2246/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 21.03.2013
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Entschließungsantrag

 

 

der Abgeordneten Gartelgruber, Kitzmüller

und weiterer Abgeordneter

 

betreffend Wahlfreiheit für Eltern ausbauen

 

Das Thema Wahlfreiheit ist in aller Munde. Durch 15a-Vereinbarungen mit den Ländern hat sich der Bund in den letzten Jahren finanziell am Ausbau der Kinderbetreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren in den Ländern finanziell beteiligt.

 

Betreuungslätze für Kinder unter drei Jahren (in Kinderkrippen) verursachen laut einer Studie des Österreichischen Instituts für Familienforschung („Die Kosten der Kinderbetreuung in Österreich, Working Paper Nr. 74, 2010[1]) Kosten in Höhe von jährlich 12.220,- Euro (1.018,34 Euro pro Monat). Die Studie stammt aus dem Jahr 2010 und bezieht sich auf Zahlen aus 2007. Die aktuellen Kosten (2013) dürften realistischerweise um etwa 10% höher sein. Ein großer Teil dieser Kosten wird von der öffentlichen Hand (vor allem von Ländern und Gemeinden) getragen.

 

Das Ziel, Müttern durch diese finanzielle Förderung in Form einer Sachleistung früher den Wiedereinstieg in den Beruf zu ermöglichen, wird dabei nicht immer erreicht. So waren beispielsweise in Wien im Jahr 2011 nicht weniger als 43,8% der Mütter von Krippenkindern nicht erwerbstätig (weiters 14,9% teilzeitbeschäftigt und 40,2% in Vollzeit erwerbstätig, 1% keine Angaben). Da Wahlfreiheit bedeutet, dass man sich ohne finanzielle Nachteile oder gesellschaftlichen Druck für den einen oder anderen Weg entscheiden können soll, sollten Mütter und Väter unabhängig von ihrer Entscheidung, Kinder selbst oder in einer Betreuungseinrichtung betreuen zu wollen, gleiche Leistungen erhalten.

 

Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat zum Bedarf der Kinder nach Betreuung und Erziehung (hier zu steuerlichen Fragestellungen) unter anderem folgendes ausgesprochen:

 

„Die Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Die Eltern erfüllen diese Pflicht in der Familie, die vor allem Erziehungsgemeinschaft, aber auch Wirtschaftsgemeinschaft ist. Die Eltern schulden den Kindern Sachleistungen, die den wirtschaftlichen Bedarf der Kinder decken, ebenso aber Betreuungs- und Erziehungsleistungen, die dem kindlichen Bedürfnis nach Unterstützung, Anleitung sowie Vermittlung praktischer und kultureller Erfahrungen genügen.[2]

 

„Der Betreuungsbedarf muss als notwendiger Bestandteil des familiären Existenzminimums einkommensteuerlich unbelastet bleiben, ohne dass danach unterschieden werden dürfte, in welcher Weise dieser Bedarf gedeckt wird. Das Einkommensteuergesetz hat den Betreuungsbedarf eines Kindes stets zu verschonen, mögen die Eltern das Kind persönlich betreuen, mögen sie eine zeitweilige Fremdbetreuung des Kindes, z.B. im Kindergarten, pädagogisch für richtig halten oder mögen sich beide Eltern für eine Erwerbstätigkeit entscheiden und deshalb eine Fremdbetreuung in Anspruch nehmen.[3]

(Zitate: 2 BvR 1057/92, 980/91)

 

Auch der österreichische Verfassungsgerichtshof hat die Freiheit der Eltern bei der Wahl der Kinderbetreuung bekräftigt (VfSlg: 13067):

 

„… ob die Eltern beide berufstätig sind und für die Kinderbetreuung anderweitig sorgen oder ein Teil, statt erwerbstätig zu sein, die Hauptlast der Kinderbetreuung übernimmt, ist Sache privater Lebensgestaltung.“

 

Die Länder finanzieren die Fremdbetreuung von Kindern mit beträchtlichen Mitteln, so werden etwa im Land Salzburg für Betreuungsplätze im Ausmaß von 30 bis 40 Stunden pro Woche 777,- Euro pro Monat zugeschossen, wobei 60% vom Land und 40% von der Gemeinde zu entrichten sind[4].

