Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 12. Sitzung / Seite 144

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spart werden. 1 000 Überstunden monatlich durch das Justizwachepersonal, das für die Be­schäfti­gung von Jugendlichen eingesetzt werden kann, können ebenfalls eingespart werden.

Sie sollten den weltweit hohen Stand der Jugendgerichtsbarkeit nicht durch eine derart unsach­liche Kritik zu dem Zweck, politisches Kleingeld zu machen, in Frage stellen, meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Bekennen Sie sich zu dieser Reform, sie ist nicht über die Köpfe der Ju­gend­li­chen ausgetragen, sondern zum Nutzen der Jugendlichen! (Beifall bei den Freiheitli­chen und der övp.)

18.50


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte, Herr Minister.

18.50


Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Damen und Herren des Hohen Hauses! Das letzte Mal ist ein derart großer Widerstand aus den Reihen der Opposition gekommen, als wir gegen ihren Willen im Familienrecht die Obsorge beider Elternteile beschlossen haben. Sie haben diesen Schritt damals offensichtlich als Re­vidie­rung und Korrektur Ihrer Gesellschaftspolitik empfunden. – Aber dieser Schritt war richtig. Sie haben sich damals so gebärdet, wie Sie das heute tun, sehr emotional, ohne Sachargu­men­te, doch heute wissen wir, dass die Obsorge beider Teile von 80 Prozent der Bevölkerung auto­matisch angenommen wird; das ist auch in Deutschland so. Von 80 Prozent, das ist eine hohe statis­tische Zahl! Das war ein großer Erfolg, bitte, verkraften Sie ihn endlich! Das war eine Sach­politik, wie sie sich gehört. (Beifall bei den Freiheitlichen und der övp.)

Wir haben auch beim Jugendgerichtshof Sachpolitik vor. Im Gegensatz zu Ihnen, Frau Abge­ord­nete Stoisits, werde ich einmal einige Sachargumente bringen, damit Sie – auch wenn Sie es schon wissen, aber heute trotzdem nicht erwähnt haben – einmal in aller Öffentlichkeit recht­fer­tigen müssen, was Sie hier an Emotionen losgelassen haben, und zwar – ich sage Ihnen das ganz ehrlich – zu meinem Bedauern zu Lasten der Jugendlichen. Sie instrumentalisieren für Ihre politische Gesinnung das Schicksal der Jugendlichen. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie machen das!) Ich halte das nicht für richtig. Hören Sie bitte endlich damit auf!

Wir haben im Jahr 2001 einen modernen Schritt gesetzt. Wir haben – bitte, erinnern Sie sich, Frau Abgeordnete – die Privilegien des Jugendstrafrechtes ausgedehnt auf die bis ein­schließ­lich 21 Jahre alten Personen sowie auch einen Schritt zurück von 19 auf 18 Jahre gemacht. Die Ei­n­schleifregelung hat es aber mit sich gebracht, dass auch die Jugendrichter für diese beiden zu­sätzlichen Jahrgänge zuständig geworden sind. Bitte, akzeptieren Sie das endlich: Wir haben hier einen Fortschritt realisiert! Aber nichts ist ohne Folgen, und dieser Fortschritt hat bewirkt, dass mehr Personen als vorher unter das Jugendstrafrecht oder das Strafrecht junger Heran­wachsender gefallen sind. Das ließ sich nicht vermeiden, und das lässt sich auch in Zukunft nicht vermeiden.

Frau Abgeordnete Stoisits! Wir haben in der Rüdengasse nur 40 Zellen. Durch diesen Moderni­sie­rungsschritt ist aber ein Haftbedarf für 170 Personen entstanden. Wie hat der Herr Präsident des Jugendgerichtshofes darauf reagiert? – Er hat in die vorhandenen Zellen zusätzli­che Betten gestellt, sodass die Situation schließlich der Anti-Folter-Konvention widersprach. Das war ein Problem. Er hat dieses Problem dem Ministerium nicht mitgeteilt, wir sind trotzdem sehr schnell dahinter gekommen, und ich habe – wie Sie das richtig gesagt haben – pflichtge­mäß reagiert.

Die Situation, die eingetreten war, war so, dass Jugendliche ständig aus anderen Haftanstalten hin- und hergeführt werden mussten. Das war ein Sicherheitsrisiko, und das ermöglichte auch die Kontakte mit Erwachsenen, die wir nicht wollen und die sie jetzt nicht haben. Warum ver­heimlichen Sie das?

Waren Sie einmal im Jugendgerichtshof? Waren Sie einmal in den Gängen des Jugendgerichts­ho­fes, Frau Abgeordnete? (Abg. Mag. Stoisits: Einmal? Etliche Male!) Was haben Sie dort ge­sehen? – Jugendliche vor den Verhandlungssälen neben Erwachsenen. Warum haben Sie da­mals nicht aufgeschrieen?

 


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