4663/AB XXIV. GP

Eingelangt am 26.04.2010
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(5-fach)

 

 

 

RUDOLF HUNDSTORFER

Bundesminister

 

Stubenring 1, 1010 Wien

Tel: +43 1 711 00 - 0

Fax:   +43 1 711 00 - 2156

rudolf.hundstorfer@bmask.gv.at

www.bmask.gv.at

DVR: 001 7001

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Parlament

1010 Wien

 

 

GZ: BMASK-40001/0022-IV/6/2010

 

Wien,

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4820 /J der Abgeordneten Jarmer, Freundinnen und Freunde wie folgt:

Lassen Sie mich mit einer Vorbemerkung beginnen:

Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz hat jene Aufgaben zu erfüllen, die ihm durch die Bundesverfassung und durch Bundesgesetze zukommen. Die Angelegenheiten von Menschen mit Behinderungen sind eine klassische Querschnittsmaterie. Dem Bund kommen jene Aufgaben zu, die ihm verfassungsrechtlich zugeschrieben sind. Alle anderen Angelegenheiten fallen in die Zuständigkeit der Länder.


Bundessache ist die berufliche Eingliederung von Menschen mit Behinderungen. Dies erfolgt einerseits im Rahmen des Mainstreaming durch das AMS, andererseits dort, wo es besonderer Maßnahmen zur Eingliederung von Menschen mit Behinderungen bedarf, durch das Bundessozialamt und dessen Beschäftigungsoffensive.

Da die Bereiche mitunter überlappen, wurde im Jahr 2003 durch eine Verwaltungsvereinbarung zwischen den Ländern und dem Bund eine Aufgabenbereinigung vorgenommen: der Bund konzentriert sich auf die unmittelbaren Maßnahmen der beruflichen Eingliederung, den Ländern kommen die Maßnahmen der sozialen Rehabilitation von Menschen mit Behinderungen zu.

 


Da seit dem Beginn der Beschäftigungsoffensive der Bundesregierung im Jahr 2001 auch zahlreiche vorbereitende Beratungs- und Sensibilisierungsprojekte gefördert wurden, wurde eine langsame etappenweise Weichenstellung zu den Kernbereichen der Beschäftigungsoffensive vorgenommen und auch betroffenen Projektträgern kommuniziert. Die Träger hatten dabei die Wahl, sich entweder arbeitsmarktpolitisch umzuorientieren oder aber entsprechend ihren Projektinhalten andere Kostenträger zu suchen.

Nunmehr hat sich auch die allgemeine Wirtschaftslage geändert. Menschen mit Behinderungen sind vermehrt von Arbeitslosigkeit betroffen, die Einnahmen des Ausgleichstaxfonds sind von der allgemein schlechteren Beschäftigungslage betroffen, der Zuschuss aus Bundeshaushaltsmitteln ist im Doppelbudget 2009/2010 niedriger als in den Jahren zuvor. Durch Umschichtung aus den Mitteln der allgemeinen Arbeitsmarktpolitik ist es mir gelungen, das hohe Niveau der Ausgaben für die Beschäftigungsoffensive für die Jahre 2009 und 2010 dennoch zu sichern.

Gleichzeitig habe ich dem Bundessozialamt den Auftrag erteilt, bei der Zuerkennung von Förderungen nochmals vermehrt die arbeitsmarktpolitische Relevanz der Projekte als Kriterium heranzuziehen. Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten ist es nicht in Kauf zu nehmen, Mittel, die zur Erfüllung der Kernaufgaben des Ressorts - der Hilfe zur Eingliederung von Menschen mit und ohne Behinderungen in den Arbeitsmarkt - benötigt werden, dafür zu verwenden, Maßnahmen zu fördern, die primär in die Zuständigkeit der Länder fallen.

Nun zu den einzelnen Fragen:

Frage 1:

„Unmittelbarer Arbeitsmarktbezug“ bedeutet in diesem Sinn, dass durch die geförderten Vorhaben Menschen mit Behinderungen in Arbeitsverhältnisse kommen bzw. in Arbeitsverhältnissen gehalten oder durch entsprechende Maßnahmen (Qualifizierung, Coaching…) zumindest näher an den Arbeitsmarkt herangeführt werden.


