1509/A XXIV. GP

Eingebracht am 28.04.2011
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Antrag

 

der Abg. Mag. Rainer Widmann,

Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Schaffung von Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich geändert wird

 

 

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

 

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Schaffung von Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich geändert wird

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Das Bundesgesetz über die Schaffung von Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, BGBl. Nr. 89/1952, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl Nr. 242/1969, wird wie folgt geändert:

 

Dem § 1 wird folgender Abs. 5 angefügt:

 

            „(5) Werden später Tatsachen bekannt, die einer Verleihung entgegengestanden wären, oder setzt der oder die Beliehene nachträglich ein Verhalten, das einer Verleihung entgegenstünde, so sind allfällig verliehene Ehrenzeichen abzuerkennen.“

 

Begründung:

Im Jahr 1967 erhielt der damalige jugoslawische Staatspräsident Marschall Josip Broz Tito von Bundespräsident Franz Jonas den Großstern des Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich. Dem damaligen Bundespräsidenten war nicht bekannt, was aber mittlerweile eine gesicherte historische Tatsache ist, dass Josip Broz Tito nicht nur für die Ermordung von zigtausend Volksdeutschen, sondern auch für den Tod von etwa 10.000 Südsteirern nach dem Zweiten Weltkrieg verantwortlich ist:

Während des Widerstandskampfes im Zweiten Weltkrieg wurde Tito zum Marschall ernannt und stand ab dem 29. November 1943 an der Spitze des Antifaschistischen Rates der Nationalen Befreiung (AVNOJ), der eine provisorische Regierung bildete und weite Teile des besetzten Landes kontrollierte. Nach Kriegsende ließ sich Tito in einer Volksbefragung den Machterhalt bestätigen. Am 29. November 1945 wurde er Ministerpräsident der Volksrepublik Jugoslawien. Bis 1953 betrieb er mit Hilfe der Nationalen Volksbefreiungsfront und der KPJ die Umwandlung Jugoslawiens in einen realsozialistischen Staat.

Dabei setzte er auch Repressionen ein. So geschahen unter seiner Verantwortung im Mai und Juni 1945 die Massaker von Bleiburg und Kočevje (Gottschee), die über 30.000 Menschen das Leben kosteten[1]). Zahlreiche politische Gegner, unter ihnen viele Stalinisten, wurden in den folgenden Jahren inhaftiert, vor allem auf der Gefängnisinsel Goli Otok. Außerdem fanden unter seiner Herrschaft große Vertreibungsaktionen statt.

Die Republik Österreich sieht sich also seit einiger Zeit mit der Tatsache konfrontiert, dass sie, mit der Verleihung des Großstern des Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich an Josip Broz Tito für die damaligen Zeitumstände gewiss nach mit bestem Wissen und Gewissen ein Staatsoberhaupt, aus heutiger Sicht jedoch einen Kriegsverbrecher ausgezeichnet hat, der insbesondere das Leben von Tausenden Österreicherinnen und Österreichern auf dem Gewissen hat.

Groteskerweise hat die Republik Österreich aber keine rechtliche Möglichkeit, auf diese mittlerweile bekannt gewordenen Tatsachen, die einer Verleihung schon zum damaligen Zeitpunkt entgegengestanden hätten, so zu reagieren, wie es dem mit diesen Tatsachen verbundenen Unrechtsgehalt entspricht und dieses Ehrenzeichen aus genannten Gründen posthum abzuerkennen. Eine derartige Vorgangsweise ist im geltenden österreichischen Recht zwar in § 5 des Bundes-Ehrenzeichengesetzes für das Bundes-Ehrenzeichen vorgesehen, nicht aber für jene Ehrenzeichen, welche aufgrund des Bundesgesetzes vom 2. April 1952 über die Schaffung von Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen wurden.

Um nun dieser Unbill Abhilfe zu verschaffen bringen die unterzeichneten Abgeordneten in ehrenvollem Gedenken an all jene Opfer, die Josip Broz Tito zu verantworten hat, insbesondere aber in Gedenken an jene Österreicherinnen und Österreicher, die unter seiner Verantwortung ihr Leben lassen mussten, den gegen­ständlichen Initiativantrag ein.

 

In formeller Hinsicht wird verlangt, innerhalb der nächsten drei Monate eine erste Lesung durchzuführen und die Zuweisung an den Verfassungsausschuss beantragt.

Wien, am



[1]) Jacques Sémelin: Säubern und Vernichten. Die politische Dimension von Massakern und Völkermorden. Hamburg 2007, S. 24