Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 12. Sitzung / Seite 139

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Indem Sie nunmehr den Jugendgerichtshof zerschlagen, wird diese zentrale Verwaltung auf zwölf Gerichte in ganz Wien aufgeteilt, und damit findet eine Zersplitterung statt, die natur­ge­mäß schon auf Grund dieses Vorganges eine Verschlechterung im Umgang mit den jungen Men­schen bewirkt – wobei es ja vor allem darum geht, zu verhindern, dass diese jungen Men­schen kriminell werden.

Ich weiß nicht, was daran sinnvoll sein soll. Ich habe nicht die Hoffnung, dass Sie dem zu­stim­men, aber trotzdem richte ich den Appell an Sie, sich diese Maßnahme noch einmal zu über­le­gen und wirklich der Vernunft eine Chance zu geben. Das wäre mein großer Wunsch. In diesem Sinne darf ich Sie ersuchen, meine Damen und Herren: Überlegen Sie sich bitte gut, worüber, wie und mit welcher Verantwortung Sie heute hier abstimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.30


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Miedl. Freiwillige Rede­zeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

18.30


Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr ge­ehrter Herr Kollege Jarolim, ich habe Ihnen sehr aufmerksam zugehört (Abg. Mag. Gaßner: Ist auch gut so!) und muss sagen: In Wirklichkeit haben Sie in der Substanz kein einziges Argu­ment vorgebracht, nicht eines! Ich bin bitter enttäuscht, weil ich mir ein bisschen mehr erwartet habe. (Abg. Mag. Wurm: Kein einziges?! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Frau Kollegin Wurm, zu Ihnen komme ich noch ganz speziell.

Meine Damen und Herren! Sie müssen sich das auf der Zunge zergehen lassen! Sie müssen wissen, dass die Unterbringung in dem von Ihnen so hoch gelobten Strafvollzug für Jugendliche zur­zeit alles andere als ein menschlicher Vollzug ist. Wir gehen her und verbessern genau die­sen Vollzug, und Ihnen passt das nicht! Das müssen Sie mir einmal ganz genau erklären, meine Da­men und Herren!

Ich sage Ihnen – ich gehe jetzt in die Sache ein –, jawohl, wir haben ein Problem mit straffällig ge­wor­denen Jugendlichen, und zwar deswegen, weil es offensichtlich so ist, dass gewisse Pro­ble­me immer häufiger werden, dass immer häufiger jugendliche Täter folgende Begleiter­schei­nun­gen aufweisen: Sie sind verstärkt Analphabeten, sie haben eine hohe Gewaltbereitschaft, sie haben verstärkt psychische Schäden, immer öfter sind sie dem Drogenkonsum anheim ge­fal­len und unkritische Konsumenten.

Meine Damen und Herren! Da müssen wir ansetzen! (Abg. Mag. Wurm: Da müssen wir bei der Bildungspolitik ansetzen!) Da müssen wir etwas tun, aber wir sollten nicht hergehen und etwas ver­­teidigen, was nicht verteidigungswert ist. Denn wenn das so gut ist, wie Sie sagen, Herr Kolle­ge Jarolim, dann frage ich Sie: Warum haben Sie das nur in Wien eingerichtet, aber nicht in Innsbruck, nicht in Graz und nicht in Linz? – Das ist ein schwer wiegendes „Versäumnis“ ge­genüber den Jugendlichen, wenn Sie es als so gut empfinden. Ich verstehe das nicht, Herr Kolle­ge Jarolim. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Mag. Mainoni und Dipl.-Ing. Hof­mann.)

Die Rechtswohltat und die Privilegien, die für den jugendlichen Straftäter im Interesse seiner Gesundung im Gesetz festgeschrieben sind, kommen ihm nach wie vor zugute, und ich stehe da­zu, weil ich an eine Resozialisierung der jugendlichen Straftäter glaube! Aber ich denke, dass vorerst auch andere Dinge zu tun wären, die vielleicht verhindern würden, dass der Jugendliche überhaupt zum Straftäter wird!

Die Rahmenbedingungen zu verbessern – das halte ich für menschenwürdig, das halte ich für ju­gendgerecht –, damit sollten wir uns beschäftigen, Herr Kollege Jarolim, aber nicht mit der Lä­cher­lichkeit, in welchen Strukturen der Vollzug geschieht. Ob der Jugendstrafvollzug mit Präsi­dent oder ohne Präsident durchzuführen ist, das ist nicht das Thema. Das beschäftigt vielleicht die SPÖ, aber ganz sicher keinen Jugendlichen, der straffällig geworden ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


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