Fragen 2 bis 4:

Bei dem im Ihnen offensichtlich vorliegenden Erlass verwendeten Begriff „Beratungs- und Sensibilisierungsprojekte“ handelt es sich um einen der internen Kommunikation zuzuordnenden Arbeitsbegriff, der in den Standardauswertungen der Datenverarbeitung in dieser Form nicht abgebildet ist. Unter dem Oberbegriff  „Beratungs- und Sensibilisierungsprojekte“ wird eine Palette unterschiedlicher Maßnahmen zusammengefasst, die beispielsweise primär Öffentlichkeits- und Bewusstseinsarbeit, Projektvorbereitung, behindertengerechte Technologien, Beratung durch Selbsthilfeeinrichtungen und sonstige Unterstützungsstrukturen zum Inhalt haben bzw. hatten. Diese Maßnahmen konnten bisher jeweils mit oder ohne arbeitsmarktpolitischen Bezug auftreten.

Der mit dem zitierten Erlass eingeleitete Prozess der Herstellung eines unmittelbaren Arbeitsmarktbezugs ist mittlerweile weit fortgeschritten, und zwar erfreulicherweise in dem Sinn, dass den meisten Projekten eine solche Umorientierung gelungen ist. In anderen Bereichen, beispielsweise dort, wo derzeit aus den Mitteln des Ressorts in Ermangelung anderer Kostenträger Gebärdensprachdolmetschkosten übernommen werden, sollen sich die Bestrebungen, eine anderweitige Finanzierung zu sichern, nicht zum Nachteil der betroffenen Menschen mit Behinderungen auswirken.

Der Planungsprozess für das Vertragsjahr 2011 ist noch im Gange, und den Landesstellen des Bundessozialamts kommt dabei im Rahmen ihrer Regionalen Arbeitsmarktpolitischen Programme und ihrer zugeteilten Fördermittelkontingente die Aufgabe zu, die Zielvorgaben verantwortungsvoll umzusetzen. Eine Bestandsgarantie für alle in den Bereichen Sensibilisierung und Beratung tätigen Projekte kann ich daher nicht abgeben.

Ohne einen unvertretbar hohen Aufwand einer Sonderauswertung einerseits und vor dem Hintergrund des noch laufenden Umstellungsprozesses andererseits lassen sich die Fragen 2 - 4 in der gewünschten Detaillierung aus den angeführten Gründen nicht beantworten.

Frage 5:

Bei aller Wertschätzung für gesellschaftspolitisch sinnvolle Aktivitäten sehe ich es nicht in meiner Verantwortung gelegen, Drittfinanzierungen für nicht in den Zuständigkeitsbereich meines Ressorts fallende Projekte zu akquirieren.

Fragen 6 und 7:

Zur UN-Konvention und ihrer Umsetzung in Österreich möchte ich vorweg eine grundsätzliche Anmerkung machen:

Die Republik Österreich hat sich mit der Ratifizierung der Konvention verpflichtet, deren Inhalte umzusetzen, und zwar in Gesetzgebung und Vollziehung durch alle Organe der Republik. Seitens der Nichtregierungsorganisationen wird zurecht immer wieder hervorgehoben, dass Menschenrechtspolitik nicht allein der Sozialpolitik zuzuschlagen ist, dass Menschenrechte vielmehr eine Querschnittsmaterie sind, die in den Mainstream aller gesellschaftlichen Bereiche einzufließen haben.

In diesem Sinne habe ich in meinem Ressort eine klare Aufgabe. Einerseits nehmen mein Haus und das Bundessozialamt für den Bund die durch Art. 33 Abs. 1 und 2 der Konvention und durch §§ 8 und 13 BBG sich ergebenden Aufgaben als Anlaufstelle, Koordinierungsmechanismus und Büro des Monitoringausschusses wahr, andererseits fließt die Verwirklichung menschenrechtlicher Standards im Rahmen der verfassungsmäßigen Zuständigkeit in die Erfüllung sämtlicher Aufgaben meines Ressorts ein. In diesem Rahmen werden auch weiterhin verstärkt Maßnahmen der Beratung und Sensibilisierung gesetzt (ich erwähne hier nur das umfassende Bündel der begleitenden Hilfen und Beratungsmaßnahmen im Hinblick auf Barrierefreiheit und verweise auf die Vorarbeiten für den Staatenbericht zur Konvention sowie für den geplanten Nationalen Aktionsplan, die bereits hohes Interesse einer breiten Öffentlichkeit geweckt haben).

Darüber hinaus sind alle übrigen Organe des Bundes und der Länder gefordert, in den ihnen zukommenden Bereichen die entsprechenden Maßnahmen zu setzen.

Frage 8:

Ich kann mich aus den oben dargelegten Gründen der Auffassung nicht anschließen, dass der zitierte Erlass der UN-Konvention widersprechen würde. Daher sehe ich auch keinen diesbezüglichen Handlungsbedarf.

 

Mit freundlichen Grüßen