nur ein Kontrollinstrument über die Gebarung der Gemeinden, sondern im Endeffekt auch über das Vermögen der Gemeinden.

 

Die Beratungsfunktion kann auch dazu führen, dass auf die Gemeinden Druck ausgeübt wird, Vermögen zu veräußern oder zu anderen Kreditinstituten zu wechseln, die vielleicht Billigst- aber im Interesse der Gemeinden nicht Bestbieter sind (meist ein lokaler, in das Gemeindeleben vielfältig eingundener Anbieter).

 

 

Ziffer 28 – Pensionskassengesetz (Art. 38):

 

Den Interessen der Eigentümer der Pensionskassen wurde weitgehend Rechnung getragen und der Berechnungszeitraum für die Mindestzinsgarantie verändert. In Hinkunft wird daher der bisher garantierte durchschnittliche Mindestzinssatz von 1,5% über einen Zeitraum von 5 Jahren nicht mehr eingehalten werden müssen. Das war ohnehin nicht mehr als die Inflationsabgeltung! (genaue Berechnung der Auswirkungen für die Betroffenen durch Pensionsexperten steht noch aus).

 

Damit greift die schwarzblaue Koalition zum Nachteil der Versicherten in Leistungsrechte ein und kürzt die Bezieher von Pensionen in der 2.Säule um einen Teil der bisher garantierten Leistung.

 

 

Insgesamt werden durch diese Maßnahme im Bereich der Pensionskassen-Pensionen 320.000 Anwartschaftsberechtigte und 20.000 von insgesamt 40.000 Pensionskassenpensionisten in ihrer Pension gekürzt.

 

Die Kürzung beträgt insgesamt 360 Mio. €, nachdem die ursprüngliche Nachschussverpflichtung der Pensionskasseneigentümer bis 2006 im Ausmaß von 400 Mio. € auf 40 Mio. € durch einen Federstrich der Regierungsparteien vermindert wurden. Das sind rund 1.060 Euro pro Betroffenem samt Zinseszins über die restliche Vetragsdauer.

 

Als Alternative bieten die Regierungsparteien im Abänderungsantrag – wenig wettbewerbsorientiert – lediglich eine Überleitung in eine andere Veranlagungs- und Risikogemeinschaft derselben Pensionskasse an, nicht jedoch in eine andere (vielleicht bessere) Pensionkasse oder in ein anderes Produkt, wie zum Beispiel eine Lebensversicherung an.

 

 

Ziffer 29 - Steuerbegünstigung für nicht entnommene Gewinne (Art. 39):

 

Zugunsten von KMU wurden die Bestimmungen dahingehend verändert, dass der Steuervorteil auch jenen gewährt wird, die Jahresgewinne unter 20.000 € ausweisen. Zudem wurde ein Deckel von 100.000 € als Fördergrenze eingezogen. Insgesamt ändert das nichts an dem Befund, dass es sich hierbei um einen für die Konjunktur schädlichen Lenkungseffekt handelt, weil das Sparen im Unternehmen und nicht die Nachfrage stimulierende Investitionen gefördert werden.

 

Ferner werden auch jene Klein- und Mittelbetriebe nicht von dieser Begünstigung profitieren können, die entweder keine bzw. sehr kleine Gewinne erzielen oder der Lebensunterhalt des Inhabers vom Gewinn bestritten werden muß und nichts im Betrieb „zurückgelegt“ werden kann. 

 

 

Ziffer |33 - Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetzes (Art. 44):

 

Es wird eine Verordnungsermächtigung des Finanzministers im Einvernehmen mit der Gesundheitsministerin festgelegt. Es wäre das Ziel den Ausgleich für die bereits bezahlte Mehrwertsteuer (für Medikamente, etc.) der Sozialversicherung durch den Finanzminister sicherzustellen.


Bewertung:

Diese Vorgangsweise bietet nicht die hinreichende Sicherheit des notwendigen Ausgleichs der Mehrwertsteuer, in Höhe von zusätzlich 80 Mio. Euro pro Jahr.

Damit wird die Finanzsituation der Krankenversicherung weiter verschärft.

