1234/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 09.07.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

Dringlicher Antrag

Gem. § 74 a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 1 GOG-NR

der Abgeordneten Dr. Kurzmann, Zanger

und weiterer Abgeordneter

betreffend Schubhaftzentrum Vordernberg

Am Standort 8794 Vordernberg, Hauptstraße 162, kommt es zu einer Neuerrichtung eines "Schubhaftzentrums".

Um 20 Millionen Euro errichtet die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) bis zum Herbst 2012 in der obersteirischen Gemeinde Vordernberg ein Schubhaftzentrum. Der Ort hatte sich im Vorjahr bei Innenministerin Fekter um ein solches beworben. Das positive Ergebnis einer manipulativen Bürgerbefragung veranlasste Fekter schließlich zur fixen Zusage.

220 Schubhäftlinge, aufgeteilt auf Wohneinheiten für je 20 Personen, werden in der neuen Anlage in der Obersteiermark Platz finden. Terrassen und begrünte Innenhöfe sollen möglichst viel Bewegungsfreiheit bieten. Ringsherum abgetrennt wird das Gebäude durch ein Verwaltungsgebäude sowie einen Zaun. Manch Grundwehrdiener würde sich so eine Unterbringung wünschen.


Laut Innenministerium soll in dem Gebäude „die Achtung der Menschenwürde“ im Mittelpunkt stehen, bevor die Schubhäftlinge dann auf dem Landweg oder per Flugzeug von Graz oder Zeltweg aus abgeschoben werden. Fekter unterstrich die Vorteile, die aus dem „Komptenzzentrum" für die Region entstünden wie zum Beispiel bis zu 180 Arbeitsplätze (darunter 60 Polizisten).

Der Menschenrechtsbeirat hat sich bereits „sehr wohlwollend“ über das Siegerprojekt der SUE-Architekten aus Wien geäußert. Bürgermeister Walter Hubner (SPÖ) freute sich erneut über die „Jahrhundertchance“ und mögliche neue Jobs für seinen Ort.

Angeblich soll es zu einer Wertschöpfung von über 10 Millionen pro Jahr für die Region kommen. Die Medien berichten übereinstimmend, dass diese im Bewerbungsfolder angegebenen Zahlen keiner kritischen Beurteilung stand halten. Eine Konkretisierung dieser Wertschöpfung für Vordernberg ist bisher nicht erfolgt.

 

Auch die Transportkosten sprechen aus wirtschaftlicher Sicht gegen das Projekt. Vordernberg liegt abseits von wichtigen Verkehrsrouten, sowie über 170 Kilometer von Wien entfernt. Die Verlegung von Schubhäftlingen unter Bewachung zu Einvernahmen, zu Gerichtsterminen oder zu Flughäfen zwecks der Außerlandesschaffung scheint ein unverhältnismäßiger Mehraufwand als unbedingt notwendig.

Nicht nur vor diesem Hintergrund ist das Projekt zu hinterfragen. Die restriktivere Gestaltung der Abschiebepraxis würde ein Schubhaftzentrum absolut überflüssig machen und dem Steuerzahler viel Geld ersparen. Zusätzlich gäbe es auch weniger Probleme mit vorbestraften Fremden, welche aus der Schubhaft entlassen werden. Im Jahr 2009 gab es 69.791 ermittelte tatverdächtige Fremde, wovon 10.582 Asylwerber, 12.919 Fremde ohne Beschäftigung, 2.816 von nicht rechtmäßigem Aufenthalt und 9.492 unbekannt waren.

Der Leiter der Wiener Fremdenpolizei erklärte im Juni 2009, dass der Grund für Abschiebungen immer häufiger kriminelle Handlungen sind. Immer häufiger missbrauchen Kriminelle das Asylrecht. Viele pressen sich, wenn sie in Schubhaft sind, frei.

Im Jahr 2009 (Stichtag 30.11.) wurden zum Beispiel 913 Personen wegen Haftunfähigkeit, davon 644 wegen Hungerstreiks und 43 wegen Selbstverletzung, aus der Schubhaft entlassen. Auch vor diesem Hintergrund ist die Errichtung eines „Luxusabschiebezentrums“ abzulehnen.

Auf Grund der genannten Tatsachen stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden

Dringlichen Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Inneres wird aufgefordert vom Projekt Schubhaftzentrum in Vordernberg Abstand zu nehmen, mit den bestehenden Einrichtungen das Auslangen zu finden, und Abschiebungen unverzüglich durchzuführen.“

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 1 GOG-NR zum frühest möglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstantragsteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.