1928/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 15.05.2012
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber, Freundinnen und Freunde

 

betreffend: Keine Patentierung von landwirtschaftlichen Nutztieren und Pflanzen

 

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Während im traditionellen Sortenschutzrecht mit seinen klar definierten Rechten für Landwirtinnen/Landwirte und (Pflanzen-)ZüchterInnen gesichert ist, dass Bäuerinnen/Bauern und ZüchterInnen neues pflanzengenetisches „Material“ (also neue Sorten) ohne Lizenzforderungen anbauen und für Neuzüchtungen nutzen können, ist die Nutzung von patentierten Pflanzen, Tieren oder bestimmten Eigenschaften dieser Lebewesen, ihrer Nachkommen oder der daraus erzeugten Produkte in vielen Fällen lizenz- oder genehmigungspflichtig. Das gilt auch für Neuzüchtungen, wenn die patentierte Eigenschaft im Züchtungsprozess nicht „herausgekreuzt“ werden kann. Über Patentrechte können also züchterische Innovationen blockiert und der faire Wettbewerb verhindert werden. Die Folge wäre eine weitere Konzentration im Saatgutmarkt zu Lasten kleiner und mittelständischer Akteure. Zwar sieht die EU-Biopatentrichtlinie 98/44EG vor, dass herkömmliche Züchtungsverfahren, Pflanzensorten und Tierrassen nicht patentiert werden können, dennoch lässt die Richtlinie Interpretationsspielräume und bleibt in einigen Bereichen hinter dem österreichischen Patentgesetz zurück.

Am 13. April 2011 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung für ein neues Patentsystem, das „Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung“, vorgelegt. Diese Verordnung bezieht sich allerdings nur auf die Wirkung von Patenten, die durch das Europäische Patentamt (EPA) erteilt werden, und nicht auf die Grundlage der Patenterteilung. Im „worst Case“ können daher trotzdem durch das Gemeinschaftspatent die in vielen EU-Staaten üblichen Rechte für Bäuerinnen/Bauern und ZüchterInnen ausgehebelt werden. Auch eine Schutzregelung für Landwirtinnen und Landwirten bei Fällen von Auskreuzung von Gentechnisch veränderten Organismen („Percy-Schmeiser-Klausel“) fehlt bisher im Verordnungsentwurf. Anders als bei der Biopatentrichtlinie geht es hier um eine Verordnung, die also in allen EU-Staaten sofort und einheitlich rechtswirksam wäre.

Es ist sicherzustellen, dass technisch ergänzte konventionelle Züchtungsverfahren nicht patentierbar sind und dass Erfindungen nicht über ihre Eigenschaften, sondern über das zu ihrer Erzeugung verwendeten Verfahren beschrieben werden.

 

 

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht,

 

1.    sich auf EU-Ebene für eine Konkretisierung  und Änderung der Biopatentrichtlinie 98/44/EG einzusetzen, so dass klargestellt ist,

·        dass keine Patente auf konventionelle Züchtungsverfahren, mit diesen gezüchtete landwirtschaftliche Nutztiere und –pflanzen sowie deren Nachkommen erteilt werden,

·        dass keine Patente auf Züchtungsmaterial und auf Verfahren erteilt werden, die in der konventionellen Zucht verwendet werden.

·        dass bei der Prüfung von Patenten nach Art. 53 b der vollständige Inhalt einer Erfindung und nicht nur die Patentansprüche beurteilt werden, um darüber zu entscheiden, ob die Erfindung unter das Patentierungsverbot fällt. Ebenso sind nicht ausdrücklich offenbarte Inhalte zu berücksichtigen, wie unabdingbare technische Vorstufen, unabdingbare Folgen und ausschliessliche Verwendungsmöglichkeiten der Erfindung.

·        dass bei landwirtschaftlichen Nutztieren und –pflanzen die Schutzwirkung von Product-by-Process-Patenten auf die Verwendung des im Patent angegebenen Verfahrens beschränkt wird;

2.    auf eine Inkorporation der Änderungen der Biopatentrichtlinie in das Europäische Patentübereinkommen hinzuwirken;

3.    bei der Schaffung des einheitlichen Patents darauf zu dringen, dass die in der Biopatentrichtlinie gegebenen Möglichkeiten für eine nationale Ausgestaltung, wie beispielsweise das sogenannte Züchterprivileg, auch für das Europäische Patent gelten werden und einen vollumfänglichen Züchtervorbehalt für die Pflanzen- und Tierzucht im Einheitspatent zu verankern;

4.    auf eine europäische „Prozeßkostenhilfe“ für Einsprüche gegen unberechtigte Biopatente hinzuwirken,

5.    eine Schutzklausel für Landwirtinnen und Landwirte im EU-Patent sicherzustellen für den Fall einer zufälligen, unvermeidbaren Auskreuzung von patentgeschütztem Material, insbesondere durch gentechnisch veränderte Pflanzen („Percy-Schmeiser-Klausel“),

6.    zu prüfen, ob das Patentgesetz schon jetzt abweichend von europäischen Vorgaben dahingehend geändert werden kann,

-       dass keine Patente auf konventionelle Züchtungsverfahren, mit diesen gezüchtete landwirtschaftliche Nutztiere und –pflanzen sowie deren Nachkommen und Produkte erteilt werden,

-       keine Patente auf gentechnisch veränderte Pflanzen oder Gensequenzen erteilt werden,

-       dass bei landwirtschaftlichen Nutztieren und – pflanzen die Schutzwirkung von Product-bei-Process-Patenten auf die Verwendung des im Patent angegebenen Verfahrens beschränkt wird,

-       und, sofern dies möglich ist, einen entsprechenden Vorschlag zur Änderung des Patentgesetzes vorzulegen

7.    ein staatliches Biopatent-Monitoring aufzubauen, um Entwicklungen frühzeitig erkennen zu können, und in diesem Zusammenhang

-       alle zwei Jahre einen Bericht über die Auswirkungen des Patentrechtes im Bereich der Biotechnologie unter anderem hinsichtlich ausreichender Technizität sowie Auswirkungen im Bereich der Pflanzen- und Tierzüchtung vorzulegen

-       sowie einen Dialog mit von Biopatenten betroffenen gesellschaftlichen Gruppen zu führen;

8.    sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die EU-Kommission im Rahmen ihrer jährlichen Berichtspflicht die Entwicklung von Patenten im Bereich Biotechnologie, die ethischen Aspekte sowie die Folgen für die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit und für die Forschung berücksichtigt.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Forschung, Innovation und Technologie vorgeschlagen.