 

 

Ziffer 36 Altlastensanierungsgesetz (Art. 67):

 

Nach den wütenden Protesten von Ländern und Gemeinden wurden umfassende Änderungen an der offensichtlich schlecht vorbereitenden Altlastensanierungsgesetznovelle vorgenommen. Offensichtlich wurde dieser VP/FP-Bundesregierung klar, dass es sonst zu einer erheblichen Erhöhung der Müllgebühren österreichweit durch die Einführung neuer Deponie- und Abfallverbrennungsgebühren kommen würde und andererseits der Aufbau notwendiger Verbrennungskapazitäten in Österreich ökonomisch behindert wäre. Demgemäss wird der Abgabesatz für die Abfallverbrennung von 9 Euro auf 7 Euro gesenkt (wichtig für Wien) und erst ab 2006 eingehoben. Sowie die Befreiungstatbestände für Deponieabgaben erweitert und die Abgabensätze für Deponierung weitere differenziert und gesenkt.

Auf die oben grundsätzlich geäußerte Kritik seitens der SPÖ an der Beschaffung der Kampfflugzeuge wird verwiesen.

 

 

Ziffer 38 - Bundesgesetz über den Nachkauf vom Luftraumüberwachungsflugzeugen (Art. 69):

 

Es werden insgesamt 1.969 Mio. € festgeschrieben.

Der Kaufpreis: 1.337 Mio. € wird aus dem Budget beglichen. 632 Mio. € für Lieferungen + Leistungen die über das Heeresbudget abgewickelt werden, sind dem Verteidigungsbudget zusätzlich zuzuführen.

Auf die oben grundsätzlich geäußerte Kritik seitens der SPÖ an der Beschaffung der Kampfflugzeuge wird verwiesen.

 

 

 

Ziffer 39 - Bundespflegegeldgesetz (Art. 70):

 

Die in der Regierungsvorlage vorgesehene Einmalzahlung für Pflegegeldbezieher der Stufen 4 bis 7 entfällt! Statt dessen können künftig nahe Angehörige, die seit mindestens einem Jahr eine pflegebedürftige Person mit mindestens Pflegstufe 4 betreuen, um Zuwendungen aus dem Unterstützungsfonds nach dem Bundesbehindertengesetz ansuchen, wenn sie wegen Krankheit, Urlaub oder sonstigen wichtigen Gründen an der Pflegeleistung verhindert sind.

 

Also: eine Valorisierung des Pflegegeldes erfolgt nicht,

            die vorgesehene Einmalzahlung entfällt

            und pflegende Angehörige werden gegenüber dem Sozialminister zu Bittstellern.

 

Diese Bestimmung bedeutet einen sozialpolitischen Rückschritt.

Nicht nur, dass diese Zuwendungen auf nahe Angehörige beschränkt ist, bedeutet sie auch, dass ein Fonds, der zur Unterstützung behindeter Menschen eingerichtet wurde, für andere Zwecke missbraucht wird.

Eine derartige Regelung, die ja durchaus ihre sozialpolitische Berechtigung hat, sollte in einem eigenen Fonds münden und als Rechtsanspruch konstruiert werden.

 

Kritisiert werden muss auch die Festlegung der Kriterien, nach welchen die Mittel des Fonds vergeben werden. Hier kann der BM für soziale Sicherheit und Generationen nach Gutdünken Richtlinien erlassen. Er hat dabei lediglich den Bundesbehindertenbeirat zu „hören“.

 

 

Ziffer 40 – Opferfürsorgegesetz (Art. 71):

 

Dieser Artikel entfällt zu Gänze. Er hatte die analogen Bestimmungen zum BPGG über die Einmalzahlung für jene Opfer der politischen Verfolgung mit gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland zum Inhalt.

 

 

Ziffer 42 – ASVG (Art. 74 alt, Art. 73 neu):

 

a) Die Artikelbezeichnung wird auf 73 geändert.

b) Die Einführung des generellen Selbstbehaltes wird auf 1.1.2005 verschoben.

c) Die Zweckbindung der Tabaksteuer für die Finanzierung des Gesundheitswesens wird aufgehoben.

