11182/AB XXIV. GP

Eingelangt am 15.06.2012
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

Alois Stöger

Bundesminister

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0097-I/A/15/2012

Wien, am 14. Juni 2012

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 11370/J der Abgeordneten Dr. Spadiut, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

 

Frage 1:

Aus dem nach dem Suchtmittelgesetz von meinem Ressort auf der Grundlage von Meldungen der Gesundheitsbehörden zu führenden Substitutionsregister ergibt sich die in der folgenden Tabelle ausgewiesene Zahl jener Patientinnen und Patienten, die sich im betreffenden Jahr einer Substitutionsbehandlung unterzogen haben:


Bundesland

B

K

S

St

T

V

W

Gesamt*

2009

226

473

1.710

1.209

472

1.222

743

605

6.343

13.188

2010

259

544

2.038

1.363

504

1.337

799

687

7.181

14.962

2011

254

378

2.293

1.604

461

1.312

1.092

633

8.484

16.515

 

*) In einigen Fällen, bei denen die entsprechenden Meldedaten fehlten, war eine Bundeslandzuordnung nicht möglich (2009: 185; 2010: 250; 2011: 4).

 

Frage 2:

Die vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zur Verfügung gestellten Daten weisen für die in den Jahren 2009 bis 2011 für die Substitutionsbe-handlung abgerechneten Arzneimittel die in der nachstehend angeführten Tabelle ausgewiesenen Kosten aus:

 

KV-Träger

Jahr

Betrag in €

Gesamt

2009

25.114.055

2010

24.951.301

2011

26.023.852

GKK Wien

2009

14.586.024

2010

14.599.819

2011

15.601.738

GKK Niederösterreich

2009

2.983.971

2010

3.043.882

2011

3.297.255

GKK Burgenland

2009

363.127

2010

332.974

2011

303.396

GKK Oberösterreich

2009

2.005.714

2010

2.033.382

2011

1.961.117

GKK Steiermark

2009

1.365.771

2010

1.421.525

2011

1.509.532

GKK Kärnten

2009

570.333

2010

506.474

2011

449.136

GKK Salzburg

2009

489.901

2010

493.556

2011

525.354

GKK Tirol

2009

1.583.588

2010

1.486.327

2011

1.392.071

GKK Vorarlberg

2009

596.016

2010

547.268

2011

540.832


Bundesweite KV-Träger

2009

569.610

2010

486.094

2011

443.421

 

Eine Gliederung der bundesweiten Krankenversicherungsträger nach Bundesländern ist nach Auskunft des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger aufgrund der Datenlage nicht möglich.

 

Frage 3:

Dazu liegen mir folgende Angaben des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger vor:

 

Im Leistungsbereich der WGKK haben im Jahr 2009 229 Ärztinnen/Ärzte, im Jahr 2010 223 Ärztinnen/Ärzte und im Jahr 2011 225 Ärztinnen/Ärzte Substitutionsbe-handlungen durchgeführt. Die Kosten betrugen im Jahr 2009 € 3.208.397,96, im

Jahr 2010 € 3.499.838,16 und im Jahr 2011 € 3.855.376,80.

 

Bei der NÖGKK erfolgte die Abrechnung der Substitutionsbehandlungen bislang über Leistungspositionen, über die von allen Vertragsärztinnen und -ärzten auch andere Diagnosen bzw. Krankheitsfälle abgerechnet wurden (z.B. Ordination, therapeutische Aussprache, psychiatrische Exploration). Für den Bereich der NÖGKK ist daher eine Beantwortung der gegenständlichen Frage nicht möglich.

Mit 1. April 2012 wurde aber von der NÖGKK ein Pilotprojekt mit speziell für die Substitutionsbehandlung geschaffenen Leistungspositionen gestartet. Von den 36 zur Substitutionsbehandlung qualifizierten Vertragspartner/inne/n der NÖGKK nehmen 29 am erwähnten Pilotprojekt mit der Möglichkeit der Abrechnung der neuen Leistungsposition teil.

 

Bei der BGKK können niedergelassene Ärztinnen/Ärzte seit 1. Juli 2010 für die Betreuung von Substitutionspatient/inn/en die Leistungspositionen „Einstellung Substitution“ und „Weiterbehandlung Substitution“ mit der Kasse abrechnen. Im Zeitraum 1. Juli 2010 bis 31. Dezember 2010 haben 12 Vertragsärztinnen/-ärzte, im Jahr 2011 10 Vertragsärztinnen/-ärzte diese Leistungspositionen verrechnet. Honorare wurden im Jahr 2010 in Höhe von € 10.180,00, im Jahr 2011 in Höhe von € 16.395,00 geleistet.