 

Familien, die ihre Kinder selbst betreuen und erziehen, werden demgegenüber nicht gefördert.

 

Aus diesem Grund wurde in der Salzburger Gemeinde Berndorf ein Modell entwickelt, das dieses Manko auszugleichen versucht. Dabei geht es um die konkrete Wertschätzung der familiären Kinderbetreuung durch Anhebung des Kinderbetreuungsgeldes auf die Höhe des Mindestsicherungssatzes bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes.

 

Zitat aus einer Pressemitteilung der Gemeinde berndorf vom Dezember 2012:

 


„Gemeinde-Berndorf beschließt neues Modell und fordert Unterstützung von Bund und Land

 

Einstimmig, also mit Zustimmung von ÖVP, SPÖ und FPÖ hat die Gemeindevertretung von Berndorf knapp vor Weihnachten das „Berndorfer Modell“ zur Förderung der familieninternen Kinderbetreuung beschlossen.

Dabei geht es um konkrete Wertschätzung der familieninternen Kinderbetreuung durch Anhebung des Kinderbetreuungsgeldes auf die Höhe des Mindestsicherungssatzes von € 773,--/Monat bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes.

 

Einleitend ist festzuhalten, dass die familienexterne Betreuung von Kindern zwischen 1. und 3. Lebensjahr auf Grundlage des Salzburger Kinderbetreuungsgesetzes, ergänzend zum Kinderbetreuungsgeld zusätzliche öffentliche Mittel erfordert und die dabei geleistete, am Markt erbrachte Arbeit dadurch entsprechende Wertschätzung erfährt.

 

Nach dem Salzburger Kinderbetreuungsgesetz sind nämlich die Gemeinden und das Land Salzburg verpflichtet, bei Inanspruchnahme einer familienexternen Betreuung in einer Krabbelgruppe oder durch eine Tagesmutter, folgende finanzielle Leistungen zu erbringen:

 

 

€ / Monat 40 % Gem.

€ / Monat 60 % Land

für 10 Std./Woche

€ 79,--

€ 119,--

für 20 Std./Woche

€ 158,--

€ 238,--

für 30 Std./Woche

€ 236,--

€ 354,--

ab 30 Std.

€ 315,--

€ 462,--

 

Der Bund unterstützt die familienexterne Kinderbetreuung in dem er die Schaffung von institutionellen Betreuungseinrichtungen durch Direktzuschüsse fördert.

Die zu leistenden Elternbeiträge sind sozial gestaffelt!

Diese Form und Unterstützung der familienexternen Kinderbetreuung wird von der Gemeinde Berndorf in keinster Weise in Frage gestellt. Sie bildet eine entscheidende Wahlmöglichkeit für Eltern, die diese Form der Kinderbetreuung brauchen oder wollen.

 

 

„Berndorfer Modell“: Wertschätzung und reellere Wahlmöglichkeit für familieninterne Betreuung.

Beim Berndorfer Modell der Familienförderung geht es darum auch der familieninternen Kinderbetreuung gebührende Wertschätzung der Allgemeinheit entgegenzubringen. Wenn sich diese Wertschätzung der familieninternen Kinderbetreuung am Mindestsatz der Mindestsicherung für Alleinstehende und Alleinerziehende von € 773,-- im Monat orientiert, so ist dies keinesfalls vermessen.

 

Die Forderung lautet daher, dass Familien, die ihre Kinder zwischen dem vollendeten 1. und 3. Lebensjahr familienintern, ohne Inanspruchnahme von Tagesmüttern, Krabbelgruppen etc. betreuen, Kinderbetreuungsgeld in Höhe von € 773,-- pro Monat ab Geburt bzw. nach dem Ende des Wochengeldbezuges erhalten sollen.