 

Bewertung zu b.) :

In diesen Abänderungsanträgen ist die angekündigte Verschiebung der Einführung der generellen Selbstbehalte auf 1.1.2005 enthalten.
Die ungenaue Textierung der Übergangsbestimmungen (Ziffer 37 lit. d, § 606 Abs. 3), lassen die Interpretation zu, dass im Falle, dass irgendwann einmal keine „generellen Selbstbehalte“ eingehoben werden (gute Finanzsituation der Kassen), automatisch die Krankenscheingebühr wieder auflebt.

Die SPÖ-Kritik an generellen Selbstbehalten bleibt unverändert aufrecht.

 

Bewertung zu c.) :

Der Krankenversicherung fehlen dadurch zusätzlich 82 Mio. Euro, die dem Finanzminister im Budget verbleiben.

 

 

Ziffer 43 bis 49 - ASVG, GSVG, BSVG/Pensionen (Art. 74 alt, Art. 73 neu bis 76):

 

Teil 2 Pensionsversicherung:

 

Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage: Ganz neu im AÄA findet sich eine außerordentliche Erhöhung der Höchstbeitragsgrundlage im Jahr 2004 von heuer 112 € auf 113 € täglich (30 € monatlich mehr).

 

Der Grund dafür ist laut Erläuterungen die Verbreiterung der Finanzierungsbasis der Sozialversicherung.

Tatsächlich wird es sich wohl um eine gewisse Kompensation der durch die Zugeständnisse an die FPÖ verursachten Verluste handeln.

 

Nachkauf von Schul- und Studienzeiten: Künftig können pro Schuljahr 12 und pro Studiumssemester 6 Monate nachgekauft werden.

 

Zeitsoldaten erhalten höchstens 30 Monate als Beitragsmonate berücksichtigt.

 

Kindererziehungszeiten: Höchstens 36 Monate pro Kind ohne Überlappungseffekt verkürzen den Durchrechnungszeitraum.

 

Mehr als 45 Versicherungsjahre: Wer mehr als 45 Versicherungsjahre erwirbt soll in Zukunft auch einen höheren Prozentsatz (höchstens 91,76% statt bisher 80%) von der Bemessungsgrundlage erhalten können.

 

Erhöhung des AZ-Richtsatzes: Der Ausgleichszulagenrichtsatz für Ehepaare wird von derzeit 965,53 € auf 1000 € erhöht.

Die soll wohl der Ausgleich für die „1000 Euro – Haubner-Forderung“ sein, ist jedoch in seiner Auswirkung ganz etwas anderes. Die Haubner-Forderung ging von Einzelpensionen aus. Die Anhebung des AZ-Richtsatzes für Ehepaare bedeutet, dass es zu einer Auszahlung der Ausgleichzulage nur kommt, wenn die Pensionen der Ehepartner zusammengerechnet 1000 € unterschreiten.

 

Pensionserhöhung 2004 und 2005: Pensionen, die die Höhe der Medianpension nicht erreichen, sollen mit dem Verbraucherpreisindex erhöht werden. Alle übrigen Pensionen sind mit einem Fixbetrag zu erhöhen.

Anstelle die Nettoanpassung abzuschaffen und eine klare Regelung für die Pensionsanpassung zu schaffen, wird mit Ermächtigungen an den Sozialminister gearbeitet.

 

Vorzeitige Alterspension wegen langer Versicherungsdauer: Die VAP wird nunmehr nicht bereits 2009 sondern 2014  (und nicht wie BK Schüssel in seiner Erklärung behauptet hat 2017) abgeschafft. Pro Jahr wird das Zugangsalter um 4 Monate erhöht.

An der grundsätzlichen Kritik (siehe Analyse der Regierungsvorlage) ändert dies nichts!

 

Steigerungsbetrag: Der Steigerungsbetrag wird nicht mehr in 3 sondern in 5-Jahresschritten bis 2009 auf 1,78 gesenkt.

 

Verlustdeckelung: Künftig muss ab 1.1.2004 bei jeder Pensionsneuzuerkennung eine Vergleichsberechnung mit der am 31.12.2003 geltenden Rechtslage angestellt werden. Ist die Neupension um mehr als 10 % niedriger als die Vergleichspension, so gebührt jedenfalls die um 10 % reduzierte Vergleichspension.