 

Die OÖGKK stand diesbezüglich im Jahr 2009 mit 55 Ärzt/inn/en, im Jahr 2010 mit 58 Ärzt/inn/en und im Jahr 2011 mit 51 Ärzt/inn/en des niedergelassenen Bereiches in einem Vertragsverhältnis. Darüber hinaus waren Ärztinnen und Ärzte in Spitälern und in spezialisierten Einrichtungen tätig. Die Arztkosten im niedergelassenen Bereich betrugen im Jahr 2009 € 230.743,47, im Jahr 2010 € 247.621,52 und im Jahr 2011 € 282.314,31

 

Im Leistungsbereich der STGKK waren im Jahr 2009 62 Ärztinnen/Ärzte, im Jahr 2010 73 Ärztinnen/Ärzte und im Jahr 2011 67 Ärztinnen/Ärzte mit der Durchführung von Substitutionsbehandlungen befasst. Eine Differenzierung der Arztkosten dahin-gehend, ob die ärztlichen Leistungen im Rahmen einer Substitutionsbehandlung

oder der Behandlung einer anderen Erkrankung beansprucht wurden, ist seitens der STGKK nicht möglich. Dementsprechend können keine Angaben zu Arztkosten aufgrund der Durchführung von Substitutionsbehandlungen gemacht werden.

 

Im von der KGKK geschlossenen Ärzte-Gesamtvertrag ist die Substitutionsbehandlung nicht geregelt. Die Anzahl der Substitutionsbehandlungen durchführenden Ärztinnen und Ärzte bzw. die daraus resultierenden Arztkosten können daher nicht angegeben werden.

Die KGKK hat mit dem Drogenambulatorium der Stadt Klagenfurt und mit der Drogenambulanz ROOTS (Rechtsträger Arbeitsvereinigung der Sozialhilfe Kärntens, AVS) Verträge geschlossen, in welche auch das Land Kärnten mittels Fördergeldern integriert ist. Da die Behandlung auch dezentral in den Bezirksstellen angeboten wird, ist eine flächendeckende Versorgung gesichert. Als begleitende Therapie wird in den Vertragseinrichtungen auch Psychotherapie auf Kosten der Kasse erbracht.

In den Jahren 2009, 2010 und 2011 wurden in den beiden Vertragseinrichtungen zur reinen Substitutionsbehandlung folgende Aufwände verzeichnet:

 

2011

 

Fälle

Frequenzen

Aufwand in €

Drogenambulanz ROOTS

1.022

2.898

63.783,00

Drogenambulanz Klagenfurt

1.200

5.902

115.686,25

Gesamt

2.222

8.800

179.469,25

2010

 

Fälle

Frequenzen

Aufwand in €

Drogenambulanz ROOTS

749

1.955

46.806,50

Drogenambulanz Klagenfurt

1.602

5.518

108.988,75

Gesamt

2.351

7.473

155.795,25

2009

 

Fälle

Frequenzen

Aufwand in €

Drogenambulanz ROOTS

454

1.124

25.802,00

Drogenambulanz Klagenfurt

1.462

5.426

124.430,05

Gesamt

1.916

6.550

150.232,05

 

Die Kosten der KGKK betrugen ca. 20% der Gesamtkosten (inklusive Fördergelder des Landes Kärnten).

 

Im Leistungsbereich der SGKK waren im Jahr 2009 20 Ärztinnen/Ärzte, im Jahr 2010 24 Ärztinnen/Ärzte und im Jahr 2011 23 Ärztinnen/Ärzte mit der Durchführung von Substitutionsbehandlungen befasst. Die Höhe der dafür angefallenen Kosten ist nicht bekannt, da keine eigene Leistungsposition für Substitutionstherapie vorliegt.

Anzumerken ist, dass aufgrund vertraglicher Vereinbarungen auch in den Salzburger Landeskliniken (SALK) bzw. der Christian-Doppler-Klinik (CDK) Substitutionsbe-handlungen durchgeführt werden bzw. mit der Kasse verrechnet werden können.

 

Im Bereich der TGKK waren im Jahr 2009 20 Ärztinnen/Ärzte, in den Jahren 2010 und 2011 jeweils 23 Ärztinnen/Ärzte mit der Durchführung von Substitutionsbehand-lungen befasst. Die Arztkosten für die Leistungsposition „Ärztliches Gespräch im Sinn des Suchtmittelgesetzes“ betrugen im Jahr 2009 € 129.937,44 (5.144 verrechnete Fälle), im Jahr 2010 € 157.061,20 (6.140 verrechnete Fälle) und im Jahr 2011 € 171.768,80 (6.632 verrechnete Fälle).

 

Im Bereich der VGKK waren im Jahr 2009 18 Ärztinnen/Ärzte, in den Jahren 2010 und 2011 17 Ärztinnen/Ärzte mit der Durchführung von Substitutionsbehandlungen befasst. Da eine Trennung bzw. Auswertung nach dem Grund der Inanspruchnahme der ärztlichen Hilfe nicht erfolgt (im Wesentlichen pauschalierte Honorarver-rechnung), ist die Angabe der rein für die Substitutionsbehandlung anfallenden Kosten nicht möglich.

