454/A(E) XXIV. GP

Eingebracht am 17.02.2009
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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Mag. Darmann, Dolinschek, Petzner

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Schaffung der rechtlichen Grundlagen für eine Muttersprachenerhebung besonderer Art

Die Ergebnisse der im Rahmen der Volkszählung erhobenen Umgangssprache bilden derzeit das statistische Zahlenmaterial für die Erhebung der Stärke der österreichischen Volksgruppen, so auch der slowenischen Volksgruppe in Kärnten.

Bisher führte dies immer wieder zu Unschärfen, da bei diesen Volkszählungen im Rahmen der statistischen Auswertung der angegebenen Umgangssprache beispielsweise Personen mit der Mehrfachangabe „deutsch“ und slowenisch“ automatisch und ohne ihr Wissen der slowenischen Volksgruppe zugerechnet wurden. Damit verstößt die Republik Österreich jedoch gegen Art. 1 und 3 des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten, BGBl III 120/1998; zudem widerspricht diese Vorgangsweise auch dem in § 1 Abs. 3 Volksgruppengesetz normierten „Bekenntnisprinzip“.

Das genannte Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten, BGBl III 120/1998, selbst legt in Art. 1 fest, dass „Rechte aus diesem Rahmenübereinkommen (...) Bestandteile der Menschenrechte (sind)", wie auch in Art. 3 normiert wird, dass „jede Person, die einer nationalen Minderheit angehört, (...) das Recht (hat), frei zu entscheiden, ob sie als solche behandelt werden möchte oder nicht"; zudem enthält es auf den Seiten 937 und 938 folgende Erklärung: „Die Republik Österreich erklärt, dass unter dem Begriff nationale Minderheiten Gruppen österreichischer Staatsbürger mit nichtdeutscher Muttersprache und eigenem Volkstum zu verstehen sind." Aus diesen Bestimmungen ergeben sich sohin folgende Forderungen: Muttersprache plus Zugehörigkeitserklärung zu einem Volkstum.

 


Die unterzeichneten Abgeordneten fordern daher im Einklang mit dem vormaligen Kärntner Landes­hauptmann Dr. Jörg Haider die Schaffung der rechtlichen Grundlagen für eine Erhebung besonderer Art, die sowohl die Muttersprache, wie auch - unter Wahrung des „Bekenntnisprinzips“ des Volksgruppengesetzes - das Bekenntnis zur Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volksgruppe umfasst. Durch eine solche Erhebung kann die tatsächliche Stärke der slowenischen Volksgruppe in Kärnten festgestellt und somit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zur Topografieverordnung entsprochen werden. Nur durch diese Vorgangsweise kann daher Rechtskonformität mit dem in § 1 Abs. 3 Volksgruppengesetz normierten „Bekenntnisprinzip“ und dem Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten, BGBl III 120/1998 erzielt werden.

 

Eine solche Vorgangsweise ist international üblich; zum Vergleich kann darauf hingewiesen werden, dass die Republik Slowenien selbst im Jahr 2002 einen ethnischen Zensus mit Erhebung der Muttersprache und des Volkstums durchgeführt hat. Diese legistische Maßnahme würde auch die über 40 Jahre alte Ankündigung der großen Koalition eines „Minderheitenfeststellungsgesetzes“ erfüllen (vgl. nachfolgende Zeitungsmeldung: „Neue Zeit“, 12.Oktober 1960).


Erst auf Basis der Ergebnisse einer derartigen Erhebung kann das Land Kärnten gemeinsam mit der österreichischen Bundesregierung eine dauerhafte und endgültige Lösung der „Ortstafelfrage“ im Sinne eines gedeihlichen Zusammenlebens der Volksgruppen in Kärnten und der „gutnachbarschaftlichen“ Beziehung zu Slowenien sicherstellen. Die „Ortstafelfrage“ hat zeithistorisch alle betroffenen Bundesländer bewegt und Bundes- und Landesregierungen verschiedenster politischer Zusammensetzungen beschäftigt. Nach dem Kärntner „Ortstafelsturm“ (SPÖ in Bundes- und Landesregierung [!]) war diese Frage für Jahrzehnte derart belastet, dass es im Burgenland - im Gegensatz zu Kärnten, für das bereits seit 1977 eine Topographieverordnung mit 15 Gemeinden und zahlreichen Orten erlassen und umgesetzt war - bis ins Jahr 2001 gedauert hat, bis die ersten mehrsprachigen Ortstafeln aufgestellt werden konnten.

Die Argumentation der SPÖ-Politiker in Bundes- und Landesregierung - darunter der nunmehrige Bundesminister für Landesverteidigung und Sport, Mag. Norbert Darabos, in seiner Eigenschaft als Mitglied des Kroatischen Volksgruppenbeirates - ging in die gleiche Richtung: „...Ortstafeln bedürfen des Einverständnisses aller Betroffenen, die Verpflichtungen nach dem Staatsvertrag und dem Volksgruppengesetz  sind  sekundär...“. Die dazu eingebrachten parlamentarischen Anfragen, insbesondere von Abgeordneten der Grünen an die damaligen SPÖ-Bundeskanzler dürfen als bekannt vorausgesetzt werden. Ein entsprechendes „Amtsenthebungsverfahren“ nach Artikel 142 B-VG gegen einen Landeshauptmann oder ein Mitglied der Bundesregierung wegen Nichterfüllung der Verpflichtungen nach Verfassungs- und Völkerrecht oder Vorerhebungen im Rahmen eines strafgesetzlichen „Amtsmissbrauchsverfahren“ im Auftrag einer politisch weisungsgebundenen Staatsanwaltschaft für diese Fälle ist nicht bekannt.


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

ENTSCHLIEßUNGSANTRAG:

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, zur Feststellung der tatsächlichen Stärke der slowenischen Volksgruppe im Bundesland Kärnten die rechtlichen Grundlagen für eine Erhebung besonderer Art zu schaffen, die sowohl die Muttersprache, wie auch das Bekenntnis zur Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volksgruppe umfasst. Diese Erhebung soll die Grundlage für die endgültige Regelung der Ortstafelfrage in Kärnten sein."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuß beantragt.