Durch einfachgesetzliche Regelung wird die Leistungskürzung der Pensionsreform absolut gedeckelt, kann aber natürlich jederzeit verändert oder wieder aufgehoben werden. In den nächsten Jahren bewirkt dieser Deckel sowieso nichts, da die Kürzungen bis 2007 geringer ausfallen. Bis dahin fließt noch viel Wasser die Donau hinunter! Außerdem im Deckel nicht

berücksichtigt ist die Kürzung auf Grund der ausgesetzten Anpassung, die auf Dauer eine Pensionskürzung von zusätzlich ca 2 % bedeutet.

 

Teil 3 Kompetenzaufteilung:

 

Zu Ziffer 44 (ASVG) Teil 3 – Kompetenzaufteilung (Seite 63 – 68)

Zu Ziffer 46 (GSVG) Teil 3 - Kompetenzaufteilung (Seite 73 – 77)

Zu Ziffer 48 (BSVG) Teil 3 - Kompetenzaufteilung (Seite 82 – 86)

Zu Ziffer 49 (BKUVG) Teil 2 - Kompetenzaufteilung (Seite 87 – 88)

Erläuterungen (Seite 109 – 114)

 

Auffallend ist, dass es in Zukunft jede Menge Einvernehmens- und Zustimmungskompetenzen zwischen BMSG und BMGF geben wird, was bedeutet, dass Gesetzesvorschläge nur sehr mühsam zustande kommen werden und der Verwaltungsaparat entsprechend aufgebläht wird.

 

Es ist bezeichnend, dass bei Kranken gespart wird, während die ÖVP ein zusätzliches Ministerium aufbaut.

 

Das ohnehin schwierig zu vollziehende Allgemeine- Sozialversicherungs- Gesetz (ASVG), das aus den Bereichen Krankenversicherung, Unfallversicherung und Pensionsversicherung - besteht, wird nun durch den schwarz - blauen Turmbau zu Babel (Pensionsversicherungssektion bei Minister Haupt, Kranken- und Unfallversicherungssektion zu Ministerin Rauch Kallat) vollends undurchschaubar.

 

Es gibt kaum eine gesetzliche Änderung im ASVG Bereich, die nicht Auswirkungen auf alle 3 Bereiche hat, damit sind in Zukunft 2 Ministerien und 2 Minister befasst!

 

Bei den Menschen gibt es große Einschnitte durch hohe Selbstbehalte gleichzeitig wird der Verwaltungsapparat aufgebläht. Es bedarf alleine im Budgetbegleitgesetz 16 eng bedruckter Seiten Gesetzestexte (ASVG; GSVG; BSVG; BKUVG) um diese Trennung zu vollziehen.

 

Der Gipfel sind aber die 5 Tabellen - Seiten in den Erläuterungen (Seite 110 – 114), die Aufzeigen wie unsinnig diese Vorgangsweise ist.

Es müssen die Papagraphen einzeln angeführt werden, damit man überhaupt erkennen kann wer zuständig ist. Nicht genug damit, es gibt fast bei allen angeführten Paragraphen eine Zustimmungsverpflichtung des jeweils anderen Ministers.

 

Es scheint die pure Absicht der ÖVP zu sein, durch die Zerschlagung und Aufteilung der Sozialversicherungssektion (Kranken - und Unfallversicherung kommen zu BM Rauch Kallat die Pensionsversicherung bleibt bei BM Haupt):

  1. die Gebietskrankenkassen (die gesetzliche Zuständigkeit wandert zur ÖVP) völlig umzubauen und dabei gleich alle Krankenkassen einzufärben,
  2. das die Verwaltung der sozialen Grundsäulen für die Menschen undurchschaubar wird.

 

Durch die Verlagerung der Kompetenz kommt es auch dazu, dass die staatlichen Aufsichtsorgane in der Sozialversicherung nun in Zukunft sowohl vom "Pensionsministerium" als auch vom "Kranken- und Unfallministerium" beschickt und damit verdoppelt werden.

