63 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 74/A der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Mag. Walter Tancsits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über eine pauschalierte Abgabe von Dienstgebern geringfügig beschäftigter Personen erlassen und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird

Die Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Mag. Walter Tancsits., Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 26. März 2003 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

Mit Erkenntnis vom 7. März 2002, G 219/01, hat der Verfassungsgerichtshof Teile des § 53a ASVG in der Fassung der 55. Novelle mit Wirkung vom 1. April 2003 als verfassungswidrig aufgehoben. Diese bestimmen, dass Dienstgeber für die bei ihnen geringfügig beschäftigten Personen Pauschalbeiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pensionsversicherung zu leisten haben, sofern die Summe der an diese Personen ausgezahlten Entgelte das Eineinhalbfache der Geringfügigkeitsgrenze (Wert 2003: 464,07 € ) übersteigt.

Im zitierten Erkenntnis führt der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 53a Abs. 1 und 2 ASVG zwar an den Arbeitsverdienst des geringfügig Beschäftigten angeknüpft habe, die Beitragspflicht des Dienstgebers jedoch unabhängig vom Entstehen eines sozialversicherungsrechtlichen Versicherungsverhältnisses bestehe; mangels Entstehens eines Versicherungsverhältnisses sei es daher ausgeschlossen, die dem Dienstgeber auferlegte Beitragspflicht dem Kompetenztatbestand "Sozialversicherungswesen" zuzuordnen.

Weiters legt der Verfassungsgerichtshof in diesem Erkenntnis Folgendes dar:

„Die Normierung einer Beitragspflicht des Dienstgebers ohne gleichzeitiges Entstehen eines Sozialversicherungsverhältnisses, di. das Versicherthalten des Dienstnehmers gegen den Eintritt bestimmter Versicherungsfälle, kann aber auch nicht als (intrasystematische) Fortentwicklung des Rechts innerhalb des Begriffsinhaltes des Kompetenztatbestandes "Sozialversicherungswesen" verstanden werden. Dazu wäre es nämlich erforderlich, dass die Neuregelung nach ihrem (wesentlichen) Inhalt systematisch weiter dem Kompetenzgrund angehört (zB VfSlg. 15.552/1999, Pkt. III.B.1.3.4., mwN). Diese Voraussetzung ist hier jedoch nicht gegeben, weil es nicht im Wesen eines Pflichtversicherungsverhältnisses liegt, dass es erst mit dem Willensentschluss des Dienstnehmers, sich gem. § 19a ASVG selbst zu versichern, zustande kommt.

Die in Prüfung genommene Gesetzesbestimmung des § 53a Abs. 1 und 2 ASVG vermag sich jedoch auch nicht auf den Kompetenztatbestand „Abgabenwesen“ iS des Art. 13 Abs. 1 B‑VG bzw. iS des F‑VG 1948 zu stützen:

Die den Dienstgebern von geringfügig Beschäftigten gemäß § 53a Abs. 1 Z 2 ASVG auferlegten Beiträge fließen nämlich nicht einer Gebietskörperschaft - wie es für eine "öffentliche Abgabe" iS des F‑VG 1948 begriffswesentlich ist (s. zuletzt VfGH 28.2.2002, B 1408/01, mwN) -, sondern den Sozialversicherungsträgern zu. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Bundesbeitrag zur Pensionsversicherung nach § 80 Abs. 1 ASVG mit dem Betrag festgelegt ist, um den "die Aufwendungen die Erträge übersteigen". Die gemäß § 53a Abs. 1 Z 2 ASVG erhobenen Einnahmen aus den Dienstgeberbeiträgen zur Pensionsversicherung vermindern zwar unmittelbar den Beitrag des Bundes, doch gilt zum einen § 80 ASVG nur für die Pensionsversicherung (wogegen der den Dienstgebern geringfügig Beschäftigter auferlegte Pauschalbeitrag gemäß § 53a Abs. 1 Z 2 ASVG auch für die Krankenversicherung bestimmt ist, wie sich aus § 53a Abs. 1 Z 2 lit. a ASVG ergibt) und sind zum anderen die Beiträge für die Pensionsversicherung gemäß § 53a Abs. 5 ASVG an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger iS des § 447g ASVG zu überweisen (vgl. schon VfSlg. 10.451/1985, Pkt. III.1., wo ausgesprochen wurde, dass die der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter durch die 11. und 12. Novelle zum B‑KUVG auferlegten Zahlungen an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger mangels Zufließens an eine Gebietskörperschaft nicht als öffentliche Abgaben iS des F‑VG 1948 anzusehen seien).