 

Für Familien/Eltern, die sich für die dreijährige Kinderbetreuungsgeldvariante entschieden haben und keine mit öffentlichen Mitteln geförderte, familienexterne Betreuung in Anspruch nehmen und dafür € 436,-- Kinderbetreuungsgeld/Monat erhalten, ist daher eine Aufzahlung von € 337,-- erforderlich.

 

Für Familien/Eltern, die sich für die zweijährige Kinderbetreuungsgeldvariante entschieden haben und dafür monatlich € 624,-- Kinderbetreuungsgeld erhalten, ist bei gleichen Voraussetzungen eine Aufzahlung von € 149,--/Monat erforderlich.

 

Der jeweilige Aufzahlungsbetrag soll zwischen Gemeinden, dem Land und dem Bund zu je einem Drittel aufgebracht werden.

 

Zudem ist der Kündigungsschutz für ArbeitnehmerInnen von 2 auf 3 Jahre zu  verlängern.

 

Gemeinde Berndorf geht mit gutem Beispiel voran.

 

Unabhängig vom Verhalten des Landes bzw. des Bundes, wird die Gemeinde Berndorf ab  dem 1.1.2013 jenen Berndorfer Familien/Eltern, die sich für die zwei- bzw. dreijährige Kinderbetreuungsgeldvariante entschieden haben und keine mit öffentlichen Mitteln geförderte familienexterne Betreuung in Anspruch nehmen, den Gemeinde-Drittelbeitrag zwei Mal jährlich auszubezahlen. Das sind € 112,-- pro Monat bei der 3-jährigen und € 50,-- pro Monat bei den 2-jährigen Kinderbetreuungsgeld-Variante.

Bürgermeister Dr. Josef Guggenberger, hat diesen Vorschlag im Auftrag der ÖVP-Berndorf bei der Budgeterstellung für das Jahr 2013 eingebracht.
Nach vorläufigen Schätzungen wird die Gemeinde Berndorf dafür rund € 35.000,-- pro Jahr aufbringen müssen.

 

"Mit der Umsetzung unseres Modells der Familienförderung soll ein Stück mehr Gerechtigkeit zwischen der Unterstützung der familienexternen und der familieninternen Kinderbetreuung erreicht werden. Es geht dabei vor allem um die Wertschätzung der Arbeit jener Eltern, welche die Kinderbetreuung eigenverantwortlich, familienintern wahrnehmen. Es geht aber auch darum, die Wahlfreiheit zwischen familieninterner und familienexterner Kinderbetreuung zu verbessern," berichtet dazu Bgm. Guggenberger.

Gez.:  Bgm. Dr. Josef Guggenberger     

21. Dez. 2012“

 

Dieser mutige und richtige Vorstoß, in Richtung finanzieller Gleichbehandlung von Familien im Sinne der Wahlfreiheit, ist zu begrüßen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass neben der umfassenden staatlichen Förderung der Fremdbetreuung auch die verbleibenden, privat zu tragenden Kosten steuerlich absetzbar sind, im Falle einer Betreuung in der Familie jedoch nicht einmal die Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit steuerlich anerkannt wird.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, welche vorsieht, dass jene Eltern von Kindern unter drei Jahren, die die Kinderbetreuung in der Familie erbringen, in ihrer wichtigen Leistung für die Gesellschaft finanziell unterstützt werden. Dabei soll angestrebt werden, dass die Unterstützung betragsmäßig jene Unterstützung erreicht, die für Fremdbetreuungsplätze ausgegeben wird. Analog zur Finanzierung von Fremdbetreuungsplätzen, soll eine Finanzierung durch Bund, Länder und Gemeinden im Wege einer 15a-Vereinbarung angestrebt werden.“

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Familienausschuss beantragt.



[1] http://www.oif.ac.at/fileadmin/OEIF/Working_Paper/WP_74_Kosten_der_Kinderbetreuung.pdf (Seite 21)

[2] http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs19981110_2bvr105791.html (Absatz-Nr. 62)

[3] http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs19981110_2bvr105791.html (Absatz-Nr. 69)

[4] https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LrSbg&Gesetzesnummer=20000519 (§ 10 Abs. 1 Ziffer 2 lit. a Salzburger Kinderbetreuungsgesetz 2007)