878/A XXIV. GP

Eingebracht am 19.11.2009
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ANTRAG

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Alev Korun, Freundinnen und Freunde

 

 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch (StGB) geändert wird

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch (StGB) geändert wird

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Das Strafgesetzbuch (StGB), zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 112/2007, wird wie folgt geändert:

 

1. § 312a lautet:

 

„Folter

 

§ 312a. (1) Wer als Amtsträger einen anderen foltert, ist mit Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren zu bestrafen. Ebenso ist zu bestrafen, wer in amtlicher Eigenschaft, auf Veranlassung oder mit ausdrücklicher oder stillschweigender Zustimmung oder Einverständnis eines Amtsträgers, einen anderen foltert.  Dies gilt auch, wenn die strafbare Handlung im Ausland begangen worden ist.

 

(2) Hat die Tat eine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen (§ 85) oder den Tod des Geschädigten zur Folge, ist sie mit Freiheitsstrafe von einem bis zu 15 Jahren zu bestrafen.

 

(3) Unter Foltern im Sinne des Abs. 1 wird jede Handlung verstanden, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen oder um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen, oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Amtsträger oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden.


(4) Außergewöhnliche Umstände gleich welcher Art, sei es Krieg oder Kriegsgefahr, innenpolitische Instabilität oder ein sonstiger öffentlicher Notstand, dürfen nicht als Rechtfertigung für Folter geltend gemacht werden.“

 

Begründung:

 

Zu Z 1:

 

Abs (1) und (2):

 

Österreich hat die UN-Konvention gegen Folter am 29.7.1987 ratifiziert  und sich dadurch verpflichtet, alle geeigneten Maßnahmen zur Verhinderung bzw. Ahndung von Folter zu ergreifen sowie Personen, denen die Freiheit entzogen ist, vor Angriffen auf ihre körperliche und seelische Integrität zu schützen.

 

Nach der Konvention müssen die Vertragsstaaten Folterhandlungen überall und jederzeit unterlassen. Polizeikräfte und Gefängnispersonal sind während ihrer Ausbildung entsprechend zu schulen und in ihrer Arbeit regelmäßig zu überwachen.

Bei hinreichendem Verdacht auf Folterungen sind die Vertragsstaaten zur Durchführung unabhängiger Untersuchungen verpflichtet und mutmaßliche Folterer sind entweder zu bestrafen oder an einen Staat auszuliefern, der ein Strafverfahren gegen diese Person eröffnet.

 

Für die Vertragsstaaten, also auch für Österreich gilt, dass sie verpflichtet sind, jede in ihrem Hoheitsgebiet aufhältige Person, die im Verdacht steht, Folter wo auch immer und gegen wen auch immer angewendet, angeordnet oder auch nur wissentlich geduldet zu haben, festzunehmen und zu entscheiden, ob die Person im Inland angeklagt wird oder an einen anderen Staat mit einer stärkeren Jurisdiktion ausgeliefert wird (Weltstrafprinzip).

Diese Verpflichtung wird allerdings von den meisten Vertragsstaaten und auch Österreich ignoriert. Daher wird im Abs 1 ausdrücklich erwähnt, dass auch im Ausland begangene Folter strafbar ist.

 

Österreich vertritt die Meinung, dass der Tatbestand der Folter durch die bereits bestehenden Tatbestände im StGB ausreichend umgesetzt ist (§§ 83, 84, 85, 86, 87, 313, 312, 75 StGB). Der UN-Antifolterausschuss konnte dieser Ansicht allerdings nicht folgen und hat sowohl in den Jahren 1999 und 2005 empfohlen, eine explizite Anti-Folterbestimmung einzuführen (vgl. Concluding Observations, Committee against Torture, 2005, CAT/C/AUT/CO/3).

 

Aufgrund dessen ist ein Straftatbestand der Folter, der die Folterdefinition der Konvention beinhaltet, im Strafgesetzbuch zu verankern und dafür eine angemessene und auch abschreckende Strafhöhe vorzusehen, die mit den derzeitigen Bestimmungen des § 312 StGB bei weitem nicht erreicht wird.

 


Der Strafrahmen wurde unter Berücksichtigung der Empfehlungen des UN-Antifolterausschusses, der einen Strafrahmen zwischen 6 und 20 Jahren für angemessen hält, mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe festgelegt. Hat die Tat schwere Dauerfolgen oder den Tod des Gefolterten zu Folge, wird eine Strafuntergrenze von einem Jahr und eine Höchststrafe von 15 Jahren festgelegt.


Der Begrifft des „Amtsträgers“ wurde deswegen gewählt, da die Legaldefinition des
§ 74 Abs 1 Z 4a sowohl inländische als auch ausländische Vertreter der Gesetzgebung, Verwaltung und Justiz erfasst.

 

Abs (3):

 

Der Initiativantrag über nimmt die Definition von Folter aus der UN-Konvention.

 

Die Konvention bezeichnet Folter als „jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierungen beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind“.

 

(Convention against Torture and other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment oder Punishment:

 

Article 1

For the purposes of this Convention, the term "torture" means any act by which severe pain or suffering, whether physical or mental, is intentionally inflicted on a person for such purposes as obtaining from him or a third person information or a confession, punishing him for an act he or a third person has committed or is suspected of having committed, or intimidating or coercing him or a third person, or for any reason based on discrimination of any kind, when such pain or suffering is inflicted by or at the instigation of or with the consent or acquiescence of a public official or other person acting in an official capacity. It does not include pain or suffering arising only from, inherent in or incidental to lawful sanctions. )

 

Abs (4):

 

Die Konvention sieht vor, dass Rechtfertigungsgründe ausdrücklich ausgeschlossen werden sollen. Vor allem in Hinblick auf versuchte Aushöhlungen des Folterverbotes im Rahmen von Anti-Terror-Maßnahmen ist also eine explizite Regelung geboten. Dies auch trotz des Umstandes, dass in Österreich Art 15 EMRK gilt, der ein allgemeines Folterverbot auch in Notstandszeiten vorsieht.

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen sowie die Durchführung einer ersten Lesung innerhalb von drei Monaten verlangt.