4580/AB XXIV. GP

Eingelangt am 23.04.2010
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0064-Pr 1/2010

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 4656/J-NR/2010

 

Der Abgeordnete zum Nationalrat Dr. Andreas Karlsböck und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „überlange Verfahren aufgrund von missverständlichen Gutachten – insbesondere bei ärztlichen Kunstfehlern“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 8:

Daten über die inhaltliche Qualifikation werden in den Justizapplikationen nicht erfasst, weshalb eine Auswertung auf gesicherter Basis nicht möglich ist. Eine auf manuelle Bearbeitung aller einzelnen Akten würde einen unvertretbar hohen Verwaltungsaufwand auslösen, zumal die erforderliche Datenbasis nur aus einer bundesweiten Aktenrecherche gewonnen werden könnte. Objektive Kriterien darüber, wann ein SV-GA als „missverständlich“ gelten soll, existieren auch nicht. Ich ersuche daher um Verständnis, wenn ich diese Fragen mit vertretbarem Aufwand nicht beantworten kann.

Zu 9:

Die Einführung einer verpflichtenden Überprüfung eines Sachverständigen-gutachtens durch einen zweiten Sachverständigen – sei es nun in anonymisierter oder nicht anonymisierter Form – ist nicht beabsichtigt. Ganz abgesehen davon, dass nach dem Kenntnisstand meines Hauses die ganz überwiegende Zahl der von den Gerichten eingeholten Sachverständigengutachten keinerlei Grund zu Beanstandungen gibt, sprechen gegen eine solche Maßnahme nicht nur die gerade mit einer derartigen „Zweitbegutachtung“ (oder einer im Anschluss daran allenfalls erforderlichen „Oberbegutachtung“ durch einen weiteren Sachverständigen) zwangsläufig verbundenen Verfahrensverzögerungen, sondern auch die damit einhergehenden beträchtlichen Mehrkosten den Bund.

Sollte das Gutachten des vom Gericht bestellten Sachverständigen tatsächlich allfällige Widersprüche oder Missverständlichkeiten aufweisen, so kann das Gericht für den Fall, dass das abgegebene Gutachten ungenügend erscheint, auf Antrag oder von Amts wegen anordnen, dass eine neuerliche Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige oder doch mit Zuziehung anderer Sachverständige stattzufinden hat.

Zu 10:

Zu den Voraussetzungen für die Eintragung einer Person in die Gerichtssachverständigenliste zählen unter anderem Kenntnisse über den Aufbau eines schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens (§ 2 Abs. 2 Z 1 lit. a SDG). Sollte sich aufgrund einer allfälligen Häufung von missverständlichen Gutachten bei einem Sachverständigen der Verdacht ergeben, dass diese oder eine andere Eintragungsvoraussetzung seinerzeit nicht gegeben war oder später weggefallen ist, hat der für die Führung der Gerichtssachverständigenliste zuständige Präsident des Landesgerichts gegebenenfalls ein Entziehungsverfahren nach § 10 SDG einzuleiten. Entsprechendes gilt beim Vorliegen eines anderen der in § 10 Abs. 1 SDG genannten Entziehungstatbestände. Über entsprechende Beobachtungen haben die Gerichte (oder die staatsanwaltschaftlichen Behörden) dem zuständigen  Listen führenden Präsidenten Mitteilung zu machen (§ 10 Abs. 2 SDG). Ergibt sich, dass einer der Entziehungstatbestände tatsächlich vorliegt, ist die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger durch Bescheid zu entziehen.

Daneben haftet der Sachverständige den Parteien für den durch ein unrichtiges Gutachten allenfalls entstandenen Schaden nach den Regeln des Schadenersatzrechts (§ 1299 ABGB).

Zu 11 und 12:

Zu den zu den Fragen 11. und 12. abgefragten Zahlen darf zunächst festgehalten werden, dass zum Stichtag 4. März 2010 8.671 Sachverständige in die Gerichtssachverständigenliste eingetragen waren. Ferner wurden seit dem 1. Jänner 2008 für 4.114 Sachverständige Sachverständigenausweise bestellt, sodass grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass dies im Zuge einer Rezertifizierung erfolgte. Darüber hinausgehendes detailliertes Zahlenmaterial zu Fragen der Rezertifizierung (einschließlich deren Versagung) steht dem Bundesministerium für Justiz nicht zentral zur Verfügung und ist nach dem Informationsstand meines Hauses auch bei den die Gerichtssachverständigenliste führenden PräsidentInnen der Landesgerichte regelmäßig nicht in elektronischer Form verfügbar. Die entsprechende Datenermittlung würde insoweit in aller Regel eine händische Durchsicht jedes in Betracht kommenden Jv-Akts notwendig machen. Ich bitte um Verständnis, dass von einer solchen, mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht zu bewerkstelligenden Erhebung durch alle listenführenden PräsidentInnen der Landesgerichte Abstand genommen wurde.

. April 2010

 

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)