91/A XXIV. GP
Eingebracht am 03.12.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Antrag
des Abgeordneten Dr. Fichtenbauer
und weiterer Abgeordneter
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (Außerstreitgesetz - AußStrG), BGBl. I Nr. 111/2003, geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (Außerstreitgesetz - AußStrG), BGBl. I Nr. 111/2003, geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das Bundesgesetz über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (Außerstreitgesetz - AußStrG), BGBl. I Nr. 111/2003, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 92/2006, wird wie folgt geändert:
1. In § 23 wird nach Abs. 2 folgender Abs. 3 angefügt:
„(3) In Streitigkeiten über Besuchsrecht wie auch Obsorge von Minderjährigen hat das Gericht binnen einer unerstreckbaren Frist von sechs Monaten seine Entscheidung zu fällen."
2. § 51 Abs. 1 lautet:
„(1) Das Gericht erster Instanz hat den Rekurs, soweit vorgesehen nach dem Einlangen der Rekursbeantwortung oder dem fruchtlosen Ablauf der dafür offenstehenden Frist, dem Rekursgericht mit allen die Sache betreffenden Akten binnen 14 Tagen vorzulegen, sofern es dem Rekurs nicht selbst (§ 50) stattgibt."
3. § 55 Abs. 1 lautet:
„(1) Ist der Rekurs nicht zurückzuweisen, so hat das Rekursgericht über die Sache selbst, in Verfahren wegen Besuchsrecht wie auch Obsorge von Minderjährigen binnen einer unerstreckbaren Frist von drei Monaten, erforderlichenfalls nach Verfahrensergänzung, zu entscheiden."
4. In § 57 wird nach Z 6 die Z 7 angefügt:
„7. In Fällen der Streitigkeiten wegen Besuchsrecht wie auch Obsorge von Minderjährigen hat das erstinstanzliche Gericht binnen einer unerstreckbaren Frist von drei Monaten zu entscheiden."
Begründung
Ein wesentlicher Teil des Rechtsunfriedens betreffend minderjähriger Kinder wird auf deren Rücken dadurch ausgetragen, dass Streitigkeiten über das Obsorgerecht wie auch das Besuchsrecht geführt werden und überdies diese Streitigkeiten, die im Rahmen des Außerstreitgesetzes durch die Bezirksgerichte in erster Instanz zu judizieren sind, in vielen Fällen jahrelang nicht erledigt werden.
Der Grund für diese oft jahrelangen Verzögerungen liegt vor allem darin, dass die von den streitenden Parteien aufgestellten Behauptungen und die damit zusammenhängenden Fragen des Kindeswohls im Bereich der Sachverhaltsermittlung nahezu prinzipiell von den Gerichten zu den Sachverständigen ausgelagert werden. Diese seit vielen Jahren verfestigte gerichtliche Übung führt dazu, dass der tatsächliche „Herr des Verfahrens" - in indirektem Wege - der Sachverständige ist oder genauer gesagt die Sachverständigen sind (da es oft zu mehreren Gutachten kommt). Sei es nun aus Gründen der Überlastung von Sachverständigen, auch weil es zu wenige geben mag, oder aus Vernachlässigung deren aufgetragener Pflichten, ist es evident, dass die jahrelange Nichtentscheidung dieser Fälle darauf beruht, dass teilweise oft ein Jahr oder noch länger aufgetragene Gutachten nicht erstattet werden.
Es sind auch Fälle bekannt, in denen Sachverständige, die in hohem öffentlichen Ansehen stehen, bei „gewöhnlichen" nicht medial wirksamen Fällen jahrelang kein Gutachten erstellen und das schließlich vorgelegte Gutachten so schlampig ausgeformt ist, dass eine Ergänzung aufgetragen werden muss, die neuerlich ein Jahr nicht durchgeführt wird. Aus diesen Umständen, welche ausschließlich auf Verfahrensprobleme zurückzuführen sind, erwächst jene extrem negative Folge, die durch die Rechtsordnung gerade zu verhindert werden soll, nämlich die Entfremdung zwischen Kind und einem Elternteil.
In zahllosen Fällen kommt es eben durch die jahrelange Nichtentscheidung über ein Besuchsrecht zu gar keinem Besuch zwischen einem Kind und einem Elternteil. Nicht nur die Tatsache des jahrelang nicht beendeten Streites durch das zuständige Gericht, sondern auch durch die Nichtentscheidung entstandene Kontaktbehinderung zwischen Eltern (Elternteil) und Kindern bewirkt sozialen Unfrieden, Eltern-Kind Entfremdung und gar auch Traumatisierung von Kindern.
Der Primat des „Kindeswohls" wird genau ins Gegenteil verkehrt und der Gesetzeszweck vereitelt.
Die Alternative zu dem jetzt bestehenden Übelstand kann nur darin bestehen, gegebenenfalls eine Lücke im Beweisverfahren hinzunehmen und unter Umständen auf ein Sachverständigengutachten zu verzichten, um den Vorzug der schnelleren Entscheidung, also innerhalb einer Frist, die als lebensnah und vernünftig erachtet werden kann, zu erzeugen.
Es ist ganz offenkundig, dass eine Entscheidung die der Richter innerhalb der festzusetzenden sechs Monatefrist jedenfalls zu fällen hat, eine lebensnahe, für die Parteien lebbare Lösung erwirkt und diese Entscheidung eben auf der durch das Verfahren gewonnenen Überzeugung die der Richter im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung vorzunehmen hat, fußen muss.
Damit ist nicht gesagt, dass Sachverständigengutachten nicht eingeholt werden dürften oder sollten. Jedoch sind sie innerhalb der Frist des Gesetzes so rechtzeitig einzuholen und bei Gericht abzugeben, dass sie innerhalb der Frist als Beweismittel dienlich sind. Liegt ein solches Gutachten nicht vor, so muss die Entscheidung ungeachtet des Nichtvorliegens des beantragten Beweismittels nach bestem Wissen und Gewissen des Richters gefällt werden. Diesem Prozedere ist unter allen Umständen der Vorzug vor der überlangen Dauer solcher Verfahren zu geben und ist ein geeigneter Weg um auf dem Gebiet des Obsorge-/Besuchsrechtsstreites eine Verbesserung zu bewirken.
Konsequenterweise ist auch vorzukehren, dass die Entscheidungspflicht, die die erste Instanz innerhalb von sechs Monaten wahrzunehmen hat, auch vom Rekursgericht innerhalb einer Frist von drei Monaten wahrzunehmen hat ist, damit nicht durch den Weg der im Rekursgericht zurückzulegenden Verfahrensdauer der Beschleunigungszweck verloren geht.
In formeller Hinsicht wird beantragt, diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem Justizausschuss zuzuweisen.