1030/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 24.03.2010
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Schatz, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Abschaffung geringfügiger Beschäftigung

 

In nur zehn Jahren hat sich in Österreich die Anzahl der geringfügig Beschäftigten auf schon knapp 300 000 Personen verdreifacht, das sind bereits fast 9% aller unselbstständig Erwerbstätigen. Prozentuell ist die Beschäftigungsform in den letzten Jahren nahezu immer deutlich stärker als die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung insgesamt gewachsen und dies immer schneller. Die meisten geringfügig Beschäftigten gibt es mit 51 132  in den Branchen Handel und im Tourismus, wo bereits jeder fünfte Arbeitsplatz nur eine geringfügige Beschäftigung ist, gefolgt von den sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen, dem  Gesundheits- und Sozialwesen sowie freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen. Die höchsten Zuwächse fanden in den letzten Jahren im Tourismus statt und überraschenderweise auch in der öffentlichen Verwaltung (vgl. Berechnungen der Arbeiterkammer 2007/2008).

 

Die Entwicklung ist deshalb besonders bedenklich, da geringfügige Beschäftigung für betroffene ArbeitnehmerInnen mit vielen Nachteilen verbunden ist. Das nicht existenzsichernde Einkommen sowie die mangelhafte Einbindung in die Sozialversicherung werden für immer mehr Betroffene zum bedrohlichen sozialen Risiko. Geringfügig Beschäftigte sind nur unfallversichert und verfügen durch dieses Beschäftigungsverhältnis weder über eine Arbeitslosen-, noch über eine Kranken- oder Pensionsversicherung. Betroffene haben zwar die Möglichkeit eine freiwillige Kranken- und Pensionsversicherung für 50,48 Euro im Monat abzuschließen, was allerdings für die meisten nicht leistbar ist. Im Bereich der Arbeitslosenversicherung ist eine freiwillige Selbstversicherung gänzlich unmöglich.

 

Die Situation geringfügig Beschäftigter kann sehr unterschiedlich sein. Während sie für die einen die erwünschte Form der Erwerbsarbeit ist, um einen Nebenverdienst zu lukrieren oder mit einem Fuß im Erwerbsleben bzw. am Arbeitsplatz zu verbleiben (z.B. bei Arbeitslosigkeit, während Eltern- oder Bildungskarenz, während vollzeitiger Alterspension etc.), ist sie für immer mehr Betroffene die einzige Beschäftigungsmöglichkeit, weil statt vollwertigen Arbeitsplätzen immer mehr geringfügige Stellen angeboten werden.

Genauere Auswertungen der Daten geringfügig Beschäftigter  (vgl. Berechnungen der Arbeiterkammer 2007/2008) weisen darauf hin, dass die Gruppe der Benachteiligten bereits die Mehrheit stellt. Für die Mehrheit der geringfügig Beschäftigten ist demnach die geringfügige Beschäftigung kein Zu- oder Nebenverdienst mehr, sondern ein Job von vielen (KombijoberInnen) oder oft die einzige Alternative im Arbeitsmarkt überhaupt Fuß fassen zu können. Zwei Drittel aller geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse werden bereits im Haupterwerbsalter ausgeübt, die Beschäftigungsform konzentriert sich sehr stark auf die Altersgruppen zwischen 20 bis 35 Jahren. Die höchsten Zuwächse gab es in den letzten Jahren bei den unter 20-Jährigen und bei den 20-29-Jährigen. Die Benachteiligungen treffen auch hier wieder besonders Frauen, die zwei Drittel aller gering Beschäftigten stellen. Oder anders betrachtet, 10 % aller erwerbstätigen Frauen sind geringfügig beschäftigt, aber nur 4% aller Männer. Generell sind vor allem jüngere ausländische Beschäftigte unter den geringfügig Beschäftigten deutlich überrepräsentiert. Am stärksten gewachsen unter den geringfügig Beschäftigten ist der Anteil der Frauen mit Migrationshintergrund.

 

Fakt ist, dass der Beschäftigungstitel weit über seine ursprüngliche Intention hinaus auf Kosten der ArbeitnehmerInnen, auf Kosten von vollwertigen Arbeitsplätzen und auf Kosten der Einnahmen der Gebietskrankenkassen genutzt wird. Daher ist es dringend notwendig, auch geringfügige Beschäftigung voll in die Sozialversicherung einzubeziehen und damit die Beschäftigungsform in eine von vielen Möglichkeiten der Teilzeitbeschäftigung umzuwandeln.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz werden dazu aufgefordert, folgende Maßnahmen zu ergreifen:

 

 

·        Eine vollständige arbeits- und sozialrechtliche Absicherung für geringfügig Beschäftigte über die volle Pflichtversicherung für alle DienstnehmerInnen vorzunehmen und damit die Kategorie „Geringfügige Beschäftigung“ abzuschaffen.

 

·        Die Freigrenzen bei Zuverdienstmöglichkeiten zu sozialen Leistungen nicht durch die Geringfügigkeitsgrenze festzusetzen, sondern dafür andere Kategorien und Definitionen heranzuziehen.

 

·        Vorgaben zu  machen, Unterstützung zu geben und Anreize zu setzen, um das Angebot an Arbeitsplätzen deren Arbeitsstundenanzahl ein existenzsicherndes, armutsvermeidendes Nettoeinkommen über der Armutsgefährdungsschwelle garantiert zu vergrößern.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgeschlagen.