14118/AB XXIV. GP

Eingelangt am 05.06.2013
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 14430/J der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein und weiterer Abgeordneter wie folgt:

 

Zu Frage 1 und 2:

 

Nach der seit 1983 unverändert geltenden Regelung des § 2 Abs. 1 Urlaubsgesetz (UrlG) entsteht der erhöhte Urlaubsanspruch im Ausmaß von sechs Kalenderwochen erst nach einer ununterbrochenen Dienstzeit von 25 Arbeitsjahren zum/zur selben Arbeitgeber/in. Für die Bemessung der für den höheren Urlaubsanspruch erforderlichen Dienstzeit sind seit dem Inkrafttreten des UrlG bei Erfüllen der gesetzlichen Voraussetzungen aber auch Vordienstzeiten aus früheren Arbeitsverhältnissen sowie bestimmte sonstige Zeiten (vor allem Schul- und Studienzeiten) zu berücksichtigen.

 

Wesentlich ist, dass das Gesamtausmaß der für die Bemessung des Urlaubsausmaßes anrechenbaren Vordienstzeiten aus einem anderen Arbeitsverhältnis und/oder einer selbständigen Erwerbstätigkeit sowie allfälliger Schul- und Studienzeiten auch im günstigsten Fall mit insgesamt zwölf Jahren begrenzt ist. Damit bedarf es auch im günstigsten Fall unter Einrechnung der Vordienstzeiten einer mindestens dreizehnjährigen Beschäftigungszeit beim/bei selben/derselben Arbeitgeber/in, um einen Erholungsurlaub von sechs Wochen pro Jahr in Anspruch nehmen zu können. Liegen nur Arbeitszeiten aus anderen Arbeitsverhältnissen und/oder einer selbständigen Erwerbstätigkeit und über die Erfüllung der Schulpflicht hinausgehende Schulzeiten, aber keine anrechenbaren Studienzeiten vor, ist das Gesamtausmaß der für die Urlaubsbemessung anrechenbaren Zeiten mit höchsten sieben Jahren begrenzt; hier entsteht der erhöhte Urlaubsanspruch erst nach einer achtzehnjährigen Beschäftigungszeit beim/bei selben/derselben Arbeitgeber/in.

 

Der heutige Arbeitsmarkt ist allerdings viel flexibler als noch vor 30 Jahren. Beschäftigte müssen sich häufiger geänderten Bedingungen anpassen und den Arbeitsplatz wechseln – kaum jemand bleibt Jahrzehnte im selben Betrieb. Nach der Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung 2011 der Statistik Austria lag im Jahr 2011 die durchschnittliche Dauer der Betriebszugehörigkeit bei unselbständig Erwerbstätigen bei 9,6 Jahren. Zugleich zeigt die Mikrozensus-Erhebung für 2011, dass 17,2% der unselbständig Beschäftigten weniger als ein Jahr beim/bei selben/derselben Arbeitgeber/in beschäftigt waren.

 

Zusammenfassend bleiben folgende Fakten übrig:

·      Seit mehr als 30 Jahren gibt es eine 6. Urlaubswoche ab dem 26. Arbeitsjahr.

·      Derzeit sind mehr als 1,28 Mio. Arbeitnehmer/innen bereits seit mindestens 25 Jahren beschäftigt. Aber nur 314.000 Arbeitnehmer/innen sind schon so lange beim selben/bei derselben Arbeitgeber/in beschäftigt und profitieren jedenfalls von der 6. Urlaubswoche.

·      966.000 Arbeitnehmer/innen haben die von der Wirtschaft so häufig geforderte Flexibilität durch Arbeitsplatzwechsel gezeigt und daher keinen sicheren Anspruch auf eine 6. Urlaubswoche.

·      Somit bleibt am Ende: Nur 24,5 % der Beschäftigten, die lange genug gearbeitet haben, kommen in den Genuss der 6. Urlaubswoche; 65,5 % fallen ganz um diesen Anspruch um oder erwerben ihn erst später, obwohl sie genauso lange, aber eben nicht beim selben/bei derselben Arbeitgeber/in gearbeitet haben.

 

Zu Frage 3:

 

Wenn 966.000 Menschen eine 6. Urlaubswoche erhalten, steigen die Kosten für Unternehmen nur um 0,6% an; und ein wahrscheinlich nicht unbeträchtlicher Teil der Zusatzkosten würde durch verminderte Krankenstände aufgehoben.

 

Fakt ist, dass Arbeitnehmer/innen und Wirtschaft im vergangenen Jahr einen Leistungsbilanzüberschuss von mehr als 6 Mrd. Euro produziert und damit also wesentlich mehr an Waren und Dienstleistungen exportiert als importiert haben. Dieser Leistungsbilanzüberschuss soll nach den Prognosen des WIFO heuer auf 8 Mrd. € und nächstes Jahr auf knapp 10 Mrd. € steigen. Dies bedeutet, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft steigt weiter an - auch auf Grund der Arbeit der Beschäftigten.

 

Zu Frage 4:

 

Hier ist folgender „ökonomischer“ Aspekt zu bedenken: Die 6. Urlaubswoche sollte schon nach der ursprünglichen Intention des Gesetzgebers nicht den Nutzen der größeren Berufserfahrung oder einer hochschulischen Ausbildung für den/die neuen/neue Arbeitgeber/in abgelten, sondern aus arbeitsmedizinischen Überlegungen dem/der Arbeitnehmer/in nach einer langjährigen Berufstätigkeit einen höheren Urlaubsanspruch zubilligen. Schon damals galt: Mehr Erholungszeiten dienen der Gesundheit bzw. der Regeneration der Beschäftigten und reduzieren die Krankenstandskosten der Unternehmen. Die mit dem Urlaub bezweckte Wiederherstellung der Arbeitskraft der Beschäftigten wirkt sich selbstverständlich auch positiv auf die Produktivität der Beschäftigten aus. Sollen Menschen länger im Erwerbsprozess bleiben, aber auch danach ihre wohlverdiente Pension genießen können, muss der gesundheitlichen Prävention ein noch größeres Augenmerk als bisher geschenkt werden: Eine sechste Urlaubswoche, die für Arbeitnehmer/innen auch erreich- und erlebbar ist, sollte Teil dieser Bemühungen sein.

 

Zu Frage 5:

 

In diesem Zusammenhang darf ich klarstellen, dass an dem Prinzip, dass die sechste Urlaubswoche nach einer 25-jährigen Dienstzeit gebührt, grundsätzlich weiter angeknüpft werden soll. Die Überlegungen betreffend Neuregelung für den Zugang zu einer sechsten Urlaubswoche zielen - im Hinblick auf die in der Regel volatile Erwerbskarriere der Arbeitnehmer/innen - darauf ab, die Chancen, dass eine/eine Arbeitnehmer/in auf die für den erhöhten Urlaubsanspruch erforderlichen 25 Dienstjahre kommt, zu erhöhen. Einfach gesprochen: Es soll eine Regelung gefunden werden, die den erhöhten Urlaubsanspruch im Laufe der individuellen Erwerbskarriere erreich- und erlebbar macht.

 

Da der erhöhte Urlaubsanspruch nicht an das Lebensalter, sondern weiterhin an die 25-jährige Dienstzugehörigkeit anknüpfen soll, erwarte ich keine negativen Auswirkungen für ältere Arbeitnehmer/innen. Abgesehen davon verbietet das Gleichbehandlungsgesetz jegliche Ungleichbehandlung auf Grund des Alters bei der Begründung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses und den sonstigen Arbeitsbedingungen.

 

Zu den Fragen 6 bis 8:

 

Seitens meines Ressorts wurden noch keine Studien in Auftrag gegeben mit dem Ziel, die Auswirkungen einer sechsten Urlaubswoche (zu denken ist hier vor allem an die arbeitsmarktpolitischen sowie die betriebs- und volkswirtschaftlichen Auswirkungen) zu prüfen.