Die Dienstgeberbeiträge gemäß § 53a Abs. 1 Z 2 ASVG entziehen sich daher - jedenfalls in ihrer derzeitigen Ausgestaltung - einer Qualifikation als öffentliche Abgaben iS des F‑VG 1948.“

Mit Erkenntnis B 1408/01, das nur wenige Tage vor dem Erkenntnis G 219/01 ergangen ist, kam der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis, dass es sich beim Kabelrundfunkbeitrag nach dem Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981, BGBl. Nr. 573, nicht um einen Sozialversicherungsbeitrag, sondern um eine Abgabe handelt, wobei weder der Umstand, dass mit der Einhebung des Beitrages der Künstler‑Sozialversicherungsfonds betraut ist, noch seine gesetzlich verfügte Zweckbindung dieser Qualifikation entgegensteht. Der Verfassungsgerichtshof führt in diesem Erkenntnis unter anderem Folgendes aus:

„Der Verfassungsgerichtshof leitet aus den Materialien ab, dass der Gesetzgeber mit dem Kabelrundfunkbeitrag die Einführung einer (zusätzlichen) Abgabe erreichen wollte, deren Ertrag ausschließlich dem Bund zustehen soll, wobei der Bund von seiner Ertragshoheit (§ 6 F‑VG 1948) durch eine gesetzliche Zweckwidmung (Finanzierung von Zuschüssen des KSVF zur Künstler-Sozialversicherung) Gebrauch gemacht hat. Dieses Ziel ist mit den eingangs erwähnten Gesetzen auch erreicht worden. Daran ändert der Umstand nichts, dass mit der Einhebung der Beiträge der KSVF betraut ist, weil der Fonds in dieser Funktion als beliehenes Unternehmen tätig wird, die fraglichen Beiträge somit für den Bund und nicht von vornherein für fremde Rechnung eingehoben werden (vgl. VfSlg. 3961/1961), mag über den vereinnahmten Ertrag auch (bereits) im Wege einer Zweckbindung verfügt worden sein. Dass der Kabelrundfunkbeitrag (in § 3 Abs. 1 KFBG 1981) als "Bundesabgabe" bezeichnet wird, ohne dass eine nähere Qualifizierung als ausschließliche oder gemeinschaftliche Bundesabgabe vorgenommen wird (eine solche ist auch nicht im FAG zu finden), erscheint im gegebenen Zusammenhang deswegen unproblematisch, weil sich bereits aus der Zweckwidmung, aber auch aus dem Fehlen jeglicher Aufteilungsregel ergibt, dass es sich nur um eine ausschließliche Bundesabgabe handeln kann.

Dass aber eine gesetzliche Zweckwidmung für die rechtliche Qualität einer Geldleistung ohne Bedeutung ist, hat der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung betont: So hat er bereits im Erkenntnis VfSlg. 3159/1957 (im Zusammenhang mit der Zweckbindung des sog. Kulturgroschens) festgehalten, dass die Erklärung des Gesetzgebers, über eine Einnahme nur in einer bestimmten Weise zu verfügen, für den rechtlichen Charakter der Einnahme selbst nicht von Bedeutung sein könne. "Für die Abgrenzung des Begriffes der öffentlichen Abgaben von anderen Erscheinungen kommt es ausschließlich auf die rechtliche Art der Einnahmenbeschaffung an und nicht auf die Art der Einnahmenverwendung." Der Gerichtshof hat daher in der Folge wiederholt festgehalten, dass es verfassungsrechtlich unbedenklich sei, wenn der Gesetzgeber anlässlich der Regelung einer Abgabe deren Widmung in das Gesetz aufnehme; weder das F‑VG 1948 noch eine andere verfassungsgesetzliche Bestimmung stünden einer solchen Vorgangsweise entgegen (z.B. VfSlg. 3742/1960, 3961/1961, 6755/1972; vgl. auch schon VfSlg. 3033/1956). Daraus folgt aber auch, dass die Widmung einer Geldleistung für einen bestimmten Zweck nicht dazu führt, dass die Regelung der Geldleistungsverpflichtung nunmehr kompetenzrechtlich dem aus der Zweckwidmung abzuleitenden Materienbereich zuzurechnen ist.

