4604/AB XXIV. GP

Eingelangt am 23.04.2010
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0049-Pr 1/2010

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 4549/J-NR/2010

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Zwei-Klassen-Justiz bei der Ahndung von falschen Zeugenaussagen“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Ich habe aus Anlass dieser Anfrage Auswertungen aus der bei der Justiz geführten Verfahrensautomation Justiz und der gerichtlichen Kriminalstatistik (Statistik Austria) einholen lassen. Ich bitte um Verständnis, dass über diese Auswertungsmöglichkeiten hinausgehende Fragen nur mit einem unvertretbar hohen Verwaltungsaufwand durch Einsichtnahme in die einzelnen Gerichtsakten bzw. staatsanwaltschaftlichen Tagebücher zu beantworten wären, weshalb ich von der Erteilung eines solchen Auftrages Abstand nehmen musste.


Zu 1:

Bei der Staatsanwaltschaft Wien wurden laut einer Auswertung der Verfahrensautomation Justiz (VJ) seit Jahresanfang 2007 insgesamt 540 Verfahren wegen § 288 StGB geführt. 17 Verfahren wurden durch Diversion, 59 durch Urteil und die übrigen 464 Verfahren durch Einstellung bzw. Erledigung anderer Art (zum Beispiel Abbrechung des Ermittlungsverfahrens) in erster Instanz abgeschlossen.

 

Die gerichtliche Kriminalstatistik weist im Sprengel des Landesgerichtes für Strafsachen Wien für das Jahr 2007 17 und für das Jahr 2008 27 Verurteilungen nach § 288 StGB aus (Quelle: Statistik Austria). In dieser Statistik werden nur Verurteilungen, jedoch keine diversionellen Erledigungen erfasst. Zahlen zu Verurteilungen im Jahr 2009 liegen noch nicht vor. Bei Verurteilungen wegen mehrerer Delikte wird in der gerichtlichen Kriminalstatistik stets nur das „führende“, das ist in der Regel das Strafsatz bestimmende Delikt berücksichtigt, sodass es zu von der Verfahrensautomation Justiz abweichenden Auswertungsergebnissen kommen kann.

 

Zu 2:

Die Kategorien „unbescholtene Menschen“, „nicht-einschlägig vorbestrafte Personen“ oder „einschlägig vorbestrafte Menschen“ werden statistisch nicht erfasst und sind somit einer Auswertung über die Verfahrensautomation Justiz nicht zugänglich. Es liegen lediglich Zahlen zu den Vorstrafen von Verurteilten in der gerichtlichen Kriminalstatistik vor: Von 17 Verurteilten nach § 288 StGB im Sprengel des Landesgerichtes für Strafsachen Wien waren im Jahr 2007 neun unbescholten, 2008 wiesen 21 von 27 keine Vorstrafe auf (Quelle: Statistik Austria). Eine Unterscheidung zwischen einschlägigen und nicht-einschlägigen Vorstrafen ist anhand der vorliegenden Daten nicht möglich.

 

Zu 3 bis 5:

Von den seit Jahresanfang 2007 im Sprengel der Staatsanwaltschaft Wien geführten Verfahren wegen § 288 StGB wurden – wie bereits dargelegt – 17 durch Diversion erledigt. Bezogen auf die Diversionsarten wurde in neun Fällen das Verfahren für eine Probezeit ohne zusätzliche Pflichten, in sieben Fällen gegen Zahlung eines Geldbetrages und in einem Fall gegen die Erbringung gemeinnütziger Leistungen eingestellt. Eine Unterscheidung, ob die Diversion von der Staatsanwaltschaft oder durch das Gericht angeboten wurde, ist anhand der Daten nicht möglich.


Zu 6:

Eine Auswertung der gemäß § 200 StPO in jedem einzelnen Fall auferlegten Geldbeträge ist anhand der vorhandenen Registerdaten nicht möglich. Die Einnahmen des Jahres 2009 betragen bei Geldbußen (Diversion) insgesamt 9,014.919,53 Euro, bei den Pauschalkostenbeiträgen insgesamt 870.722,58 Euro. Eine Aufgliederung nach zu Grunde liegenden Delikten ist mangels statistischer Erfassung nicht möglich.

 

Zu 7 und 8:

In den seit Jahresanfang 2007 im Sprengel der Staatsanwaltschaft Wien durch Urteil erledigten Verfahren wegen § 288 StGB wurde gemäß einer Auswertung des VJ-Registers (Verfahrensautomation Justiz) über 51 Personen eine bedingte Freiheitsstrafe, über zwei Personen eine teilbedingte, über vier Personen eine unbedingte Freiheitsstrafe, einmal eine teilbedingte Freiheitsstrafe und einmal eine unbedingte Geldstrafe verhängt. Die Höhe der verhängten Strafen ist der Auswertung des Registers nicht zu entnehmen.

 

Nach der Gerichtlichen Kriminalstatistik wurden im Sprengel des Landesgerichtes für Strafsachen Wien im Jahr 2008 folgende Freiheitsstrafen verhängt:

 

 

vorbestraft

nicht vorbestraft

Freiheitsstrafe bis 1 Monat

0

2

Freiheitsstrafe über 1 bis 3 Monate

0

8

Freiheitsstrafe über 3 bis 6 Monate

1

7

Freiheitsstrafe über 6 bis 12 Monate

3

2

 

Zwei Freiheitsstrafen wurden unbedingt, 22 bedingt ausgesprochen. Drei Mal wurde eine teilbedingte Strafe (Höhe nicht erfasst) ausgesprochen (Quelle: Statistik Austria).

Zu 9 bis 12:

Diese Fragen beruhen auf der Differenzierung in „Unbescholtene/nicht/einschlägig vorbestrafte Person des öffentlichen Lebens“. Ich muss daher auf meine Ausführungen zu Fragepunkt 2 hinweisen und um Verständnis ersuchen, dass eine bundesweite händische Recherche aufgrund des damit verbundenen unvertretbar hohen Verwaltungsaufwandes unterbleiben musste.

April 2010

 

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)