148/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 03.12.2008
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Brunner, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Verbesserung der EU-Tierschutzstandards

 

 

Millionen von Nutztieren werden EU-weit auf tierquälerische Weise gezüchtet, gehalten und geschlachtet. Die Richtlinie über den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere enthält nur unzureichende Mindestanforderungen. Auch die Sonderregelungen für Legehennen, Kälber, Schweine und Masthühner entsprechen nicht einmal den minimalsten Anforderungen eines modernen Tierschutzes.

 

Noch immer werden Rinder, Pferde, Schweine über Tausende von Kilometern transportiert und müssen eng in Transportern zusammengepfercht unvorstellbares Leid ertragen. Noch immer werden Subventionen für Zuchttierexporte bezahlt, so dass sich lange Transporte lohnen. Noch immer sind die Kontrollen völlig unzureichend und stehen viel zu wenig Tränke- und Labestationen sowie Notversorgungsstellen zur Verfügung.

 

Millionen von Versuchstieren werden sinnlos und ohne Berücksichtigung ethischer Belange gequält. Trotz der Einführung des 3R-Prinzips (Replacement, Reduction, Refinement), wodurch der Einsatz von Tieren in der Forschung und Produktzulassung vermindert werden soll, ist die Anzahl der Tierexperimente in einigen Bereichen (z.B. in der Biotechnologie), ansteigend. Bei der Entwicklung und Herstellung kosmetischer Inhaltsstoffe sind zwar ab 11. März 2009 keine Tierversuche mehr erlaubt, von diesem Verkaufsverbot sind jedoch bis zum Jahre 2013 drei Giftigkeitstests ausgenommen. So lange diese Tests nicht durch tierversuchsfreie Methoden ersetzt werden, gibt es für die europäischen KonsumentInnen keine Sicherheit, endlich Kosmetika kaufen zu können, die ohne Tierleid produziert wurden.

 

Die Mitgliedstaaten und auch die Europäische Kommission setzen bei Tierschutzbestimmungen oft viel zu lange Übergangsfristen. Das Scheitern an der Inkraftsetzung der eigenen Gesetzgebung schlägt sich in einem schlechten Image der Europäischen Union nieder, insbesondere, wenn – wie im Bereich des Tierschutzes – eine breite öffentliche Debatte stattfindet und dann die entsprechenden Maßnahmen nicht gesetzt werden (vgl. Umsetzung des EU-Tierschutz-Aktionsplans).

 

Die Europäische Tierschutzpolitik wird nicht durch eine durch kohärente Handelspolitik begleitet. Bei den WTO-Verhandlungen war die Anerkennung der so genannten nichthandelsbezogenen Anliegen, die das Wohlbefinden der Tiere mit einschließen, bisher kein vorrangiges Thema der Kommission. Die Europäische Kommission ist auch gefordert, in internationalen Abkommen (z.B. CITES, Internationale Walfangkommission) stärker als bisher aktiv zu werden. Importe von Wildtieren müssen aus Arten- und Tierschutzgründen sowie aus Tiergesundheitsgründen wesentlich eingeschränkt werden.


Die europäische Lebensmittelbehörde EFSA hat in einem umstrittenen Verfahren zur Herstellung von Lebensmitteln das Klonen von Nutztieren als unbedenklich und prinzipiell akzeptabel beurteilt. Die mögliche Zulassung von Klonfleisch ist jedoch nicht nur eine Frage der lebensmittelhygienischen Unbedenklichkeit, sondern auch eine Frage der Ethik des Umgangs mit dem Tier. Das Klonen von Nutztieren würde neue Krankheiten und Leiden für die Tiere bringen und ist daher strikt abzulehnen. 

 

Zahlreiche BürgerInnen äußern seit Jahren schwerste Bedenken hinsichtlich des Handels mit Erzeugnissen, die von Robben stammen, die unter entsetzlichen Schmerzen und Leiden getötet und gehäutet werden. In den letzten Jahren wurde über 1,5 Millionen Robben wegen ihres Fells umgebracht, fast alle Tiere waren jünger als drei Monate. Die EU-Kommission hat nur einen halbherzigen Vorschlag gemacht. So soll zwar das Inverkehrbringen und die Einfuhr von Robbenfellen und –produkten verboten werden, allerdings soll eine großzügige Ausnahmeregelung geschaffen werden, wenn Garantien vorliegen, dass die Robbenjagdmethoden „mit einem hohen Tierschutzniveau in Einklang“ stehen. Diese Ausnahmen sind nicht im Sinne der um den Tierschutz besorgten BürgerInnen.

