Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 127. Sitzung / Seite 27

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schenrufe bei der ÖVP – Abg. Mag. Molterer – in Richtung des Abg. Dr. Gusenbauer zeigend –: Du bist gemeint!), und das Auffangbecken für den Rest sind die l’école publique. Die Kinder werden so in völlig verschiedene Welten, in Bereiche mit völlig verschiedenen Entwicklungsmöglichkeiten aufgeteilt. – Das ist das System, das auch Ihnen vorschwebt, meine Damen und Herren von der ÖVP! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber diejenigen, die von den Chancen des Lebens abgeschnitten werden, haben nichts zu verlieren. Zorn, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit suchen sich ein Ventil. Soziale Kälte wird dann eben, so wie in Frankreich, mit brennenden Autos und bren­nenden Häusern beantwortet. Spätestens jetzt müssten jene, für die soziale Gerechtig­keit kein Wert an sich ist, kapieren, dass soziale Gerechtigkeit dann wenigstens eine Investition in die eigene Sicherheit ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister! In Österreich hat wirklich niemand einen Grund, mit dem Finger auf Frankreich zu zeigen und zu sagen: Das sind die Bösen, und wir sind die Guten!, denn dass es sich in Österreich noch nicht so zugespitzt hat, ist zum einen darauf zurückzu­führen, dass wir keine ehemalige Kolonialmacht mit entsprechenden Einwanderungs­strömen sind, und zum anderen darauf, dass trotz ihrer Politik in den letzten fünf Jah­ren nach wie vor die Bildungsoffensive der siebziger Jahre nachwirkt (ironische Heiter­keit bei der ÖVP), die das Bildungssystem für alle Bevölkerungsschichten geöffnet hat, sodass es auch Arbeiterkindern, wie ich es bin, möglich wurde, zu einem Hochschul­abschluss zu kommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Seit dem Amtsantritt dieser unheilvollen Bundesregierung verliert Österreich nahezu alles, was uns im internationalen Vergleich ausgezeichnet hat und was uns – und das ist noch wichtiger – den sozialen Frieden gebracht hat.

Im Jahr 2000 war Österreich noch das EU-Land mit der geringsten Jugendarbeitslosig­keit. (Abg. Großruck: Haben Sie diese Rede beim Heurigen geschrieben?) Seither hat sich die Jugendarbeitslosigkeit verdoppelt. Die Lehrstellenlücke wird immer größer. In der Bildungspolitik hat es einen Kahlschlag gegeben, und immer mehr jungen Men­schen sagt man: Für euch haben wir keine Verwendung! Was das für einen jungen Menschen bedeutet, der voll Tatendrang, voll Energie ist, was es für ihn bedeutet, dass es in der Gesellschaft keinen Platz für ihn gibt, liegt auf der Hand. Genau das müssen wir jetzt in Frankreich beobachten beziehungsweise wird uns dort dramatisch vor Augen geführt: Dieser junge Mensch wendet sich gegen die Gesellschaft und ihre Ge­setze.

Meine Damen und Herren, lernen wir daraus.! Machen Sie endlich den Weg frei für eine sozial ausgewogene Politik in diesem Land! (Beifall bei der SPÖ.)

9.34


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Auch seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


9.34.29

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine Damen und Herren! Ich bin nicht sehr verwundert, dass die SPÖ die Kra­walle in Paris zum Anlass nimmt, hier wieder ihre innenpolitischen Propagandatiraden herunterzubeten. Das kennen wir schon: Es ist Ihnen nichts traurig genug, um es nicht auf österreichische Verhältnisse umzulegen zu versuchen.

Nun zu dem, was Sie, Frau Kollegin Grossmann, hier soeben ausgeführt haben, wo Sie einen Rückgriff in die Broda’sche Justizlehre gemacht haben. Bei Ihnen sind näm­lich nicht die Täter die Täter, sondern die Täter sind die Opfer. Die Frage ist nur: Was sind dann die wirklichen Opfer? Die Opfer sind bei Ihnen offensichtlich die Täter, weil sie schuld daran sind, dass die Täter die Opfer sind.

 


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