Der Gerichtshof hält es daher auch nur für eine missverständliche Wortwahl, wenn in den Materialien davon die Rede ist, dass für den Bund Einnahmen nicht zu erwarten seien, weil es sich um Einnahmen des KSVF handle. Damit wird offenbar nur der Effekt der gesetzlich verfügten Zweckbindung beschrieben, nicht aber eine Aussage über die rechtliche Natur der Geldleistung getroffen.

Ebenso wenig hat der Gerichtshof bisher die Auffassung vertreten, dass bei einer zweckgebundenen Abgabe die Sachlichkeit der Abgabe – und damit ihre gleichheitsrechtliche Unbedenklichkeit – stets an Hand der Zweckbindung beurteilt werden müsste. Zwar ist es möglich, aus der Zweckwidmung einer Abgabe im Einzelfall die Sachlichkeit und somit die gleichheitsrechtliche Unbedenklichkeit einer Abgabe zu begründen (so etwa, wenn die Abgabenbelastung eben jenen auferlegt wird, die zugleich von der Verwendung der Abgabe profitieren; vgl. z.B. die bereits zitierte Entscheidung VfSlg. 3961/1961). Nichts spricht jedoch dafür, dass – umgekehrt - die sachliche Rechtfertigung einer zweckgebundenen Abgabe nur über die Zweckbindung erfolgen könnte. So hat der Gerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 4265/1962 betont, die (zweckgebundenen) Beiträge der Dienstgeber zum Ausgleichsfonds für Kinderbeihilfe seien nicht deswegen bedenklich, weil sie nur vom Dienstgeber zu leisten seien; dem Gesetzgeber stehe es frei, auch nur bestimmte Gruppen der Bevölkerung mit einer Abgabe zu belasten (im Ergebnis ebenso schon VfSlg. 4058/1961 zur entsprechenden Beitragspflicht der Eigentümer von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben bzw. Grundstücken). Dieser Standpunkt wird im Erkenntnis VfSlg. 6755/1972 zur Wiener Dienstgeberabgabe, deren Ertrag für den Bau der Wiener U-Bahn zweckgebunden ist, bestätigt: Besteuerungsgegenstand sei nicht der Vorteil aus dem U-Bahn-Bau, sondern das Bestehen eines Dienstverhältnisses in Wien; unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes sei es daher belanglos, ob die Vorteile der U-Bahn auch anderen Personen als den steuerpflichtigen Dienstgebern zugute kämen.

Nun kann der Gerichtshof nicht finden, dass gegen den Kunstförderungsbeitrag in seiner ursprünglichen Form Bedenken unter dem Aspekt des aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebotes bestünden: Der Gesetzgeber überschreitet (zumindest beim bisherigen Belastungsausmaß) den ihm bei steuerpolitischen Belastungsentscheidungen eingeräumten Spielraum nicht, wenn er den Inhabern einer Rundfunk-Hauptbewilligung eine Abgabe auferlegt und damit im Ergebnis den Aufwand für die Möglichkeit des Konsums von Rundfunksendungen im Wege einer selektiven Abgabe besteuert, die wirtschaftlich den Charakter einer Verbrauch- oder Aufwandsteuer trägt. Ebenso wenig kann es dann aber auf Bedenken stoßen, wenn der Gesetzgeber als Ergänzung zu diesem ursprünglichen Beitrag, der von jedem Rundfunkteilnehmer zu entrichten ist, einen (zusätzlichen) Beitrag vom Empfangsberechtigten bei Kabelrundfunkanlagen vorsieht, da letztere jedenfalls einen zusätzlichen Konsum von Rundfunksendungen erlauben und die Empfangsberechtigung auch nur deswegen angestrebt wird, um diese zusätzliche Konsummöglichkeit zu erlangen. Dass als Abgabenschuldner dieser (zusätzlichen) Beiträge nicht der Empfangsberechtigte selbst, sondern der gewerbliche Betreiber der Kabelrundfunkanlage herangezogen wird, kennzeichnet den Beitrag lediglich als indirekte Abgabe, begegnet aber an sich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, da der Gesetzgeber bei einer Durchschnittsbetrachtung davon ausgehen kann, dass dieser Beitrag auf die Empfangsberechtigten überwälzbar ist.

