1834/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 23.02.2012
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Entschließungsantrag

 

 

der Abgeordneten KO Strache, Dr. Fichtenbauer, Dr. Rosenkranz, Vilimsky

und weiterer Abgeordneter

betreffend Evaluierung aller gesetzlichen Maßnahmen die geeignet sind Bürgerrechte zu beschränken

 

In immer kürzeren Abständen kommt es mit der Begründung „Terrorismusprävention“ zur Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten. Nach dem Terrorismuspräventionsgesetz, welches im Herbst 2011 beschlossen wurde, folgte die Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz.

 

Der österreichische Anwaltstag wies auf das Problem schon öfter hin, wie hier in einer Aussendung vom 19.September 2010:

 „Anwaltstag 2010: Schutzschirm für den Rechtsstaat

Utl.: Rechtsanwälte fordern Evaluierung bestehender Sicherheitsmaßnahmen

und Rücknahme verfehlter Gesetze =

Salzburg (OTS) - Der Anwaltstag 2010 in Salzburg beschäftigte sich mit den vielfältigen Problemen denen ein moderner Rechtsstaat in Europa ausgesetzt ist, aber auch den konkreten Ansätzen diesen nachhaltig zu schützen.

Der Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages (ÖRAK), Dr. Gerhard Benn-Ibler, warnte am Rande der Arbeitsgespräche vor einer Schwächung der

Justiz, die nicht zum Spielball der Tagespolitik werden darf, ebenso, wie vor populistischer Sicherheitspolitik, die sich in Anlassgesetzgebung verzettelt anstatt mutig und stark für die Bürgerinnen und Bürger einzutreten. "Die Justiz muss den Bürger vor staatlicher Willkür schützen und darf nicht selbst zum Werkzeug werden", richtet Benn-Ibler deutliche Worte an die Verantwortlichen.

In drei Themenblöcken wurden mit namhaften Experten wichtige rechtsstaatliche Bereiche einer Demokratie erörtert.

Zwtl.: "Terroristen gibt es in Österreich erst, seit es Anti-Terror-Gesetze gibt."

Der Bereich Straflegistik widmete sich unter dem Titel "Der Terrorist als Gesetzgeber" der scheinbar aus dem Gleichgewicht geratenen Beziehung zwischen effizienter

Strafverfolgung und den Rechten der Bürger. In einer engagiert geführten Diskussion

wurden die unterschiedlichsten Blickwinkel beleuchtet. "In den letzten Jahren wurde

unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung auch in Österreich eine ganze Fülle

von Maßnahmen getroffen, die allesamt zu Lasten von Grund- und Freiheitsrechten

der Bevölkerung gehen", warnte Dr. Elisabeth Rech, Vizepräsidentin der Rechtsanwaltskammer Wien. Ob diese tatsächlich der Terrorbekämpfung dienen, sei fraglich.

"Terroristen gibt es in Österreich erst, seit es Anti-Terror-Gesetze gibt, wie man am

Beispiel der Tierschützer-Causa sieht", so Rech.

Auch Prof. Dr. Heribert Prantl, ehemaliger Richter und Staatsanwalt, jetzt Innenpolitik-Chef der Süddeutschen Zeitung, stieß in dasselbe Horn. Der Rechtsstaat werde

nach und nach in einen Präventionsstaat umgewandelt, in dem jeder Einzelne als

Risikofaktor angesehen wird. "Generalverdacht statt konkreter Verdacht", laute die

Devise. Der Staat beweise dadurch aber alles andere als Stärke. "Ein starker Staat

verteidigt seine Grundrechte und Prinzipien", so Prantl.

Zwtl.: Benn-Ibler: "Gesetze, die sich nicht bewähren, müssen wieder zurückgenom

men werden"

"Es ist an der Zeit die Stopp-Taste zu drücken", so ÖRAK-Präsident Benn-Ibler, "Der

Rechtsstaat muss verteidigt werden, dies geht aber nur, wenn man ihn nicht gleichzeitig partiell aufgibt". Die Rechtsanwälte fordern daher eine Evaluierung aller bestehenden Überwachungsmaßnahmen. "Sollten sich bestimmte Gesetze nicht

bewähren, müssen sie auch wieder zurückgenommen werden", so Benn-Ibler. Nur

so könne auch das Vertrauen der Bevölkerung in den Gesetzgeber gestärkt werden.

Dies wäre nur dann möglich, wenn aus dem Gesetz-Geber auch gelegentlich ein Gesetz-Nehmer würde. (…)

Zwtl.: Rechtsanwälte fordern Evaluierung bestehender und geplanter Sicherheitsmaßnahmen

"Der Anwaltstag 2010 in Salzburg war eine hervorragend abgestimmte Expertenveranstaltung, die durch die richtige thematische Zusammenstellung und exzellente Redebeiträge auch das vorgegebene Ziel erreicht hat. Das Ziel, den Rechtsstaat, seine Vorteile, aber auch seine Bedürfnisse aufzuzeigen und den politischen Verantwortungsträgern und einer möglichst breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen", so das Resümee des ÖRAK-Präsidenten.

Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag fordert einen Schutzschirm für den

Rechtsstaat. Alle gesetzlichen Maßnahmen die geeignet sind Bürgerrechte zu beschränken, sind, wenn überhaupt, dann nur in geringst möglichem Ausmaß und in

Zusammenhang mit einer Evaluierungspflicht zu setzen. Mit dieser Evaluierung sollen die gewünschten Auswirkungen überprüft werden. Sollten sich die Auswirkungen auf die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger beschränken, müssen solche Gesetze außer Kraft gesetzt werden, fordern die Rechtsanwälte. Dies gelte selbstverständlich auch für bereits bestehende Maßnahmen, die zurückzunehmen sind, sollten sie sich nicht bewährt haben. (…)“

 

Die Justizministerin äußerte sich in der Anfragebeantwortung 6478/AB XXIV. GP zur Anfrage des Abgeordneten zum Nationalrat Harald Vilimsky und Kollegen zu diesem Thema unter anderem so:

„Eine laufende und begleitende Evaluation sämtlicher in der StPO vorgesehenen

Überwachungsmaßnahmen hielte ich hingegen für überschießend, sie würde auch die der Strafjustiz zur Verfügung stehenden Kapazitäten überfordern.

 


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung – insbesondere die Bundesministerin für Justiz - wird aufgefordert, eine Evaluierung aller bestehenden gesetzlichen Maßnahmen, die Grund- und Freiheitsrechte beschränken, durchzuführen und dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, welche die Aufhebung von nicht bewährten derartigen Maßnahmen vorsieht.“

 

In formeller Hinsicht wird um Zuweisung an den Justizausschuss ersucht.