Vor allem im Bereich der Bauern (ein gemeinsames Krankenversicherungs-, Unfallversicherungs- und Pensions-versicherungsgesetz!) und der Gewerbetreibenden (ein gemeinsames Krankenversicherungs-, Unfallversicherungs- und Pensionsversicherungsgesetz!)

 

Als Draufgabe muss die Sozialversicherung nun auch noch die Informationen die aus dem Hause Rauch-Kallat kommen, auf Kosten der Beitragszahler an die Versicherten weiterleiten (§81a ASVG; §43a GSVG; §41a BSVG; §27a BKUVG). Die Informationen aus dem Haus Haupt, müssen natürlich auch in Zukunft auf Kosten der Beitragszahler an die Versicherten weitergeleitet werden.

 

Die Zensurbestimmung (81a ASVG; §43a GSVG; §41a BSVG; §27a BKUVG) die vorsieht, dass die Sozialversicherungsträger ihre Versicherten erst dann informieren dürfen, wenn sie diese Informationen dem Minister zur Genehmigung vorgelegt haben, wird nun auch auf Rauch - Kallat ausgeweitet.

In Zukunft müssen daher sowohl die ÖVP Ministerin als auch der FPÖ Vizekanzler um Erlaubnis gefragt werden.

 

 

Ziffer 52 – Arbeitslosenversicherungsgesetz (Art. 84):

 

Lit b: Übergangsgeld:

 

Der Zuschlag beim Übergangsgeld wird von 20% auf 25% des Arbeitslosengeldes erhöht.

Der BMWA erhält eine Verordnungsermächtigung zur Ermöglichung des Zuganges zum Übergangsgeld auch nach 2006. Allerdings nur bis 2009 und nur bei ungünstigen (?) Beschäftigungsaussichten.

Wie diese beurteilt wird bleibt offen und daher dem Wirtschaftsminister (!) überlassen.

 

Lit c: Rahmenfristerstreckung für krankenversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit:

 

Wenn eine Person das Alter einer Vorzeitigen AP erreicht hat, wurde sie im Vorjahr mit Gesetzesbeschluss und auf Grund eines Erkenntnisses  des VfGH „arbeitslosenversicherungsfrei“ gestellt. Das bedeutet, diese Person kann auch keine Anwartschaft auf Arbeitslosengeld mehr erwerben. Nunmehr sind Fälle aufgetaucht, die zu wenig Versicherungszeiten vor der Aussteuerung erworben haben und somit bei Eintritt der Arbeitslosigkeit keinen Anspruch auf ALG haben, obwohl sie genug Zeiten der Erwerbstätigkeit vorliegen haben. Derzeit ist beim VfGH ein Gesetzesprüfungsverfahren zu dieser Bestimmung anhängig. Deshalb wird nun wieder einmal repariert und die Zeiten der nur krankenversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit werden auch auf die Anwartschaft zum ALG angerechnet.

Grundsätzlich eine längst überfällige Reparatur!

 

Lit e: Änderungen bei Altersteilzeit:

 

Im Jahr 2003 können Männer mit 55 (Jahrgang 1948) und Frauen mit 50 Lebensjahren (Jahrgang 1953) die Altersteilzeit für 6,5 Jahre in Anspruch nehmen. (Diese Jahrgänge können auch später unter diesen Voraussetzungen in Altersteilzeit gehen.)

Nach den Änderungen im Budgetbegleitgesetz kann man künftig nur mehr 5 Jahre vor dem Pensionsantritt für 5 Jahre in Altersteilzeit gehen. Für die Jahrgänge 1949 bei Männern und 1954 bei Frauen gibt es aber keine Möglichkeit mehr vorzeitig in Pension zu gehen (auf Grund der gänzlichen Aufhebung der VAP ab 2009. Das bedeutet, dass diese Jahrgänge erst ab 2009 also mit 60 bzw. 55 Lebensjahren Altersteilzeit in Anspruch nehmen können. Im Zeitraum zwischen 2004 und 2009 wäre daher der Zugang zur Altersteilzeit nur sehr, sehr eingeschränkt (für oben erwähnte Ausnahmen) möglich gewesen.

Durch diese Abänderung wird der Zugang wieder etwas geöffnet.