Der Verfassungsgerichtshof kann somit die gegen den Beitrag nach § 1 Abs. 1 Z 2 KFBG 1981, idF BGBl. I 132/2000, vorgebrachten gleichheitsrechtlichen Bedenken nicht teilen.

Handelt es sich aber bei dem in Rede stehenden Beitrag um eine Abgabe, die der Gesetzgeber aus den geschilderten Gründen in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise auferlegen durfte, dann ist es für das Schicksal der Beschwerde nicht (mehr) von Bedeutung, ob es - wie die beschwerdeführende Gesellschaft rügt - durch die geschilderten Regelungen im Ergebnis zu einer Verletzung der das österreichische Sozialversicherungssystem beherrschenden Finanzierungsprinzipien kommt. Der Gerichtshof kann es daher dahingestellt sein lassen, ob eine solche Verletzung überhaupt vorliegt.“

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung soll nunmehr der bisherige pauschalierte Dienstgeberbeitrag für geringfügig Beschäftigte in verfassungskonformer Weise als Bundesabgabe gestaltet werden, die von den Gebietskrankenkassen im übertragenen Wirkungsbereich (d.h. für den Bund) eingehoben wird. Die Erträgnisse aus dieser Abgabe werden zur Finanzierung der Kranken- und Pensionsversicherung zweckgewidmet. Wie bisher der Dienstgeberbeitrag soll auch die Abgabe nur dann eingehoben werden, wenn ein Dienstgeber mehr als eine Person geringfügig beschäftigt. Es handelt sich bei dieser Gesetzesinitiative also um eine verfassungskonforme (bloße) Fortschreibung einer bewährten Rechtsmaterie, wobei es zu keinerlei zusätzlichen Belastungen (weder der Dienstgeber noch der Finanzverwaltung noch der Versicherungsträger) kommt.

Zur wirtschaftlichen und finanziellen Notwendigkeit einer solchen Abgabe ist Folgendes zu sagen:

In den 90er-Jahren ist es zu einer zunehmenden Verbreitung von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen gekommen, wodurch dem Versicherungssystem Beiträge entzogen wurden und die betroffenen Arbeitnehmer, insbesondere Frauen, aus der Versichertengemeinschaft ausgeschlossen waren. Es lag auf der Hand, dass dieser Entwicklung entgegengetreten werden musste, um die Stabilität des Gesamtsystems nicht zu gefährden und künftige soziale Probleme aufgrund nicht erworbener oder nur sehr geringer Pensionsansprüche zu verhindern.

Der Nationalrat hatte daher die Bundesregierung mit Entschließung aufgefordert, entsprechende Regelungsmodelle zu entwickeln, die alle noch nicht in die Sozialversicherung einbezogenen Erwerbseinkommen berücksichtigen sollten.

Der Gesetzgeber stand somit vor der schwierigen Aufgabe, einerseits (mehrfach) geringfügig beschäftigte Personen in die Kranken- und Pensionsversicherung einzubeziehen und insbesondere das missbräuchliche Eingehen geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse mit dem Ziel der Umgehung der Beitragspflicht einzudämmen, gleichzeitig jedoch jenen Arbeitnehmern, die insgesamt ein Einkommen beziehen, das unter der Geringfügigkeitsgrenze liegt, die Möglichkeit zu geben, nur auf ihren Wunsch dem System der sozialen Sicherheit beizutreten:

Es erscheint nämlich sozialpolitisch nicht sinnvoll, kleine und kleinste Einkommen der Beitragspflicht zu unterwerfen. Dies hätte zu - für die Betroffenen schmerzlichen - Beitragsleistungen, jedoch in der Pensionsversicherung zu kaum realisierbaren Anwartschaften und in der Krankenversicherung zu einer Sachleistungsberechtigung ohne angemessene Beitragsleistung geführt.