 

Frage 4:

Hinsichtlich der von meinem Ressort bereits getroffenen Maßnahmen darf ich zu-nächst auf meine Beantwortung zu Frage 3 der parlamentarischen Anfrage Nr. 8678/J vom 29. Juli 2011 verweisen (8590/AB XXIV. GP).

In Beantwortung der Frage 2 habe ich damals mitgeteilt, dass mit Stand 20. Juni 2011 österreichweit 625 Ärztinnen und Ärzte zur Substitutionsbehandlung qualifiziert waren. Mit Stand 14. Mai 2012 waren nunmehr 681 Ärztinnen und Ärzte in der Liste der zur Substitutionsbehandlung qualifizierten Ärztinnen und Ärzte eingetragen, sodass seit Juni 2011 ein deutlicher Anstieg verzeichnet werden kann.

 

Dennoch sehe ich eine nach wie vor zu geringe Bereitschaft der Ärzteschaft, sich mit der aus verschiedensten Gründen fordernden Suchtproblematik auseinanderzu-setzen. Suchtentwicklungen einerseits so gut wie möglich vorzubeugen, sie andererseits so früh wie möglich erkennen und adäquate Hilfestellung im Fall einer Suchterkrankung anbieten zu können, setzt eine gute theoretische und praktische Ausbildung voraus. Daher lasse ich in meinem Ressort Verbesserungsmöglichkeiten im Rahmen der post-promotionellen Ausbildung bei den einschlägigen ärztlichen Berufsbildern ausloten. Diese sollten auf entsprechenden Grundlagen im vorangehenden Medizinstudium aufbauen.

 

Frage 5:

Ich gehe davon aus, dass sich die Frage auf psychiatrische Störungen bezieht, die bei an einer Abhängigkeitserkrankung leidenden Patientinnen und Patienten bereits vor der Suchterkrankung bestehen.

 

Der Anteil der Patientinnen und Patienten, bei denen neben den körperlichen, psychischen und sozialen Folgen problematischen Substanzgebrauchs auch psychiatrische Störungen vorliegen, wird auf Expert/inn/enebene hoch eingeschätzt. Studien aus dem stationären Therapiebereich haben gezeigt, dass zwischen 40 und 96 Prozent der Suchtkranken von komorbiden psychiatrischen Diagnosen betroffen sind.

Die möglichen Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen Abhängigkeitser-krankung und anderen psychiatrischen Störungen sind allerdings komplex und daher nicht immer leicht feststellbar (vgl. Drogenbericht 2003). Daher gibt es keine Routine-daten zu psychiatrischen Komorbiditäten im Kontext der Drogenabhängigkeit und es kann insbesondere die Frage, ob eine psychiatrische Störung vor der Abhängigkeitser-krankung vorlag, auch im Rahmen der Substitutionsbehandlung nicht routinemäßig erhoben werden.

 

Hinweise zur psychiatrischen Komorbidität im Kontext von Drogenabhängigkeit finden sich aber in Berichten und Routinedaten aus dem Behandlungsbereich. So weisen etwa die im Rahmen des  bundesweiten „Dokumentationssystems der Klientinnen und Klienten der Drogeneinrichtungen“ (DOKLI) gemeldeten Daten für den Klient/inn/enjahrgang 2010 bei 33% der behandelten Personen affektive Störungen (z.B. Depression), bei 15% Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen sowie bei 14% neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen aus.

 

Laut Statistik der einheitlichen Basisdokumentation in den Einrichtungen der Wiener Suchtkrankenhilfe (BADO) machten im Klient/inn/enjahrgang 2010 insgesamt 14% der erfassten Personen Angaben zu psychiatrischen Problemen. Die Statistik der Themen, die im Jahr 2010 in den Beratungsgesprächen der in Wien angesiedelten sozialmedizinischen Drogenberatungsstelle „Ganslwirt“ angesprochen werden, zeigt, dass in 31% der Gespräche psychische Gesundheitsprobleme thematisiert wurden. Für denselben Berichtszeitraum wurde bei „streetwork“ in Wien die psychische Gesundheit in etwa der Hälfte der durchgeführten Beratungs- und Betreuungsge-spräche thematisiert und bei der ebenfalls in Wien angesiedelten sozialmedizinischen Drogenberatungsstelle „TaBeNo-Süd“ etwa in einem Drittel der Gespräche.

 

Abschließend ist festzuhalten, dass die Daten aus dem Behandlungsbereich sich als Beschreibung der Häufigkeiten der in den Drogenhilfeeinrichtungen beobachteten Komorbiditäten verstehen, nicht repräsentativ sind und daher keinen Rückschluss auf die Prävalenz psychiatrischer Komorbidität zulassen.