 

Die Ergebnisse von Eurobarometer-Umfragen (u.a. zu den Themen Tiertransporte, EU-Tierschutzaktionsplan, Klonen von Nutztieren) beweisen eindrucksvoll, dass den BürgerInnen Europas der Tierschutz ein wichtiges Anliegen ist. Es herrscht Übereinstimmung unter den Menschen, dass Tiere als leidensfähige Mitlebewesen sind und unseren Respekt und Schutz verdienen. Tierschutz betrifft eine Vielzahl ethischer, sozialer und wirtschaftlicher Fragen und ist damit eine Herausforderung für die Politik und die europäische Zivilisation und Kultur.

 

Das Tierschutz-Protokoll, welches als Teil des Vertrages von Amsterdam angenommen wurde, anerkennt Tiere als „fühlende Wesen“ und schreibt die Vereinbarkeit mehrerer Politikbereiche mit dem Tierschutz vor. Der EU-Tierschutzaktionsplan für die Jahre 2006-2010 soll erstmals dieses Tierschutzprotokoll in ein integriertes Gesamtkonzept für die Weiterentwicklung des Tierschutzes in Europa umsetzen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung wird aufgefordert, auf EU-Ebene für folgende Maßnahmen einzutreten:

 

  1. Sofortige Umsetzung des EU-Tierschutz-Aktionsplans durch rechtliche Regelungen, Einbindung von neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen, verstärkte Kommunikation, marktbegünstigende Maßnahmen für Produkte aus artgerechter Haltung und Gewährleistung einer konsequenten Einbeziehung der Tierschutzbelange in gemeinschaftliche Politikbereiche.

 

  1. Weiterentwicklung des Tierschutz-Aktionsplans und Einbindung aller Interessensgruppen in den Entscheidungsprozeß.

 

  1. Entwicklung einer mit dem Vertrag von Amsterdam (Tierschutz-Protokoll) kohärenten Politik sowie Evaluierung der diesbezüglich gesetzten Maßnahmen.

 

  1. Verstärkte Kontrollen der Umsetzung von EU-Tierschutzrecht in den Mitgliedsstaaten.

 

  1. Verbot des Klonens von Nutztieren, Verbot der Verwendung geklonter Tiere für die Zucht, Verbot des Imports geklonter Tiere und Verbot von Produkten, die von geklonten Tieren stammen.

 

  1. Klare Zielvorgaben für die Reduzierung von Tierversuchen und Beschleunigung der Entwicklung, Validierung und Annahme nichttierischer Versuchsverfahren (z.B. durch finanzielle Mittel, Personal und administrative Unterstützung).

 

  1. EU-weites Verbot von Tierversuchen an Menschenaffen.

 

  1. Sofortige Umsetzung eines generellen Importverbotes von Robbenfellen und Robbenprodukten in die EU.

 

  1. Berücksichtigung der Belange des Tierschutzes in der Gemeinsamen Agrarpolitik,  verstärkte Förderung von Tierschutzmaßnahmen und best-practice-Beispielen im Programm ländliche Entwicklung, Förderung der Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Tierschutz.

 

  1. Verbot der Haltung von Legehennen in Käfigen.

 

  1. Verbot der Kastrierung von Jungschweinen ohne Betäubung.

 

  1. EU-weite Einführung eines verpflichtenden Prüf- und Zulassungsverfahrens für tiergerechte Stalleinrichtungen.

 

  1. EU-weite Einführung einer transparenten, leicht verständlichen und zuverlässigen Kennzeichnung von tierischen Produkten nach der Art der Tierhaltung (Tierschutzgütesiegel).

 

  1. Streichung der Exportsubventionen für alle Tiertransporte (auch für Zuchtrinder), verstärkte Kontrolle der Tiertransporte und Verkürzung der Transportzeiten auf max. 8 Stunden.

 

  1. EU-weites Verbot von Hunde-, Stier- und Hahnenkämpfen.

 

  1. Forschungsoffensive im Bereich des Tierschutzes (Forschung betreffend Wohlbefinden der Tiere, Entwicklung von leicht verständlichen und transparenten Tierschutzindikatoren, Zertifizierungs- und Etikettierungssystemen sowie Erforschung von Alternativmethoden zu Tierversuchen).

 

  1. Vermeidung der Untergrabung von EU-Tierschutzstandards durch den internationalen Handel (z.B. Handel mit Pelz, Robbenfellen etc.).

 

  1. Bilaterale Handelsübereinkommen zwischen der EU und Drittstaaten müssen die EU-Tierschutz-Standards als Vorraussetzung für Handelsübereinkommen beinhalten.

 

  1. Importe aus Drittländern müssen zumindest unter den gleichen Tierschutzstandards produziert werden, um in der EU gehandelt werden zu dürfen.

 

  1. Tierschutz muss in die WTO-Verhandlungen als nicht handelsbezogenes Anliegen eingebracht und verteidigt werden, um „Tierschutzdumping“ zu verhindern. Ziel sollte ein weltweit möglichst hohes und einheitliches Tierschutzniveau sein.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gesundheitsausschuss vorgeschlagen.