Aus sozialpolitischen Gründen wurde den betroffenen Personen daher die Möglichkeit eingeräumt, nach § 19a ASVG in die Vollversicherung zu optieren, wobei als Beitragsgrundlage die Geringfügigkeitsgrenze angewendet wird und lediglich die auf den Dienstnehmer entfallenden Beiträge entrichtet werden müssen. Es handelt sich daher um eine begünstigende Selbstversicherung.

Es erschien angemessen, die Dienstgeber von geringfügig beschäftigten Personen, deren Tätigkeit ebenso zum wirtschaftlichen Erfolg ihrer Dienstgeber beiträgt wie die Tätigkeit von vollbeschäftigten Personen, zur Finanzierung des sozialen Schutzes ihrer Dienstnehmer heranzuziehen. Gleichzeitig wollte man Wettbewerbsvorteile von Dienstgebern mit geringfügig Beschäftigten gegenüber Dienstgebern mit pflichtversicherten Beschäftigten beseitigen und so die Neigung der Dienstgeber, geringfügige Beschäftigungsverhältnisse einzugehen, um die Beitragspflicht zu umgehen, eindämmen.

Im Bewusstsein, ein neues Regelungsmodell in der Sozialversicherung zur Anwendung zu bringen, entschied sich der Gesetzgeber schließlich nach langen und schwierigen Verhandlungen der Sozialpartner zu der im § 53a Abs. 1 Z 2 ASVG getroffenen teilweisen Abkoppelung des Dienstgeberbeitrages von der Vollversicherung seiner Dienstnehmer dahingehend, dass der Arbeitgeber aus der Lohnsumme der bei ihm geringfügig beschäftigten Dienstnehmer einen pauschalierten Dienstgeberbeitrag an die Kranken- und die Pensionsversicherung zu leisten hat, auch wenn sich im Einzelfall die Versicherung eines Dienstnehmers nicht realisiert, weil dessen Gesamteinkommen unter der Geringfügigkeitsgrenze liegt und er auch nicht von der Möglichkeit der begünstigenden Selbstversicherung nach § 19a ASVG Gebrauch macht.

Gleichzeitig war es aber sozialpolitisch nicht wünschenswert, Dienstgeber mit nur sehr geringen Lohnzahlungen an geringfügig Beschäftigte, dh in der Regel mit nur einem geringfügig Beschäftigten, mit zusätzlichen Lohnnebenkosten zu belasten. Gedacht wurde insbesondere an Beschäftigungsverhältnisse im privaten Bereich, wie Haushaltshilfen und Ähnliches. Das Abstellen auf die eineinhalbfache Geringfügigkeitsgrenze erschien daher als Grenzziehung zwischen dem rein privaten und dem darüber hinaus gehenden geschäftlichen Bereich ein sachlich angemessenes Kriterium, wobei es nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes bei Grenzziehungen auf eine Durchschnittsbetrachtung ankommt und nicht auf die Auswirkungen im Einzelfall.

Es ist somit festzuhalten, dass die Regelung des § 53a ASVG eine Innovation im Rahmen der Sozialversicherung darstellte, welche allerdings nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes im Kompetenztatbestand „Sozialversicherungswesen“ keine Deckung findet.

Das vom Gesetzgeber ursprünglich gewählte Modell eines pauschalierten Dienstgeberbeitrages soll daher nunmehr – wie vom Verfassungsgerichtshof vorgezeichnet – durch das Modell einer entsprechenden Bundesabgabe ersetzt werden. Dies ermöglicht die Beibehaltung einer für alle Betroffenen angemessenen und sozialpolitisch sinnvollen Lösung, bei der einerseits der Dienstgeber für die bei ihm geringfügig Beschäftigten eine Abgabe zu leisten hat, die sich nach der Summe der Entgelte bemisst, und bei der andererseits - durch Zweckwidmung dieser Abgabe - die Finanzierung einer begünstigenden freiwilligen Selbstversicherung für geringfügig beschäftigte Dienstnehmer sicherstellt wird.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 23. April 2003 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Karl Öllinger, Mag. Walter Tancsits, Heidrun Silhavy, Walter Schopf, Franz Riepl, Sigisbert Dolinschek sowie die Staatssekretärin im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Ursula Haubner.

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf  mit Stimmenmehrheit angenommen.


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2003 04 23

               Sigisbert Dolinschek   Heidrun Silhavy

       Berichterstatter                     Obfrau